1 Umgebung
Auswirkung von Unordnung auf uns (körperlich, geistig und seelisch)
Chaos um uns herum macht uns unglücklich. Das glauben Sie nicht? Dann werfen Sie einen Blick auf das Foto1:
Nehmen Sie alles auf, was dort zu sehen ist. Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich dort aufhalten. Was empfinden Sie bei dieser Vorstellung? Ganz schön viel Zeug, nicht wahr? Macht einen das nicht unruhig? Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll. Das Gegenteil einer ruhigen Umgebung.
Chaos ist messbar
Diese Auswirkungen lassen sich in Ihrem Körper messen:
- Ihr Puls steigt und Ihr Herzschlag ebenfalls.
- Die Anspannung Ihrer Muskeln nimmt zu.
- Die Gedanken beschleunigen und es ist schwer sich zu konzentrieren.
Der Arbeitsalltag legt oftmals noch eine Schippe drauf, das Telefon läutet, Handys piepsen beim Eingang neuer Nachrichten, Musik spielt im Radio und wer Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen muss, weiß, dass das absolut erschöpfend ist. Zu den akustischen Störungen kommen die optischen Ablenkungen: Aktenberge stapeln sich, überall stehen Ordner, im besten Fall in Regalen, im schlimmsten Fall sogar auf dem Boden. Die Schreibtischflächen verschwinden unter Papierwüsten. Wer sich Tag für Tag in solchen Umgebungen aufhält, braucht sich nicht wundern, wenn er krank wird. Dieses Umfeld macht uns krank.
Chaos für immer?
Wir stürzen von der Arbeit los, sammeln vielleicht noch die Kinder ein, dann schnell einkaufen, daheim kochen, die Kids dazu bringen die Hausaufgaben zu machen, nebenbei die Wäsche aus der Maschine holen und irgendwann todmüde ins Bett fallen. Es scheint kein Entkommen zu geben. Alles zu viel, zu viel, zu viel. Ja, das kann ich gut verstehen. Dann lassen wir das so? Auf diese Frage grummeln dann die meisten, da es ja wirklich keine Freude macht, sich Tag für Tag diesen chaotischen Umfeldern auszusetzen.
Chaos wirkt in unser ganzes Leben
Gut, wenn wir wirklich etwas ändern wollen, werden wir nicht umhinkommen, eine Entscheidung zu treffen und uns dem Ganzen zu stellen. Denn Chaos macht uns nicht nur krank, sondern kann uns auf Dauer handlungsunfähig machen. Zu viel Chaos um einen herum lähmt und irgendwann setzt Resignation ein. Das eigene Handlungsfeld scheint immer weiter zu schrumpfen, während das Gefühl der Ohnmacht ständig zunimmt und immer stärker wird. Doch eine solche Entwicklung verläuft in die falsche Richtung und eine fatale Wendung nehmen. Was mit einer zunehmenden Unordnung angefangen hat, kann sich schlussendlich so auf unser Leben auswirken, dass wir es als nicht mehr besonders lebenswert empfinden.
Sehen Sie es noch?
Interessanterweise scheint in dem Zusammenhang die Wahrnehmung der Realität immer mehr abzunehmen. Eine meiner Übungen für meine Seminarteilnehmer/innen besteht in der Aufforderung, mir Fotos ihrer Umgebung schicken, in der sie arbeiten. Diese Bilder schauen wir uns dann groß über den Beamer an. Dabei werden die meisten sehr, sehr still, denn plötzlich sehen wir, wie es tatsächlich ist.
Unsere Wahrnehmung wird sehr selektiv mit der Zeit: Wir sehen, ohne zu sehen. Wir gehen tagtäglich in unser Büro, doch wir nehmen nicht mehr wirklich wahr, was es da alles zu sehen gibt. Wie viel Zeug herumsteht, was alles an den Wänden hängt, wie voll der Schreibtisch tatsächlich ist, was alles auf Schränken herumliegt oder unter dem Schreibtisch gestapelt wird. Wenn die Bilder dank Beamer plötzlich groß sichtbar sind, brauche ich nicht mehr viel sagen. Ich sehe die Erschütterung auf den Gesichtern, wenn allen bewusst wird, was sie sich da Tag für Tag selbst antun.
Chaos hat Folgen
Chaos macht unglücklich und kann auf die Dauer krank machen. Mit den Fotos ist das plötzlich sichtbar geworden. Oft kommt als nächstes das Gefühl der Handlungsunfähigkeit ins Spiel. Wenn es zu viel ist, hat man auch keine Ahnung, wo man anfangen soll. Diese Machtlosigkeit breitet sich schleichend überall hin aus. Chaos kann zur Resignation führen. Diese Resignation greift dann auf unser ganzes Leben über, als wäre sie ansteckend. Aber wenn es uns schon nicht gelingt, in unserem Arbeitsumfeld einen Raum zu schaffen, in dem es uns gut geht, wie sollen wir dann in anderen Bereichen des Lebens etwas ändern können? Das eigene Selbstbild beginnt zu leiden. Wir erleben uns als Person, die ihr Leben nur wenig beeinflussen kann.
Wer immer mehr resigniert, fühlt sich zunehmend wertlos, sieht sich selbst als jemanden, der nicht in der Lage ist, Leistung zu bringen, etwas zu bewegen oder sich selbst zu schützen. Die Fähigkeit, sich anderen gegenüber als Persönlichkeit zu sehen, die einen Wert hat, nimmt immer mehr ab. Scham nimmt dagegen zu. Man schämt sich für die Umgebung und damit unweigerlich für sich selbst. Man empfindet sich als unfähig und zu nichts Gutem in der Lage. Es ist, als ob die eigenen Grenzen damit aufgeweicht werden. Man ist leichter manipulierbar und setzt vielen Aufgaben, die an einen herangetragen werden, immer weniger entgegen.
