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Gute Vorsätze gab es nicht wirklich, um sie einzuhalten, gute Vorsätze schuf man sich, um sich seiner Schwächen gewahr zu werden. Dies wiederum half, sich nicht zu überschätzen. Das wusste Hauptkommissar Tauner, Leiter der Mordkommission Dresden. Doch manche Vorsätze deckten nicht nur die mentalen Schwächen auf, sondern rächten sich gar körperlich.
So lag er da, auf seinem Bett, dünstete Wodka aus und Kopfschmerz hämmerte hinter seinen Schläfen. Sämtliche Fenster seiner Wohnung standen offen, aber kein Lüftchen bewegte sich. Nächtliche Hitze drückte schwül und unerbittlich und verursachte Schweißausbrüche bei jeder Bewegung. Tauner keuchte, bereute jeden Schluck und beschloss, das Klingeln seines Handys bis in alle Ewigkeit zu ignorieren – oder jedenfalls, bis er starb. Hundeelend war ihm.
Schließlich, nachdem das Gebimmel mehrmals innegehalten und wieder von vorn begonnen hatte, quietschten unten auf der Straße Reifen. Tauner verzog bei dem Geräusch das Gesicht, als hätte er Zahnschmerzen, und wälzte sich zur Seite. Die Uhr zeigte ein Uhr in der Nacht. Autotüren flogen auf, eilige Schritte klapperten über die Straße, schon schrillte die Wohnungsklingel. Dieser hielt Tauner nicht stand, sie war zu schrill.
Er schleppte sich in den Flur zur Sprechanlage. »Was?«, schaffte er zu fragen.
»Deine Leidenszeit als Streifenpolizist ist schon zu Ende«, schnaufte Hauptkommissar Uhlmann. »Das ist die gute Nachricht.«
»Ein Mord?«, fragte Tauner.
»Und Mordversuch. Einer tot, einer verletzt. Kommst du?«
»Moment mal. Gute Nachricht? Und die schlechte?«
Uhlmann sagte es Tauner. Der schlug sich die Hand auf die Stirn und wischte sich verzweifelt übers Gesicht. »Nicht schon wieder ein Fußballer«, stöhnte er.
Das Licht am Tatort war viel zu grell für Tauners Zustand. Tanzendes Blaulicht, wohin er sah. Er schirmte die Augen mit der rechten Hand ab, betrachtete das Auto, ein silberner Mercedes, in dem noch immer das Opfer saß. Der Tod war eindeutig festzustellen, zwei der drei Körpertreffer mussten tödlich sein, allein der Kopfschuss war es allemal. Das Opfer ein etwa sechzigjähriger Mann.
»Sechs Schuss mit einer Pistole, alle durch die Frontscheibe, vier trafen den Beifahrer, einer den Fahrer, einer verfehlte ihn knapp«, erklärte Martin, der führende Mann bei der Spurensicherung. Er war um die fünfzig, hager, trug eine Brille und seine langen Haare als Zopf und betrachtete Tauner nun mit Kennerblick.
»Was?«, knurrte Tauner ihn an und ärgerte sich über sich selbst. Martin war ein sehr guter Mann, einer, den man auch um einen Gefallen bitten konnte, den andere nicht tun würden. Gut für hilfreiche Tipps, gut, um Gerüchte einzufangen, die sich meist als allzu wahr entpuppten.
Martin hatte Mitleid oder so viel Spaß an der Arbeit, dass er Tauners Tonfall verzieh. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du wirst langsam zu einem Klischeebullen. Das wolltest du nie werden, soviel ich weiß.«
Tauner nickte. »Ich weiß. Es ist bloß so …«, er hob die Schultern, weil er sich nicht auszudrücken wusste.
Martin hatte keine Zeit zum Sinnieren. »Es ist beschissen, aber wir müssen! Ich hab zu tun. Da drüben stehen die Beamten, die zuerst vor Ort waren. Sie haben Ersthilfe geleistet, der Verletzte sitzt da drüben im Rettungswagen. Er ist nicht schwer verletzt, offenbar ein Durchschuss im rechten Oberarm. Aber wahrscheinlich unter Schock.« Er machte eine kleine Pause. »Ich denke die nächsten Tage werden dich ein wenig aufleben lassen.«
Tauner sah ihn neugierig an. »Wie meinst du das denn?«
»Du weißt es noch gar nicht?« Martin lachte. Dann wandte er sich von Tauner ab.
Falk Tauner hatte keine Zeit sich zu wundern. Uhlmann winkte ihn heran, er hatte schon begonnen, die uniformierten Kollegen zu befragen. »Das ist Polizeiobermeister Behrend und Polizeimeister Ludger. Ich fass mal zusammen: Jemand hat den Notruf gewählt und gesagt, er sei beschossen worden, sein Beifahrer sei schwer verletzt, er selbst sei leicht verletzt. Wo er sich befand, konnte er nicht erklären. Er sagte, er sei von der Autobahn gekommen, Abfahrt Hellerau, dann die Hauptstraße in Richtung Stadtzentrum gefahren und dann links abgebogen. Daraufhin sind sämtliche in der Gegend befindlichen Streifenwagen informiert worden. Die beiden Beamten haben das Auto hier gefunden. Es stand am Straßenrand, der Fahrer bei Bewusstsein, aber geschwächt, offenbar litt er große Schmerzen. Stimmt’s soweit?« Uhlmann sah die Beamten an.
Beide nickten.
