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Selten war ein Biergartenabend so lauschig gewesen wie an diesem ganz besonderen Freitag Anfang August, an dem der kleine dicke Hauptkommissar Franz Wurmdobler seine besten Freunde zu seiner Abschiedsfeier vom Polizeidienst an einen extragroßen Tisch geladen hatte. Der Himmel in tiefes Rot und Orange gefärbt, ging die Sonne hinter den Häuserfassaden im Westen unter, ein laues Lüftchen wehte, und das bunte Münchner Völkchen ringsumher feierte essend und trinkend fröhlich ins Wochenende hinein. Überall war lautes Lachen, eifriges Diskutieren und Gläserklirren zu vernehmen.
Der blonde Ex-Kommissar Max Raintaler, Franz' engster früherer Kollege und sein Kindergartenfreund, kam gerade noch rechtzeitig an den großen runden Tisch, um die kurze und prägnante Ansprache des baldigen Ex-Chefs der Münchner Abteilung für Mord und Gewaltverbrechen zu hören. Er setzte sich neben seine Teilzeitlebensabschnittsgefährtin, die attraktive dunkelhaarige Monika Schindler, und hörte zu.
»40 Jahre schuften sind genug, jetzt kommt die Zeit zum Genießen«, rief Franz mit erhobenem Maßkrug in die Runde. Zur Feier des Tages hatte er seine geliebte Trachtenlederhose und ein weißes Hemd samt Weste angezogen. »Und damit meine ich nicht nur die fröhlichen Abende in unserem schönen Biergarten hier am Hauptbahnhof. Lasst es euch alle schmecken. Die Rechnung geht heute auf mich.«
Begeisterter Applaus. Kurze Reden wurden in Bayern schon immer gern gehört. Man konzentrierte sich hier bei den Feierlichkeiten lieber auf das Wesentliche: essen und vor allem trinken.
»Gibt es denn noch etwas anderes als Biergärten und Kneipen, das du genießt, Franzi?« Der athletisch gebaute Bernd Müller, Franz' langjähriger Kollege, der wegen seiner gelegentlich recht harten Verhörmethoden von allen im Revier »der scharfe Bernd« genannt wurde, lachte, und alle anderen am Tisch lachten mit.
»Natürlich.« Franz würdigte ihn kaum eines Blickes. »So einiges. Man hat schließlich eine Kultur. Fußball und die Spielfilme im Fernsehen zum Beispiel, Schwimmen und Bergwandern und so weiter.« Er trank einen großen Schluck von seinem Bier.
»Vor allem Bergwandern. Ich gangad auf die Kampenwand, wenn ich mit meiner Wampen kannt, oder?« Josef Stirner, langjähriger schnauzbärtiger Freund von Franz und Max, konnte sich den uralten Kalauer anscheinend nicht verbeißen. »Nicht bös gemeint, Franzi«, fügte er noch kopfschüttelnd hinzu. »Aber du und Bergwandern? Wirklich nicht. Eher geht eine Herde Elefanten durch ein Nadelöhr.«
Die ganze Runde lachte und kicherte erneut. Franz mochte tatsächlich alles Mögliche gewesen sein, aber auch nur annähernd sportlich war der langjährige Kettenraucher, Biertrinker und Gourmand ganz gewiss nicht. Jedermann am Tisch kannte seine sprichwörtliche Bewegungsallergie, und sein riesiger Kugelbauch war selbst beim besten Willen nicht zu übersehen.
»Aber schwimmen tut er wirklich gern, unser Franzi«, warf Max ein. »Sogar von selbst.« Monika stieß ihm daraufhin kräftig ihren Ellenbogen in die Seite.
»Muss das sein?«, zischte sie. »Seid halt nicht so g'schert.«
»Genau, Fett schwimmt oben«, prustete Franz' geliebte Frau, die schlanke und durchtrainierte Sandra im selben Moment heraus. »Tut mir leid, Franzi, aber es stimmt ja.« Sie kriegte sich nicht mehr ein vor Lachen, was sonst gar nicht ihre Art war. Bestimmt hatte sie bereits etwas tiefer ins Glas geschaut.
Wieder lautes Gelächter der anderen. Sogar Monika musste grinsen.
»Ja, wollt ihr mich jetzt alle verarschen?«, beschwerte sich Franz halb amüsiert, halb leicht eingeschnappt. Sicher bekam auch er, wie jeder andere, lieber Komplimente als Sticheleien zu hören, wusste Max, auch wenn diese gerade ganz bestimmt nicht so giftig gemeint waren, wie sie sich anhörten.
»Logisch wollen wir dich verarschen. Weil wir dich lieben.« Max nickte augenzwinkernd. »Servus übrigens, Franzi. Gratuliere zum baldigen Ruhestand. Kannst ja dann bald bei mir im Detektivbüro einsteigen.«
»Auch Servus, Max. Schön, dass du da bist.« Franz nickte ihm fröhlich zu. »Das mit dem Detektivbüro überleg ich mir tatsächlich. Ich geb dir Bescheid.«
»Prost auf unseren allseits geliebten Franzi!«, meinte Max und hob seinen Maßkrug. Irgendwann musste es auch wieder gut sein mit den frechen Sprüchen. Schließlich war Franz immer ein guter und verlässlicher Freund gewesen und ein verdienter Kripobeamter obendrein. »Herrschaftszeiten, wenn es dich nicht gäbe, müsste man dich glatt erfinden, oida Spezi. Viel Glück für die Zukunft wünsch ich dir.«
»Du bist der Beste, Franzi«, rief Monika, sichtlich erleichtert darüber, dass nicht mehr gestichelt wurde. Max wusste, dass sie das nicht mochte. Sie verstand immer einen guten Spaß, aber nicht auf Kosten anderer.
