Schweitzer Fachinformationen
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3Erste Berufserfahrung (Faktor für einen potentiellen Berufsausstieg)
3.1Anfangszeit (Handlungsfeld)
Nach Abschluss der dreijährigen pflegerischen Berufsausbildung sind Gesundheits- und Krankenpflegepersonen "überglücklich", freuen sich auf die Arbeit in der Pflegepraxis und können es kaum erwarten, ins Berufsleben zu starten. Die Anfangszeit im Pflegeberuf stellt für sie eine Herausforderung dar und ist an Sinneseindrücken "überwältigend". Sie wird als schwierig empfunden, und es wird als Belastung erlebt, in den Pflegeberuf hineinzufinden.
"Die Eingewöhnungsphase mit der Situation - man ist nicht mehr in dieser Schülerrolle, sondern plötzlich in der Rolle der KranKenpflegeperson. Man ist verantwortlich für das, was man tut. Diese Zurechtfindungsphase, bis man das Kann, das ist sehr hart."2
Die Gesundheits- und Krankenpfleger*innen sind in der Praxis mit komplexen Abläufen und unterschiedlichen Arbeitsschritten konfrontiert, die nicht auf Anhieb durchschaut werden, sondern in die man erst mit der Zeit hineinwächst. Der Einstieg in den Beruf ist mit Unzulänglichkeiten und auch Unsicherheiten in Bezug darauf, ob man seine Arbeit gut macht, verbunden. Es besteht der Anspruch, die Aufgaben nicht irgendwie, sondern gut zu erledigen und damit insgesamt eine gute Arbeit zu leisten. Die Gesundheits- und Krankenpfleger*innen stehen unter einem gewissen Druck, der spürbar ist und damit zu tun hat, sich unbedingt beweisen und behaupten zu wollen.
Die "Zurechtfindungsphase", bis man sich als Gesundheits- und Krankenpflegeperson in der Berufsausübung sicher fühlt, sich im Arbeitsalltag mit den komplexen Abläufen zurechtfindet und sich einen Stellenwert im Team erarbeitet, dauert mindestens ein Jahr. In der Anfangszeit ist es eine Erleichterung und Unterstützung, eine Ansprechperson für Fragen zu haben, gemeinsam mit erfahrenen Pflegepersonen im Dienst zu sein, zumindest im ersten Monat nur kurze Dienste zu leisten und noch keine Gruppen mit Pflegebedürftigen von Beginn an und zur Gänze selbst übernehmen zu müssen. Wird das erste Jahr im Pflegeberuf als "Hölle" erlebt, überlegen die Pflegepersonen ernsthaft, aus dem Pflegeberuf wieder auszusteigen. Diese Anfangszeit, in der die erste Berufserfahrung gesammelt wird, ist entscheidend für den weiteren Berufsverbleib.
3.2Keine optimale Einschulung (Handlungsfeld)
Für Berufseinsteiger*innen ist die Anfangszeit besonders schwierig, wenn aufgrund von Personal- oder Zeitmangel keine ausreichende Einschulung und Anleitung möglich ist. Es fehlt auf den Stationen teilweise auch eine gewisse Struktur, um neues Personal anzuleiten, anzulernen und einzuarbeiten.
"Es war damals schon so, dass zu wenig Personal da war. Also, wenn man beispielsweise zusätzlich eingeteilt worden wäre und nicht schon ins Kalte Wasser geschmissen worden wäre, das hätte sicher dazu beigetragen, dass man einen angenehmeren Einstieg in das Geschehen gehabt hätte."
Es ist wichtig, Berufseinsteiger*innen in der Anfangszeit nicht in den "Schichtdienst" mit langen Diensten einzuteilen, sondern sie Kurzdienste am Vormittag absolvieren zu lassen, damit sie den Stationsalltag kennenlernen können. Teilweise finden auch keine Einschulungs-Nachtdienste mehr statt, in denen Berufseinsteiger*innen zum Zweck der Einschulung als dritte Pflegeperson zusätzlich miteingeteilt werden, sondern sie absolvieren diese Nachtdienste manchmal bereits von Anfang an selbstständig und eigenverantwortlich. All das konfrontiert sie bereits in der Anfangszeit mit Stress. Eine Einschulung ist aufgrund von personellen oder zeitlichen Ressourcen oft nicht im notwendigen Ausmaß möglich.
Die Berufseinsteiger*innen erhalten teilweise auch zu wenig Feedback und sind sich daher unsicher, ob sie ihre Arbeit gut machen oder etwas verbessern können. Zudem wagen sie es teilweise nicht, mit den anderen Teammitgliedern auf der Station über ihre Probleme in der Anfangszeit zu sprechen, da sie sich mitunter in diesem Beruf, auf dieser Station und in diesem Team beweisen und behaupten wollen. Findet jedoch nur eine unzureichende Einschulung statt, kann eine solche erste Berufserfahrung einen Berufsausstieg zur Folge haben.
