Schweitzer Fachinformationen
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Juli lebt dort, wo andere Urlaub machen: auf La Palma. Eigentlich sollte es bloß eine Auszeit vom langweiligen Bürojob sein, doch wenn es nach ihr geht, kann der Ernst des Lebens gerne warten. Dann lernt sie Quinn kennen, der das genaue Gegenteil von ihr ist - vernünftig, zielstrebig, mit beiden Beinen auf der Erde -, und die Funken fliegen. Dabei will Juli sich doch auf keinen Fall verlieben!Doch als ein verwaister Hund ein neues Zuhause sucht, werden all ihre schönen Vorsätze auf die Probe gestellt. Und Juli erlebt, dass es nur ein bisschen Mut braucht, um die große Liebe zu finden.
Ich stand alleine neben dem modernen Küchenblock und beobachtete die vielen schön gekleideten Menschen, die zu Maltes Party aus dem fernen Hamburg angereist waren. Zwei Palmeros hatten sich mit einem Bier dicht nebeneinander auf das Sofa gesetzt und die Köpfe zusammengesteckt. Ich kannte sie vom Wochenmarkt. Marta verkaufte Gemüse, und Javier half mal hier und mal dort aus.
»Das nächste Mal müssen wir wohl gleich noch eine Kita anmieten.« Patrick, Maltes Mann, war neben mir aufgetaucht und drückte mir ein Glas eiskalten Weißwein in die Hand. Er war groß und schweigsam und für mich der Inbegriff eines Kapitäns, der auch auf stürmischer See das Ruder fest in der Hand hielt und sein Schiff sicher in den Hafen lenkte. Tatsächlich hatten er und Malte vor drei Jahren, beflügelt vom Passatwind und vom Kanarenstrom, eine Segelschule eröffnet, und der Laden brummte.
Malte, den ich gefühlt schon immer kannte, hatte entweder keine oder bunte Haare und konnte so schnell sprechen, dass ich manchmal nicht wusste, ober er deutsch oder spanisch mit mir redete.
Zusammen ergaben die beiden ein großartiges Team, und in den stillen Momenten in meinem Leben beneidete ich sie um diese Harmonie.
»Oder wir warten mit der nächsten Party, bis die Kinder erwachsen sind«, fügte er hinzu und nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier.
»Oh nein, was wird denn dann aus mir?«, rief ich und beobachtete, wie ein Papa mit gleich zwei kleinen Kindern auf dem Arm sich den Weg in die Küche bahnte. Zu den fünfzehn Erwachsenen im Raum gehörten mindestens ebenso viele Kinder. Wenn nicht mehr. Offenbar waren alle im letzten Jahr Eltern geworden. Überall kroch und krabbelte es.
»Juli, hey!« Der Mann mit den Kindern auf dem Arm war stehen geblieben und strahlte mich an. Ich strahlte vorsichtshalber zurück, hatte aber keinen blassen Schimmer, wer das sein könnte.
»Nimm doch mal einen.« Er drückte mir geschickt eines der in rosa gekleideten Kleinkinder in den Arm. Reflexhaft griff ich zu, während er sich aus dem Kühlschrank ein kaltes Wasser nahm. Respekt, dazu wäre ich mit einem kleinen Kind auf dem Arm ganz sicher nicht in der Lage gewesen.
»Du bist Juli aus Hamburg. Wir haben uns vor drei oder vier Jahren bei Malte getroffen und über das Leben philosophiert. Erinnerst du dich nicht? Ich bin Jasper.« Einhändig öffnete er die Flasche und goss sich ein Glas ein. Äußerst geschickt, der Mann.
Ja. Ich erinnerte mich. Damals hatte er lange, zottelige Haare gehabt und eine kaputte Jeans getragen. Heute hatte er eine dezente Stoffhose an, und sein braunes Haar war akkurat geschnitten. Ich lächelte ihn ein wenig steif an, während das Kind auf meinem Arm anfing, meine Blusenknöpfe genauer zu untersuchen. Und vermutlich gleich herausfinden würde, wie man sie öffnete. Kinder lernten ja schnell in diesem Alter.
