Schweitzer Fachinformationen
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»Hannah Geraldine Quinn. Wenn ich dich noch ein einziges Mal bitten muss .« Annie erhob die Stimme über den Carrie-Underwood-Song, der aus Hannahs Schlafzimmer dröhnte.
»Was?« Der rotblonde Schopf ihrer sechzehnjährigen Tochter tauchte über dem Geländer am oberen Ende der Treppe auf. »Ich habe dir doch gesagt, ich habe zu tun.«
»Ich habe auch zu tun, und ich brauche deine Hilfe.« Annie umklammerte den Treppenpfosten und zählte im Stillen bis fünf. »Wir sind zu zweit in dieser Familie, und das Essen kocht sich nicht von selbst.«
Hannahs Kopf verschwand, gleich darauf kehrte Stille ein. Dann ertönte das Poltern ihrer Schritte über die obere Diele und die Treppe hinunter. »Ich habe tonnenweise Hausaufgaben. Ich sollte dir nicht beim Kochen helfen müssen.«
»Du warst den ganzen Tag in der Schule. Ich habe dich kaum zu Gesicht bekommen.« Als Hannah sie erreichte, strich Annie über die Locken, die ihrer Tochter über die Schultern fielen.
Hannah stieß einen Seufzer aus und drückte Annie mit einem Arm an sich. »Sorry.«
»Schon gut.« Sie gingen zusammen durch die Eingangsdiele zur Küche im hinteren Teil des Hauses. Annie hatte den Raum in einem warmen Grauton gestrichen. Töpfe mit roten und weißen Geranien, die die Nachmittagssonne einfingen, standen aufgereiht auf dem breiten Fenstersims.
»Ich hasse es, wenn du mich Geraldine nennst. Das ist ein Name für alte Damen.« Hannah schnappte sich den Kopfsalat und eine Handvoll Tomaten, die Annie auf dem Küchentresen bereitgelegt hatte.
»Wir haben es deiner Nana Geraldine zu verdanken, dass wir in diesem Haus leben können.«
Und kein Tag verging, an dem Annie ihre Großmutter nicht vermisste. Auch wenn niemand in der großherzigen Familie Quinn Annie verurteilt hatte, als sie nach ihrem ersten Collegejahr schwanger mit Hannah und ohne einen Ehemann oder Freund im Schlepptau nach Hause zurückgekehrt war, so war es die verwitwete Nana Gerry gewesen, die ihr vorgeschlagen hatte, bei ihr einzuziehen, unter dem Vorwand, sie brauche Gesellschaft. Und mit sanfter Liebe und viel Verständnis war es Nana Gerry gewesen, die Annie geholfen hatte, die Scherben ihres Lebens wieder zusammenzusetzen.
»Das hast du mir schon x-mal gesagt.« Hannah nahm ein Schälmesser aus der Schublade. »Es ist ja toll, dass Nana uns ihr Haus vermacht hat, aber hättest du mir trotzdem nicht einen anderen Namen geben können? Ich kann mich nicht mal an sie erinnern.«
Annie holte die Lasagne aus dem Kühlschrank, die sie an diesem Morgen zum Auftauen aus dem Gefrierfach genommen hatte. »Nach mir war Nana Gerry die Erste, die dich am Tag deiner Geburt gehalten hat.«
Und sie hatte diese alles verzehrende, bedingungslose Liebe zu ihrer kleinen Tochter geteilt, die Annie wie eine Flutwelle überrollt hatte. Eine Liebe, die die Vergangenheit hinweggespült, die Reue ausgelöscht und ihr geholfen hatte, mit Hoffnung in die Zukunft zu blicken.
»Was, wenn ich in der Musikszene von Nashville groß rauskomme und jemand herausfindet, dass mein zweiter Vorname Geraldine ist?« Hannah schnitt Tomaten in Stücke.
»Falls du in Nashville oder sonst irgendwo groß rauskommst, wird sich niemand darum scheren, wie dein zweiter Vorname lautet.« Annie schob die Lasagne in den vorgeheizten Ofen. »Aber zuerst musst du die Highschool und das College schaffen.«
»Du weißt genau, dass ich nicht aufs College gehen will.« Hannahs Ton war mürrisch, und ihr Mund war zu einer sturen Linie verkniffen. »In der Musik muss man jung anfangen.«
Annie wischte sich die Hände an einem bunten Geschirrtuch ab, um ihr Zittern zu unterdrücken. »Du bist ein kluges Mädchen, und ich will, dass du etwas hast, worauf du zurückgreifen kannst. Ein Collegeabschluss bietet dir Möglichkeiten. Du könntest auf dem College Musikerziehung studieren, dann könntest du neben deinem Singen und dem Schreiben von Songs unterrichten.« Sie wollte nicht, dass das Leben ihrer Tochter den gleichen Lauf nahm wie ihres. Annies Blick verschwamm, als Tränen hinter ihren Augen brannten. »Was, wenn es mit der Musik nicht klappt? Was wirst du dann tun?«
»Es wird klappen.« Hannah gab den Kopfsalat und die Tomaten in eine gläserne Schüssel. »Viele erfolgreiche Leute sind nicht aufs College gegangen oder haben es abgebrochen. Außerdem habe ich das Geld, das Nana Gerry mir hinterlassen hat, gespart, und alle sagen, dass ich Talent habe.«
»Das hast du ja auch, Schatz, aber manchmal .« Annie zögerte einen Moment. »Es gibt viele Teenager mit Talent. Um es in Nashville oder irgendeiner anderen Großstadt zu etwas zu bringen, braucht man aber auch Fleiß, Belastbarkeit und eine ganze Menge Glück.«
Vor allem musste man den richtigen Leuten vertrauen und durfte nicht Teile von sich weggeben, die man nie mehr zurückbekommen konnte.
