Schweitzer Fachinformationen
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"Du könntest mich verhöhnen, Sybil Delling. Mich niederwerfen, bis ich Staub bin. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, aber ich will es. Ich will dich."
Schon seit neun Jahren dient Sybil Delling zusammen mit ihren Schwestern in der Kathedrale von Aisling als Weissagerin. Doch als eines Tages der geheimnisvolle Ritter Rodrick Myndacious nach Aisling kommt, ändert sich ihr Leben schlagartig. Obwohl der attraktive Rory ihr bei jeder Begegnung zeigt, dass er nicht an Sybils Visionen glaubt, sagt sie auch sein Schicksal vorher – und sieht dort ein mysteriöses Omen, das sie nicht zu deuten weiß. Sybils düstere Vorahnung scheint sich zu bewahrheiten, als ihre Schwestern nach und nach verschwinden. In ihrer Verzweiflung kann sie sich nur an Rory wenden, denn Sybil spürt, dass sie allein mithilfe dieses unverschämten Ketzers die Götter herausfordern kann, die ihr eigenes Schicksal so lange bestimmt haben.
Der Auftakt der neuen düster-romantischen Dilogie von TIKTOK-Star Rachel Gillig
"Macht euch bereit für eure nächste Obsession! THE KNIGHT AND THE MOTH ist eines der besten Bücher, das ich in diesem Jahr gelesen habe." REBECCA ROSS
SECHS MAIDEN AUF EINER MAUER
Der merkwürdige Gargoyle, der zumeist in gebrochenen Gleichnissen sprach, schlurfte in die schummrige Ecke des Wandelgangs. Dort hing in einem Spinnennetz, gewebt zwischen eisernen Kerzenhaltern, eine Fliege fest.
»Ständig dieses Gesumme.« Der Gargoyle drohte der Fliege mit einem Kalksteinfinger. Seine raue Stimme hallte durch die Kathedrale. »Geschieht dir recht. Schließlich hab ich dir einmal, tausendmal gesagt, pass auf, wo du hinfliegst. Jetzt .« Er beugte sich vor und beäugte das Netz. »Halt still. Ich werde dich aus dieser Schlinge befreien.«
Er befreite die Fliege nicht. Er fuhr fort, das arme Insekt über die Gefahren des Fliegens zu belehren. Wäre die Fliege vernunftbegabt gewesen, hätte sie womöglich geschlussfolgert, dass es besser war, in den Fängen einer Spinne zu sterben, als der Aufmerksamkeit dieses speziellen Gargoyles ausgesetzt zu sein. Aber die Fliege konnte nicht sprechen und äußerte daher keine Beschwerde. Sie summte nur immer weiter, und der Gargoyle redete weiter .
Und darum gelang es mir, von der Kirchenbank, die ich gerade abstaubte, wegzuhuschen, um zu sehen, wie der König den Hügel heraufritt.
Ins Kirchenschiff rannte ich, bloße Füße trommelten auf steinernen Boden, und dann trat ich aus der Kathedrale. Sofort behelligte mich der Sonnenuntergang: Sein Licht drang durch den hauchdünnen Schleier, den ich über den Augen trug.
Der kiesbedeckte Hof war leer, die Besuchszeit vorüber. Die einzigen anwesenden Gestalten waren fünf Kalksteinstatuen. Fünf gesichtslose, mit Kapuzen bedeckte Gestalten. Sie ragten beinahe zehn Handspann hoch auf, die uralten Arme einladend ausgebreitet. Alle fünf glichen einander vollkommen, mit Ausnahme der linken Hand: Jede von ihnen hielt einen anderen steinernen Gegenstand. Eine Statue hielt eine Münze, eine andere ein Tintenfass. Eine hielt ein Ruder, eine weitere ein Windspiel und die letzte ein Webgewicht.
Auf Zehenspitzen schlängelte ich mich zwischen den Statuen hindurch, von der tiefen Furcht erfasst, dass ich sie verärgern würde, wenn ich mich zu laut bewegte. Aber sie waren nur aus Stein und zeigten weder Zorn noch Liebe. Dennoch beobachteten sie mich aus der Dunkelheit ihrer Kapuzen hervor, raubtierhaft in ihrer Reglosigkeit. Ich spürte sie, so wie ich den Blick der Aisling-Kathedrale mit ihren Augen aus Buntglas spürte: stumm und uralt und missbilligend in meinem Rücken.
