Schweitzer Fachinformationen
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Ganz unverhofft erben Autorin Lucy, die an einem Liebesroman schreibt, und Klinikarzt Ben, der an Panikattacken leidet, einen alten Bauernhof. Nur dumm, dass sie sich eigentlich nur flüchtig kennen. Aber weil Lucy dringend eine Bleibe und Ben eine Auszeit braucht, ziehen sie in die ländliche Idylle eines kleinen Dorfs. Gemeinsam, aber nur als Freunde, versteht sich, und bloß auf Zeit. Doch das Leben und die Dorfbewohner haben andere Pläne mit ihnen ...
»Warum sind wir hier eigentlich alleine?« Ich starrte die weiße Wand vor dem Autofenster an. Der Scheibenwischer schaffte es fast nicht mehr, die Flocken beiseitezuschieben. Ben kroch im Schneckentempo voran, was sinnvoll war, denn es war nur noch grob zu erahnen, wo genau sich die Fahrbahn eigentlich befand. Eine Leitplanke gab es hier nicht. Und irgendwie auch keine anderen Autos mehr um uns herum.
Ben antwortete mit einiger Verzögerung. »Das könnte daran liegen, dass hinter Itzehoe die Autobahn gesperrt wurde.«
Mein Herz holperte, und leichte Panik kroch mir im Nacken hoch. »Was?«
»Ja, offenbar hat sich direkt hinter uns ein Lkw quer gestellt. Und nun ist da alles dicht. Das kam vor einigen Minuten in den Nachrichten. Da hast du mit ziemlich finsterem Gesichtsausdruck in die Schneehölle gestarrt und meditiert. Hast es wohl nicht mitbekommen.«
Ich ließ diese Information auf mich wirken und versuchte tief ein- und auszuatmen. »Dann sind wir offenbar auf uns alleine gestellt. Ich bin froh, mit einem Arzt zu reisen. Und Kekse haben wir auch noch. Leider sind meine Fähigkeiten als Liebesromanautorin in einem winterlichen Überlebenskampf nicht sehr hilfreich.«
»Du kannst mir nachher was vorlesen«, antwortete Ben leichthin, aber wenn ich mich nicht täuschte, schwang auch in seiner Stimme leichte Angst mit.
»Nachher?«, fragte ich argwöhnisch. Nachher wollte ich bei meiner Sippe sein, Unmengen der Bio-Gans verspeisen, die mein Vater seit gestern vorbereitete, und mindestens eine ganze Flasche Rotwein trinken. Um die kläglichen Reste des Christstollens runterzuspülen, die mein Bruder mir hoffentlich übrig gelassen hatte. Vermutlich waren es jetzt sowieso nur noch mikroskopisch kleine Krümel.
»Vielleicht sollten wir auch den nächsten Parkplatz ansteuern«, ließ Ben vernehmen, und ich blickte lauernd zu ihm rüber.
»Wieso sollten wir das tun?«
»Hm.«
»Bitte antworte mir.«
»Weil an meinem Auto eine rote Lampe neben dem Tacho leuchtet, die ich noch nie gesehen habe. Und die eventuell nichts Gutes bedeutet.«
Ich bekam vor Schreck Schluckauf. Dann drückte ich den Anruf meiner Mutter weg, die just in diesem Moment versuchte, mich zum 34. Mal zu erreichen. Ich konnte ihr einfach nichts sagen, das ihr mütterlich besorgtes Herz nicht in Hysterie verfallen lassen würde. Schließlich stand ich selbst kurz davor. Also atmete ich tief durch, steckte mir drei Vanillekipferl auf einmal in den Mund und kaute hektisch. »Da war ein Parkplatzschild«, nuschle ich mit vollem Mund.
»Bist du sicher? Meine Siri sagt, dass der nächste Parkplatz noch fünf Kilometer weit weg ist.«
»Ganz sicher«, antwortete ich. Jetzt wieder verständlich. Ich staunte selber, wieso ich dieses Schild im Weiß der dichten Flocken und der einsetzenden Abenddämmerung so klar hatte erkennen können.
