Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Im Mainstream zu schwimmen ist ganz einfach, auch in der forschenden Wissenschaft. Umgeben von Gleichgesinnten, kommen Forscher und Forscherinnen zu Ergebnissen, die man einordnen kann und die erwartet wurden. Das große Genie entfaltet sich aber in anderen Bereichen, nämlich dort, wo bisher niemand seine wissenschaftlichen Claims abgesteckt hat.
Dabei ist die Eroberung von wissenschaftlichem Neuland keine einfache Sache. Woher will man wissen, was jemand wissen will, bevor man weiß, was man alles wissen könnte? Erst in der Auswertung bestätigt sich die geniale Fragestellung, das großartige Experiment muss zunächst einmal durchgeführt und ausgewertet werden, bevor sich entscheidet: Handelt es sich hier um eine für die Menschheit wertvolle Erkenntnis oder ab damit in die Tonne?
Bei der Bewertung hilft der ig-Nobelpreis, ein satirischer Preis, allerdings einer mit großer Bedeutungsbandbreite. Die Gründe für seine Verleihung reichen von Bewunderung über Verwunderung und Erheiterung bis zur Verachtung. Je nach Preisträger wird er als harsche Kritik oder aber als humorvoller Kommentar zu einem lustigen Forschungsvorhaben bewertet. Als ihn 2016 der VW-Konzern wegen seiner Softwaremanipulationen an den Dieselfahrzeugen erhielt, wirkte er als bitterböser Kommentar. In diesem Fall schämten sich die Preisträger offenbar zu Recht und so sehr, dass sie weder zur Preisverleihung erschienen noch den Erhalt des Preises irgendwie kommentierten.
Wenn es nicht um organisierten Betrug an der Gesellschaft, sondern tatsächlich um Wissenschaft geht, ist die Sachlage komplizierter: An die Forschungsarbeiten der Preisträger werden einige Anforderungen gestellt: Die Studie muss einmalig sein und der Forschungsgegenstand darf nicht schon an anderer Stelle bearbeitet worden sein. Außerdem sollen die Fragestellungen im optimalen Fall zunächst zum Lachen und dann zum Nachdenken anregen. Gefragt sind wissenschaftliche Leistungen, die in die Annalen der Menschheit eingehen könnten - oder auch besser wieder in Vergessenheit geraten sollten. In dieser Hinsicht wirkt der ig-Nobelpreis allerdings kontraproduktiv, weil er erhebliche Medienaufmerksamkeit nach sich ziehen kann.
Die meisten Gewinner nehmen den Preis mit großem Vergnügen entgegen, zumal er ihnen oft von echten Nobelpreisträgern überreicht wird. Anders als das Original wird der ig-Nobelpreis nicht in Stockholm oder wie der Friedensnobelpreis in Oslo vergeben - Ort der feierlichen Zeremonie ist das Sanders-Theater der Harvard-Universität in Cambridge/Massachusetts.
»Ignoble« bedeutet zwar so viel wie »unwürdig«, doch hat sich die Wertigkeit des Preises in mancher Hinsicht verschoben. Insofern stimmt die Bezeichnung »Anti-Nobelpreis« so nicht mehr auf der ganzen Linie. Während es anfangs manchmal darum gegangen sein mag, eine Forschungsidee lächerlich zu machen, dient der Preis heute dazu - so die Veranstalter - das Ungewöhnliche zu feiern und das Fantasievolle zu ehren.
Es gibt einige weitere Fakten, die den echten Nobelpreis vom ig-Preis unterscheiden: die steife Verleihungsprozedur in Stockholm bleibt dem Original vorbehalten - die ig-Community feiert sich und ihre genialen Leistungen mit Papierfliegern, kuriosen Darbietungen und Sketchen. Die Dankesbekundungen der Preisträger dürfen nicht länger als eine Minute sein - auch das eine echte Errungenschaft. Außerdem ist der ig-Preis nicht dotiert: Reicher werden die Preisträger nicht.
Verliehen wird der Preis von der in Cambridge (USA) erscheinenden Zeitschrift Annals of Improbable Research, einem satirischen Wissenschaftsmagazin. Der Preis existiert seit 1991, die erste Preisverleihung fand am MIT (Massachusetts Institute of Technology) statt. Seit 2012 ist der Ort des Geschehens die Harvard-Universität in Massachusetts.
Es obliegt einer Jury, die Preisträger zu bestimmen, dem Ig Nobel Board of Governors. Sie besteht aus echten Nobel- und aus ig-Nobelpreisträgern, Wissenschaftsautoren, Sportlern und mehr oder weniger bedeutenden Personen des öffentlichen Lebens (public officials). Am letzten Tag der Entscheidung wird ein zufälliger Passant - der Mann von der Straße - um Mitarbeit gebeten.