»Haben Sie ihn irgendetwas gefragt? Hat er etwas gesagt?«
Behrend übernahm die Antwort. »Ich hab gefragt, ob er mich hören kann, ob er noch andere Verletzungen hat als den Armschuss. Er wusste es aber nicht, schüttelte nur den Kopf, konnte nicht reden, deshalb habe ich ihn sitzen lassen. Und vorerst nur notdürftig die Wunde abgebunden. Der andere war offensichtlich tot.«
»Sind die beiden schon identifiziert?«, wollte Tauner wissen. Behrend sah seinen Kollegen an. Und komischerweise fühlte Tauner sich von Uhlmann angestarrt, als hätte er einen seltenen Käfer im Gesicht.
»Der Tote noch nicht«, meinte Behrend zaghaft. »Der Verletzte ist der Bundestrainer.« Er wartete auf eine Reaktion Tauners. Doch die blieb vorerst aus, weil Tauners Synapsen weiter in Alkohol badeten. »Der Fußballnationalmannschaft«, fügte der Polizist deshalb noch leise hinzu.
»Fehlte nur noch die Träne im Augenwinkel«, schnaufte Tauner, nachdem sich die beiden Polizisten geschäftig entfernt hatten. Er sah sich nach etwas Trinkbarem um und landete unverhofft bei Martin. »Großer Spaß, was? Wo du doch weißt, wie ich große Auftritte liebe. Hast du was zu trinken?«
»In meinem Auto hinter dem Sitz.« Martin kicherte belustigt vor sich hin. Tote machten ihm nichts aus, die hatten nichts mehr auszustehen und mit Angehörigen hatte er so gut wie nie zu tun. »Wirst deinen großen Auftritt schon noch bekommen«, sagte er halblaut, als Tauner fast außer Hörweite war.
Mit einer kleinen Wasserflasche in der Hand gesellte sich Tauner eine Minute später wieder zum großen, schwitzenden Uhlmann, der halb in der Hocke durch das Loch in der Frontscheibe spähte. »Was macht der hier schon in Dresden? Wollten die nicht erst morgen anreisen?«
Uhlmann ächzte sich in die Senkrechte und drückte sich mit der Hand gegen die Hüfte, die meistens schmerzte. »Morgen früh ist Pressekonferenz, die Aufstellung soll bekannt gegeben werden. Offenbar ist sie eine Stunde nach vorn verlegt worden. Da hat er sich kurzfristig entschieden, heute Nacht anzureisen. Für Kurzfristiges ist er ja bekannt.«
»Höre ich da eine leise Kritik?«, fragte Tauner.
Uhlmann gestikulierte, als läge es auf der Hand. »Weiß nicht, warum der den Spechtler so kurz vor der EM aus dem Kader werfen musste. Der ist der beste Torwart. Röhmer ist auch nicht schlecht, hat aber null Erfahrung!«
»Soweit ich es mitbekommen habe, hat er aber mit seiner Kurzentschlossenheit die EM-Quali gesichert. Er selbst ist ja auch kurzfristig berufen worden.«
»Das müssen wir hier nicht erörtern«, würgte Uhlmann ab, der ja auch nicht gern belehrt werden wollte.
Tauner wusste das richtig zu deuten und kam auf das Wesentliche zurück. »Glaubst du, es war ein Anschlag auf den Trainer?«
»Eindeutig. Der Attentäter hat wahrscheinlich vermutet, dass Ehlig Beifahrer ist. Dass der Trainer selbst fährt, ist ungewöhnlich, vor allem weil er einen Fahrer hatte.«
»Der Tote?«
»Ebendieser.«
»Der nun identifiziert ist?«
»Als Holger Jansen, enger Vertrauter von Ehlig, kennen sich seit zwanzig Jahren oder vierzig oder so.«
Tauner atmete durch und hätte sich den Rest vom Wasser am liebsten über den Kopf gekippt. »Also gut. Du weißt, was hier gleich abgeht?«
Uhlmann verzog den Mund, was Ja bedeuten musste.
»Hast du noch ein paar famose letzte Worte?« Tauner grinste schief.
Uhlmann deutete nach hinten, wo zwanzig Meter weit weg von ihnen hinter den provisorischen Absperrungen der erste Übertragungswagen von RTL eingetroffen war. »Da sind sie schon.«
Tauner sah schnell wieder weg. »Wer könnte Interesse daran haben, den Bundestrainer umzubringen?«
»Eine Menge Leute!«
»Ach ja?«
»Sein Konkurrent zum Beispiel.«
»Heiligmann.«
Uhlmann sah Tauner anerkennend an. »Dafür, dass es dich nicht interessiert, bist du gut informiert!«
Tauner wollte dieses Lob nicht, denn es stank nach Hohn. »Was bleibt einem anderes übrig, wenn man wochenlang in der Presse nichts anderes liest. Du meinst also, dieser Heiligmann kommt nach Dresden und schießt den Trainer über den Haufen, damit er vielleicht doch den Posten kriegt?«
»Er hat Insiderwissen, kann zum Beispiel irgendwo erfahren haben, wann Ehlig nach Dresden kommt.«
»Das heißt nichts.«
»Außerdem ist er in Dresden.«
»Ist nicht wahr!« Jetzt staunte Tauner echt.
»Ist es doch. Ist Gastkommentator beim ZDF.«
»Gut, Nummer eins! Nummer zwei würde ich sagen: Spechtler, der geschasste Torwart.«
»Richtig!«
»Das sollte ein Witz sein.«
»Spechtler ist in Dresden«, gab Uhlmann zurück.
»Das ist nicht dein Ernst, oder?«
»Ich habe ihn sogar selbst gesehen, als ich gestern zum Präsidium kam, ging er dort spazieren mit seiner...
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