TRAIL FROM THE HEART
Wenn du dich dafür entscheidest, mit deinem Hund zu trailen, hat das einen positiven Effekt auf dein ganzes Leben. Wir sprechen hier nicht davon, "mal eine Spur zu legen, um den Hund auszulasten", sondern davon, das Trailen in seiner ganzen Komplexität anzunehmen und zu verstehen.
© Rainer Dittrich
Gehe der wahren Essenz des Trailens auf den Grund. Lass dich auf etwas Neues ein und entdecke die ganze Wahrheit.
DIE WELT DES GERUCHS
Trailen ist eigentlich ganz einfach. Für den Hund ist es die natürlichste Sache der Welt, eine Spur zu verfolgen und ganz spielerisch den Individualgeruch zu erkennen. Der Hund lebt in seiner Welt - der Welt des Geruchs. Für ihn erschließen sich dort ganze Räume, wo wir im Vergleich dazu gerade einmal Zugang in den Eingangsbereich haben. Er riecht räumlich, dreidimensional, kann Zeiten unterscheiden und auch speichern.
Wenn er etwas riecht, dann riecht er - er taucht in den Geruch ein und vergisst alles andere um sich herum. Wir dagegen versuchen häufig alles mit dem Verstand nachzuvollziehen. Uns fällt es oftmals schwer, in unsere eigene Welt einzutauchen, uns dem Moment hinzugeben und einfach nur zu sehen, hören oder zu riechen - ohne dass sich gleich der Verstand, unser "Denker" einschaltet.
BEGREIFEN DURCH ERFAHREN
Über den reinen Verstand werden wir die Welt des Hundes, seine Welt des Geruchs und des Trailens, nie ganz verstehen. Meine einzige Möglichkeit, ansatzweise zu begreifen, um was es wirklich geht, ist es zu erfahren - und zwar mit allem, was ich habe: mit meinem Körper, meinem Verstand, meinem Herzen, meinem Geist. Das mag für den einen oder anderen vielleicht etwas überzogen oder weichgespült klingen, ist aber härter, als du denkst! Denn das wahre und pure Trailen bedeutet immer auch eine Reise zu dir selbst.
SEI MUTIG
Hierfür benötigst du vor allem eins, und das ist Mut! Mut, genau hinzuschauen. Mut, dich einzulassen. Auf den Moment, auf dich selbst, deinen Hund, deinen Trainer, deine Teamkollegen. Du benötigst Mut, um dich Situationen zu stellen, die dir erstmal vielleicht etwas Angst einjagen. Das kann die Trail-Prüfung sein oder ein schwieriger Einsatz, das klärende Gespräch mit den Staffelkollegen oder was auch immer für dich eine Überwindung darstellt. Mut bedeutet dabei nicht die Abwesenheit von Angst. Mut bedeutet die totale Anwesenheit von Angst bei gleichzeitiger Fähigkeit, sich dieser zu stellen.
"Trail from the heart" lädt dich ein, "All-in" zu gehen. Mit deinem ganzen Herzen bei dir, deinem Hund und in dem Moment präsent zu sein. Lebendig einzutauchen, zu erfahren, alles mitzunehmen, was das Trailer-Leben dir bietet! Du hast die Wahl, du entscheidest. Niemand hält dich zurück, außer dir selbst. Die gute Nachricht ist: Wenn es dich zum Trailen zieht, wenn du Lust hast, dieses Buch zu lesen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du auch das Zeug dazu hast und bereit bist, mehr darüber zu erfahren. "Trail from the heart" ist gefährlich. Gefährlich für deinen Verstand: Traile radikal und traile from the heart!
FRAGE DICH SELBST
Oftmals bekommen wir keine Antworten, weil wir einfach nie gefragt haben. Wenn du dir Fragen stellst, kann es sein, dass du intuitiv sofort eine Antwort weißt. Manchmal dauert es auch einfach eine Zeit, je nach Intensität und Tiefgang der Frage. Dann machst du in der Zwischenzeit vielleicht erst einmal etwas anderes und plötzlich fällt dir die Antwort ein. Oder dir fällt ein Buch in die Hände oder ein Freund sagt etwas zu dir - und es macht klick. Mit Fragen eröffnen sich neue Möglichkeiten und du bekommst Antworten oder Hinweise, die sich in dem Moment für dich stimmig oder eben nicht stimmig anfühlen. Fragen geben unseren Gedanken eine neue Richtung und schaffen Raum für positive Veränderungen. Du trägst wahrscheinlich mehr Wissen und Weisheit in dir, als dir vielleicht bewusst ist.
Diese Fragen könntest du dir stellen, bevor du das nächste Mal deine Trail-Leine in die Hand nimmst. Picke dir die heraus, die zu deinen Themen mit deinem Hund passen. Schreibe die Fragen und Antworten in dein Notizbuch. Durch das Aufschreiben bringst du Klarheit in deine Gedanken und Vorstellungen:
NOTIZBUCH UND STIFT
Dieses Buch ist vor allem eines: ein Arbeitsbuch. Wenn du dich in allen Bereichen voll darauf einlässt und die Übungen auch in der Praxis anwendest, wird es zum rasanten Durchbruch in eurer gemeinsamen Entwicklung kommen. Bist du bereit dafür? Gut! Am besten besorgst du dir nun ein leeres Notizbuch für deine Notizen.
