Schweitzer Fachinformationen
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Der Valentinstag nervte. Und zwar ziemlich.
Kate Hamilton hob einen Becher mit heißem Rumpunsch an die Lippen und trank ihn aus. Auf der Liste der nervigsten Dinge der Welt rangierte dieser Tag irgendwo zwischen einem Sturz auf offener Straße und der hausgemachten Mortadellapastete ihrer Tante Edna. Ersteres war schmerzhaft und äußerst peinlich, Letzteres eine Scheußlichkeit vor dem Herrn.
Kate ließ den Becher sinken und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Der heiße Rum wärmte sie von innen heraus, brachte ihre Haut zum Glühen und tauchte den Raum in weiches, warmes Licht. Leider hatte er keinerlei Auswirkungen auf ihre Laune.
Sie suhlte sich im Selbstmitleid - etwas, das sie aus tiefster Seele verabscheute. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die sich gehenließen und in einem Tränenmeer versanken. Stattdessen war sie jemand, der sein Leben selbst in die Hand nahm. Aber für eine allein stehende Frau gab es keinen geeigneteren Tag, um sich wie eine Verliererin zu fühlen, als den, der in aller Welt den Liebenden gewidmet war.
Ein Tag, an dem jeder mit Herzen und Blumen, Pralinen und sexy Dessous beschenkt wurde. Menschen, die es nicht verdient hatten. Alle Menschen, nur sie nicht. Vierundzwanzig Stunden, die ihr unter die Nase rieben, dass sie nachts allein in einem ausgeleierten T-Shirt im Bett lag. Ein ganzer Tag, um deutlich zu zeigen, dass sie nur noch eine lausige Beziehung davon trennte, endgültig das Handtuch zu werfen, ihre Fendi-Pumps gegen bequeme Hushpuppies einzutauschen und ins Tierheim zu fahren, um sich eine Katze zu holen.
Kate saß auf ihrem Hocker in der Duchin Lounge der Sun Valley Lodge und sah sich im Raum um. Girlanden mit Glitzerherzen waren um die Messinggeländer der Bar geschlungen, die Tische mit Rosen und flackernden Kerzen dekoriert. Rosa und rote Herzen waren hinter dem Tresen und auf den großen Fenstern angebracht, durch die man die schneebedeckten Hänge mit den gespurten Pisten sah, wo sich etliche abendliche Skifahrer tummelten. Flutlicht erhellte die Pisten und tauchte sie in weißlich goldenes Licht und dunkle Schatten.
Die Gäste in der Duchin Lounge trugen die neueste Skimode - Pullis von Ralph Lauren und Armani, Fleecewesten von Patagonia und klobige UGG-Boots. Kate kam sich in ihrer Jeans und dem dunkelgrünen Pulli, der zwar perfekt passte und die Farbe ihrer Augen unterstrich, aber von keinem Edeldesigner stammte, ein klein wenig schäbig vor. Sie hatte ihn im Einkaufszentrum bei Costco erstanden, gemeinsam mit einer Kombipackung Unterhosen, einer Riesenflasche Shampoo und etwa zwei Kilo Margarine.
Sie drehte sich auf ihrem Hocker um und ließ den Blick zu dem Panoramafenster hinter der Bar schweifen. Wann hatte sie eigentlich angefangen, ihre Wäsche in Großpackungen im Supermarkt statt bei Victoria's Secret zu kaufen? Und was hatte sie dazu getrieben, zwei Kilo Margarine in ihren Einkaufswagen zu legen?
Vor dem Fenster schwebten fedrige Schneeflocken zu Boden. Im Lauf des Nachmittags, kurz nachdem Kate über die Grenze zwischen Nevada und Idaho gefahren war, hatte es angefangen zu schneien und seitdem nicht mehr aufgehört - mit dem Ergebnis, dass sie für die Fahrt von Las Vegas nach Sun Valley fast neun Stunden statt der üblichen sieben gebraucht hatte.
Normalweise wäre sie ohne Pause durchgefahren, aber bei diesem Schneefall war das unmöglich gewesen. Nicht bei dieser Dunkelheit und in einem Gebiet wie der Sawtooth Wilderness, wo man Gefahr lief, nur weil man an einer Kreuzung versehentlich falsch abbog, in einem Kaff zu landen, in dem die Männer noch echte Bilderbuchmachos waren. Sie hatte vor, am nächsten Morgen die letzte Stunde hinter sich zu bringen, die sie noch von Gospel, Idaho, trennte, der Kleinstadt, in der ihr Großvater lebte.
Kate wandte ihre Aufmerksamkeit dem Barkeeper zu und bestellte ihren dritten Punsch. Der Barmann musste Ende zwanzig sein, mit dunklem, lockigem Haar und einem verschmitzten Funkeln in den Augen. Er trug ein weißes Hemd und schwarze Hosen, war jung, attraktiv und trug einen Ehering am Finger.
»Darf ich Ihnen sonst noch was bringen, Kate?«, fragte er mit einem jungenhaften Grinsen. Er hatte sich ihren Namen gemerkt - also verstand er seinen Job. Doch statt diese Qualität zu würdigen, war ihr erster Gedanke, dass er höchstwahrscheinlich eine Menge heimlicher Affären hatte. Das hatten Männer wie er grundsätzlich.
»Nein, danke«, erwiderte sie und schob ihre zynischen Gedanken in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses. Es gefiel ihr nicht, dass sie so negativ geworden war; sie verabscheute all die kleinen Pessimisten, die sich in ihrem Kopf eingenistet hatten. Sie wollte die alte Kate zurückhaben, jene Kate, die nicht so zynisch war.
