Schweitzer Fachinformationen
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Mit alten Freunden sollte man sich gut stellen, sie wissen einfach zu viel. Für Samstagabend hatten Gala und ich zugesagt, ein paar Bekannte von früher zu bespaßen, die für ein langes Wochenende in der Stadt waren. Sie waren zu neunt angereist, aber die meisten kannte ich nicht - eigentlich hauptsächlich James, weil Gala ihm früher mal Steinchen ans Fenster geworfen hatte. Die Truppe hatte sich ein Einzimmerapartment gemietet. Mit New Yorker Immobilien kenne ich mich zwar nicht aus, doch mir scheint das für neun ausgewachsene Männer etwas klein. Wahrscheinlich hatten sie deshalb überall in der Stadt Flyer hingeklebt, auf denen sie ihre Vorzüge anpriesen:
EURE BOYFRIENDS FÜR ZWISCHENDURCH: 17.-23. MAY 2013ERFAHREN & GUTAUSSEHENDLADYS FÜR ROMANTISCHE RENDEZVOUS GESUCHT
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Keine Ahnung, ob sie mit den Aushängen Erfolg hatten, jedenfalls zählten sie weiter auf unsere Mütterlichkeit. In mancher Hinsicht sind sie noch viel schlechter dran als wir, wenigstens kommen wir bisher ohne Werbeanzeigen aus. Aber wer auf uns zählt, lebt gefährlich, besonders in puncto Gefühle. Nach ein paar Drinks verfolgt Gala ihre eigene Agenda.
Die Jungs schoben uns zum Anfang der Schlange vor einer Bar, wo die Türsteher nur noch Leute reinließen, wenn jemand rauskam. In dieser Bar verkehrte ihre ideale Klientel - brave, behütete Mädchen aus der Vorstadt, die sich mal ein Wochenende gehenlassen wollen und vielleicht einen von ihnen aufnehmen würden. Ich bettelte den Türsteher an, Gala reinzulassen. Das tat er schließlich, doch der Rest musste draußen bleiben, sie hätten eigentlich Einlassstopp. Gala war erst zwanzig Minuten drin, als unsere Begleiter ungeduldig wurden. Ich unterhielt mich gerade mit dem Türsteher über die New Yorker Lärmschutzverordnung, als James rüberkam und sagte: »Hey, Isa, wollen wir nicht lieber weiterziehen?« Von Frauen wie Gala und mir wird immer erwartet, dass wir allen anderen den Abend retten - der Druck ist einfach enorm.
Gala regelt das schon, versprach ich, und tatsächlich verließ bald darauf eine Zehnergruppe die Bar und wir konnten rein. Keine Ahnung, was Gala ihnen erzählt hatte, wahrscheinlich was von »Gegenüber ist ne viel bessere Party, mit mir kommt ihr rein« oder »Du siehst interessanter aus als der Rest hier, du bist zu schade für diese Klitsche«. Galas rüpeliger Charme kann durchaus von Vorteil sein: Wer denkt, er hätte was Besseres verdient, zieht weiter.
Es wurde immer später, und inzwischen schien Gala unseren ursprünglichen Plan vergessen zu haben. Eigentlich wollten wir die Jungs anderen überlassen, damit wir uns nicht mehr um sie kümmern mussten. Aber während ich gerade vor dem Klo anstand, muss Gala mitbekommen haben, wie zwei von »unseren« Typen mit zwei Mädchen flirteten, die sie als »ungeschminkte Mäuschen« bezeichnete. Gala hält nichts von Leuten, mit denen man nett plaudern kann. Sie lebt nach dem Motto, ein gutes Gespräch grenze an Streit - wenn es nicht schwierig ist, war man eben zu feige. Und so wertete sie den Flirt der Jungs als Affront gegen unsere Gastfreundschaft und steigerte sich ziemlich rein. Einer der beiden, ein John-Henry, war mir den ganzen Abend hinterhergelaufen und hatte mir, Dankbarkeit und Bewunderung heuchelnd, einen Gin Tonic nach dem anderen ausgegeben. Dass er jetzt die andere angequatscht hatte, war mir egal; solange ich einen Drink in der Hand halte, bin ich mit allem im Reinen. Nur denkt Gala immer, ich würde still vor mich hin leiden, und will meine Ehre verteidigen. In diesem Fall glaubte sie, ich wäre über John-Henrys Sinneswandel gekränkt.