FRAGEN, DIE DEINE BEZIEHUNG ZU DEINEM HUND VERBESSERN
-
Was wünsche ich mir für mich und meinen Hund?
-
Was könnte die Situation (zu Hause, im Training .) für mich und meinen Hund verbessern?
-
Halte ich meinen Hund für schwierig und wenn ja, auf welche Weise?
-
Wer kann mir dabei helfen, etwas zu verbessern (Trainer, Kollegen, Freunde .)?
-
Was kann ich selbst sofort verändern, damit sich etwas verbessert?
-
Was ist sonst noch möglich?
-
Was wäre, wenn ich meinem Hund Aufmerksamkeit schenke und im Gegenzug nichts von ihm erwarte?
FRAGEN, DIE DICH SELBST BETREFFEN
-
Was kann ich besonders gut?
-
Wen und was liebe ich?
-
Womit beschäftige ich mich am liebsten?
-
Was kann ich in die Welt bringen?
-
Wer oder was möchte ich heute sein?
-
Welche Ressourcen stehen mir hierfür zur Verfügung?
-
Welche Gedanken und Gefühle lösen in mir Stress aus?
-
Bei welchen Themen habe ich eine feste Meinung? Bin ich mir dabei zu 100 Prozent sicher, dass es wahr ist? Und wenn nicht, kann es vielleicht auch ganz anders sein?
-
Was kann ich jetzt verändern, damit ich mich erfüllt fühle?
-
Wofür bin ich dankbar?
-
Was war heute besonders?
FRAGEN, DIE DIE ARBEIT MIT DEINEM HUND VERBESSERN
-
Was bereitet mir bei der Arbeit mit meinem Hund im Augenblick besondere Schwierigkeiten?
-
Wie kann ich diese Herausforderung leichter bewältigen?
-
Was benötige ich hierfür?
-
Wann fällt es mir schwer, meinem Hund zu vertrauen?
-
Warum fällt es mir schwer, meinem Hund zu vertrauen?
-
Was hält mich zurück, mich voll auf ihn einzulassen?
-
Wer oder was kann ich sein, um die schönen Momente beim Trailen noch intensiver zu erleben?
-
Was blockiert mich?
-
Was möchte ich kontrollieren und warum möchte ich das?
-
Was macht diese Kontrolle mit mir?
TABU-FRAGEN
Welche Fragen hast du dir bisher nicht erlaubt zu stellen, aus Angst davor, dass sich tatsächlich etwas verändern könnte?
Jede Blockade oder Limitierung, Gedanken, Gefühle und Emotionen sind "in uns eingeschlossen", abgespeichert. Um mental stark zu sein und selbstbewusst und frei leben (und trailen) zu können, geht es immer auch darum, sich diese Blockaden und Limitierungen bewusst zu machen und aufzulösen. Hierfür gibt es einige Möglichkeiten im Coaching, NLP, in der Psychologie, ein paar zeigen wir auch in diesem Buch kurz auf . Im Anhang findest du auch einige Buchtipps zu den verschiedenen Themen, wenn du diese vertiefen möchtest.
© Rainer Dittrich
"Was ist mir wirklich wichtig?" Sich auch mal Zeit für Fragen zu nehmen, kann neue Türen öffnen.
DER FLOW-STATE
Auf die Frage "Worum geht es dir beim Trailen?" sind die häufigsten Antworten:
-
Ich möchte als Hundeführer mit meinem Hund einen sinnvollen Beitrag zum Wohle der Gesellschaft leisten, indem ich helfe, vermisste Personen oder Haustiere wiederzufinden und zu retten.
-
Ich traile, um die Beziehung zu meinem Hund zu verbessern und ihn möglichst artgerecht auszulasten - und für mich selbst, weil es ein schönes Hobby ist.
-
Ich will das Talent meines Hundes fördern und ihn körperlich und mental auslasten.
Egal, welche der oben genannten Punkte für dich die größte Rolle spielen, es ist vor allem eins wichtig: in den, wie wir es nennen, "Trail-Flow" zu kommen.
Nur dann ist der Hund auf der Spur absolut lesbar und nur dann hat er auch die Kapazität, weite Strecken zurückzulegen (wird benötigt für Punkt 1). Ein Suchteam, das regelmäßig im Trail-Flow agiert, ist gemeinsam glücklich und erfolgreich (wird benötigt für Punkt 2). Nur dann schüttet der Hund vermehrt die Hormone aus, die ihn selbstbewusst und zufrieden sein lassen und in seine natürliche Mitte bringen (wird benötigt für Punkt 3).
DER NATÜRLICHE ZUSTAND
Der Trail-Flow ist der natürliche Zustand eines Suchhundeteams! Du musst diesen also nicht unbedingt erreichen wollen und ihm quasi hinterherjagen, sondern einfach alles andere unterlassen, das diesen nicht von selbst aufkommen lässt. Aus einer gelassenen inneren Haltung und einer entspannten (Arbeits-)Atmosphäre heraus entsteht er nahezu von selbst, wenn der Hund im Training richtig aufgebaut wird. Hast du eine absolute Lesbarkeit deines Hundes und diese Leichtigkeit in der Arbeit einmal erlebt, möchtest du gerne immer so trailen. Weite...