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Einleitung: Abenteuer Mannsein

"Obwohl in den letzten Jahren vieles unisex gestaltet wird, obwohl es manche Feministinnen abstreiten, obwohl seit einigen Jahrzehnten große Wut gegen die Männlichkeit an sich aufgebrochen ist, obwohl die Männer von Selbstzweifeln angefressen sind - trotz all dem ist die großartige Natur der männlichen Seele offensichtlich."

(Richard Rohr, 2009)

Ein klarer Morgen mit strahlend blauem Himmel über dem Valle Gran Rey auf der kanarischen Insel La Gomera. Ich bin zur Playa de Calera gejoggt und steige gerade aus dem frischen, salzigen Atlantik. Die Sonne erhebt sich über das imposante Vulkangestein und liebkost meinen Körper. Von Salzwasser und Wind fühlen sich meine Haut und meine Lippen zart und prickelnd an. Ich spüre Kraft und Lebendigkeit in mir, fühle mich mit den Elementen verbunden und bin bereit. Bereit für ein Leben der Kraft und der Berührbarkeit als Mann. Bereit, mein Bestes zu geben. Für meine Familie, für meine Tochter, meine Freunde und für all die Männer und Frauen, mit denen ich in meinen Seminaren und Coachings arbeiten darf. Bereit, diese Welt sinnvoll zu gestalten, gemeinsam mit anderen, gemeinsam mit dir. Ich bin erfüllt und zutiefst dankbar für dieses Leben - jede Sekunde ist so kostbar und vergänglich.

Ich habe in den vergangenen 20 Jahren über 1000 Männer auf ihrem Weg in ihre persönliche Power und in ihre Liebesfähigkeit begleitet. Ich habe gesehen, womit sie ringen, und mich zutiefst in ihnen wiedererkannt. Jetzt interessiert mich, womit du in deinem Leben ringst. Wenn du magst, lass uns ein Stück gemeinsam gehen und das erforschen. Ich möchte dich mit diesem Buch daran erinnern, dass ein hypnotisierter Tiger in dir schläft, der wieder aufgeweckt werden will. Und ich möchte dich ermutigen, dir das nächste Level deiner Kraft und deiner Berührbarkeit zu erobern. Auf deinem Weg stehen dir dafür kraftvolle Verbündete zur Seite, die männlichen Archetypen. Mit ihren Qualitäten und essenziellen Aspekten unterstützen sie dich dabei, dein "Abenteuer Mannsein" entscheidend zu vertiefen.

Ich habe einen Traum .

Ich habe eine Vision, für die ich arbeite und die ich mit dir teilen möchte. In dieser Vision sind wir Männer wieder mit unseren Kraftquellen verbunden. Wir haben aufgehört, es den Frauen recht zu machen, beruflich zu funktionieren und uns zu verbiegen. Wir haben uns eingestanden, dass wir unser Zentrum abgegeben haben: an Frauen, Kinder, Chefs und an gesellschaftliche "Sachzwänge". Was für ein heilsamer Schock - zu merken, wie sehr wir uns selbst dabei übergangen haben!

Als uns klar wurde, dass wir uns verhalten wie hypnotisierte Tiger, haben wir plötzlich die Ursache unserer gewohnten Erschöpfung und unserer Frustration verstanden: die zwanghafte Ablenkung und die reflexartige Suche nach Liebe und Anerkennung von außen.

Durch die Unterstützung anderer Männer konnten wir aufhören, hohle Rollen zu spielen, in denen wir nicht wir selbst waren und durch die wir uns auf ein kraftloses Leben reduziert haben. Auch die ganz Cleveren unter uns haben schließlich aufgehört, so zu tun, als sei doch irgendwie "alles ganz in Ordnung". Dieses Eingeständnis war ein Wendepunkt. Du und ich, wir haben eine Entscheidung getroffen: Da, wo wir vorher abgehauen sind und uns (innerlich) "verpisst" haben, sobald der emotionale Seegang rauer wurde, bleiben wir jetzt stehen. Wir haben unser Zentrum zu uns zurückgeholt und endlich damit aufgehört, unsere Stärke und unsere Berührbarkeit zu verleugnen.

Aufrecht und klar stehen wir jetzt hier in unserer Kraft und Präsenz. Das Feuer der Lebensfreude blitzt in unseren Augen, das Schwert der Klarheit steckt im Gürtel, aber unsere Herzen sind weich, offen und empfänglich. Die Spielfreude ist zurückgekehrt und auch unsere Neugier auf Abenteuer. Wie gut es tut, endlich wieder ganz zu uns und zu unserer Lebendigkeit zu stehen! Diese Klarheit über unser Wesen drückt sich auch beruflich aus. Wir leben unseren Traum und machen keine faulen Kompromisse mehr.