»Du hattest keine Lust mehr auf deinen Versicherungsjob und wolltest auswandern. Offenbar hast du das auch durchgezogen.« Der Vater des lernfreudigen Kindes auf meinem Arm nickte anerkennend. Ich bewegte mich nicht, hielt nur das Kind fest. Es verströmte einen sonderbar warmen, angenehmen Geruch nach Marmelade und Milch.
»Und du wolltest dir einen Camper kaufen und durch Neuseeland reisen«, sagte ich schließlich. Jasper lachte, als hätte ich einen Witz gemacht. Dabei haben wir uns damals, in einer lauen Augustnacht auf Maltes Balkon, die Köpfe heißgeredet. Über unsere Träume und den Sinn des Lebens und die Tretmühle, in der wir uns jeden Tag wiederfanden. Jasper hatte mir ein Foto von dem Camper auf dem Handy gezeigt, und seine ausgeklügelte Reiseroute gleich noch dazu.
»Warst du in Neuseeland?«, fragte ich weiter, nun doch neugierig.
Wieder lachte er. Dann deutete er mit dem Kinn auf die beiden Kinder. Eins auf seinem, eins noch immer auf meinem Arm. »Das Leben kam dazwischen. Kurz nach unserer Balkon-Session habe ich Annika kennengelernt, und dann ging alles ganz schnell. Zack, waren wir Eltern. Und gebaut haben wir auch gerade. In Volksdorf, ein wirklich schöner Stadtteil von Hamburg.«
Das Mädchen auf meinem Arm bearbeitete weiterhin die Knöpfe an meiner Bluse. Vorsichtig drehte ich mich ein wenig seitlich, nur für den Fall, dass das Kind tatsächlich schon wusste, wie man sie öffnete.
Doch das wäre gar nicht nötig gewesen, denn Jasper nickte gerade über meinen Kopf hinweg jemandem zu und machte einen Kussmund. »Ich bin jetzt Mitte dreißig«, sagte er, ohne mich anzusehen. »Der beste Zeitpunkt für eine Familie. Und seien wir ehrlich. Das ist doch das Wichtigste im Leben. Die eigene Familie.«
Ich war mir sicher, dass er nicht taktlos sein wollte. Ich meine, von meiner Familie war weit und breit nichts zu sehen, aber er wusste ja nicht, ob nicht vielleicht im Nebenzimmer mein Mann gerade die Drillinge in den Schlaf sang.
»Und, was machst du hier, Juli? Auf dieser wunderschönen Insel? Hängst du den ganzen Tag am Strand rum?«, fragte er, doch ich merkte, dass hinter mir etwas seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
»Ich lebe jetzt seit drei Monaten hier«, antwortete ich langsam, während Jaspers Lippen lautlos »Mach ich!« formten. Dann grinste er über meinen Kopf hinweg.
»Und ich arbeite. Es läuft gut. Ganz prima«, fuhr ich tapfer fort, obwohl Jasper mir nun gar nicht mehr zuhörte.
»Ich bring die beiden mal kurz zur Mama«, sagte er im nächsten Moment und nahm mir das Mädchen ab. Sofort raffte ich mit einem Handgriff meine Bluse vorne zusammen, denn die Kleine hatte tatsächlich mit kontinuierlicher Beharrlichkeit zahlreiche Knöpfe geöffnet. Aber ich hätte auch komplett nackt sein können, Jasper wäre es nicht aufgefallen.
Ich sah ihm nach, als er sich zu einer langhaarigen Frau auf das Sofa setzte. Vermutlich hatte er mich in genau diesem Moment schon wieder vergessen. Zügig schloss ich die Knöpfe, griff nach meinem Weinglas und flüchtete auf einen der Barhocker am Küchentresen.
Die Türen zur Terrasse standen weit offen, und hinter den Gästen glitzerte der Atlantik in der Abendsonne. Die Felsen ragten schroff und dunkel daraus hervor, und weit entfernt sah man die Wolken, die der Wind mit sich trieb, bis sie an den Bergen der Insel hängen blieben.
