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Auf einem Hügel residiert Reichtum. Man kann von unten die vergoldeten Säulen seines Palastes sehen, doch der Weg nach oben ist steil und schlüpfrig. Der Liebhaber des Reichtums nimmt den Aufstieg trotzdem auf sich und wird von einer Frau mit hübschem Gesicht und in buntem Kleid willkommen geheißen. Die Frau führt ihn, auf dem weiteren Weg begegnen sie anderen Frauen: dem Betrug, der Knechtschaft und der Plackerei. Nachdem Letztere ihn eine Weile traktiert hat - der Liebhaber des Reichtums ist schon krank und grau -, übergibt ihn seine Führerin dem Alter. Schließlich packt die Gewalt den Liebhaber des Reichtums und treibt ihn in die Arme der Verzweiflung. In diesem Augenblick fliegt seine Führerin davon, und er selbst wird durch einen versteckten Hinterausgang geworfen, jetzt «ein nackter, fettleibiger, blässlicher Greis, der mit der einen Hand seine Scham bedeckt, während er sich mit der Rechten selbst an die Gurgel geht. Bei seinem Abgang begegnet ihm Reue, ohne Nutzen weinend und den Armen noch mehr vernichtend.»[1]
Diese Geschichte ist eine Ekphrasis, eine Bildbeschreibung. Wir finden sie in einem Text des kaiserzeitlichen Schriftstellers Lukian (2. Jahrhundert n. Chr.). In Das traurige Los der Gelehrten erklärt der Sprecher einem Mann namens Timokles, warum er und andere griechische Gelehrte sich nicht als Hauslehrer bei wohlhabenden Römern verdingen sollten. Er beschreibt eindringlich das Schicksal, das ihnen dort drohe: Viel werde dort versprochen, materielle Sicherheit, ein gehobener Lebensstil und gesellschaftliches Ansehen - doch nichts davon gehe in Erfüllung. Sie würden dazu missbraucht, dem Hausherrn den Anschein von Bildung zu geben, und bei Unstimmigkeiten sofort in Ungnade entlassen werden. Die Beschreibung des allegorischen Bildes steht am Ende von Lukians Text, es veranschaulicht die Ausführungen des Sprechers und dient als Schlussplädoyer gegen die Sklavendienste des Gelehrten.
Zentral in der Allegorie ist die Frau, die den Liebhaber des Reichtums empfängt und zu den anderen Frauen führt, bevor sie, bei der Verzweiflung angekommen, verschwindet - Elpis, die Hoffnung. In ihr greifen wir einen wichtigen Strang der antiken Vorstellungen von Hoffnung, den wir in die Archaik zurückverfolgen können: Hoffnung als eine Zuversicht, die sich jedoch als Illusion entpuppt. Die Hoffnung in Lukians Ekphrasis ist verführerisch - sie empfängt den Wanderer freundlich mit ihrem schönen Gesicht und farbenfrohen Gewand -, aber statt zum erwünschten Reichtum führt sie ihn ins Elend. Auch in der Gegenwart gibt es kritische Stimmen zur Hoffnung, etwa die Warnung davor, sich Hoffnungen hinzugeben und deswegen nichts zu unternehmen, aber der Tenor ist positiv: Hoffnungen, so würden viele Menschen heute sagen, motivieren, sie helfen, schwere Zeiten durchzustehen, und tragen zur Lebenszufriedenheit bei. Kraft und Nutzen des Hoffens sind der paganen Antike keineswegs fremd; neben oder sogar vor ihnen stehen jedoch seine Gefahren.
Elpis, ins Lateinische mit spes übersetzt, bezeichnet Hoffnung, deckt sich aber nicht mit ihr. So können elpis und spes auch Erwartung bedeuten und sich sogar auf ungünstige Entwicklungen richten; dann fehlt ihnen das Begehrende des Hoffens. Nach einer Sonnenfinsternis schreibt der archaische Dichter Archilochos (7. Jahrhundert v. Chr.) etwa: «Nichts mehr von den Dingen ist unerwartet .»[2] «Unerwartet» übersetzt das griechische «aelpton», das denselben Stamm wie elpis hat und hier keine Hoffnung, sondern eher eine Furcht ausdrückt - wenn schon die Sonne verschwindet, was kann dann noch alles geschehen? In Aristoteles' Schrift Über das Gedächtnis verhält sich elpis zur Zukunft wie die Erinnerung zur Vergangenheit und die Wahrnehmung zur Gegenwart - sie bezeichnet allgemein die Erwartung.[3]
An einigen Stellen beziehen sich elpis und stammverwandte Wörter auch nicht auf Zukünftiges und bezeichnen stattdessen Annahmen und Vermutungen über Vergangenes oder Gegenwärtiges. In der Ilias kämpfen die Griechen und Trojaner bereits um den Leichnam des Patroklos, doch Achill, zurückgeblieben bei den Schiffen, weiß noch nichts davon: «Das erwartete er niemals im Mute,/dass er tot sei.»[4] In diesem Falle können wir das mit elpis stammverwandte Verb elpesthai keineswegs mit «hoffen» übersetzen - Achill hofft nicht, dass sein Intimus tot ist. Aufs Ganze betrachtet, überwiegt die Bedeutung von Hoffnung aber in der antiken Literatur und setzt sich bei christlichen Autoren dann ganz durch.