Ein völlig neuer Kosmos des Wissens tut sich auf: magnetisierte Kakerlaken, hochfrequent schwingende Regenwürmer, schwebende Frösche, die Kräfte zwischen Schuh und Bananenschale, die Qualität von Entscheidungen unter Urindruck, das Gebrüll von Alligatoren, wenn sie Helium eingeatmet haben, die Behandlung von Schnarchen mit dem Didgeridoo, die Effektivität von Fluchen beim Autofahren, Voodoo-Puppen beim Stressabbau in Großkonzernen, die Do-it-yourself-Darmspiegelung, die theoretischen Vorteile einer kannibalischen Ernährung und der Ekelfaktor von Käse - über das alles können Menschen Wissen gewinnen, obwohl sie zuvor nicht einmal wussten, dass sie es hätten wissen können oder wissen wollten - und ist das nicht großartig? Jetzt wissen Sie es!
Forscher wie Martin Schein und Edgar Hale von der Pennsylvania State University waren mit unter den ersten Wissenschaftlern, deren Fragestellung über die notwendige Fallhöhe für einen ig-Nobelpreis verfügte. Sie bekamen ihn nicht, denn offenbar waren sie ihrer Zeit deutlich voraus, aber dennoch ist ihr Forschungsprojekt aus dem Jahr 1957 ein Meilenstein an der endlosen Straße der Wissenschaft. Sie stellten sich die weltbewegende Frage, deren Klärung für die Zukunft der Menschheit wohl unverzichtbar war: Was macht den Truthahn scharf?
Welche Schlüsselreize lösen beim männlichen Truthuhn (Meleagris gallopavo), also beim Truthahn, sexuelle Erregung aus? Eine Studiengruppe um Martin Schein und Edgar Hale entwickelte also ein Experiment, um dies herauszufinden. Die Forscher konfrontierten den tierischen Probanden mit dem Modell eines lebensgroßen Truthahnweibchens, also mit einer Truthenne. Prompt zeigte das männliche Tier alle Anzeichen von Erregung, zum Beispiel feuerrote Hautlappen am Hals, und bestieg das liebreizende Lustobjekt schnurstracks. Nun erweiterte das Forscherteam seine Fragestellung: Wie sieht beim Truthahn der minimale Sexualreiz aus, was bringt ihn gerade noch in Fahrt? Um das herauszufinden, nahmen sie von ihrem Dummy ein Teil nach dem anderen weg - Füße, Flügel, Federn und so weiter. Erstaunlicherweise blieb der Truthahn dennoch paarungsbereit. Weder fehlten ihm die molligen Putenschenkel noch das ausladende, aufreizend befiederte Hinterteil der Henne. Mehr noch: Seine Erregung steigerte sich ins Unermessliche, als schließlich nur noch ein Truthuhnkopf auf einer Stange steckte. Und der Effekt war mit dem Solokopf sogar stärker als mit einem kopflosen Körper. Welche Sexualpraktiken der Truthahn mit dem total verkopften Resthuhn auszuüben gedachte, wurde im Bericht der Wissenschaftler nicht dokumentiert. Außer »Ich schau dir in die Augen, Kleines!« blieb da nicht mehr viel. Ein Ergebnis, das eine interessante Hypothese bestätigt: Truthähne sind in erotischer Hinsicht durchschnittlichen Männern in ihrer Entwicklung weit überlegen. Während das Männchen des Homo sapiens eher auf körperliche Vorzüge fixiert ist, genügt dem Truthahn ein tiefer Blick in die Augen seiner Gespielin . Einmal auf den Geschmack gekommen, untersuchten Schein und Hale weitere Geflügelarten auf ihr Liebesleben, zum Beispiel weiße Leghorn-Hühner. Auch hiermit waren sie ihrer Zeit weit voraus - leider gingen sie auch mit diesen Forschungsvorhaben nicht in die Chroniken des ig-Nobelpreises ein. Sie hätten den Preis zweifelsohne verdient.
Der ig-Nobelpreis wurde an Preisträger vieler Nationalitäten verliehen. Da die vergebende Institution und ihr Preiskomitee in den Vereinigten Staaten beheimatet sind und sich Englisch als Sprache wissenschaftlicher Studien etabliert hat, wundert die Dominanz dieser Nation und anderer anglofoner Länder nicht. Da viele der Preise an mehrere Forscher beziehungsweise Forscherteams vergeben wurden, stimmt die Gesamtzahl der Preise nicht mit den hier genannten Personenzahlen überein. Ein Preis, der an Vertreter von zum Beispiel sechs Nationen vergeben wurde, taucht sechsmal in dieser Wertung auf. Bei manchen Preisträgern oder Teams konnten die Nationalitäten nicht mit letzter Sicherheit ermittelt werden.
Nation
Anzahl
Vereinigte Staaten von Amerika
126
Vereinigtes...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.