Ich eilte weiter.
Der Innenhof wich einer Wiese, und ein Hain knorriger Obstbäume trat an die Stelle des Steins. Es war Spätsommer, und blutrote Äpfel hingen dicht an dicht. Ich fasste mit einer Hand nach oben und riss einen von seinem Ast, ohne meine Schritte zu verlangsamen. Als ich den Obstgarten durchquert hatte, ragte vor mir eine lange Steinmauer empor. Auf ihr .
. warteten fünf Maiden.
Sie waren in den gleichen fahlen Stoff gehüllt wie ich, ihre Augen mit den gleichen hauchzarten Schleiern bedeckt. Gebadet im Licht der sinkenden Sonne hockten sie auf altem Stein, ihre Kleider flatterten im Wind. Sie sahen aus wie fünf Fahnen der Kapitulation dort oben auf der Mauer.
Als spürten sie ihre fehlende Kameradin, wandten die Frauen sich um, als ich näher kam. Die größte, die mir von der Kathedralentür aus zugewinkt und gezischt hatte Es ist der verflixte König!, hielt die hohlen Hände vor den Mund und schrie: »Beeilung!«
Ich grub meine Zähne in den Apfel und presste schwielige Finger auf alte Steine. Zwölf Handspann hoch und voller Flechten, war die Mauer schwer zu erklimmen. Aber beinahe zehn Jahre hätten aus jeder eine Meisterin gemacht - das Mauerwerk war mir ein vertrauter Gegner.
Ich hievte mich in die Höhe. Die Frauen machten mir Platz, und ich schwang ein Bein über die Mauer, sodass ich rittlings auf ihr saß. »Ihr seid sicher, dass er es ist?«
Zwei - ich kannte ihren Namen nicht, nur ihre Nummer -, groß und ernst, wies mit einem Finger auf den Ausblick. »Ich habe purpurne Banner jenseits des Felsvorsprungs gesehen. Schwör ich bei meiner Mutter.«
»Hätte ein bisschen mehr Gewicht, wenn du eine Mutter hättest«, murmelte Drei.
»Wart noch einen Moment«, sagte Zwei, der Rücken starr wie ein Stock. »Ihr werdet sehen, dass ich recht habe.«
Neben mir strich sich Fünf orangefarbenes Haar aus dem Gesicht. »Teilst du?«, fragte sie und nickte in Richtung meines Apfels.
Ich bot ihn dar. »Er ist nicht sehr süß.«
»Igitt.« Sie verzog das Gesicht und warf den Apfel über die Mauer. Mit einem dumpfen Aufprall landete er am Straßenrand - ein roter Nadelstich im Grün. »Wie kannst du so was essen?«
»Ich schätze, das werden wir nie erfahren.«
Auf meiner anderen Seite zwirbelte Vier eine Handvoll wilder schwarzer Locken zwischen den Fingern. Sie stützte einen Arm auf meine Schulter, und unsere Blicke trafen sich. Oder zumindest nahm ich an, dass sie es taten. Durch die Schleier, die ihre Gesichter von der Stirn bis zum Nasenrücken verdeckten, ließ sich unmöglich sicher sagen, wo irgendeine der Frauen wirklich hinschaute. Ich kannte ihre Namen nicht, und ich kannte die Farbe ihrer Augen nicht.
Ich kannte die Farbe meiner Augen nicht.
»Das gibt's doch gar nicht.« Ein Lächeln kroch über Viers Lippen. »Da kommt er.«
Wir wandten die Köpfe. Da, von Osten her, lugten über die grünen Anhöhen .
Purpurne Banner.
Ich blinzelte. Durch meinen Schleier zu sehen war, als starrte ich durch die Dampfwolke eines Teekessels. Aber der Felshügel, auf dem die Kathedrale stand, war so hoch und die Landschaft von Traum so weit und die Luft so klar, dass es nicht weiter schwerfiel, die Einzelheiten von König Castors Prozession auszumachen, sobald die Hügel sie in unser Sichtfeld spien.
