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Die Geschichte eines politischen AusnahmezustandsEine Pandemie erschüttert die Welt. Von Anfang an verfolgten die Investigativjournalisten Katja Gloger und Georg Mascolo wie ein Virus namens Sars-CoV-2 das Leben, wie wir es kannten, auf dramatische Weise veränderte. Sie erlangten exklusiven Zugang hinter die Kulissen der Politik, die trotz früher Warnungen so gut wie unvorbereitet getroffen wurde.
Ihr Buch deckt bisher unbeschriebene Zusammenhänge auf, anhand von Augenzeugenberichten und vertraulichen Dokumenten schildert es die Entscheidungen, Unsicherheiten und Zweifel. Deutschland im Ausnahmezustand: von der kollektiven Verdrängung des Risikos bis zu Lockdowns und umstrittenen Lockerungen.
Und sie wagen einen Blick in die Zukunft: Was lässt sich aus der Krise lernen?
»Zusammen mit seiner Frau Katja Gloger hat Georg Mascolo ein beklemmendes Buch mit einer detaillierten Beschreibung des Corona-Krisenmanagements, national wie international, vorgelegt: ›Ausbruch. Innenansichten einer Pandemie‹. In dem Band plädieren die beiden für eine neue Risikokultur und warnen uns alle vor der Zerstörung unserer Umwelt, denn: ›Die Natur schlägt immer zurück!‹« hr1 »Der hr1-Talk«
»Ich frage mich das öfter in diesen Tagen, und genau das ist der Grund, warum ich das Buch ›Ausbruch‹ mit dem Untertitel ›Innenansichten einer Pandemie - Die Corona-Protokolle‹, das am kommenden Montag erscheint, mit so großer Neugier gelesen habe. Geschrieben haben es Georg Mascolo, den man als den besten Investigativjournalisten Deutschlands bezeichnen darf, und seine Frau Katja Gloger, die jahrelang für den ›Stern‹ gearbeitet hat. Seit Beginn der Pandemie haben die beiden recherchiert, sie haben herausgefunden, was in vertraulichen Runden besprochen wurde und wer warum welche Entscheidungen traf. Sie beschreiben, wer den Ausbruch anfangs vertuschte, wie Politiker von Angst und Erschöpfung berichten – und dass Fachleute schon lange vor einer Pandemie gewarnt hatten. Das Buch ist eine Fundgrube an Wissen, stellenweise spannend wie ein Thriller. Wer die Hintergründe der Corona-Krise in Deutschland verstehen will, sollte es lesen!« t-online.de
»Ein wirklich packendes, tolles Buch, das sich über weite Strecken liest, wie ein Krimi.« ZDF, Markus Lanz
Katja Gloger, geboren 1960 in Koblenz, beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit Russland. Sie studierte Russische Geschichte, Politik und Slawistik in Hamburg und Moskau und ging Anfang der neunziger Jahre als Korrespondentin für den »Stern« nach Moskau. Dort erlebte sie den Zusammenbruch der Sowjetunion. Sie interviewte Michail Gorbatschow ebenso wie Boris Jelzin und Wladimir Putin. Sie war »Stern«-Korrespondentin in den USA und arbeitete als Autorin des Nachrichtenmagazins mit den Schwerpunkten Russland, Internationale Politik und Sicherheitspolitik. 2010 erhielt sie den Henri-Nannen-Preis, 2014 wurde sie als politische »Journalistin des Jahres« ausgezeichnet. Katja Gloger lebt in Hamburg.
Georg Mascolo begann 1988 seine Tätigkeit für den „Spiegel“, wo er zunächst für die Fernsehsparte über das Ende der DDR berichtete. Seine Reportage über den Fall der Mauer wurde von der UNESCO ins Weltdokumentenerbe aufgenommen. 1992 wechselte er zur Print-Ausgabe, leitete das Ressort „Deutschland“, das Berliner Hauptstadtbüro und war Korrespondent in den USA. Von 2008 bis 2013 war er Chefredakteur des Nachrichtenmagazins. Ausgezeichnet als politischer „Journalist des Jahres“, leitet er seit 2014 die Recherchekooperation von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“.
Die Wahrscheinlichkeit der Unwahrscheinlichkeit»Anycountry«
Wo beginnt sie, die Geschichte darüber, wie eine der weltgrößten Gefahren immer wieder übersehen, ja nahezu sträflich ignoriert wurde?
Vielleicht beginnt sie auf einer Bühne in Seattle im US-Bundesstaat Washington. Auf diese rollt der Microsoft-Milliardär Bill Gates an einem Märztag des Jahres 2015 ein riesiges Fass in Olivgrün. Es ist ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg, in solchen Fässern lagerten Wasser und Lebensmittel für den Fall eines Atomkrieges. Man sollte diese Vorräte mit in den Keller nehmen - und dann auf das Beste hoffen. Gates aber will gar nicht an die Schrecken des Nuklearkrieges erinnern, einer Bedrohung, mit der seine Generation groß wurde. Er hat eine andere Mission.
