Schweitzer Fachinformationen
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Hey, kann mal jemand die Tür aufmachen?«, fragte Audie. »Das ist bestimmt unser Abendessen.«
»Ich kümmere mich darum«, antwortete Siobhan und war schon halb aus der Küche raus. »Das erinnert mich an alte Zeiten.«
»An alte Zeiten?«, wiederholte Nadia. »Die tut ja fast, als würde sie seit Jahren mit Charlie zusammenleben und nicht erst seit ein paar Monaten. Ich warte ja immer noch auf eine Verlobungsanzeige der beiden!«
»Allein schon bei Charlie und seinen Geschwistern einzuziehen war ein Riesenschritt für sie, auch wenn es eigentlich genau das war, was sie sich immer gewünscht hat. Sei also nicht so streng mit ihr, Bridezilla«, erhob Vanessa Einspruch und stieß Nadia gleichzeitig mit der Hüfte an, um ihren Worten die Schärfe zu nehmen.
»Ich bin keine Bridezilla!«, protestierte Nadia, während sie Besteck hervorkramte. Dann hielt sie inne und riss die Augen auf. »Oh Gott, oder vielleicht doch? Ihr solltet mich doch auf so etwas aufmerksam machen!«
»Nein, keine Sorge«, versicherte ihr Siobhan, die inzwischen wieder hereingekommen war, mehrere Tüten auf die Arbeitsfläche schob und dann Nadia den Arm um die Schultern legte. »Du hältst dich an den Zeitplan, den wir für dich entworfen haben. Mach dich also nicht verrückt. Hast du deinen Kalender mitgebracht?«
»Ohne Kalender gehe ich nirgends mehr hin!« Nadia deutete auf ein großes, mit jeder Menge Papieren vollgestopftes Notizbuch, das einen Großteil der Frühstückstheke einnahm. »Ich hätte nicht gedacht, dass diese ganzen Hochzeitspläne mich dermaßen stressen würden! Vielleicht hätten Kaname und ich uns einfach nur verloben sollen und dann eine große Party schmeißen.«
»Wenn es das ist, was du willst, dann mach es«, sagte Vanessa. »Wir stehen hinter dir, egal was du tust.«
»Stimmt«, fügte Audie hinzu. »Es ist dein Tag. Deiner und der deines zukünftigen Mannes. Nichts und niemand sonst spielt da noch eine Rolle.«
Nadia schnaubte. »Als könnte ich es meinen Vätern abschlagen, mich zum Altar zu führen!«
»Victor und Nicholas hätten vollstes Verständnis, das weißt du«, entgegnete Siobhan. »Sie wollen vor allem, dass ihr kleines Mädchen glücklich wird. Und Kaname ist dafür genau der Richtige. Egal wie du diesen Tag gestaltest, du wirst den Rest deines Lebens an der Seite dieses Mannes verbringen, und nur darauf solltest du dich konzentrieren.«
»Mach ich. Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals so glücklich sein könnte.« Sie schniefte, und die anderen eilten herbei, um sie in die Arme zu schließen. »Ihr seid echt die besten Freundinnen und Brautjungfern, die man sich wünschen könnte! Danke, dass ihr mich immer wieder beruhigt, sobald ich nervös werde.«
»Natürlich. Dafür haben wir doch unseren Bitch-Talk, oder nicht? Aber jetzt essen wir, bevor alles kalt wird.«
Bitch-Talk-Tag. Bester-Freundinnen-Tag. Dienstag. Audie hatte die unterschiedlichsten Namen für diesen geheiligten Termin in ihrem Kalender. Einmal in der Woche schoben sie und ihre Freundinnen alles beiseite, um gemeinsam Tee zu trinken und sich zu unterhalten. Was vor ein paar Jahren als Selbsthilfegruppe im Sugar & Spice angefangen hatte, hatte sich zu engen Freundschaften entwickelt: Sie schätzte Vanessa, Siobhan und Nadia mehr als alles andere. Diesmal hatten sie sich bei ihr zu Hause versammelt, um miteinander zu essen, Spaß zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen.
Sie war der Gruppe als Letzte beigetreten und war insgeheim bis heute erstaunt, dass diese Frauen sie als Freundin akzeptiert hatten. Die brünette Schönheit Nadia Spiceland, die eine erfolgreiche Koch- und Lifestylesendung gehabt hatte, bevor sie ihr eigenes Café namens Sugar & Spice eröffnete. Dann das blonde, blauäugige, glamouröse Pin-up-Girl Siobhan Malloy, die eine Zeit lang ihre umwerfenden Kurven im Rahmen einer Burlesque-Show zur Schau gestellt hatte - und obendrein Mitbesitzerin des Sugar & Spice war. Und schließlich Vanessa Longfellow, Dozentin an der Herscher University mit makelloser, bronzefarben schimmernder Haut und einem heiteren Wesen, das Audie augenblicklich in seinen Bann geschlagen hatte.
Die Vierte im Bunde, sie selbst, Audrina McNamara, ging langsam auf die dreißig zu, hatte ansonsten aber nicht viel vorzuweisen, wenn man mal davon absah, dass sie zu jedermanns Überraschung trotz aller Anstrengungen, sich selbst zugrunde zu richten, immer wieder überlebt hatte. Sie hatte keinen Schimmer, was die drei Frauen an ihr fanden, war aber heilfroh darüber, dass sie sich aus einem spontanen Impuls heraus vor einiger Zeit deren Selbsthilfegruppe angeschlossen hatte.
