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Warum sollen Sie ein neues Buch zum Konflikt der Generationen lesen? War es nicht immer schon so, dass die Alten über die Jungen schimpften und die Jungen sich unverstanden fühlten? Ist der Stoßseufzer der Eltern über die »Jugend von heute« nicht zu allen Zeiten ausgestoßen worden? Und stimmt es nicht, dass man jung sein muss, um große Dinge zu tun, wie schon Johann Wolfgang von Goethe schrieb?
Es gehört zum Privileg der Jungen, die Welt jedes Mal neu für sich zu entdecken und daraus ihre eigenen Schlüsse zu ziehen. Das ist - verbunden mit dem notwendigen Loslösungsprozess vom Elternhaus - immer mit Konflikten verbunden. Das Ausmaß der Differenzen ist jedoch höchst unterschiedlich. Die »Generation Golf« lebte als Teenager der frühen Achtzigerjahre in einem eher langweiligen und beschaulichen Jahrzehnt. Sie konzentrierte sich mehr auf Mode und Marken denn auf Politik und Proteste - so zumindest die Beschreibung im gleichnamigen Buch von Florian Illies.
Aber auch danach wurde es zwischen den Alten und Jungen nicht unbedingt konfliktreicher. Die Bezeichnung der verschiedenen Altersgruppen wechselte zwar, aber Konsumneigung und Hedonismus blieben - ob nun in der »Generation Praktikum«, den »Digital Natives«, den »Millennials«, der »Generation Facebook«, der »Generation Ecstasy« oder der »Generation X«. In allen Studien, die zu den jeweiligen Gruppen erhoben wurden, stimmte die überwiegende Mehrzahl der Befragten der erstaunlichen Aussage zu, dass sie ihre eigenen Kinder später im Wesentlichen so erziehen würden, wie ihre Eltern es mit ihnen gemacht haben.
Das klingt zunächst nach einem recht harmonischen Verhältnis und weniger nach Generationenkonflikt. Aber unter dieser Oberfläche einer wachsenden Toleranz und Freiheit im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern begann es irgendwann zu knirschen. Das entscheidende Ereignis spielte sich 2018 auf einem schwedischen Schulhof ab und verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Greta Thunbergs Schulstreik für das Klima und das daraus entstandene globale Bündnis Fridays for Future politisierte die Jugend auf der ganzen Welt. Die Auseinandersetzung mit der ungelösten Klimafrage führte zu der bitteren Erkenntnis, dass es für unsere Erde buchstäblich fünf nach zwölf und nicht mehr, wie bislang behauptet, fünf vor zwölf ist.
Aus dieser Betroffenheit und dem Erschrecken daraus resultierten schließlich Forderungen nach einer radikalen Umkehr, verbunden mit einer immer schärferen Kritik an den Älteren als Verursacher des Klimawandels. Insbesondere die Babyboomer, also die Menschen der Jahrgänge 1955 bis 1969, sind ins Fadenkreuz der weltweiten Jugendkritik geraten: Sie konsumieren bedenkenlos, fahren Auto, und gerade die »alten weißen Männer«, die Chefetagen in Politik und Wirtschaft besetzen, sind verantwortlich für die Ausbeutung unserer Erde. Auf der Seite der Boomer wurde die Generation Z, die Jahrgänge 1996 bis 2010, auch »Zoomer« genannt, hingegen als »linksgrüne Ökofaschisten« abgestempelt: Sie fordern zu viel, wollen alles verändern und sind dabei doch noch zu jung, um überhaupt etwas zu sagen zu haben.
Unabhängig von der Frage, inwiefern diese Vorwürfe zutreffen, änderte sich der Blick der Jungen, insbesondere der Generation Y (der Millennials) und der Gen Z, auf ihre Elterngeneration ab 2019 schlagartig. Wollte man eben noch deren partnerschaftlichen Erziehungsstil übernehmen, bildete sich auf einmal ein tiefer Graben zwischen den Generationen und mündete in einer weltumspannenden Jugendkritik. Im selben Jahr wurde der Begriff »OK, Boomer« zum Internet-Phänomen, er sei laut New York Times das »Ende der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Generationen«. Den Boomern wurde der Kampf angesagt.
Die Politisierung der Gen Z und der ihr nahestehenden Jahrgänge entwickelte sich aber nicht nur auf dem Feld des Klimaschutzes. Krisen brechen etablierte Arrangements von Gesellschaften auf und erzwingen Veränderungen, auch im ökonomischen Bereich. Die Klimafrage wird neben den ökologischen Veränderungen inzwischen auch als Ungleichheitsfrage bewertet, weil sie sich auf die Verteilung der Lebenschancen auswirkt. Da die Erderwärmung vor allem die Menschen im globalen Süden und mithin die Ärmsten trifft, haben viele junge Menschen in den Industrie- und Wohlfahrtsstaaten des Nordens auch die moralischen Missstände erkannt. Schließlich werden in ihren Ländern die meisten Emissionen ausgestoßen, und man fühlt sich im Sinne des Verursacherprinzips mitschuldig. Aus dieser Verantwortungsethik heraus ertönen Forderungen, die Boomer schnell als radikal abstempeln, da sie ihren eigenen, hart erarbeiteten Wohlstand in Gefahr sehen.