An unserer Seite stehen andere Männer, mit denen uns Freundschaft und Brüderlichkeit verbindet. Wir haben tiefe, tragfähige Männerfreundschaften kultiviert und wir sind ausgestiegen aus der Spirale von Leistung, Vergleich und Konkurrenz. Damit hat sich auch der permanente Zustand innerer Anspannung aufgelöst. Das vertraute Gefühl latenter Einsamkeit ist verschwunden. Das Leben ist wieder ein sicherer und heimatlicher Ort für uns geworden, an dem wir uns entfalten können. Wir müssen nicht mehr vor uns selbst flüchten und haben die Angst vor dem Alleinsein besiegt, indem wir gelernt haben, uns selbst präziser wahrzunehmen und zu fühlen. Dadurch ist das Alleinsein zu einer tiefen Kraftquelle für uns geworden, aus der wir Inspiration und Gelassenheit schöpfen können.

Wir haben unsere Freiheit neu erobert und die Zärtlichkeit unserer Herzen wieder erweckt. Der Kontakt zu unseren Kindern ist jetzt viel näher, unabhängiger und liebevoller geworden, denn natürlich haben sie unsere Veränderung zuerst bemerkt. Wir sind zutiefst dankbar, und unsere liebevolle Fürsorge erfüllt uns mit Freude und Demut.

Voller Würde und Integrität stehen wir nun den Frauen gegenüber, als würden wir sie zum ersten Mal wirklich sehen können. Ohne die Erwartung, dass sie uns glücklich machen sollen, ohne Mutter-Projektionen. Wir reichen ihnen die Hand, jetzt erst wirklich bereit, uns auf sie einzulassen. Bereit für das weibliche Geschenk. Bereit, den Tanz gemeinsam zu tanzen. Liebend, in tiefem Respekt und auf echter Augenhöhe. Wir sind ein präsentes, männliches Gegenüber, kraftvoll und berührbar.

■ Anregung

Schließe kurz die Augen. Nimm ein paar tiefere Atemzüge.

Wo spürst du Resonanz auf das, was du gerade gelesen hast?

Stelle dir vor, du wärst für einen Moment lang in deiner vollen Kraft und Präsenz. Wie fühlt sich das an?

Ich bin nicht naiv. Ich weiß, wohin wir Männer uns kollektiv manövriert haben und welche Herausforderung es bedeutet, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Aber ich erlebe ständig in meiner Arbeit mit Menschen, welchen Unterschied es macht, wenn der Kapitän wieder am Ruder steht.

Um dich darin zu bestärken, die Kommandobrücke deines Lebens wieder klar und entschieden zu übernehmen, habe ich dieses Buch geschrieben. Ich lade dich dazu ein, dir deine Freiheit, deine echte Stärke und deine archaische Wildheit zurückzuerobern. Und ich lade dich ein, dein Herz weit zu öffnen, deine Gefühle wirklich zu fühlen und dir selbst ein liebender Freund zu werden.

Auf diesem maskulinen Entwicklungsweg werde ich dir einige Fragen stellen und dir verschiedene Anregungen aus der Praxis geben. Die männlichen Archetypen können uns dabei als Verbündete dienen und dich zu inspirierenden Kraftquellen leiten. Es wird spannend. Bist du bereit? Let's go!

Hypnotisierte Tiger

Um zu verstehen, was unsere nächsten Schritte sein können, ist eine Bestandsaufnahme wichtig. Vorweg aber mal dies, und zwar aus voller Überzeugung: Männlichkeit ist etwas Wunderbares. Männlichkeit wird auf diesem Planeten genauso gebraucht wie Weiblichkeit und Queerness. Wohin haben wir uns dann verirrt?

Wir Männer sind absolut gefordert: Vor lauter Ratio, Logik und Technologie, Probleme lösen, Expansion und Machbarkeit haben wir den Bezug zur Erde, zum Fühlen, zum Leben verloren. Trotz vieler guter Ansätze und trotz der Emanzipation der Frauen haben wir diese innere Entfremdung noch nicht wirklich ändern können. Herzinfarkte, Alkoholismus, Kriminalität, Selbstmordraten und die schulischen Probleme unserer Jungen, die Liste ist lang, und ich erspare dir an dieser Stelle die Fakten. Männlichkeit steht ohne Frage weiterhin unter Beobachtung.

Hinzukommen innere Einsamkeit, emotionale Taubheit, übersteigerte Konkurrenz und daraus resultierende Gewalt gegen sich selbst und andere - Männer sind häufig eher das Problem als die Lösung in Bezug auf die Herausforderungen unserer Zeit. Daran konnte auch die Softiekultur der 70er und 80er Jahre nichts Wesentliches ändern. Teilweise bewirkte sie sogar einen Ausschlag in das entgegengesetzte Extrem. Mann verhielt sich nicht mehr so, wie Mann sich nicht verhalten sollte, also mackerhaft, dominant und aggressiv. Ein guter Anfang, aber noch kein Ausweg aus der Identitätskrise. Denn die bloße Anpassung an weibliche Normen reicht eben nicht aus für ein selbstbestimmtes, kraftvolles Mannsein. Und klar, es sind seitdem auch neue, positive Werte entstanden. Männer haben begonnen, sich ihre feminine Seite aktiv anzueignen, was einen großen Fortschritt bedeutet. Care-Arbeit, Elternzeit für Väter,...