Schweitzer Fachinformationen
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"Ehe man beginnt, bedarf es der Überlegung."
SALLUST
Um die Komplexität einer Rede und gleichzeitig auch das Globalziel der Rederhetorik didaktisch-methodisch aufzubereiten und damit lehr- und lernbar zu machen, bedarf es
der Beschreibung und Durchdringung des Lehr-Lern-Gegenstands 'Rede',
einer Systematik von Lehr-Lern-Einheiten, die sich aus dem Gegenstand ergeben,
Methoden und Übungen, die zur Aneignung und Erarbeitung rederhetorischer Lernziele und Kompetenzen führen.
REDE ist eine unterschiedlich komplex strukturierte, thematisch und konzeptionell zusammenhängende sprachliche und sprecherische Einheit, mit der ein Sprecher/Redner eine kommunikative Wirkungsabsicht in Bezug auf einen oder mehrere Hörer verfolgt.
Aus dieser Rede-Definition ergeben sich vier zentrale Aspekte:
sprecherische
sprachliche
strukturell-konzeptionelle
thematische
Die didaktisch-methodische Vermittlung dieser Aspekte macht in der Praxis ein unterschiedliches Vorgehen notwendig. So kann beispielsweise die Erarbeitung des Hörerbezugs sowohl die sprecherische als auch die thematische Seite der Rede betreffen.
Zur Differenzierung von Teillernzielen bedarf es deshalb einer Systematik, die es möglich macht, die Rede sowohl mikrostrukturell als auch makrostrukturell zu betrachten. Dieser Differenzierung liegt die Annahme zugrunde, dass die Komplexität einer Rede immer auf zwei Ebenen (der mikrostrukturellen und der makrostrukturellen) vom Sprecher gestaltet und vom Hörer erfasst wird. Ein Redner äußert sich in einer bestimmten Sprache und mit bestimmten sprecherischen Mitteln, über die sich bereits ein Teil der Redeinformation erschließen lässt. Dies wird als zeitliches Nacheinander, also linear, wahrgenommen. Gleichzeitig erschließt sich aber der Gesamtsinn der Rede nur als Einheit. Eine Rede ist immer eine Verknüpfung von Informations- und/oder Argumentationseinheiten, die auf eine bestimmte Hörerschaft ausgerichtet ist. Die Inhalte einer Rede sind kognitiv und emotional komplex verbunden, sodass dies aufseiten des Hörers einen komplexen Verstehens- und Entschlüsselungsprozess notwendig macht, damit er die Kommunikationsabsicht des Redners identifizieren und verstehen kann.
Benötigt werden demnach eine Betrachtungsweise und ein Analyseinventar, die es ermöglichen, sowohl die mikrostrukturellen Einheiten als auch komplexe Verknüpfungsstrukturen der Rede zu erfassen, um daraus Lehr-Lern-Einheiten generieren zu können.
Deshalb wird im Folgenden die Rede auf der mikrostrukturellen Ebene als 'kommunizierte Zeichen', auf der makrostrukturellen Ebene als 'kommunizierter Text' betrachtet. Grundlage für diese Unterscheidung sind sowohl zeichentheoretische als auch textlinguistische Überlegungen, die aber nur insoweit erläutert werden, wie sie für den rhetorischen Kontext von Bedeutung sind.
"Jede Rede besteht aus dem, was bezeichnet wird, und aus dem, was bezeichnet." QUINTILIAN
Aus dieser antiken 'zeichentheoretischen' Betrachtung einer Rede lassen sich zur Beschreibung und Analyse folgende Fragestellungen ableiten:
Pragmatische PerspektiveWelche Zeichen verwendet ein Redner in verschiedenen Sprechsituationen, um seine Kommunikationsabsichten zu realisieren? Aus rederhetorischer Perspektive ist hier z. B. bedeutsam, inwieweit die Wortwahl die Verständlichkeit einer Rede unterstützt oder behindert.
Grammatisch-syntaktische PerspektiveWie sind die Zeichen im Satz bzw. in einer Sprecheräußerung organisiert? Hier spielen z. B. Aspekte eine Rolle wie die Verwendung von Füllwörtern oder Floskeln, die den Redefluss unterbrechen und zur Ablenkung der Zuhörer führen können, aber auch die Satzlänge oder Satzkonstruktion, die ein Verstehen erschweren.
Semantische PerspektiveWelche Bedeutung haben die Zeichen bzw. wie können sie interpretiert werden? Hier wird aus rhetorischer Perspektive z. B. zu fragen sein, ob die Rede verständlich ist, ob sie den Zuhörer erreicht oder inhaltsleer bleibt.