Da wir nur noch in Schrittgeschwindigkeit unterwegs waren, dauerte es eine ganze Weile, bis endlich das nächste blaue Schild mit dem Hinweis auf den Parkplatz auftauchte. Hätten wir nicht aktiv Ausschau gehalten, wären wir daran vorbeigefahren, es wurde nämlich von Minute zu Minute dunkler. Wir rutschten langsam weiter, und Ben lenkte den Golf vorsichtig nach rechts, dorthin, wo er wohl die Ausfahrt vermutete. War sie auch. Allerdings war der Parkplatz als solcher nicht mehr zu erkennen. Einzig die hohen Bäume auf der rechten Seite ließen erahnen, was sich unter dem Schnee befand.
Der Golf, bei dem jetzt übrigens mehr als nur ein Warnlicht begonnen hatte, lustig zu blinken, pflügte sich einen Weg, rollte noch ein paar Meter und schaltete sich dann kommentarlos aus.
»Uff!«, untermalte Ben diesen erschütternden Moment mit dem passenden Laut.
»Heiliger Hollerbusch«, fügte ich hinzu. Und dann saßen wir im Dunklen. Im Schnee. Fernab der Zivilisation, während die Welt in Trilliarden von Schneeflocken versank. Und andere Menschen ihre Weihnachtsgans verspeisten, Lieder sangen, den Weihnachtsbaum betrachteten und sich sinnlose Geschenke überreichten. Mein Klingelton riss mich aus meiner Starre. »Hallo Mama.«
»Und? Wo seid ihr? Die Gans ist in einer Stunde fertig, sagt dein Vater, und so langsam müsstet ihr doch mal ankommen.« Ich verstand sie kaum, es knisterte in der Leitung.
»Wir sind jetzt auf einem sehr hübschen Parkplatz«, erklärte ich munter. »Alles ist tief verschneit. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Schnee gesehen. Es ist sehr schön!« Meine Mutter schrie auf, und ich hörte sie hektisch durch die Gegend laufen.
Offenbar hatte sie meinem Bruder das Handy in die Hand gedrückt, denn im nächsten Moment fragte Liam mich: »Wo GENAU bist du? Ich brauche eine exakte Angabe, damit wir die Polizei verständigen können.« Er klang, als hätte er das Notfallmanagement übernommen und würde jeden Augenblick die Kavallerie losschicken. Oder einen Heli. Er arbeitete bei der Sparkasse in Husum und hielt sich für außerordentlich wichtig. Immerhin hatte er sieben Mitarbeiter, und ich glaube, die waren immer sehr glücklich, wenn er mal nicht da war.
»Mann, reg dich ab. Die Autobahn ist gesperrt, und das schon eine ganze Weile.«
»WAS?«, brüllte er mir ins Ohr. »Ich hab dich nicht verstanden!«
Ich wiederholte, was ich gesagt hatte, diesmal langsam und laut.
»Was genau macht ihr dann auf der Autobahn, wenn sie gesperrt ist?« Seine Stimme war schneidend.
Matt ließ ich das Handy sinken und lauschte einen Moment auf Ben, der offenbar eine ähnliche Unterhaltung mit seinem Kumpel Max führte. Er brummte irgendwas und gab aufmunternde Laute von sich. Als er meinen Blick bemerkte, zuckte er die Schultern und seufzte bleischwer.
Als ich meinen Bruder wieder ans Ohr nahm, sprach der immer noch, während es zwischendurch immer mal wieder in der Leitung laut rauschte. Offenbar hielt er eine Rede vor meinen Eltern, wie genau die Rettung der kleinen Schwester nun vonstattenzugehen hatte.
