Schweitzer Fachinformationen
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Schlüsselfragen
Warum leben wir in einer Phase des Übergangs und warum beschleunigt sich die Dynamik?
Was sind die großen Trends, die den Kontext und das Spielfeld für Geopolitik und Handelshemmnisse geben?
Wie hängen diese Trends miteinander zusammen?
Welche Bedeutung haben Schlüsseltechnologien in diesem Zusammenhang?
Wie kann man den geopolitischen Konflikt zwischen China und den USA verstehen?
Warum haben deutsche Unternehmen dabei eine Schlüsselrolle?
Beschäftigt man sich mit Geopolitik, dann ist es zunächst einmal wichtig, die eigene Landkarte im Kopf zu kennen. Im physischen und im übertragenen Sinne. Welches Bild der Welt habe ich? Welche Proportionen haben geografische, ökonomische und soziale Dynamiken auf der Welt? Und was ist mein eigener (kultureller, ökonomischer) Standpunkt, von dem aus ich denke und handle?
Blicke ich als Europäer auf eine Weltkarte, dann steht Europa im Mittelpunkt - auf Augenhöhe mit mir. Das hat mit unserer Geschichte der Kartographie zu tun: Es waren Europäer, die die Welt im 16. Jahrhundert vermessen haben (Portugiesen, Spanier, Holländer). Die Kartographen der ersten Weltkarten waren Holländer, Italiener, Deutsche. Die Waldseemüller-Weltkarte von 1507 zeigt eine weltumspannende Darstellung mit Europa im Zentrum. Sie ist die erste Karte, die "America" für die westliche Hemisphäre verwendet, und kombiniert das traditionelle Weltbild mit neuen Entdeckungen (Bild 1.1).
Bild 1.1 Eine der ersten Weltkarten der Neuzeit vom deutschen Kartografen Martin Waldseemüller (Quelle: Martin Waldseemüller, Karte von 1507, Public Domain, via Wikimedia Commons)
Steige ich in ein deutsches Oberklassefahrzeug und fahre von München nach Nürnberg, überkommt mich das Gefühl, in einem fortschrittlichen, sicheren und technologisch führenden Land zu leben. Politische und gesellschaftliche Entwicklung durch technologische Führung - "Vorsprung durch Technik". Der Respekt, den so ein Fahrzeug schon auf dem Balkan oder in Osteuropa auslöst, prägt unsere Selbstwahrnehmung als Mitteleuropäer. Die Tatsache, dass jedes Jahr Hunderttausende Geflüchtete in Mittel- und Nordeuropa ihr Heil suchen, verstärkt dieses Grundgefühl, genauso wie die Nachrichten der letzten Jahre - Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, Konflikte in Afrika und Südamerika. All das zeigt uns Europäern: Wir leben an einem der stabilsten und technologisch und infrastrukturell fortschrittlichsten Orte der Welt.
Doch diese Perspektive ändert sich schlagartig, wenn man in ein Flugzeug steigt und etwa in Singapur, Dubai oder Shanghai landet. Innerhalb von Minuten überkommt einen ein völlig anderes Gefühl: Architektur und Infrastruktur, die Dynamik dieser Gesellschaften, die mutige und optimistische Nutzung von Technologie an jeder Ecke beeindrucken. Nimmt man dann den Zug von Shanghai nach Nanjing und erlebt die brillante Organisation dieser Bahnstrecke, wie Massen von Menschen präzise und zuverlässig von einem Ort zum anderen gebracht werden, wie alles durchgängig digital funktioniert, weicht des Europäers Gefühl der Überheblichkeit einem Staunen und der Frage: Wie schaffen die Chinesen (oder Araber) diese rasante und dynamische Entwicklung? Ist Europa tatsächlich noch die führende Weltregion oder handelt es sich lediglich um eine Frage der Perspektive?
Es gibt einige faktische Indikatoren, die darauf hinweisen, dass wir uns am Übergang in eine neue Weltordnung befinden. Die bisherige Nachkriegsordnung - geprägt von amerikanischer und westlicher Dominanz - zerfällt zusehends.
Die Zeit der chinesischen Zurückhaltung auf internationalem Parkett ist seit etwa zehn Jahren vorbei. Mit Initiativen wie der "Neuen Seidenstraße" und der strategischen Erweiterung der BRICS-Staaten greift China aktiv nach globaler Bedeutung. Gleichzeitig beobachten wir einen spürbaren Rückgang westlicher Hegemoniemacht. Die Spannungen innerhalb der NATO und die schleichende Erosion internationaler Organisationen wie UNO, WTO oder IWF sind Anzeichen dafür. Der Ukrainekrieg, der ohne die stille Unterstützung Chinas wohl kaum in dieser Form möglich wäre, markiert einen weiteren dramatischen Wendepunkt.
