Schweitzer Fachinformationen
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Prolog
Simply Irresistible (Robert Palmer)
»Ooooh, das war übel.« John Kowalsky pfiff durch die Zähne und zuckte zusammen. Man hörte einen Pfiff aus der Soundbar, die an der gegenüberliegenden Wand des Schlafzimmers unter einem 55-Zoll-Fernseher hing. »Georgie, Schatz, hast du die Fernbedienung gesehen?«
Ohne den Blick von der Zeitschrift auf ihrem Schoß abzuwenden, streckte Georgeanne Kowalsky die Hand zum Nachttisch aus. Ihre Finger glitten über das glatte Eichenholz, eine Kleenex-Schachtel, ein Handy, einen Krug mit Eiswürfeln und fanden schließlich die Fernbedienung. »Hier«, sagte sie und reichte sie dem Mann, der neben ihr im Bett lag.
»Danke.« Ein weiterer Pfiff, gefolgt vom Klatschen der Hockeyschläger und dem schmatzenden Geräusch aufeinanderprallender Körper, erfüllte das Schlafzimmer in ihrem Haus an der Südspitze von Mercer Island.
»Dieser Kelly skatet, als hätte er 'nen Stock verschluckt.«
Georgeanne überflog ein Keksrezept, das in der Southern Living abgedruckt war, während ihr Mann sein allabendliches Ritual genoss, Hockeyspieler zu beschimpfen und sich durch die Sender zu zappen.
Dies war Georgeanne die liebste Stunde des Tages: wenn sie keinen Alltagspflichten mehr nachkommen musste, wenn John neben ihr lag und nicht unterwegs war, wenn sie durchatmen konnte, weil sie wusste, dass ihr Mann und ihre drei Kinder in Sicherheit und genau da waren, wo sie sein sollten. Dann konnte sie sich entspannen, sich von der wohligen Wärme des Abends einlullen lassen, sich an ihren Schatz, besten Freund und Geliebten kuscheln.
»Ach du Scheiße! Nun mach hinne und überhol diesen Hurensohn schon. Was ist nur los mit diesen jungen Burschen?« Er deutete mit der Fernbedienung auf das TV-Gerät und gab sich die Antwort selbst. »Denen ist ihre Haarpracht wichtiger als die Punkte, die sie ergattern können.«
Georgeanne kicherte. John lebte jetzt seit dreißig von seinen sechsundfünfzig Jahren in den Vereinigten Staaten. Er sprach und ging wie ein Einheimischer und neckte sie oft wegen ihres texanischen Akzents, der ihr wie Frischhaltefolie anhaftete. Aber wenn er sauer wurde, klang John noch immer wie ein waschechter Kanadier mit seinen »ous« und »übas«. Gelegentlich warf er sogar ein paar »ehs« ein.
»Die sind dermaßen weichgespült, dass sie keine Eier mehr in der Hose haben und schießen wie Mädchen.«
Georgeanne sah von ihrer Zeitschrift auf. John hatte die Arme vor der nackten Brust verschränkt. Diese Leier hörte sie jetzt schon seit Jahren. Zum ersten Mal im Jahr 1996, als er sich über Jaromír Jágr und dessen »Mädchenlocken« ausgelassen hatte, die unter seinem Helm dahinwehten.
»Gott, was für eine Schwuchtel.«
Sie sah zum Bildschirm hinüber, just als ein New York Ranger die fragliche Schwuchtel gegen die Bande schleuderte. Seine schwarzen Strähnen, die von der Anstrengung schweißnass waren, sahen wie große, lockige Kommata unter seinem Helm hervor. »Habt ihr Pittsburgh nicht zwölf Millionen Dollar für Knox geboten?«
»Ich nicht. Ich bin nicht dafür verantwortlich.« John deutete mit der Fernbedienung auf seine Brust. »Ich hasse den Typen.«
Bevor Georgeanne John »The Wall« Kowalsky gekannt hatte, hatte sie nur wenig über Eishockey gewusst. Aber im Verlauf der letzten einundzwanzig Jahre hatte sie ein, zwei Dinge darüber gelernt. Sie wusste, was ein Sniper und ein Snapshot waren - trotz des ähnlichen Klangs nämlich zwei vollkommen verschiedene Dinge. Sie hatte den Unterschied zwischen einem Restricted Agent und einem Unrestricted Free Agent gelernt, und sie wusste, dass zu Beginn einer jeden Spielsaison die wildesten Gerüchte über Spielerverkäufe und Teamwechsel kursierten. Es war November, und der war dieses Jahr ihrer Ansicht nach nicht anders als sonst. »Ist Pittsburgh darauf eingegangen?«
»Noch nicht, aber das werden sie.« John legte die Hand auf seinen rechten Oberschenkel. »Er hat die letzte Saison mit neunundachtzig Punkten abgeschlossen.«
Sie wusste, dass ihr Mann das Eis und das Spiel, das er liebte, vermisste. Sie befeuchtete ihren Daumen mit der Zunge und blätterte eine Seite in ihrer Zeitschrift um. Er vermisste das Rumalbern mit dem Bully, während er auf den Einwurf des Pucks wartete.
Sie waren berechenbar geworden, sie und John. Ein altes, verheiratetes Paar in den Fünfzigern mit drei Kindern, von denen zwei bereits aus dem Haus waren. Ihre älteste Tochter, Lexie, war auf Shoppingtour in Stockholm, wo sie einige der besten Showrooms der gesamten Modebranche besuchte. Es war verrückt, aber ihre Boutique für Hundemode florierte. Ihre zweite Tochter war mittlerweile im letzten Jahr auf der Villanova University und studierte Politikwissenschaften. Ihr Sohn Jon Jon schlief am anderen Ende des Flures in seinem Bett.