Tapfer hielt ich mich an meinem Weinglas fest. Ich wollte nicht mehr hier sein, bei all diesen perfekten Menschen mit ihren offenbar perfekten Lebensläufen. Die alles richtig zu machen schienen. Kinder bekamen, ihre Jobs machten, auch wenn sie sie schrecklich fanden, und nicht einfach abhauten, um sich selbst zu finden und am Ende Sandwiches zu verkaufen. Und Hunde auszuführen. Die Party zu verlassen hätte allerdings einer Entscheidung bedurft, und die konnte ich gerade nicht treffen. Stattdessen saß ich da, nippte an meinem Wein und beobachtete, wie die Sonne langsam den Horizont küsste und sich anschickte, ins Meer zu tauchen.
Es klingelte, und Malte eilte an mir vorbei zur Tür. Er strahlte über das ganze Gesicht. Malte liebte Menschen. Vorzugsweise viele auf einem Haufen. Schon ihm zuliebe konnte ich nicht einfach die Flucht ergreifen, er war schließlich mein bester Freund.
Als er zurückkam, hatte er einen Mann im Schlepptau, den er in seiner gewohnten Manier mit einem Wortschwall beglückte. »Der Wind war wirklich gut und das hat alles toll geklappt und der Wasserhahn tropft auch nicht mehr und das ist Juli! Sie hat Zauberkräfte.« Ein wenig atemlos blieb er vor mir stehen und präsentierte mich dem Nachzügler wie eine Praline auf einem Tablett.
»Habe ich nicht«, murmelte ich peinlich berührt, aber der neue Gast hatte eh keinen Blick für mich, sondern sah an mir vorbei aus dem Fenster zum Meer, wo die Sonne jetzt mit Rosa und Rot in allen Tönen die Welt zum Leuchten brachte, was für La Palma eher ungewöhnlich war. Angeblich war das Farbspektakel beim Sonnenuntergang der Luftverschmutzung geschuldet, und hier war alles so sauber, dass die meisten Sonnenuntergänge recht sang- und klanglos abliefen. Aber heute nicht, heute brachte die Sonne alles zum Leuchten, und den neuen Gast gleich mit, denn sie schickte uns ihre Strahlen mitten durch die weit geöffneten Fenster in den Raum.
Der Mann war einen ganzen Kopf größer als Malte und trug einen dunklen Anzug, das Jackett locker über dem Arm. Das strahlend weiße Hemd unterstrich seine tiefe Bräune, und seine blauen Augen leuchteten in der Sonne, was fast ein wenig gespenstisch wirkte. Ich sah, wie einige der anwesenden Damen trotz Kleinkindern und Babys auf dem Schoß die Hälse reckten.
Malte schenkte mir ein geheimnisvolles Lächeln. »Doch. In mancher Beziehung hast du sehr wohl Zauberkräfte«, sagte er leise und fügte an den gutaussehenden Kerl gewandt hinzu: »Amüsier dich. Es gibt Wein und Tortilla, von Patrick persönlich zubereitet.« Er klopfte ihm einmal auf die Schulter, grinste mich an und verschwand. Wir blieben allein am Küchentresen zurück. Immerhin warf mir der Neuankömmling nun endlich einen knappen Seitenblick zu. Und dann ganz unerwartet noch einen. Und dann sagte er: »Hola, soy Quinn.«
»Juli. Hallo«, antwortete ich und setzte ein Lächeln auf.
»Und, Juli, kommst du auch aus Hamburg?«, fragte Quinn mich, während er sich ebenfalls ein Glas Weißwein eingoss, einen Blick auf die Tortilla warf, die Stirn runzelte und sich kurzerhand ohne Tortilla neben mich setzte.
»Jo. Hamburg. Du vermutlich auch? Hier scheinen alle aus Hamburg zu kommen«, erwiderte ich.
Er schüttelte knapp den Kopf. »Ich komme aus der tiefsten Provinz im Norden, lebe aber schon eine ganze Weile hier. Und seit wann bist du hier, oder bist du auch nur zu Besuch?« Und endlich sah er mich...
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