Schweitzer Fachinformationen
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(Paul Gerhardt)
Wo beginnt eigentlich der Jakobsweg?
An der französischspanischen Grenze?
Bei mir vor der Haustür?
100 km vor Santiago de Compostela?
Oder hier in Swinoujscie (deutsch: Swinemünde)?
© Philipp Schmid
Gut gerüstet für den Weg .
Wir entscheiden uns für diesen Startpunkt. Einfach, weil wir dem "gelben Büchlein" folgen, unserer "Bibel" für die nächsten 30 Tage. Und auch, weil ich diesen Weg vor ein paar Jahren schon einmal hier gestartet habe, als ich für die NDR-Sendung "Pilgern im Norden" mit meinem Radiokollegen Philipp Schmid und einer Gruppe gepilgert bin. Nun also noch einmal und ganz privat mit meinem Mann Detlef Lafrentz.
Das ist ein vollkommen willkürlicher Startpunkt. Der Blick auf die Karte und in das erste Gästebuch in Zirchow zeigen, dass es tatsächlich Pilgerinnen und Pilger gibt, die ihren Jakobsweg im Baltikum beginnen. Von Swinemünde bis Bremen liegen ca. 600 km vor uns.
© https://www.kirche-mv.de/pilgerwege
© Heike Götz
Muschel in Swinemünde
Der Pilgerpass ist ein schönes Andenken
Los geht's! Voller Vorfreude und Spannung starten wir - mein Mann Detlef und ich - in unser Abenteuer "Via Baltica". Mit dem M-V-Ticket fahren wir zusammen für unglaublich günstige 25 ? von Hamburg bis ins polnische Swinemünde. Kaum aus dem Bahnhof, entdecken wir auch schon die erste gelbe Muschel, DAS Zeichen der Jakobspilger. Sie wird uns den gesamten Jakobsweg bis Bremen (und letztendlich bis Santiago) Orientierung geben.
Wir gehen schnell noch zur Christkönigkirche, in der Hoffnung, hier unseren ersten Stempel für den Pilgerpass zu bekommen. Dieser Pilgerpass oder "Crendencial del Peregrino" ist sozusagen unser offizielles Dokument, das uns als Pilgernde ausweist. Damit bekommen wir Obdach für eine Nacht in den kirchlichen und auch privaten Pilgerherbergen. Üblicherweise geben die Pilger dafür eine Spende (etwa 10 ?). Und in jeder Herberge und auch in manchen Kirchen unterwegs bekommt man in den Pass einen Stempel. Das ist ein willkommenes Andenken an den Weg.
1 Eine kleine Holzbrücke führt über die Grenze
© Detlef Lafrentz
2 Einfach zu Fuß von Polen nach Deutschland
Leider ist an diesem Nachmittag niemand in der Christkönigkirche, trotzdem fühlen wir uns nun "auf dem Weg". Ab sofort sind Detlef und ich also keine Touristen mehr, sondern Pilger. Wie fühlt sich das denn an? Ist es wirklich ein Unterschied? Eindeutig JA. Wir sind zu Fuß unterwegs, haben ein klares Ziel und folgen den uralten Wegen der Jakobspilger, wie schon so viele vor uns. Wir haben nur das Nötigste im Rucksack und werden ab jetzt - soweit es irgend geht - in Gemeindehäusern übernachten und uns in allem etwas einschränken. Sei es der Komfort beim Schlafen, Duschen oder Essen oder bei all den Bequemlichkeiten, die wir zu Hause selbstverständlich haben. Was sich vielleicht wie ein Verzicht anhört, ist in Wirklichkeit für uns in unserer Überflussgesellschaft ein großer Gewinn. Aber der stellt sich erst nach und nach heraus. Zuerst und jeden Tag neu heißt es: Gehen. Bei jedem Wetter, jeder Laune, jedem Weg. Das ist der Gewinn und gleichzeitig die Herausforderung.
Was nehme ich in meinem (Lebens-)Gepäck mit?
Was kann ich an Vertrautem weglassen?
Was ist nicht (mehr) nötig, überflüssig?
Was ist nur noch Ballast?
Wie bei jedem Anfang ist etwas Aufregung dabei. Gleichzeitig eine große Freude. Wir verlassen den sicheren Hafen unserer Wohnung und brechen auf ins Unbekannte. Wie wird es werden? Habe ich auch nicht zu viel oder zu wenig im Rucksack? Tragen mich meine Füße und Beine jeden Tag zwischen 18 und 28 km? Wie werden wir unterkommen? Können wir überall Lebensmittel einkaufen? Was "macht" so ein Weg mit mir, mit uns als Paar?