Es waren fast zwei Dutzend - Bannerträger und Knappen und Ritter. Was für einen Anblick sie boten. Tageslicht tanzte auf ihren Rüstungen, und der Wind trug ihren Lärm über den Felshügel, verzerrte ihre Worte in einer falschen Übersetzung. Selbst aus der Entfernung konnte ich sehen, welcher von ihnen König Benedict Castor war. Seine Rüstung war nicht aus dem gleichen silbrigen Stahl wie die seiner Ritter, sondern vergoldet, als sei er die Sonne und sie ein minderer Sternenhaufen.
Es war das erste Mal, dass ich den Knabenkönig sah.
Die Prozession verschwand hinter einer Hügelkuppe. In zehn Minuten würde sie direkt unter der Mauer vorbeiziehen, auf der wir saßen wie wartende Spatzen.
Eins tippte sich ans Kinn. »Das sind viele Ritter nur für eine Weissagung.«
Vier grinste. »Unser Glück.«
»Ich hörte, dieser König sei ein Kind«, sagte Drei in ihrem üblichen monotonen Tonfall, als lese sie die Worte ab, anstatt sie zu sprechen. »Dass er sich vor seinem eigenen Schatten fürchtet. Vielleicht wünscht er Schutz, wenn er die schaurige alte Aisling besucht.«
»Schwerter und Rüstungen bedeuten hier nichts«, flüsterte ich dem Wind zu.
Die anderen nickten.
»Apropos .« Eins fasste in die formlosen Falten ihres Kleids und zog sechs Strohhalme hervor. »Versammelt euch, Kratzbürsten.«
Wir seufzten und rutschten auf der Mauer herum. Als wir fertig waren, stand Zwei direkt vor Eins und ihrer Handvoll Stroh. Das Spiel war simpel: nicht den kurzen Strohhalm ziehen.
Zwei untersuchte die Halme und zog einen langen aus der Mitte des Bündels. Eins zog einen vom Rand - noch ein langer Halm. Sie zogen weiter, bis nur noch ein Paar Strohhalme übrig war. Nach einem kurzen Innehalten zog Eins. Sie riss den gewählten Halm zwischen ihren Fingern hervor .
Und grinste. »Du kriegst den kurzen, Zwei.«
Zwei hielt das Kinn hoch erhoben, als sie unsere Reihe entlangblickte. »Komm her, Drei.«
Die nächsten Runden folgten. Zwei besiegte Drei und stellte sich selbstgefällig neben Eins, während wir übrigen auf unseren Nägeln kauten und warteten, bis wir an der Reihe waren. Drei besiegte Vier, und Fünf tat das ebenfalls.
Als Vier schließlich mir, ihrer letzten Gegnerin, gegenüberstand, war sie starr wie ein Zinnsoldat.
In einem schlurfenden Tanz, den nur wir allein kannten, wechselten wir entlang der Mauer unsere Positionen, während die Geräusche der königlichen Prozession lauter wurden. Vier hielt die Strohhalme in festem Griff und nickte mir zu. »Du zuerst.«
Ich musterte die ausgefransten gelben Ränder und wählte einen langen Halm.
Vier ebenfalls. In einiger Entfernung wieherten Pferde, und Ritter lachten. Ich wählte wieder, noch ein langer Halm. Und für Vier ebenfalls.
»Die letzten Halme.« Drei pfiff leise. »Hast du Angst, dass dir zu übel sein wird für Tändeleien, Vier?«
»Sei still.« Vier reckte das Kinn in meine Richtung. »Mach weiter.«
Ich wusste, woran sie dachte. Es war, woran wir alle dachten. Weshalb wir das gleiche Spiel schon hundertfach gespielt hatten.
Ich will nicht diejenige sein, die träumt.
Wind zauste mein kurzgeschnittenes silberblondes Haar, aber ich löste den Blick nicht von den Strohhalmen. Von den ungleichen Mustern ihrer ausgefransten gelben Spitzen. »Der da.«
Die Frauen beugten sich alle vor, und die Halme wurden aufgedeckt.
Zwei lachte auf....
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