»Ein Prosit auf Franzi und alles Gute!«, schloss sich Josef an, und anschließend ließ der ganze Tisch den angehenden Pensionär gemeinsam hochleben.
Als da außer den bereits Genannten anwesend waren: Annie, Monikas beste Freundin und gleichzeitig Bernds Freundin, sowie Josefs Freundin Marion. Das war dann insgesamt der engste und wichtigste Kreis. Die offizielle große Verabschiedung mit den Kollegen vom Revier würde noch kommen, hatte Franz Max am Telefon erzählt.
»Das kann doch nicht wahr sein«, meinte Bernd auf einmal kopfschüttelnd und mit bleichem Gesicht. Er winkte den Zeitungsverkäufer, der an den Tischen vorbeilief, zu sich her, kaufte ihm eine Abendzeitung ab und hielt die Schlagzeile auf der ersten Seite in die Runde. Daneben erkannte man unschwer Franz, wie er gerade jemandem Handschellen anlegte.
»Das ist sicher nur ein schlechter Witz«, meinte Josef abwinkend.
»Natürlich.« Max nickte.
»Will dir jemand schaden, Franzi? Hast du Feinde, von denen wir nichts wissen?« Bernd hielt Franz die Zeitung hin. Der las flüchtig.
»Jetzt ist es aber wieder gut mit euren schrägen Scherzen«, erwiderte er sichtlich erschrocken. Er wusste offensichtlich nicht, ob er nur so dasitzen oder lostoben sollte. »Das ist jetzt nicht mehr witzig.«
»Finde ich auch«, sagte Sandra, die mitgelesen hatte, und nahm ihn in den Arm. »Das ist geschmacklos.«
»Was steht denn da?«, fragte Monika, die bisher noch nichts lesen konnte.
Bernd hielt ihr die erste Seite hin.
»Chef der Münchner Mordkommission hat junge Frau vergewaltigt«, las sie laut vor. »Das ist nicht wahr, oder?« Sie sah Franz fragend an.
»Spinnst du? Natürlich nicht«, erwiderte er aufgebracht.
Monika las weiter laut vor: »Hauptkommissar Franz Wurmdobler, der kurz vor der Pensionierung steht, hat vor vielen Jahren eine frisch verheiratete Frau vergewaltigt. Die Geschädigte, Rosi Steininger, geborene Demplinger, ist erst jetzt mit der Wahrheit herausgerückt, weil sie bisher Angst gehabt hatte, der Karriere ihres erst kürzlich bei einem Autounfall verstorbenen Mannes, dem angesehenen Strafverteidiger Herbert Steininger, mit einer solchen Geschichte zu schaden.«
»Wer schreibt denn einen solchen unbewiesenen Dreck«, echauffierte sich Max. »Und vor allem hat der Steininger damals sicher noch gar keine große Karriere gehabt. Es sei denn, er ist ein gutes Stück älter als wir gewesen.«
»Geschrieben hat das Ganze ein gewisser Harry Meiser«, erwiderte Moni. »Da bist du sprachlos.«
»Aber der spinnt doch komplett!« Franz' Stimme hatte schlagartig nichts mehr von der vorherigen Fröhlichkeit an sich. »Wann und wo soll denn das überhaupt gewesen sein mit der Frau Steiniger?«
»Zu Studentenzeiten, steht hier«, erwiderte Monika. »Auf dem Heimweg von einem Faschingsball. Sonst nix.«
»Geh, der hat doch eine Meise, dieser Meiser«, winkte Max ab. »Warum soll der Franz denn damals eine frisch verheiratete Frau vergewaltigt haben? Der war schon immer eher schüchtern und freundlich. Hat die Welt jemals einen solchen hirnrissigen Schwachsinn gehört? Diesen Schreiberling musst du verklagen, Franzi, und die Rosi Steininger am besten gleich mit.« Max war klar, dass Franz nie und nimmer getan haben konnte, was ihm in dem Zeitungsartikel vorgeworfen wurde.
»Aber wirklich. So ein ausgemachter Schmarrn«, mischte sich Anneliese ins Gespräch. »So was würde der Franzi niemals tun. Das weiß jeder, der ihn auch nur ein bisschen kennt.«
»Diese Rosi Steininger will dir eindeutig schaden«, sagte Josef.
»Fragt sich bloß, warum«, fügte Bernd nachdenklich hinzu.
»Ich habe ihr jedenfalls nichts getan.« Franz war inzwischen kreidebleich im Gesicht. »Ich kenne sie nicht mal. Vielleicht steckt ja jemand anders dahinter.«
»Ein rachsüchtiger Klient, den du in den Knast gebracht hast«, meinte Max. Ihm schien das die naheliegendste Erklärung zu sein. Bei dieser Klientel war auf jeden Fall genug kriminelle Energie vorhanden, um so eine Verleumdungskampagne durchzuziehen.
»Oder ein Neider aus dem Revier, der auf deine Position scharf ist.« Sandra schien schlagartig wieder nüchtern zu sein.
»Aber was hätte das für einen Sinn? Ich werde doch sowieso pensioniert.« Franz schüttelte ungläubig den Kopf. »So etwas ist mir auch noch nicht untergekommen.«
»Wir sollten uns ganz schnell über diesen Schreiberling schlaumachen, diesen Harry Meiser.« Max sprach gedämpft, aber dennoch so laut, dass ihn jeder am Tisch hören konnte. »Der weiß sicher mehr. Vielleicht hat er sogar selbst etwas damit zu tun, aber zumindest muss er uns seine Informanten nennen. Es sei denn, das Ganze ist allein auf Rosi Steiningers Mist gewachsen. Dann...
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