Zum Glück erkennen nicht nur die Jungen, sondern inzwischen weite Teile der Gesellschaft den Ernst des Klimawandels an. Das Ausmaß der für eine klimaneutrale Wirtschaft notwendigen Veränderungen und vor allen Dingen die erforderliche Geschwindigkeit der Transformation werden jedoch unterschiedlich bewertet. Ginge es nach dem Willen großer globaler Klimabewegungen, würden Autos aus den Städten verbannt und fossile Brennstoffe enorm verteuert und bis 2030 verboten werden. Geht es nach den Boomern, sollen zuerst der Wohlstand und die Wirtschaft gerettet werden, das Klima kommt an zweiter Stelle.
Doch genug von der Klimafrage. Der Generationenkonflikt ist noch breiter. Boomer und die Gen Z ernähren sich und konsumieren nicht nur unterschiedlich; sie sprechen anders, lieben anders und arbeiten anders. Sie stellen andere Fragen: Der Wunsch nach einer Mutter-Vater-Kind-Familie ist nicht mehr so groß, Gefühle und Sorgen werden offener ausgesprochen und stärker reflektiert.
Viele in der Gen Z kritisieren die Arbeitsweise der Boomer, die oft genug noch die Chefinnen und Chefs der Jungen sind. Sie stellen ihr Privatleben vornean, hinterfragen Überstunden und wollen ihr Leben nicht mehr gänzlich der Arbeit widmen. Das quittieren die Älteren mit Kopfschütteln, sie stempeln die Jungen gern als faul und arbeitsscheu ab.
Boomer zeigen Unverständnis und hinterfragen manche Entwicklung im gesellschaftlichen und sprachlichen Wandel - als Stichworte mögen hier »Gender-Gaga« und »Cancel Culture« dienen. Sie fühlen sich den Anforderungen des politisch korrekten Umgangs mit Minderheiten und allen möglichen Formen der LGBTQIA+-Gemeinschaft nicht mehr gewachsen oder halten sie in der geforderten Ausprägung für übertrieben und lebensfremd. Aus dieser Unsicherheit entstehen Frust und oft genug Ablehnung. Und es formen sich Urteile: Die Jüngeren seien überempfindlich, so der Vorwurf, nicht mehr leistungsbereit und würden teils absurde Meinungen vertreten. Diese Kritik wird so oder ähnlich von Eltern, Arbeitskolleginnen, Vorgesetzten oder Lehrenden täglich geäußert.
Zugespitzt formuliert finden wir uns heute in einer Gesellschaft wieder, in der die Älteren angeklagt und die Jüngeren nicht mehr verstanden werden oder sich nicht mehr verstanden fühlen. Verfolgt man die aktuellen Debatten, gibt es wenig Grund zur Zuversicht; vielmehr drängt sich der Eindruck einer zunehmenden Verhärtung auf. Angesichts der wachsenden Polarisierung und Radikalisierung kann man durchaus zu dem Urteil gelangen, dass der Graben zwischen den Generationen wieder so tief ist wie zur Zeit der Studentenrevolten, als die Achtundsechziger die Krusten der Konventionen in der bürgerlichen Nachkriegsgesellschaft aufbrachen und ihre Eltern außerdem zwangen, über die verdrängte Schuld aus den Schreckensjahren des Nationalsozialismus zu sprechen.
Heute verlangen die »Zoomer« von den »Boomern«, sich zu ihrer Verantwortung für die Klimakrise zu bekennen und deshalb ohne weiteres Zögern die erforderlichen Gegenmaßnahmen einzuleiten - whatever it takes. Heftige Debatten in Parlamenten und sozialen Medien sind wieder an der Tagesordnung, ebenso wie Demonstrationen und Blockaden. Angesichts der multiplen Krisen ist die Gesellschaft heftig in Bewegung und vielerorts auch in Unordnung geraten.
In dieser Situation wollen wir den Versuch wagen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Wir, das sind Angelika Melcher, 26 Jahre, und Daniel Goffart, 62 Jahre alt. Rasch verworfen haben wir die ursprüngliche Idee, in der Unterzeile des Buchtitels zu schreiben: »Der neue Generationenkonflikt - und wie wir ihn lösen können«. Wir können diesen Konflikt nicht lösen. Aber wir wollen typischen Denkmustern und gegenseitigen...
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