Überall an den Tischen und in den Nischen saßen Paare, die bei einer Flasche Wein lachten, plauderten und sich küssten. Kates Valentinstagdepression verstärkte sich noch ein wenig.
Genau vor einem Jahr hatte Kate auch mit ihrem Freund Manny Ferranti im Le Cirque in Las Vegas zu Abend gegessen. Damals war sie dreiunddreißig, Manny neununddreißig gewesen. Beim Krabbencocktail hatte sie ihm erzählt, sie habe eine Suite im Bellagio reserviert. Beim Kalbsbraten hatte sie ihm ihr Höschen ohne Schritt und den dazu passenden BH beschrieben, den sie unter ihrem Kleid trug. Beim Dessert war sie auf das Thema Heirat gekommen. Sie waren zu dieser Zeit zwei Jahre zusammen gewesen - lange genug in ihren Augen, um über eine gemeinsame Zukunft zu sprechen. Doch stattdessen hatte Manny sie am nächsten Morgen in die Wüste geschickt. Nachdem er ausgiebig von der Suite und besagtem Höschen Gebrauch gemacht hatte.
Kate war beinahe ein wenig überrascht gewesen, wie gut sie mit der Trennung zurechtgekommen war. Na ja, vielleicht nicht direkt gut. Sie war ziemlich sauer gewesen, aber nicht völlig am Boden zerstört. Sie hatte Manny geliebt, andererseits war sie eine pragmatische Frau. Manny hatte eindeutig unter einer Beziehungsphobie gelitten, und sie hatte keine Ahnung, warum ihr das nicht schon früher aufgefallen war. Neununddreißig Jahre alt und noch nie verheiratet gewesen? Der Mann musste ein echtes Problem haben, und sie hatte nicht die geringste Lust, ihre Zeit mit jemandem zu verschwenden, der sich nicht binden wollte. Das kannte sie bereits zur Genüge von früheren Partnern, die jahrelang mit ihr zusammen gewesen waren, sich aber nie auf eine feste Beziehung einlassen wollten. Also, Schluss damit.
Zumindest war das bis vor ein paar Monaten ihre Devise gewesen, als sie Mannys Hochzeitsanzeige in der Zeitung entdeckt hatte. Sie hatte im Büro gesessen und das Las Vegas Review-Journal auf der Suche nach den öffentlichen Bekanntmachungen durchgeblättert, um nachzusehen, ob irgendwelche der vermissten Menschen, die sie suchte, inzwischen tot aufgefunden worden waren - und da hatte sie gestanden, eine hübsche kleine Anzeige mit Foto, das einen glücklichen und verliebt wirkenden Manny mit einer Brünetten zeigte.
Manny hatte also innerhalb von nicht einmal acht Monaten nach der Trennung von ihr eine andere Frau gefunden und sie geheiratet. Er hatte kein Problem gehabt, sich zu binden. Absolut nicht. Er hatte nur ein Problem damit gehabt, sich an Kate zu binden. Was schmerzhafter war, als sie vermutet hätte. Schmerzhafter als die Trennung selbst. Schmerzhafter, als nach einer heißen Liebesnacht einfach abserviert zu werden. Diese Erkenntnis tat ihr im Herzen weh; sie schnürte ihr die Kehle zusammen und bestätigte etwas, was sie nicht länger ignorieren konnte.
Mit ihr stimmte etwas nicht.
Etwas, das nichts mit ihrer Größe von gut einem Meter siebenundsiebzig, ihrer Schuhgröße einundvierzig und ihrem flammend roten Haar zu tun hatte. Sie war Privatdetektivin und verdiente ihren Lebensunterhalt, indem sie auf der Suche nach Motiven und versteckten Absichten im Leben anderer Menschen herumstocherte. Sie nahm ihre Biografien, ihre privaten und gesellschaftlichen Gewohnheiten unter die Lupe, nahm sich aber nie genug Zeit, um dasselbe mit ihrem eigenen Leben zu tun.
Der Anblick von Mannys Hochzeitsanzeige in der Zeitung hatte den Ausschlag gegeben. Das hatte sie gezwungen, ihr eigenes Leben genauer zu betrachten, etwas, was sie bis dahin tunlichst vermieden hatte. Und dabei war sie zu der Erkenntnis gelangt, dass sie sich grundsätzlich zu unerreichbaren Männern hingezogen fühlte. Zu Männern, die ihre Augen nicht von anderen Frauen lassen konnten, zu Männern mit heimlichen Freundinnen oder massiven Bindungsängsten.
Vielleicht hatte sie immer geglaubt, sie verdiene es nicht besser oder brauche eben die Herausforderung. Sie konnte nicht genau sagen, warum sie stets an Männer geriet, die für keine Frau erreichbar waren, aber eines stand fest: Sie war all die unbefriedigenden Beziehungen und den Liebeskummer endgültig leid.
Am Tag, nachdem sie auf Mannys Anzeige gestoßen war, hatte sie unverbindlichen Beziehungen endgültig den Rücken gekehrt. Sie hatte sich geschworen, sich nur noch mit Männern einzulassen, die noch zu haben waren und sich nicht mit unüberwindlichen Problemen herumschlugen. Sie hatte sich in ihre Arbeit gestürzt, ihren Job, den sie liebte und in dem sie verdammt gut war.
Damals hatte sie noch für Intel Inc. gearbeitet, eine der renommiertesten Detekteien in Vegas. Sie war mit Leib und Seele Privatdetektivin gewesen und hatte alles an diesem Job geliebt - vom Ausspionieren irgendwelcher Mistkerle, die versuchten, eine Versicherung oder ein Casino zu betrügen, bis zur Zusammenführung von Liebespaaren oder Familienangehörigen, die sich vor langer Zeit aus den...
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