Hinter ihm erscheint das Bild eines Atompilzes, es verschwindet, dann ist die Aufnahme eines Virus zu sehen, millionenfach vergrößert durch ein hochmodernes Elektronenmikroskop. Sehr viel wahrscheinlicher als der Einschlag einer Atombombe sei es, sagt Gates in seinem Westküsten-Singsang, dass dieses winzige Ding in den nächsten Jahren zehn Millionen Menschen töten werde.
»Wir sind nicht gerüstet«, warnt er. Viren seien gefährlicher als Raketen und Bomben. Jetzt sei es dringend an der Zeit, die Abwehr dieser Gefahr ebenso ernst zu nehmen und ihr mit den gleichen Ressourcen zu begegnen wie der nuklearen Bedrohung. Pandemieübungen müssten so regelmäßig stattfinden wie Militärmanöver. »Ich weiß nicht genau, was es kosten wird, aber im Vergleich zum potenziellen Schaden sicherlich sehr wenig«, sagt Gates. »Wir müssen jetzt beginnen, denn die Zeit arbeitet gegen uns.«
Und dann fügt er noch einen Satz hinzu, von dem er damals nicht wissen kann, wie schnell er sich bewahrheiten wird: Das nächste Virus übertrage sich womöglich schon, wenn die Kranken noch gesund scheinen.
Fünf Jahre später ist das Video dieses Auftritts millionenfach geklickt, Bill Gates selbst zum Propheten ebenso wie zum Schuldigen erklärt worden. Die ganze Welt kennt genau so einen Krankheitserreger. Sein Name ist SARS-CoV-2.
Man kann diese Geschichte auch im Weißen Haus in Washington beginnen. Dort versuchen hochrangige Beamte der Obama-Administration zur Jahreswende 2016/2017, leitende Mitarbeiter von Wahlsieger Donald Trump auf die Gefahren einer Pandemie hinzuweisen. Briefings zur Amtsübergabe gehören in den USA zu den besseren politischen Traditionen: Die neue, aber zugleich noch unerfahrene Regierung soll möglichst gut vorbereitet sein. Es geht um Hurrikans, Terrorismus und Cyberangriffe. Und um die Gefahr von Pandemien. Das Interesse scheint gering, einige aus Trumps Team scheinen einzuschlafen. Eine unter Barack Obama eingerichtete Abteilung beim Nationalen Sicherheitsrat - als »Rauchmelder für Gesundheitsgefahren« zuständig für Vorhersage und Abwehr biologischer Bedrohungen - wird bald aufgelöst.
Für die Obama-Administration war die Gefahr einer Pandemie zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden. Der Ausbruch des hämorrhagischen Ebolafiebers im scheinbar so fernen Westafrika 2014 mit über 11 000 Toten hatte gezeigt, wie verwundbar die Welt ist. Das Virus hatte sich in mehreren westafrikanischen Staaten ausgebreitet, auch die USA und Europa erreicht. Obama schickte das Militär nach Westafrika, 3000 Soldaten und medizinisches Personal, Teil einer internationalen Bemühung zur Eindämmung in quasi letzter Minute. Die Operation »United Assistance« unter Kommando der traditionsreichen 101. Luftlandedivision war ein Erfolg - belegte aber zugleich, wie schlecht die USA auf den Ausbruch einer Pandemie vorbereitet waren. Im reichsten Land der Erde fehlte es vor allem an Schutzausrüstung, Testmöglichkeiten und überhaupt an der Koordination der Behörden auf allen Ebenen.
Später durchgeführte Krisensimulationen zeigten, dass es sehr schnell sehr schlimm werden könnte. Anfang 2019 wurde der Ausbruch eines aus China stammenden neuartigen Influenzavirus geübt. Das Ergebnis der Übung »Crimson Contagion« war niederschmetternd: Die Supermacht USA wäre bei einem Ausbruch noch nicht einmal in der Lage, ausreichend Spritzen und Nadeln zu produzieren. Von Schutzmasken oder Beatmungsgeräten ganz zu schweigen.
Gleichzeitig gibt die nukleare Supermacht USA jährlich rund 700 Milliarden Dollar - eine Zahl mit zwölf Stellen - für ihre Verteidigung aus; mehr als jedes andere Land der Welt. Dabei kann ein Virus mehr Menschen töten als jeder Schurkenstaat.
Man kann die Geschichte eines internationalen Versagens aber auch in Deutschland beginnen, etwa in der Registratur für Geheimsachen im Bundesinnenministerium in Berlin. Dort liegt in einem Aktenordner mit der Aufschrift »Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch« ein Bericht, der beschreibt, wie Deutschland im November 2013 das letzte Mal eine »außergewöhnliche biologische Gefahrenlage« übte. Solche Katastrophenübungen sind ein gewaltiger Trockenlauf mit Tausenden Beteiligten aus vielen deutschen Behörden. Damit die Szenarien möglichst real wirken, werden eigens fiktive Fernsehnachrichten produziert, einmal wurde dafür mit Marc Bator sogar ein Tagesschausprecher engagiert. Das Ergebnis der zweitägigen Großaktion 2013 wurde in ordentlichem Behördendeutsch auf 76 Seiten in »wesentlichen Handlungsempfehlungen« zusammengefasst. Gleich die erste dieser Empfehlungen trägt die Bezeichnung »Mangelressourcen«: Die Bevorratung »persönlicher Schutzausstattung bei Bund und Ländern« solle künftig »überprüft und ggf. angepasst« werden. Außerdem müssten die jeweiligen Bestände »zentral erfasst und auf Stand gehalten werden«. Die Verantwortung dafür liege beim Bundesinnenministerium und den Bundesländern.