Genau das war es, was sie gemeinsam hatten: Jede von ihnen hatte ihre eigene private Hölle durchlebt. Nadia hatte ihren Job beim Fernsehen verloren: aufgrund ihrer Tablettensucht und infolge eines Autounfalls, bei dem ihr Manager und beinahe auch sie selbst ums Leben gekommen waren. Auch Siobhan war tablettenabhängig gewesen, was sie ihre Ehe und die Beziehung zu ihrer Tochter gekostet hatte. Bei Vanessa hatten der Alkoholismus und die Familie, die sie in ihren schwersten Momenten komplett alleingelassen hatte, beinahe ihre Karriere zerstört.
Jede von ihnen hatte irgendetwas überwinden müssen - auch sie selbst. Ihre Eltern hatten sie ihr Lebtag lang wie eine Aussätzige behandelt. Sie liebte den Sex und hatte mit allen möglichen Partnern Spaß gehabt - bis eine falsche Entscheidung allem ein Ende gesetzt hatte. Sie hatte am Boden gelegen. Erst jetzt war sie wieder imstande, sich selbst neu zu erfinden und neue Wege zu beschreiten, und zum Glück standen ihr dabei die drei Freundinnen zur Seite.
»Worüber denkst du nach?«
Audie sah von der Schachtel mit Phat si-io auf und lächelte Nadia zu. »Über euch alle und darüber, wie inspirierend ihr für mich seid. Wenn ich mal groß bin, will ich auch so werden wie ihr.«
»Mädel, bitte!« Nadia drückte sie an sich. »Werd bloß nicht wie wir! Sei lieber bestmöglich du selbst!«
Audie stieß ein unbeholfenes Kichern aus, als sie die Schachtel an Vanessa weiterreichte. »Dabei weiß ich gar nicht genau, wer ich bin.«
»Das mag sich vielleicht beängstigend anfühlen, ist aber auch das Aufregendste überhaupt«, meinte Siobhan und klappte eine weitere Schachtel auf. »Außerdem bist du doch längst dabei, das herauszufinden.«
»Und du bist selbst auch ein Riesenvorbild«, fügte Vanessa hinzu und schaufelte sich eine große Portion auf ihren Teller. »Ich weiß nicht, wie viele Leute mit einem solchen Prozess fertiggeworden wären.«
»Ich glaube eher, dass dieser Prozess mich fertiggemacht hat .«
Audie hatte einem ihrer Dates eine Abfuhr erteilt, und der Typ hatte sie daraufhin krankenhausreif geprügelt. Nach der brutalen Attacke wieder halbwegs klarzukommen war eine Sache gewesen; doch die Tücken des Strafrechts auszuhalten war sehr viel schwieriger gewesen und hatte ihr beinahe den Rest gegeben. Am Ende hatte sie sämtliche Social-Media-Accounts gelöscht, hatte alles hinter sich gelassen, war sogar aus ihrer Wohnung ausgezogen. Das alles war tatsächlich reinigend gewesen und hatte ihr Schwung für einen Neubeginn beschert.
Siobhan verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie. »Bist du jetzt besser oder schlechter dran als am Tag deiner Entlassung aus dem Krankenhaus? Und ich rede nicht von deiner körperlichen Verfassung.«
Audie sah eine nach der anderen an. Während ihres wöchentlichen Bitch-Talks den Kopf einzuziehen war ein Ding der Unmöglichkeit, also antwortete sie: »Tja, das damals war der absolute Tiefpunkt . Es gab Zeiten, da hab ich mich gefragt, ob es mir je wieder gut gehen würde - oder auch nur leidlich. Ich hab zeitweise immer noch Zweifel, aber das Coaching und die Therapie helfen mir mehr, als ich dachte, genau wie meine neue Freizeitbeschäftigung.«
»Du meinst das Tierheim?« Nadia lächelte sie aufmunternd an.
Die beiden standen einander altersmäßig und auch in Sachen Grundeinstellung am nächsten, waren Schwestern im Geiste, doch wie immer, wenn Audie sich bei diesem Gedanken ertappte, sehnte sie sich auch nach ihren leiblichen Geschwistern, die sie aus den Augen verloren hatte.
»Wie läuft's denn dort?«, hakte Nadia nach.
»Super.« Freudestrahlend lehnte Audie sich zurück. »Als meine Therapeutin mir irgendein soziales Engagement vorgeschlagen hat, hab ich sie erst für verrückt gehalten. Aber die Arbeit im Eastside ist das Beste, was ich je gemacht habe! Die Leute dort sind großartig, auch die Tierärzte, und natürlich ist es auch aus therapeutischer Sicht gut, Tiere zu versorgen. Ich meine, ich hab mich früher doch nicht mal um eine Zimmerpflanze gekümmert - und jetzt sind es Dutzende Hunde! Ich bin dort übrigens auch nicht mehr ehrenamtlich, sondern inzwischen offiziell als Aushilfe tätig, was mir ein kleines zusätzliches Taschengeld einbringt.«
»Oh, wow, gratuliere!«
»Das ist ja fantastisch!«
»Ich freue mich so für dich!«
Nur zu gern ließ Audie sich vom Lob ihrer Freundinnen überschütten und genoss die Anerkennung jener Frauen, die sie durch große und kleine Gesten motiviert hatten, bessere Entscheidungen zu treffen und etwas Besseres vom Leben zu erwarten.
»Und das ist noch nicht alles«, fuhr sie fort. »Dank Tallie, der Tierheimleiterin, darf ich eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten machen! Die Kurse fangen nächsten Monat an.«
»Oh, Audie!« In Nadias Augen glitzerten Tränen. »Ich bin so stolz auf dich!«
Unbehaglich rutschte Audie auf ihrem Stuhl hin und her. Sie hatte Nadia gegenüber wegen ihres Verhaltens...
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