Für sie anscheinend Grund genug, eine Bierflasche nach der grauen Maus zu werfen. Ich mein, gehts noch? Das alles wäre nicht passiert, hätte sie erst mit mir geredet, aber mit Details braucht man ihr nicht zu kommen. Ich kann ihr aber auch keinen Vorwurf machen - seit Menschengedenken gehen Loyalität und Gewalt Hand in Hand, und vermutlich dachte sie, ich fände es lustig. Hätte ich bestimmt auch, wäre ich dabei gewesen. John-Henry fand es weniger lustig und jagte Gala aus der Bar, obwohl niemand verletzt worden war. Gala ist nämlich nicht als besonders treffsicher bekannt. Als gute Freundin ging ich raus, um mir ein Bild der Lage zu verschaffen. Ich schnorrte mir eine Kippe, während Gala sich hinter ein paar Fahrrädern versteckte. Die Tatwaffe in der Hand, marschierte John-Henry auf sie zu, worauf sich Gala mit erhobenen Händen ergab. »War nur Spa-haß!«
Der Typ, den ich angeschnorrt hatte, stand neben mir, und gemeinsam beobachteten wir still das Geschehen. Dann drehte er sich zu mir um. »Willst du ihr nicht helfen?« Ich lachte. »Von mir will sie bestimmt nicht gerettet werden.« Wie erwartet schritten in diesem Moment zwei junge Männer ein, die den Vorfall offenbar als Belästigung deuteten. »Lass sie in Ruhe, Mann, sie will nichts von dir.« Wetten, dass Gala die einzige Person auf der Welt ist, der zwei Fremde blind beispringen, auch wenn sie selbst offensichtlich die Übeltäterin ist? Mein Mitraucher lachte leise, als er sah, wie Gala, die nun auf einer kleinen Mauer saß, ihre zwei »Helden« pries, während beide versuchten, sie zu unterschiedlichen Partys abzuschleppen. Er wunderte sich, dass zwei so gegensätzlich auftretende Frauen so eng befreundet waren. »Diversität ist gut fürs Geschäft«, erklärte ich ihm, »außerdem bildet sie den Geschmack.« »Kann sein«, meinte er, und dann: »Du, ich hau gleich ab.« Wo er denn wohne, fragte ich, und er zeigte die Straße runter. »Warte kurz«, sagte ich und rief Gala. Als Profi im Szenemachen ist auch ihr klar: Ein abrupter Abgang ist das einzig akzeptable Ende. Während wir dem Typen folgten, zog sie mich am Ärmel und flüsterte »Wer ist das?«.
Er hieß Benjamin Elvis. Sein Apartment war rot und düster und erinnerte an einen Saloon. »So einen brauchen wir auch«, meinte Gala, als sie den Stierschädel über dem Sofa entdeckte. Benjamin hatte die Haare nach hinten geklatscht und war großzügig tätowiert. Auf seinen Handknöcheln stand REGRETS?, was Gala und ich ausgesprochen witzig fanden. Irgendwie denkt man bei vielen Tattoos automatisch, die Person wäre besonders tough. Vermutlich, weil sie zeigen, dass man Schmerzen aushält. Benjamin Elvis hatte einen russischen Mitbewohner namens Vlad, der aber erst »viel, viel später« nach Hause kommen würde, da er ein Mann des Nachtgeschäfts sei.
Unser Gastgeber legte schnulzige Musik auf und füllte drei Gläser mit Whiskey, ein Eiswürfel pro Glas, und für diese elegante Geste musste ich ihm einfach ein Kompliment machen. Draußen vor der Bar hatte ich ihn kaum in Augenschein genommen, aber jetzt fiel mir auf, dass er nicht unattraktiv war. Er hatte zwar ein fliehendes Kinn und die Augen standen etwas eng zusammen, aber so als Gesamterscheinung war er nicht verkehrt.
Auf dem Sofa saß ein moppeliger, schon leicht grauer Mops namens Pugsley, der, überwältigt von unserem Besuch, runtersprang und vor Aufregung direkt auf den Teppich machte. Peinlich berührt stürzte Benjamin Elvis los, um Putzzeug zu holen. Gala hatte vor allem Mitleid mit Pugsley.
Benjamin Elvis hatte um die Ecke in einer Bar gearbeitet und früher Schluss gemacht, weil wenig los war. Eigentlich hatte er auf einen ruhigen Abend gehofft, bis wir dazwischenfunkten. Während er sein Trinkgeld zählte, tanzten Gala und ich durchs Wohnzimmer, wurden immer übermütiger, und beim Versuch, mich herumzuwirbeln, ließ Gala mich fallen. Ich spüre schon den blauen Fleck am Oberschenkel. Als Nächstes nahm Gala das Bündel Scheine, das Benjamin Elvis gerade durchgezählt hatte, und warf es über mir in die Luft wie Konfetti - ein spektakulärer Effekt. Sie fand es irre lustig, und auch Pugsley hatte Spaß. Nach diesem Moment der Euphorie entschuldigte Gala sich überschwänglich und pflückte jeden Schein einzeln vom Boden auf, denn auch wenn ihr...
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