Hoffnung findet sich auch, ohne dass das Wort elpis auftaucht. Bereits Homer lässt seine Helden hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, ohne diese Haltung immer ausdrücklich als elpis zu charakterisieren. Besonders eindrücklich ist Penelope in ihrer Hoffnung auf die Rückkehr des Odysseus. Sie hält die Freier, die sich an ihrem Hof eingenistet haben, über Jahre hin: Sobald sie das Leichentuch für ihren Schwiegervater Laertes fertiggewoben habe, werde sie sich mit einem von ihnen vermählen. Aber nachts trennt Penelope das, was sie tagsüber gewoben hat, wieder auf - bis sie von einer Dienerin verraten wird. Auch dann hört sie nicht auf zu hoffen, ihren Gatten wiederzusehen, ist aber schließlich so verzweifelt, daß sie die Freier zur Bogenprobe einlädt. Diese Gelegenheit nutzt Odysseus, der heimlich zurückgekehrt und von Athena in einen alten Bettler verwandelt worden ist, als Auftakt für seine Rache an den Freiern. Auch wenn Penelope ihren Gatten nicht sofort erkennt, geht ihre Hoffnung schließlich in Erfüllung.
Der Ausgangspunkt für unseren Streifzug durch die Antike ist aber nicht das homerische Epos, sondern ein berühmter Mythos bei Hesiod.[5] Bis heute gibt uns die Erzählung von Pandora Rätsel auf - die Rolle der Elpis, die im Fass der Pandora bleibt, wird höchst verschieden gedeutet.
Gemeinsam mit Homer, so notiert Herodot, gab Hesiod «den Griechen die Entstehung der Götter und benannte die Götter, teilte ihre Vorrechte und Fertigkeiten auf und beschrieb ihr Aussehen»[6]. Hesiod lebte um 700 v. Chr. im boiotischen Askra, einem Ort am Fuß des Helikons, «im Winter schlecht, im Sommer furchtbar, niemals gut»[7]. Ihm verdanken wir die ersten Lehrgedichte; seine Hauptwerke sind die Theogonie und die Werke und Tage. Während die Theogonie die Abfolge der Göttergeschlechter von den Urwesen Chaos und Gaia bis zu den Olympiern erzählt, setzen sich die Werke und Tage mit dem Leben des Menschen auf der Erde auseinander.[8] Pandora taucht in beiden Werken als Teil des Prometheus-Mythos auf: In der Theogonie erwähnt Hesiod sie als die erste Frau, die Zeus schuf und dann Epimetheus «als ein Übel»[9] gab. Ausführlicher wird die Geschichte von Pandora in den Werken und Tagen geschildert.
Nach einer Musenanrufung korrigiert sich Hesiod in den Werken und Tagen selbst - hatte er in der Theogonie nur von einer Eris (Streit) gesprochen, führt er jetzt zwei Eriden ein. Neben der schlechten Eris, die Zwietracht säe und Krieg herbeiführe, gebe es die gute Eris. Sie sorge für Wettbewerb zwischen Menschen und bewirke, dass sie arbeiten und sich gut versorgen könnten. An dieser Stelle wendet sich Hesiod an seinen Bruder Perses und ermahnt ihn, sich von der schlechten Eris fernzuhalten. Die beiden sind in einen Rechtsstreit verwickelt: Perses - das behauptet Hesiod zumindest - hat die Richter bestochen und ihn um seinen Anteil am väterlichen Land gebracht. Statt sich derart zu bereichern, solle Perses seinen Lebensunterhalt mit ehrlicher Arbeit verdienen. Das sei nämlich das...
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