»Das habe ich doch alles.« Hannah öffnete eine Schublade in der Eichenanrichte und entnahm ihr zwei rote Quilt-Platzdeckchen.
»Wenn ich mehr als nur einen Highschoolabschluss gehabt hätte, um darauf zurückzugreifen, dann hätte ich vielleicht nicht in der Bäckerei arbeiten müssen.« Annie hob eine Hand, um zu verhindern, dass Hannah ihr ins Wort fiel. »Quinn's ist ein gutes Unternehmen, klar, und ich mag meinen Job und die Tatsache, dass ich mit meiner Familie zusammenarbeite, aber ich will mehr für dich.«
»Ich könnte eine Zeit lang in Jakes Radiosender arbeiten. So wie letzten Sommer. Er hat gesagt, dass ich ein Naturtalent bin, erinnerst du dich?« Hannah ließ scheppernd Besteck auf den Tisch fallen. In dem Katzenkorb unter dem Fenster schlug Hazel, Annies ältere Tigerkatze, schläfrig ein Auge auf und stupste Olivia an, Hannahs weiß-graues Kätzchen.
Annie entfernte sich vom Herd und ging auf die Katzen zu. »Du bist ja auch talentiert, aber es ist nicht mehr Jakes Sender, Schatz. Wir wissen nicht, was der neue Eigentümer damit vorhat.« Nur dass sie Seth' Miene genau gesehen hatte, als er davon geredet hatte, einen Käufer in Aussicht zu haben. Er verstand nicht, dass das örtliche Radio das Lebensblut einer Stadt wie Irish Falls war, und ihm war nicht bewusst, wie viele Leute darauf angewiesen waren - weit mehr als nur diejenigen, die dort arbeiteten. Jake hatte nicht nur ein örtliches Unternehmen geführt - der Sender hatte auch geholfen, andere örtliche Unternehmen zu unterstützen.
Sie biss die Zähne zusammen, hob eine Spielzeugmaus aus Filz neben dem Katzenkorb vom Boden auf und warf sie, damit Olivia ihr nachjagte. »Es gibt andere Radiosender in größeren Städten, für die du arbeiten könntest. Aber wenn du schon nicht unterrichten willst, könntest du auf dem College Rundfunkwesen oder Musikproduktion studieren. Oder Musiktheater oder sogar Musiktherapie. Du hast anderen Leuten doch immer gern geholfen. Es gibt Colleges hier im Bundesstaat New York, die all diese Studiengänge anbieten. Und ich bin sicher, Nana Gerry hätte gewollt, dass du das Geld, das sie dir hinterlassen hat, für deine Ausbildung verwendest.«
»Nana Gerry hat in ihrem Testament nur gesagt, dass das Geld mir gehören würde, wenn ich achtzehn werde.« Hannahs Stimme war ernst. »Ich will nicht noch vier Jahre zur Schule gehen. Ich will in der Praxis lernen. Wenn ich singe oder Musik schreibe, habe ich das Gefühl, die zu sein, die ich immer schon sein sollte.« Die untergehende Sonne, die durchs Küchenfenster hereinströmte, verlieh Hannah einen flammenden Heiligenschein, während sie Papierservietten aus dem Halter nahm. »Ich erwarte nicht, dass du das verstehst.«
Annie lehnte sich gegen die Kücheninsel. Die Wanduhr, die seit mehreren Generationen im Besitz ihrer Familie war, tickte in einem gleichmäßigen Rhythmus zu ihren Gedanken. »Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich verstehe das durchaus. Ich habe früher selbst davon geträumt, es als Sängerin zu etwas zu bringen.« Nur dass dein Traum manchmal, egal, wie sehr du es dir wünschst, einfach nicht wahr wird. Es gab Leute, die einem den Traum nahmen und ihn sich zu eigen machten. Dieselben Leute, die einen benutzten und dann wegwarfen wie altbackenes Brot.
»Aber .«
»Ich sage ja nicht, dass du deinen Traum nicht verfolgen sollst, aber du musst auch praktisch denken. Verlier dich nicht so sehr darin, dass du darüber den Rest deines Lebens vergisst.« Annie zwang sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen und quer durch die Küche auf ihre Tochter zuzugehen. »Ich liebe dich mehr, als du je wissen kannst, jedenfalls nicht, bevor du selbst eine Mom bist. Es ist mein Job, mich um dich zu sorgen und dir dabei zu helfen, gute Entscheidungen zu treffen.«
Hannahs Miene wurde sanfter, und die dunklen Augen mit den dunklen Wimpern, eines der wenigen physischen Vermächtnisse ihres Vaters, wurden flehend. »Ich muss es in der Musik schaffen. Ich muss einfach.«
»Ich weiß, aber du bist erst sechzehn. Warum besorgst du dir nicht wenigstens ein paar Informationen über Colleges? Du könntest mit der Berufsberaterin in der Schule darüber reden. Sie hat bestimmt gute Ideen. Wenn es irgendeinen Campus gibt, den du gern besichtigen würdest, könnten wir zusammen hinfahren.« Annie strich Hannahs seidige Locken glatt. Eine Außenstehende könnte vielleicht leichter zu ihrer eigenwilligen Tochter durchdringen und ihr helfen zu erkennen, dass sie mehr als nur einen Weg wählen konnte.
»Ich werde im August siebzehn, aber ich nehme an, es schadet nichts, sich Informationen zu besorgen, auch wenn ich meine Meinung nicht ändern werde.«
»Ich erwarte von dir ja nicht, dass du deine Meinung änderst.« Annie hätte das in...
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