Viele Menschen, die in einem chaotischen Umfeld leben, sind chronisch überarbeitet. Sie trauen sich aber auch nicht, nein zu sagen, wenn ihnen eine weitere Aufgabe aufgebürdet wird. Obwohl sie erschöpft sind bis ins Mark, fehlt die innere Stütze eines gesunden Selbstwertgefühls - das zusammen mit allem anderen im Chaos versunken ist.
Ist Ordnung Erziehungssache?
In einem Interview wurde mir einmal die Frage gestellt, ob es denn so etwas wie einen angeborenen Ordnungssinn gibt oder ob ein solcher "anerzogen" ist bzw. wie das mit der Ordnung und uns Menschen denn generell so wäre. Eine einfache Tatsache ist tatsächlich, dass diejenigen, die zu Hause zu Ordnung herangezogen wurden, zum Beispiel das regelmäßige Zimmer aufräumen als feste Aufgabe in ihrem Alltag galt, sich leichter tun, Ordnung zu halten. Es ist eine geübte Gewohnheit. Was mich zu dem Punkt bringt, dass Eltern nicht übersehen sollten, diese Fähigkeit ihren Sprösslingen frühzeitig beizubringen. Mit kleinen Kindern lässt sich ein Spiel daraus machen, dass sich gut in die tägliche Routine vor dem Schlafengehen integrieren lässt.
Dieses Spiel lässt sich mit der Figur des Nachtwächters verknüpfen, der abends bei seinem Rundgang alles "nach Hause" bringt, schließlich braucht alles ein Zuhause und wenn es dunkel wird, sollte auch alles zu Hause sein. Diese kleine Geschichte hat immer funktioniert - so gut, dass ich sie sogar inzwischen für Erwachsene in meinen Seminaren einsetze.
Doch zurück zum eigentlichen Punkt, auf den ich hinaus wollte: Seine Umgebung in Ordnung zu halten ist eine Fähigkeit, die man Kindern ganz bewusst mitgeben sollte. Dass es eine Aufgabe ist, die sie am besten jeden Tag in ihren Alltag integrieren, denn Unordnung beeinflusst nicht nur einen Menschen, sondern alle, die sich in dieser Umgebung aufhalten. Ich erlebe es immer wieder mit jüngeren Klienten, dass sie gar keine rechte Ahnung haben, wie sie denn tatsächlich Ordnung halten können.
Bei Gesprächen stellt sich interessanterweise häufig heraus, dass sie im Elternhaus selten zum Aufräumen erzogen wurden und stattdessen die Eltern diese Arbeit abgenommen haben. Diese Erkenntnis bestätigt mich sehr darin hat, dass es sinnvoll ist, Ordnung halten als Fähigkeit zu sehen, die man beibringen kann.
Fazit
Wenn wir also eines festhalten können, ist es wohl das: Chaos wirkt auf uns ein. Es zieht einen Rattenschwanz weiterer schädlicher Wirkungen nach sich, wenn wir nicht irgendwann ins Handeln kommen und etwas ändern.
Welche Vorteile bringt Ordnung für uns?
Ressource: Zeit
Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zu suchen. - Diesen Spruch kennen wir wohl alle in der einen oder anderen Form. Doch was passiert, wenn wir suchen? Wir verbrauchen eine äußerst wichtige Ressource in unserem Leben und das ist Zeit. Zeit ist das, was unwiederbringlich vergeht. Wenn die Stunde vorbei ist, ist sie vorbei. Das soll uns jetzt nicht ängstigen oder uns verrückt machen und noch mehr antreiben, jede Stunde produktiv nutzen zu müssen. Sondern es soll uns anregen, darüber nachzudenken, womit wir unsere Zeit wirklich verbringen und was wir als Zeitverschwendung ausmachen und künftig vermeiden wollen. Dieser bewusste Umgang mit Zeit ist etwas was unserem Leben Gestalt verleiht. Auch wenn wir vielen Zwängen unterliegen mögen, gibt es doch mehr Gestaltungsspielraum als wir denken. Und wenn wir ein ausgebranntes Gefühl haben, kann das auch daran liegen, dass wir nicht mehr das Gefühl haben, selbst Kontrolle über unsere Zeit zu haben.
Im Laufe dieses Buches werden wir uns immer wieder mit den Themen Zeit und Gestaltung von Zeit beschäftigen und wollen jetzt unser Augenmerk darauf lenken, wie Ordnung Ihnen zu mehr Zeit verhelfen kann. Denn das ist einer der wichtigsten Nutzen, den Ordnung für Sie stiften kann: Sie hören auf zu suchen. Sie sparen sich das genervte Durchblättern von Papierstapeln und das Durchkramen von Schubladen und Ordnern. Wenn Sie Ordnung halten, wissen Sie genau, wo etwas zu finden ist und haben es mit einem Griff zur Hand. Zu diesem großen Pluspunkt, den Ihnen Ordnung verschafft, gibt es keine Alternative. Haben Sie keine Ordnung, müssen Sie Ihre Ressource "Zeit" aufwenden, um etwas zu finden.
Wie es uns gelingt, Ordnung zu halten, wird eine der Fragen sein, mit der wir uns beschäftigen werden, doch für den Moment möchte ich, dass Sie sich diesen Zusammenhang wirklich ein für alle Mal klar machen: Sie können entweder Ihre kostbarste Ressource "Zeit" verschwenden oder Sie können Ordnung halten. Ordnung ist nicht uncool, sondern sehr, sehr...