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Wie das Project 2025 Amerika und den Rest der Welt radikal verändern wird
Was genau ist das Project 2025? Wer hat es verfasst, was steht darin, wie kann Donald Trump es umsetzen – und welche Konsequenzen wird es für Amerika und den Rest der Welt haben? Der preisgekrönte Atlantic-Journalist David A. Graham erklärt und liefert alle relevanten Hintergründe.
In den Monaten vor der Präsidentschaftswahl 2024 verbreitete sich die Nachricht über das Project 2025 von der ultrarechten Heritage Foundation. Trump wies jede Verbindung dazu von sich. Doch seit Tag eins seiner zweiten Amtszeit führt er in erschreckender Präzision aus, was dieser Masterplan vorgibt.
David A. Graham schlüsselt die radikale Strategie auf und zeigt, was konkret geplant ist u.a. in Bezug auf Bildung, Familie und Gleichberechtigung, Handel und Zölle sowie Außenpolitik.
Mit einem Vorwort von Klaus Brinkbäumer
David A. Graham ist Redakteur bei "The Atlantic", wo er über Politik und nationale Angelegenheiten berichtet. Für seine Berichterstattung über die Präsidentschaftswahlen 2020 wurde er mit dem Toner Prize for Excellence in National Political Reporting ausgezeichnet. Bevor er zu "The Atlantic" kam, berichtete er für "Newsweek", "The Daily Beast", "The Wall Street Journal" und "The National". David Graham liebt in Durham, North Carolina.
Dr. Stephanie Singh, geboren 1975 in München, studierte Literaturwissenschaften und Philosophie in Tübingen, Aix-en-Provence, Strasbourg und München. Nach der Promotion absolvierte sie ein Volontariat zur Verlagsredakteurin und ist heute selbständige Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen. Zu ihren Schwerpunkten gehören anspruchsvolle Sachbücher aus den Bereichen Philosophie, Kultur- und Ideengeschichte sowie Werke zu feministischen Themen. Nach zwei längeren Aufenthalten in den USA lebt sie seit 2022 mit ihrem Mann und ihrem Sohn wieder in München.
von Klaus Brinkbäumer
Dieses Buch ist ein Alarmruf, und es ist zugleich die präzise Analyse eines Operationsplans. David Graham hat kein Werk über Ideen oder Ideologien geschrieben, sondern einen Bericht über konkrete, kondensierte Macht - und darüber, wie sie organisiert, kanalisiert, konzentriert, entfesselt und missbraucht wird. Denn Project 2025, der Gegenstand seiner Recherche, ist kein dystopisches Gedankenspiel. Project 2025 ist ein reales, systematisch ausgearbeitetes Regierungsprogramm, entworfen von der Heritage Foundation und anderen rechtskonservativen Denkfabriken; ein Papier, das seit Donald Trumps Wahlniederlage 2020 erarbeitet wurde, zur Wahl 2024 bereit lag und nun - in der zweiten Amtszeit des Präsidenten Trump - Punkt für Punkt umgesetzt wird.
Was Graham hier beschreibt, ist auch nicht lediglich ein konservatives Reformprojekt, sondern ein staatsfeindliches Manifest in staatsrechtlichem Gewand. Es richtet sich gegen so ziemlich alles, was die amerikanische Demokratie über Jahrzehnte stabilisiert hat: die Gewaltenteilung, den professionellen Verwaltungsapparat, internationale Kooperation, einen Grundkonsens über gesellschaftlichen Pluralismus und demokratische Normen.
Project 2025 greift die Demokratie an, weil die Autoren dieses Plans in Fremden und in liberalen Demokraten Feinde und eine Gefahr für Amerika sehen - und wenn der politische Gegner und sämtliche Migranten erst einmal zum Feind und zur Bedrohung für die Nation herabgewürdigt sind, kann der nächste Schritt bestechend logisch erscheinen: Jetzt gibt es Wichtigeres als die Demokratie, nun geht es, bedingungslos, um den Machterhalt. Das Ziel von Project 2025 ist es, zugleich der rückwärtsgewandten »Make America Great Again«-Bewegung, den Freunden und Verwandten Donald Trumps und den futuristisch-libertären Demokratie-Verächtern Elon Musk und Peter Thiel aus dem Silicon Valley dauerhaft die Macht zu sichern. Deshalb wird die Statik der USA demontiert; nicht durch einen Putsch, sondern durch administrative statecraft: Dekrete, Personalien, Haushaltsmaßnahmen, juristische Umdeutungen.