3 In der Kirche Zirchow finden Sie eines der an der Küste verbreiteten Votivschiffe
4 Landschaft hinter Zirchow
Der Fußweg von Polen nach Deutschland ist gleichzeitig ein internationaler Radweg. Wir überqueren das Grenzflüsschen und denken über Nachbarschaften, vom Menschen geschaffene Grenzen nach, über Sprachen, Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Verbindendes.
Über Kamminke und Garz geht es vorbei an einem kleinen Flugplatz auf schönen Wegen durch Wiesen und Wälder bis nach Zirchow. Das Stettiner Haff ist nicht weit. Heute ist für uns so etwas wie "Anpilgern".
Es ist mit 14 km eine relativ kurze Strecke und trotzdem haben wir schon ein richtiges "Pilgergefühl", als wir in Zirchow ankommen und Frau Schwichtenberg, die Pilgerverantwortliche der Gemeinde, uns herzlich begrüßt. In der Herberge im Gemeindehaus ist alles da: von einer Dusche über richtige Betten bis zu einer kleinen Küche. Die Kirche gegenüber ist offen. Sie ist schlicht und schön und heißt auch noch St.-Jacobus-Kirche. Wenn das kein gelungener Start ist! Wir schlafen wie die Murmeltiere und können es kaum erwarten, morgen weiterzugehen.
Ich finde es total verrückt, dass man tatsächlich "einfach losgehn" kann. Der Weg ist da. Es gibt einfache, preiswerte Unterkünfte in vielen Gemeindehäusern am Weg, offene Kirchen und viele unbekannte Menschen, die uns Pilgern den Weg ermöglichen. Seien es die Herbergseltern, Ehrenamtliche, die den Weg erkundet, mit Muscheln und Pfeilen markiert und die Gemeinden "mit ins Boot" geholt haben. Oder auch all die Pilgerinnen und Pilger, die vor mir gegangen sind.
Ich erlebe heute Usedom von seiner stillen Seite. Viele Male war ich "vorn" an den Stränden und den bekannten Badeorten und Seebädern wie Ahlbeck, Heringsdorf oder Bansin. Unvergessliche Kindheitserinnerungen habe ich an Sommerferienlager in Ückeritz. Ich mag die Seebrücken und wunderbaren Strände sehr. Aber Usedom heute so ganz anders zu erleben, nämlich zu Fuß und auf einsamen Wegen, ist eine besondere Erfahrung für mich.
1 Am Eingang des DDR-Museums in Dargen gibt es noch ein Kult-Moped
2 Geh aus, mein Herz, und suche Freud
Es ist Hochsommer. Das Getreide färbt sich langsam von Grün zu Gelb. Es sieht so herrlich weich aus. Große runde Heuballen liegen auf gemähten Wiesen. 30 Grad im Schatten, es ist mitten in der Woche und wir sind unterwegs. Es ist wunderschön!
Der Weg führt teilweise auf einer stillgelegten Bahnstrecke entlang. Es ist die ehemalige Zugverbindung zwischen Berlin und Usedom, die um die Jahrhundertwende die "Sommerfrischler" aus Berlin in nur zwei Stunden an die Ostsee gebracht hat. Es war die Blütezeit der sogenannten Kaiserbäder. Usedom hatte auch den Namen "Badewanne Berlins". Diese schnelle Bahnverbindung gibt es seit Ende des Zweiten Weltkriegs leider nicht mehr. Aber schön, dass die vorhandene Trasse heute ein Wanderweg ist. Wir werden noch des Öfteren auf der Via Baltica auf stillgelegten Kleinbahntrassen pilgern.
In Dargen werden für mich Jugenderinnerungen wach. In der DDR aufgewachsen, bin ich natürlich begeistert über die "Schwalbe", unser Kult-Moped, das gleich am Eingang des Dargener DDR-Museums steht. Für eine Besichtigung nehmen wir uns heute keine Zeit, aber ein Fotostopp muss natürlich sein.
Bald erreichen wir Stolpe, ein Dorf mit Kopfsteinpflasterstraße, schöner Kirche, einem Schloss und einem hervorragenden Pausenplatz auf...
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