Wir erleben seit vielen Jahren die Entstehung neuer regionaler Machtzentren. In Asien-Pazifik formiert sich der größte Wirtschaftsraum der Erde, Afrika strebt mit der Continental Free Trade Area ebenfalls als stark wachsender Wirtschaftsraum von über 50 Staaten nach globaler Bedeutung. Im bevölkerungsreichsten Land der Erde, Indien, entwickelt sich eine mächtige Mittelschicht, die es bald mit der Europas oder der USA aufnehmen kann. Der arabische Raum unter der Führung der Emirate, Saudi-Arabien und Katar realisiert schrittweise die gesellschaftlichen Visionen, die sich diese Länder vor etwa zehn Jahren gegeben haben, und es entsteht eine diversifizierte, leistungsfähige Wirtschaftsregion. Neue Sicherheitsbündnisse wie AUKUS zwischen Australien, Großbritannien und den USA zeigen, wie sich die geopolitische Landkarte neu ordnet.
Der geopolitische Umbruch wird von einer technologischen Transformation begleitet und verstärkt. Die KI-Revolution verändert nicht nur so gut wie alle Branchen, Geschäftsmodelle und Prozesse, sondern löst auch einen globalen Wettlauf um die dazu notwendigen Ressourcen aus. Der Kampf um günstige Energie zum Training neuer KI-Modelle ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die Halbleiterindustrie entwickelt sich zu einem strategischen Schlüsselsektor, während sich parallel dazu die Energielandschaft wandelt. Erneuerbare Energien setzen sich als kostengünstigste Option durch, begleitet von einer neu entfachten Debatte um die Rolle der Kernenergie.
Auch im Weltraum, bei der Integration Künstlicher Intelligenz in Waffensysteme und beim Einsatz autonomer Systeme wie Drohnen zeichnen sich neue militärische Konkurrenzen ab.
Auf dem Weg in eine neue Weltordnung geht es also um soziale, wirtschaftliche, aber auch technologische Entwicklungen, die langfristig eine neue globale Machtverteilung bewirken oder sogar erzwingen. Hierbei sind zwölf Trends bzw. dynamische Kräfte zu nennen, die diesen historischen Übergang bewirken.
Betrachtet man die Entwicklungen der letzten drei bis vier Jahre, erscheint der Versuch, eine übersichtliche Landkarte der wichtigsten geopolitischen Entwicklungen zu erstellen, als fast unmögliches Unterfangen. Es geht ja nicht nur um Wirtschaft. Viele Ereignisse erschienen überraschend und unvorhersehbar: die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die Einführung von ChatGPT, der Krieg im Nahen Osten oder der überraschende Wandel in der globalen Automobilindustrie mit dem rasanten Aufstieg chinesischer Hersteller im Bereich der Elektromobilität. Oder auch das Aufflammen des Rechtsextremismus und Autoritarismus in vielen demokratischen Staaten bei Wahlen. Diese Ereignisse wirken auf den ersten Blick zufällig und unzusammenhängend (Bild 1.2).
Bild 1.2 Zwölf weitreichende geopolitische Trends
Der Versuch, geopolitische Entwicklungen und Ereignisse zu sortieren, gleicht einem Flug durch eine mehrdimensionale Bibliothek eines Fantasy-Films, in der sich hinter jeder Ecke neue Räume und Dimensionen auftun. Jeder einzelne Konflikt - etwa der Nahostkonflikt - würde es erfordern, tief einzutauchen, um ihn auch nur in Grundzügen zu verstehen. Und hinter jeder Ecke lauert ein Experte, der nochmal eine andere (historische) Perspektive und Detailtiefe kennt. Auch dieser Blick ist wichtig.
Nachfolgend werden die zwölf wichtigsten Trends, die diesen geopolitischen Mahlstrom ausmachen, kompakt dargestellt. Für Unternehmen ist es entscheidend, diese Trends zu verstehen. Die eigentlichen regulatorischen Interventionen, die mittelständischen Unternehmen dann überraschend Märkte verschließen oder neue öffnen, finden vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen statt. Diese sind nur vorauszusehen, wenn man die geostrategischen Spielfelder und Interessen der Protagonisten einigermaßen versteht und im Blick behält, um für das eigene Unternehmen Risiken möglichst früh vorauszusehen und zu minimieren und als erster im Markt Chancen nutzen zu...
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