Diese Strategie ist ebenso radikal wie raffiniert. Anstatt mit Verfassungsänderungen (die in den gleichermaßen gespaltenen zwei Kammern des Kongresses chancenlos wären) oder offenen Brüchen der Verfassung zu operieren, setzt Project 2025 in den Grauzonen präsidialer Macht an.
Trump, der 45. Präsident der USA, fühlte sich in den Jahren von 2017 bis 2021 gebremst und umzingelt - tatsächlich gab es damals einige Erwachsene in seiner Umgebung, frei Denkende, die ihn zumindest bisweilen lenken und, ja, bremsen konnten. Trump, der 47. Präsident der USA, regiert mit einem Apparat aus loyalistischen Juristen, Strategen und Exekutoren, die seinen Launen, seiner Rachsucht, seiner Machtgier, auch seiner zynischen Grausamkeit folgen und sehr genau wissen, wie man ein demokratisches System aushöhlt, ohne es formell abzuschaffen; oder wie man es nutzt, um es auszuhöhlen.
Der Begriff soft depotism taucht in diversen Analysen der zweiten Trump-Präsidentschaft auf, trifft die neue Wirklichkeit aber kaum. Es geht eher um eine diktatorische Sehnsucht und eine autoritäre Praxis mit demokratischer Fassade; es geht um die systematische Verschiebung der Machtachse, Stück für Stück, Erlass für Erlass.
Trump regiert nicht wie ein klassischer Autokrat, sondern wie ein improvisierender Vollstrecker, der niemals diese so verdammt lange Liste vergangener Kränkungen vergisst. Kein rationales Kalkül prägt sein Handeln, stattdessen ein Repertoire der Reflexe: Revanche, Disziplinierung, Belohnung, Demütigung. Trump ist auch kein Staatslenker im ideologischen Sinne, sondern ein Instinktpolitiker mit autoritärem Temperament, dessen Wut und Willkür nun durch ein festes Regelwerk kanalisiert und somit erst effektiv werden: Project 2025.
»Das ist jetzt eine andere Macht«, sagte er, nachdem er das Justizministerium angewiesen hatte, gegen seine politischen Gegner zu ermitteln. Es ist diese Mischung aus struktureller Enthemmung und strategisch-ideologischem Rahmen, die Trump II so gefährlich macht. Er weiß, dass er nicht mehr gebremst wird, nicht vom Kongress, nicht von seinem Kabinett, nicht von Gerichten, schon gar nicht vom Supreme Court, der durch Trump prägend besetzt wurde und sich seither Urteil für Urteil unterwürfig dankbar zeigt. Theoretisch wäre da noch die Republikanische Partei, aber die hat sich zur Jubelpartei transformiert und die eigene Macht preisgegeben.
Trumps Regierungsstil folgt gleichwohl der Logik autoritärer Systeme: Er entscheidet per Erlass, delegitimiert durch Sprache. Seine Dekrete sind nicht bloß Verwaltungshandeln, sie sind maximal dröhnende Inszenierungen - mit medialem Pomp, unterschrieben auf Bühnen vor vielen Flaggen. Verordnungen zur »Wiederherstellung biologischer Wahrheit« oder zur »Entsorgung genderbasierter Ideologie« sind weniger als Gesetzgebung gedacht, eher als moralische Korrektur einer angeblich dekadenten Gesellschaft.
David Graham gelingt es in diesem Text, diese Prozesse nicht bloß zu beschreiben, sondern als politische Strategie zu dechiffrieren: als Versuch, den Staat von einer Plattform liberaler Aushandlungen in ein Werkzeug exekutiver und vor allem konservativer Disziplin zu verwandeln. Besonders präzise beschreibt er, wie Project 2025 den Verwaltungsapparat umbauen will - durch Budgetkürzungen und eine ideologisch motivierte Personalpolitik. Beamte sollen ersetzt, Richter loyalisiert, Ministerien ausgehöhlt oder aufgelöst werden. Es ist die Trump-Version eines institutionellen Kulturkampfs.
