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Sienna
Okay, sollte das hier gerade ein schlimmer Traum sein, dann möchte ich jetzt ganz schnell aufwachen. Bitte, kann mich mal jemand kneifen? Schnell machte ich die Augen zu, während mir der Wind um die Nase wehte und meine dunkelblonden Haare wirr um meinen Kopf flogen. Als ich meine Augen wieder öffnete, bot sich mir allerdings immer noch das gleiche verwirrende Bild. Also kein verrückter Tagtraum, sondern harte Realität. Ich hatte keinen Blick mehr für die Schönheit des Ocean Beach, nahm die Menschen nicht wahr, die so wie ich am Stand joggten, in der Sonne faulenzten, mit ihren Hunden spazieren gingen oder andere Aktivitäten betrieben und hatte aufgehört, die Surfer zu beobachten, die ihre spektakulären Stunts zum Besten gaben. Stattdessen war ich wie angewurzelt stehen geblieben und starrte den Mann an, mit dem ich seit Monaten zusammen war. Zumindest hatte ich das bis eben geglaubt. Ich beschattete meine Augen mit der Hand und beobachtete Brandon, der in einiger Entfernung völlig entspannt am Strand entlangschlenderte. Wasser umspülte seine nackten Füße und bespritzte seine Jeans, die er lässig nach oben gekrempelt hatte. Während er lachte, drückte er die Frau, um dessen Schulter er den Arm gelegt hatte, noch ein bisschen näher an sich. Sie strich sich die Haare aus der Stirn und lächelte ebenfalls. Bei dem Anblick, den die beiden boten, riss es mir das Herz aus der Brust. Ich hätte mich lieber verstecken sollen, aber ich konnte mich nicht rühren. Meine Sorge entdeckt zu werden war allerdings grundlos. Brandon hatte nur Augen für die Schönheit, die er im Arm hielt. Ich konnte nicht wegschauen, ich sah ihnen einfach nur zu, war wie gelähmt und völlig unfähig, mich zu bewegen. Die beiden liefen weiter den Strand entlang, redeten, lachten und als sie kurz stehen blieben, um sich zu küssen, wurde mir schlecht. Mein Herz hämmerte wie ein Trommelfeuer in meiner Brust. Mein Magen zog sich unbehaglich zusammen. Wut, Enttäuschung und Eifersucht kochten in meinem Inneren. Brandon hatte mich vom ersten Moment unseres Kennenlernens an belogen. Jedes seiner Worte war nichts als eine Lüge gewesen. Dutzend Fragen wirbelten durch meinen Kopf. Doch die wichtigste: Warum hatte er das getan? Die Geräusche der kreischenden Möwen, die über dem Ocean Beach ihre Kreise zogen, gingen im Donnern der Brandung und im Rauschen des Windes unter. Das Meer brach sich in hohen Wellen am Pier und spritzte die Gischt weit in die Luft. Händchenhaltend entfernten sich die beiden vom Wasser und machten sich, wie ich vermutete, auf den Heimweg. Ich erwachte aus meiner Schockstarre und lief ihnen in gebührendem Abstand nach. Ich musste einfach wissen, was hier gespielt wurde. Waren die beiden ein Paar? Wohl ja, in Anbetracht ihres innigen Kusses. Dieser Gedanke versetzte mir abermals einen tiefen Stich ins Herz. Brandon war niemals mit mir am Strand spazieren gegangen. Wenn ich genauer darüber nachdachte, hatten wir überhaupt nichts zusammen unternommen. Nein, mich hatte er nur in meiner Wohnung getroffen und dann hatten wir es kaum geschafft, das Bett zu verlassen. Jetzt wusste ich auch, wieso er jedes Mal, wenn ich von unserer gemeinsamen Zukunft gesprochen hatte, ein anderes Thema angeschnitten hatte. Ich dachte, er wäre einer der Männer, die eine tiefe Bindungsangst hatten. Doch augenscheinlich wollte er sich nur nicht an mich binden. Die beiden steuerten den Parkplatz an und stiegen schließlich in Brandons schicken Van. Ich rannte zu meinem eigenen Auto, riss die Tür meines dunkelblauen Jetta auf und ließ mich eilig auf den Fahrersitz sinken. Brandon steuerte seinen Wagen vom Parkplatz und fädelte sich in den Verkehr ein. Ich tat es ihm gleich und nahm schließlich mit laut klopfendem Herzen die Verfolgung auf. Auf den Straßen drängten sich die Autos dicht an dicht und wir kamen nur schleppend voran. Auf der Balboa Street blieb ich nah hinter ihm. Doch als wir auf die California Street einbogen, ließ ich mich zurückfallen und hielt vorsichtshalber genügend Abstand. Ich fürchtete mich davor, entdeckt zu werden, und ich hatte auch Angst vor einer Konfrontation. Auf der Clay Street drängte sich ein weiteres Auto, ein schwarzer Geländewagen, zwischen uns und für einen kurzen Augenblick dachte ich, ich würde Brandons Van aus den Augen verlieren. Aber dann bog er auf die Hyde Street ein und augenblicklich waren nur noch zwei Autos zwischen uns. Brandon fuhr langsamer, setzte den Blinker und steuerte sein Auto in die Auffahrt eines hübschen viktorianischen Reihenhauses. Mit klopfendem Herzen fuhr ich weiter, wendete an einer günstigen Stelle und parkte schließlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich fühlte mich wie eine Stalkerin, als ich mit fahrigen Fingern den Schlüssel aus dem Schloss zog. Der Motor erstarb und ich blieb unschlüssig im Wagen sitzen, während ich das Haus anstarrte. Es war