Wird die Rede zunächst als 'kommunizierte Zeichen' betrachtet, ist es notwendig, sich dieses 'Zeichenkonstrukt' als Konglomerat sämtlicher sprecherischer und sprachlicher Formen in Bezug auf die Zeichenqualität und -funktionalität hin näher anzuschauen. In der Rede werden sowohl ikonische, symbolische als auch indexikalische Zeichen verwendet (vgl. zum Folgenden auch LINKE/NUSSBAUMER/PORTMANN 2004, 19 ff.).
Ikonische ZeichenHier handelt es sich um Zeichen, die eine bildhafte Ähnlichkeit zum bezeichneten Gegenstand oder Sachverhalt aufweisen. Die Ähnlichkeiten können optischer Natur sein, aber auch lautmalerisch (Onomatopoetika: "miau, muh .") vorhanden sein. Sie spielen in der Rede z. B. dort eine Rolle, wo begleitende Visualisierungen eingesetzt werden (vgl. Kapitel 4.3.4.2). Aber auch in der Körpersprache existieren ikonische Zeichen, wie z. B. gestisches Zeigen (Beispiel: "So ist eine Wendeltreppe gebaut.").
Symbolische ZeichenDies sind Zeichen, in denen die Bedeutung bzw. Zuschreibung zu einem Gegenstand oder Sachverhalt konventionell festgelegt ist. Hierzu gehört der überwiegende Teil der Wortsprache einer Rede. Der Zusammenhang zwischen Zeichen und Bedeutung ist willkürlich. Der Gegenstand 'Tisch' wird mit dem Symbol 'Tisch' bezeichnet. Um das Symbol zu verstehen, muss jedoch die konventionelle Festlegung bekannt sein. Dieser Aspekt wird z. B. dort interessant, wo fachsprachliche Begriffe in der Rede verwendet werden, deren konventionell festgelegte Bedeutung den Hörern nicht bekannt ist (vgl. Kapitel 4.3.4.1). Ein klassisches Beispiel aus der Verwaltungssprache ist hier der Begriff 'Rechtsbehelfsbelehrung', der 'übersetzt' bedeutet: "Ihre Rechte als Bürger". Im Bereich der Visualisierung spielen symbolische Zeichen dort eine Rolle, wo innere Strukturen und Zusammenhänge mittels symbolischer Zeichen (z. B. Pfeile, Kreuze) vom Redner aufgezeigt werden. Auch ihre Bedeutung wird vom Redner situativ festgelegt (vgl. Kapitel 4.3.4.2).
Indexikalische ZeichenDarunter sind solche Zeichen zu verstehen, bei denen von etwas sinnlich Wahrnehmbarem auf einen Grund geschlossen wird. Jemand sieht Rauch (Folge) und schließt daraus, dass dort ein Feuer (Grund) brennen muss. Aus dem Wahrnehmen der Folge werden Rückschlüsse auf den in der Regel nicht unmittelbar erkennbaren Grund gezogen. Bei indexikalischen Zeichen handelt es sich um eine 'Kann-Beziehung'. Da ein indexikalisches Zeichen seinen Zeichencharakter erst durch die Zuschreibung bzw. Interpretation bekommt, kann die 'Richtigkeitsbreite' der Interpretation unterschiedlich stark ausgeprägt sein: Eine Person weint und es wird daraus geschlossen, dass sie unglücklich ist. Sie könnte aber auch vor Glück weinen. Aus diesem Grund werden indexikalische Zeichen auch als Symptome (Indices) bezeichnet, da sie verweisenden bzw. hinweisenden Charakter haben und die Erschließung ihrer Bedeutung immer einer Interpretation gleichkommt.
Die Differenzierung in ikonische, symbolische und indexikalische Zeichen hat für rhetorische Lehr-Lern-Kontexte Auswirkungen: Während sowohl ikonische als auch symbolische Zeichen im Sinne der intendierten Kommunikationsabsicht bewusst verändert werden können (z. B. andere Wortwahl in der Rede, weniger komplexe Satzstruktur, veränderte Bildsprache usw.), ist dies im Bereich der indexikalischen Zeichen nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Dies gilt vor allem für alle körperlichen Ausdrucksphänomene, die beim Redner wahrnehmbar werden. Im Unterschied zur verbalen Sprache ist der körperliche Ausdruck nur in einem sehr kleinen Umfang ikonisch bzw. symbolisch. Seine Zeichen haben überwiegend keine festgelegte konventionelle Bedeutung wie symbolische Zeichen der Wortsprache, sondern sie können lediglich auf etwas hinweisen, wobei der Interpretationsspielraum hier sehr groß sein kann. Um es am Beispiel 'sich an der Nase reiben' zu verdeutlichen: Dieses indexikalische Zeichen hat keine konventionell festgelegte Bedeutung, sondern es kann auf vielerlei verweisen: Heuschnupfen, Juckreiz, Unsicherheit des Redners, aber es bleibt in jedem Fall eine vage und unsichere Interpretation.
Insofern wird im Folgenden für alle...
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