Berechenbar. Der Trost und die Leichtigkeit eines solchen Lebens hatten viel für sich. Die wohlige Wärme, die einen durchflutete, weil man einen Mann so sehr und schon so lange Zeit liebte, dass man sich gar nicht mehr daran erinnern konnte, wie es vor ihm gewesen war. Einen Mann, den man durch und durch kannte und der einen ebenfalls über alles liebte. Einen Mann, der ihr Fels in der Brandung war - und sie war sein sicherer Hafen.
»Hast du das gesehen?«
»Nein«, antwortete sie, ohne von der Abbildung eines perfekt in Szene gesetzten Picknicks aufzublicken. Das Lifestyle-Programm, das Georgeanne 1996 in einer kleinen Seilbahnstation in Seattle ins Leben gerufen hatte, hatte mittlerweile einige Kapitalgeber und war landesweit bekannt. Sie war vielleicht keine Martha Stewart, aber Life With Georgeanne hatte einen respektablen .
»Der kann noch nicht mal einen Scheiß-Schlag einstecken«, rief John, nur um sich gleich darauf zu entschuldigen. »Sorry«, sagte er. Doch sie bezweifelte, dass ihm seine Wortwahl tatsächlich leidtat. Er deutete mit der Fernbedienung auf den Fernseher. »Unerträglich, wie weibisch der Kerl ist. Das kann ich mir nicht länger ansehen.«
Ein Lächeln umspielte Georgeannes Lippen, während sie erneut umblätterte. John wurde von den verschiedensten Leuten ganz unterschiedlich wahrgenommen. Für Hockeyfans war er John »The Wall« Kowalsky, Stanley Cup Champion und einer der großartigsten NHL-Spieler aller Zeiten. Für die Menschen aus Seattle war er der Head Coach der Chinooks. Für seine Freunde war er der Typ, den man auf seiner Seite haben wollte. Für seine Kinder war er der beste Dad der Welt, und für sie war er John. Beschützend und loyal denen gegenüber, die er liebte. Abweisend und grob zu denen, die er nicht liebte. Er konnte einen manchmal zur Verzweiflung bringen, war bei anderen Gelegenheiten aber wiederum die Ruhe selbst, aber immer war er berechenbar. Vielleicht auch nur für sie, weil sie ihn kannte. Sie kannte sein Herz, seine Seele und sein Abendritual. Er schaute so lange Hockey, bis er die Spieler als Schwuchteln oder Schlimmeres beschimpfen konnte. Dann zappte er weiter, bis er irgendeine Wissenschaftssendung gefunden hatte. »Irgendwas für die Birne«, wie PBS oder National Geographic oder - wie heute Abend - Nova.
»Die Astronomen der Zukunft werden nicht mehr behaupten können, dass unser Universum durch den Big Bang entstanden ist .« Die Fernbedienung blieb lange genug unberührt, dass man ein paar Brocken Wissen aufschnappen konnte. ». die Dunkle Energie selbst wird die Dunkle Energie zerstören .« Als er genug vom Bildungsfernsehen hatte, zappte er weiter, bis er seinem heimlichen Laster frönen konnte: dem Reality-TV. Dabei konnte er nach Herzenslust ablästern.
»Bei dieser ersten Folge unserer Serie Im Hafen der Ehe haben wir zwanzig wunderschöne junge Frauen aus dem ganzen Land hier in unserem Hafen-Haus versammelt, in dem es zur Ehestiftung kommen soll. Alle aufgebrezelt und alle megagespannt auf den heutigen Bachelor . Pete Dalton!«
»Wo kriegen die nur immer ihre Leute her?« Er lehnte sich gegen die Kissen und ließ die Fernbedienung aufs Bett neben sich fallen, während die Heiratskandidatinnen begannen, sich vorzustellen.
»Ich bin Mandy Crumb aus Wooster, Ohio. Ich liebe Chili-Kochwettbewerbe und die Cleveland Indians!«
»Schau dir diese Mandy an. Sieht aus wie ein nuttiges Landei«, höhnte John.
»Ich bin Cindy Lee Melton aus Clearwater, Florida.«
»Diese Shorts müssen doch gehörig kneifen, Cindy Lee.«
»Ich liebe heiße Sommerabende und Jazz.«
Georgeanne warf einen Blick auf den Bildschirm. Eine Frau in winzigen, abgeschnittenen Shorts und einem roten Gingham-Shirt, dessen Enden zwischen ihren Brüsten zusammengeknotet waren, kletterte gerade von einem großen Traktor hinunter. Wie gut, dass die Frau kleine Brüste hatte, sonst wären sie aus dem knappen Hemd glatt rausgefallen. Georgeanne hätte so ein Shirt nie tragen können. Jedenfalls nicht mehr, seit sie zwölf war.
»Ich bin Davina Gerardo aus Scottsdale, Arizona.«
»Ich wette, dein Daddy ist mächtig stolz auf dich, Davina Gerardo aus Arizona.« John schüttelte in genüsslichem Ekel den Kopf.
»Ich liebe Golf und den Geruch von frisch gemähtem Gras im We-Ko-Pa-Golfclub.«
Georgeanne richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Keksrezept und antwortete auf Johns erste Frage. »Ich glaube, diese Mädels holen sie sich aus Stripclubs.«
»Ich bin Jenny Douglas aus Salem, Oregon. Ich liebe Regenpfützen und Karaoke.«
»Stripperinnen sind nicht so verzweifelt.« Er schlug auf das Kissen in seinem Rücken und machte es sich wieder bequem. »Nicht dass ich wüsste, jedenfalls.«
»Natürlich.«
»Kaum zu glauben, dass...
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