weiß, hatte einen hübschen kleinen Vorgarten und war von einem glänzenden schwarzen Zaun umgeben. Mir wurde das Herz schwer, als mir klar wurde, dass Brandon längst das hatte, wovon ich träumte, und ich kam mir unglaublich dumm und einfältig vor. Ich richtete den Blick nach vorne, die Straße entlang. Ich konnte das Meer sehen. Alcatraz Island erhob sich aus den glitzernden Fluten der San Francisco Bay. Erneut überkam mich Wut und Enttäuschung über sein rücksichtsloses Verhalten. Und dann schoss mir noch ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Brandon hatte nicht nur mich belogen, sondern auch die Frau, mit der er vorhin verliebt am Strand spazieren gegangen war. Wie konnte er dieses Leben hier haben und dennoch nicht damit zufrieden sein? Welche Lügen und Ausreden hatte er wohl erfunden, um bei mir sein zu können? Ich hatte so viele Fragen und gierte nun nach Antworten. Mein Herz schnürte sich vor Angst zusammen, aber schließlich fasste ich mir ein Herz, stieg aus meinem Auto aus und überquerte schnellen Schrittes die Straße. Ohne langsamer zu werden, stieg ich die Stufen zur Eingangstür hinauf und drückte, ohne über mein Handeln und die daraus resultierenden Konsequenzen nachzudenken, auf den Klingelknopf. Ich war einfach unendlich wütend. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und es kam mir vor, als zitterte ich am ganzen Körper, während ich darauf wartete, dass mir endlich die Tür geöffnet wurde. Einen Moment später schwang sie auf und ich starrte in Brandons überraschtes Gesicht. Mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen sah er mich an, während flammende Röte von seinem Hals in seine Wangen kroch. Na, das nannte ich mal eine Überraschung!
»Was machst du denn hier?«, stotterte er und ihm war die Panik deutlich anzuhören. Angst stand ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben, als er hastig die Tür so weit wie möglich schloss und damit versuchte, mich vom Inneren des Hauses abzuschirmen. Der Gedanke, ihn auf der Stelle auffliegen zu lassen, war wirklich verlockend. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Mit Sicherheit würde ich jetzt nicht um den heißen Brei herumreden. Daher erwiderte ich knapp: »Wie war euer kleiner Ausflug an den Ocean Beach?«
Brandon wurde blass und mich überkam Genugtuung. Ihn so ängstlich und verzweifelt zu sehen, bereitete mir diebische Freude. Mit meinem Herzschmerz würde ich mich später auseinandersetzen. Dafür blieb mir noch genug Zeit.
»Es ist anders, als du glaubst«, raunte er leise und warf einen flüchtigen Blick über seine Schulter, bevor er sich wieder mir zuwandte. Er war sichtlich nervös. Ich schnaubte verächtlich. Brandon war immer noch bereit zu lügen, um seinen Hals zu retten. Aber noch einmal fiel ich nicht auf sein Gerede herein. Ihn mit dieser anderen Frau zu sehen, hatte mir die Augen geöffnet.
»Bitte, verschon mich mit deinen Ausreden. Ich bin nicht so blöd, wie du denkst. Ist sie deine feste Freundin?«, wollte ich wissen und Brandons Gesicht glühte vor Verlegenheit.
Er zögerte kurz, doch dann gab er tatsächlich zu: »Nein, nicht meine Freundin, sondern meine Frau.« Vor Schreck drehte sich mir der Magen um. Wenn ich gewusst hätte, dass er verheiratet war, dann hätte ich mich nie und nimmer auf eine Beziehung mit ihm eingelassen. Aber zu spät. Ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt und er hatte mich getäuscht. Brandon hatte uns beide getäuscht. Ich empfand plötzlich Mitleid mit seiner Frau. Ich konnte mich umdrehen und gehen und ihn für immer aus meinem Leben streichen. Aber seine Frau würde diese Ehe vielleicht nicht so einfach aufgeben können oder wollen. Das Einzige, was mich zu diesem Zeitpunkt noch interessierte, war das Warum.
»Wieso hast du deine Frau betrogen? War ich die Einzige, oder gab es noch andere Frauen?« Die Enttäuschung, die in meiner Stimme mitschwang, war nicht zu überhören.
»Du warst die Einzige«, erwiderte er und blickte mir tief in die Augen. Noch einmal schaute er flüchtig über seine Schulter zurück, dann kam er einen kleinen Schritt näher, bevor er wieder stehen blieb. Er sah mich aus samtbraunen Augen an und ich seufzte leise auf. Es war dieser Blick, in den ich mich bei unserer allerersten Begegnung auf der Stelle verliebt hatte. Wenn ich damals nur gewusst hätte! Langsam befeuchtete er seine Lippen, dann sagte er: »Als ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich, ich muss dich haben, und ich wollte unbedingt mit dir zusammen sein. Zu Beginn glaubte ich, einmal würde für mich genügen. Aber dann wurde das Zusammensein mit dir wie eine Sucht. Der Kick, aus dem Alltag auszubrechen und etwas Verbotenes zu tun, fühlte sich einfach unglaublich an. Ich konnte nicht genug davon bekommen und von dir auch nicht.« Mit eindringlichen Blicken schaute er mich an. Sogar seine Anspannung und Nervosität schienen verflogen. Dann wagte er...
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