3.3Onboarding und Mentoring
Beim "Onboarding" handelt es sich um einen Prozess, der meist über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr verläuft und den Einarbeitungs- und Integrationsprozess von neuen Mitarbeiter*innen in einer Organisation beschreibt. Der Onboardingprozess setzt sich aus der Orientierungsphase, der Integrations- und Lernphase sowie der Stabilitäts- und Akzeptanzphase zusammen. Ziel des Onboardings ist es, die neuen Mitarbeiter*innen auf fachlicher, sozialer und wertorientierter Ebene erfolgreich einzuarbeiten und zu integrieren.
Die fachliche Integration beschreibt die Einarbeitung in das eigene Arbeitsgebiet und die spezifischen Aufgabenstellungen, die Aneignung von Fachwissen, das Wissen über Ansprechpersonen in den eigenen und anderen Bereichen sowie Kenntnisse über die Organisationsstruktur. Bei der sozialen Integration liegt der Schwerpunkt auf dem Aufbau und der Aufrechterhaltung von sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz und in der Organisation. Hierbei geht es um die Beziehungsgestaltung zu Vorgesetzten, anderen Mitarbeiter*innen und um das Arbeiten in einem Team. Insbesondere das Erarbeiten der eigenen Position innerhalb des Teams, der Abteilung bzw. des Bereichs, aber auch das Akzeptiertwerden als Teil der Gemeinschaft stellen für die soziale Integration wesentliche Punkte dar. Bei der wertorientierten Integration müssen sich die neuen Mitarbeiter*innen mit den Zielen, Werten und Führungsgrundsätzen der Organisation auseinandersetzen. Die wertorientierte Integration erfolgt hierbei weniger über die Leitbilder, sondern vor allem über die gelebten Werte innerhalb der Organisation (Brenner, 2020).
Die zunehmende Komplexität in der Akutversorgung, die hohe Zahl an Pflegebedürftigen und die anspruchsvolle Arbeitsbelastung erfordern ein hohes Maß an Unterstützung für Berufseinsteiger*innen. Bei diesen besteht ein starkes Bedürfnis nach mehr klinischer, sozialer und emotionaler Unterstützung. Besonders wichtig ist ihnen, Orientierung zu haben und im ersten Berufsjahr ein begleitendes Unterstützungsprogramm zu erhalten. Dafür braucht es eine umfassende Unterstützung von allen Seiten - von der Führungskraft, vom eigenen und vom interdisziplinären Team. Als besonders wesentlich erachten es Berufseinsteiger*innen, von Anfang an Teil des Teams zu sein und vom gesamten Team Unterstützung zu erhalten (Hussein, Everett, Ramjan, Hu & Salamonson, 2017).
Pflegepersonen benötigen in der Anfangszeit zudem:
Gezielte Maßnahmen für die Förderung und Stärkung der eigenen Resilienz
Unterstützung beim Aufbau von Selbstvertrauen und Selbstsicherheit in die eigenen Fähigkeiten im unmittelbaren beruflichen Handeln
Authentische und zuverlässige Führung durch die eigenen Mentor*innen
Unterstützung vom gesamten Team
Anleitung für berufliche Weiterentwicklung
Umfassende Gesundheitsförderung von Beginn an
Wertschätzung und Anerkennung vonseiten der Organisation und der Führungskraft
Zusätzlich kommt einer regelmäßig stattfindenden, begleitenden und unterstützenden Supervision zentrale Bedeutung zu, um Pflegepersonen im Pflegeberuf langfristig, nachhaltig und gesund zu halten
(Collard, Scammell & Tee, 2020)
Der Übergang von der Ausbildung in die Berufswelt geht grundsätzlich mit einer Veränderung des Lebensrhythmus einher. Der berufliche Einstieg bringt auch eine gewisse Orientierungslosigkeit mit sich, weil die Erfahrungswerte aus der Berufswelt noch fehlen. Daher stellen folgende Maßnahmen eine wertvolle Unterstützung für Berufseinsteiger*innen dar:
Peergroups für den gemeinsamen Erfahrungsaustausch
Intensive Begleitung und Betreuung durch die Mentor*innen
Engmaschiger Austausch mit der Führungskraft (anhand von regelmäßigen Feedbackgesprächen)
Networking im Rahmen von Veranstaltungen
Projekt- und Teamarbeit
Verhältnismäßigkeit von Aufgabenmenge und -komplexität, damit es zu keiner Überforderung kommt
(Brenner, 2020)
Einen besonders großen Einfluss am Beginn der Berufstätigkeit haben - im Sinne eines Identifikationsprozesses - das Selbstverständnis und das Verständnis dafür, was es bedeutet, eine Gesundheits- und Krankenpflegeperson zu sein (Sandler, 2018). Die Entwicklung einer professionellen Identität nach dem Berufseinstieg wird maßgeblich beeinflusst von der Wahrnehmung einer positiven klinischen Lernumgebung und von der intensiven Unterstützung in der "Einschulungsphase", sodass eine selbstständige klinische Handlungsfähigkeit (berufliche Selbstsicherheit) aufgebaut werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen berufseinsteigende Pflegepersonen einen Zeitraum von mindestens acht Monaten (Wu, Palmer & Sha, 2020).
Eine positiv erlebte Lernumgebung und intensive Unterstützung beim Berufseinstieg haben einen unmittelbaren Einfluss auf...
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