Das alles wäre nicht möglich ohne ein orthodoxes Fundament. Graham zeigt eindringlich, wie tief Project 2025 in einem christlich-nationalen Weltbild verwurzelt ist, das die heteronormative Kleinfamilie zum Modell erhebt: Frauen als Mütter, Männer als Ernährer, Transmenschen als Bedrohung, staatliche Fürsorge als Schwäche. Die USA dieses düsteren Werks erinnern an den Staat Gilead in Margaret Atwoods Handmaid's Tale, denn Project 2025 entwirft eine Sozialordnung nach den Regeln des 19. Jahrhunderts, codiert im Verwaltungsrecht des 21. Jahrhunderts. Dabei entsteht eine Form von regressivem Etatismus: ein autoritärer Staat, der sich allerdings weniger mittels Überwachung, sondern mit einer rigorosen Wucht unzähliger zeitgleicher Übergriffe durchsetzt.
Und außenpolitisch zeigt sich der neue, alte Präsident als unberechenbarer Pate. Bündnisse, selbst Freundschaften zählen nichts, Grenzen akzeptiert Trump nicht mehr als gegeben. Seine Außenpolitik ist immer transaktional, und ethische Grundsätze, die Demokratie, Menschenrechte oder sonstige Leitlinien des alten Westens sind im Washington der Trump-Jahre nicht länger relevant.
Während klassische Autokraten auf Stabilität durch Kontrolle setzen, regiert Trump durch kalkuliertes Chaos: keine Hilfe mehr für Afrika, Provokationen gegen Kanada, Deportationsdrohungen gegen Kolumbien. All das sind keine Ausrutscher, sondern Teile eines Modells; es geht um Stärke durch Disruption. Grahams Kapitel über die Zerschlagung von USAID ist in diesem Zusammenhang zentral. Es zeigt, wie ein Präsident ein Instrument globaler Einflussnahme nicht reformiert, sondern zerstört - weil es dem eigenen Menschen- und Weltbild widerspricht.
Was Project 2025 letztlich entwickelt, ist nicht weniger als ein neues Regieren: autoritär im Stil, regressiv in der Sozialpolitik, aggressiv in der Kommunikation. Graham dokumentiert, wie dieses System funktioniert - mit massenhaftem Personalaustausch und der permanenten Gewinnung und Steuerung von Aufmerksamkeit.
Was bedeutet das für Europa, für Deutschland? Zunächst einmal gibt es eine nüchterne Erkenntnis. Jene Vereinigten Staaten, die über Jahrzehnte als transatlantischer Partner galten, als berechenbar, multilateral, normativ gebunden, existieren nicht mehr. Ein Amerika unter Trump ist kein liberaler Hegemon, sondern ein ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedachter Machtblock. Die alte Allianz mit Europa steht in Washington unter Vorbehalt, und dieser Vorbehalt lautet: »What's in it for us?« NATO-Garantien, Handelsabkommen, Sicherheitskooperationen werden unter Trump II nicht an gemeinsamen Werten gemessen, sondern an kurzfristigen Vorteilsrechnungen.
Die neue Bundesregierung ist wirtschaftlich abhängig vom transatlantischen Handel, sicherheitspolitisch vorerst noch eingebunden in NATO-Strukturen, doch kulturell und politisch weit entfernt von Trumps Weltsicht. Project 2025 zielt auf ein Amerika ohne Rücksichten, auch ohne Verpflichtungen oder Empathie. Für Europa bedeutet das: Es muss lernen, sich selbst zu verteidigen. Wer jetzt noch glaubt, die USA seien zwar ein bisschen schroff und laut geworden, würden uns im Ernstfall aber so natürlich wie automatisch zur Seite springen, hat die Trumpwelt nicht verstanden.
Der normative Bruch wird zugleich zu einem kulturellen Problem. Wenn die führende Demokratie des Westens offen gegen Pressefreiheit, Gleichstellung, den Schutz von Minderheiten und internationale Zusammenarbeit agitiert, schwächt das in Europa all jene, die für diese Werte eintreten. Amerikas neues ideologisches Exportmodell heißt: Polarisierung und Antiintellektualismus. All das ist längst in den Diskursen rechter Parteien in Europa angekommen, von Meloni zu Orban und weiter zur AfD. Project 2025 ist nicht nur ein amerikanischer Fahrplan. Es ist ein identitäts-...
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