Aber nichts wurde zentral erfasst. Und schon gar nichts auf Stand gebracht. Nicht einmal im Januar oder Februar 2020.
Dabei ist Deutschland ein Land, das bereits seit 2009 sogar eine gesetzliche Verpflichtung kennt, sowohl Parlament als auch Regierung auf besondere Gefahren hinzuweisen. So steht es in Paragraf 18 des »Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes«. Das zuständige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe - wer kennt das schon - übermittelt regelmäßig Berichte an den Bundestag. Einer fasste sogar die Ergebnisse eines simulierten Pandemieverlaufs zusammen. Das Virus hieß »Modi-SARS«, das stand für »modifiziertes SARS«. Dem Szenario zufolge wären knapp ein Jahr nach Einreise eines ersten Infizierten sechs Millionen Deutsche erkrankt. Erst drei Jahre nach dem Ausbruch stünde ein Impfstoff zur Verfügung. Bis dahin wäre das deutsche Gesundheitssystem zusammengebrochen.
Dieser Bericht stammt aus dem Jahr 2012. Aber man tut sich schwer, eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten zu finden, die das Papier auch nur gelesen haben. Es findet sich auch niemand, der sich daran störte, dass der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière 2015 kurzerhand und ohne große öffentliche Diskussion die sogenannte »Schutzkommission« auflöste - ein 1951 eingerichtetes Gremium unabhängiger Wissenschaftler, das die Bundesregierung in »Fragen verheerender Folgen eines Dritten Weltkrieges sowie bei anderen länderübergreifenden Großschadenslagen warnen und beraten« sollte. Die Schutzkommission war auf Anregung des Nobelpreisträgers Werner Heisenberg gegründet worden, des brillanten Physikers, der unter Hitler in der Atomforschung arbeitete und später zu einem vehementen Kritiker der Nuklearrüstung wurde. Zuständig für den Bereich biologische Bedrohungen in dieser zuletzt ziemlich zerstrittenen Schutzkommission war übrigens ein Mann, der es während der Coronakrise zu größerer Bekanntheit brachte: Professor Dr. Alexander Kekulé. Schon 2006 kritisierte er unvollständige Pandemiepläne, fehlende Einlagerung von Medikamenten und Atemschutzmasken; er forderte die Einrichtung einer nationalen Pandemiekommission.
Die Existenz der nicht mehr existierenden Schutzkommission ist übrigens bis heute ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben, so steht es in Paragraf 19 des Zivilschutzgesetzes.
Dabei gibt es in der Bundesregierung sehr wohl solche, die sich für biologische Bedrohungslagen interessieren. Etwa Angela Merkel. Die Ebolaepidemie war ihr Weckruf, damals setzte sie mit dem Spitzendiplomaten Walter Lindner erstmals einen Sonderbeauftragten für eine Infektionskrankheit ein. Der »Ebola-Beauftragte« koordinierte deutsche Hilfe, die Lieferung von Schutzkleidung, mobilen Labors und den Bau eines mobilen Krankenhauses, die Entsendung von medizinischem Personal. Nach jeder Rückkehr aus dem Epidemiegebiet bat ihn Merkel eigens zum Gespräch. Und ihr damaliger Staatsminister, der Mediziner Helge Braun, las, was er in die Hände kriegen konnte über das Thema »vernachlässigte Tropenkrankheiten« wie etwa Denguefieber oder Flussblindheit. Es sind die vom globalen Norden vernachlässigten Krankheiten vor allem in den Ländern des globalen Südens, an denen 1,4 Milliarden Menschen leiden und jährlich Millionen sterben.
Merkels damaliger Gesundheitsminister Hermann Gröhe wiederum machte »Global Health« zu seinem Thema, gute Gesundheitsfürsorge für alle Menschen. Er warnte vor Antibiotikaresistenzen, reiste nach Afrika, pflegte Kontakte zur WHO, dieser chronisch unterfinanzierten Unterorganisation der Vereinten Nationen. Der 2017 gewählte neue Generaldirektor Tedros begrüßte ihn als »my brother Hermann«. Angela Merkel hielt mahnende Reden, mal an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, mal im Robert Koch-Institut. Sie war die erste Regierungschefin, die 2015 die Weltgesundheitsversammlung eröffnete, das höchste Entscheidungsgremium der WHO. Sie forderte grundlegende Reformen der Organisation, die während der Ebolaepidemie...
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