»Liam!«, machte ich mich bemerkbar. »Wenn ihr eine Lösung gefunden habt, in der kein Helikopter vorkommt, ruf mich doch noch mal an. Ich muss jetzt auflegen. Mein Akku hat nicht mehr so viel Saft. Tschüss!« Da Ben sein Gespräch ebenfalls beendet hatte, fragte ich übergangslos: »Können wir hier erfrieren? Du als medizinisches Fachpersonal wirst diese Frage doch kompetent beantworten können.«
Ben starrte einen Moment aus der komplett verschneiten Windschutzscheibe, dann sagte er trocken: »Ich habe diverse Rettungsdecken im Kofferraum. Und wir können uns gegenseitig wärmen.«
»Ich habe Käse, meinen neuen Liebesroman und Bergkristalle«, erklärte ich, und meine Mitfahrgelegenheit nickte zustimmend.
»Prima!«
Und dann seufzten wir noch einmal. Verdammt! Einsam, verlassen und komplett eingeschneit den 24. Dezember auf einem abgelegenen Parkplatz zu verbringen, war aber auch wirklich ein Brett. Nie wieder wünschte ich mir Abenteuer!
Ich warf Ben einen Seitenblick zu. Tatsächlich hätte ich es mit meiner Begleitung schlechter treffen und mit einem übellaunigen, nach altem Bratenfett riechenden Kerl hier festsitzen können. Ich mochte Ben irgendwie. Wenn er mit seinem ansehnlichen Gesicht und dem verstrubbelten Look auch ein so wenig aussah wie die Covermodels der Liebesromane, die ich für diverse Verlage übersetzte. Aber nett war er allemal, und sollte aus irgendwelchen Gründen mein Herz stehen bleiben, konnte er mich auch gleich noch retten. Das war doch außerordentlich praktisch.
»Dann lass uns mal einen Plan machen .«, setzte Ben an, kam aber nicht weit, denn hinter uns tauchten plötzlich Scheinwerfer auf. Erschrocken drehten wir uns beide um. Da kam etwas Großes die Auffahrt zum Parkplatz hoch. Sehr groß.
»Ist das ein Schneepflug, der zu unserer Rettung geeilt ist?«, fragte ich und stellte erstaunt fest, wie piepsig meine Stimme klang. Es war aber kein Schneepflug, wie ich jetzt sah, sondern ein Lkw. Ein recht großer Lkw, der direkt neben uns hielt und den Motor ausmachte.
Ben und ich drückten gleichzeitig die Verriegelungsknöpfe der Türen, während sich jemand aus dem Lkw-Führerhäuschen quasi abseilte. Weil es wirklich hoch war. Der Jemand trug einen arktistauglichen Schneeanzug und eine Kapuze und wirkte auf den ersten Blick, als wäre er ohne große Probleme in der Lage, der Unbill dieser Naturkatastrophe zu trotzen. Im nächsten Moment klebte das Gesicht des Typen an der Fahrerseite des Golfs, und er klopfte so energisch gegen die Scheibe, dass Ben mir fast auf den Schoß sprang.
»ALLES GUT?«, brüllte der Kerl, und Ben fragte leise: »Ist der Bergkristall als Waffe zu gebrauchen?«
»ALLES GUT? HILFE?« Der Mann vor der Fensterscheibe fing an wild zu gestikulieren.
»JA!«, brüllte ich zurück, weil Ben sich immer noch nicht rührte. »ALLES GUT!« Was ja nicht stimmte, aber jetzt nichts zur Sache tat.
»Hält der gerade eine Flasche Wodka hoch?« Ben rutschte wieder näher zur Fahrerseite und starrte angestrengt in die Dunkelheit.
»Jep. Das ist Wodka, und er tanzt förmlich um die Flasche herum«, erwiderte ich. »Ob er ein Serienkiller ist?«
Ben grunzte. »Ich kläre das. Ich bin größer als er. Außerdem habe ich im Kofferraum ein paar Einwegskalpelle. Die sind höllisch scharf.« Bevor ich ihn aufhalten konnte, war er ausgestiegen, hatte aber die Tür wieder hinter sich geschlossen. Da die beiden jetzt nicht mehr ganz so laut sprachen und der Schneesturm ihre Worte einfach mit in...
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