Schweitzer Fachinformationen
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Thomas Grey saß im Garten seines Anwesens Marsh Downs, umgeben von verschiedenen Arten blühender Rhododendren, deren spezifische Namen er sich nie die Mühe gemacht hatte zu lernen. Jetzt würde er dies natürlich auch nie mehr tun; sie waren von seiner Frau gepflanzt worden. In ungefähr 100 Yards Entfernung kam langsam die Flut. Die Wellen, die sich am schilfigen Ende der Feuchtwiese auf seinem Grundstück brachen, kamen langsam immer höher, und bald schon würden die Vögel, die auf der Suche nach Würmern und Schnecken durch den Schlick staksten, gen Landesinnere fliegen. Einen oder zwei hatte er für sein Abendessen vorgesehen. Auf seinem Schoß ruhte ein Jagdgewehr und zu seinen Füßen sein Irish Setter Fred. Grey war froh, und ehrlich gesagt etwas überrascht, dass sich der Hund an ihn erinnerte, da Fred die letzten Jahre über - die meiste Zeit seines Erwachsenenlebens - als Gefährte des Wildhüters der Downs, Canfield, verbracht hatte. Fred schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Hunde tun das immer. Ab und zu schnüffelte er an Greys Fuß, woraufhin Grey sich vorbeugte, um ihn am Kopf und im Nacken zu kraulen.
Die Sache war allerdings die, dass Grey keine besondere Lust dazu verspürte, irgendetwas zu schießen. Fred würde enttäuscht sein, aber dagegen konnte man nichts tun. Vielleicht könnte ein Spaziergang als akzeptabler Ersatz herhalten. Wie dem auch sei, seine Haushälterin Mrs Hubble - von der Grey glaubte, dass sie sich nun von ihrem Schock über seine unerwartete Rückkehr erholt hatte - würde sich zweifelsohne bereits Gedanken über seine Mahlzeit gemacht haben. Es wäre nicht gut, sie mit einem frisch erlegten Tier zu beleidigen.
Er stand auf; Fred ebenso, der gespannt wie ein Flitzebogen auf den Schuss wartete.
»Tut mir leid, mein Junge. Heute nicht. Vielleicht morgen.«
Grey atmete ein letztes Mal tief den Blumenduft ein und ging langsam zurück zum Haus, darüber nachsinnend, wie Canfield den Willen dazu aufgebracht hatte, den Garten, der ein leeres Haus umgab, so ordentlich zu halten, ohne jegliche Hoffnung, dass irgendwer anderes außer ihm und Mrs Hubble ihn sehen würde. Bevor er nach Malta aufgebrochen war, dachte Grey, hätte er den Garten für die Gegend zugänglich machen sollen. Drei Jahre toter Blütezeiten, in denen sich niemand daran erfreut hatte - was für eine Verschwendung.
Während er Richtung Süden ging, kam das Haus zum Vorschein, das sich über den Garten erhob. Es war nicht besonders groß, aber es war - wie Grey immer gefunden hatte - ungewöhnlich eindrucksvoll; die beinahe pinken Außenwände aus Ziegelsteinen wurden von einem Kupferdach bedeckt, das sich zu einem schönen Blaugrün verfärbt hatte und von dem wuchernden, dunklen, gelb-grünen Efeu noch zusätzlich betont wurde. Er hatte das Haus von seinem Anteil des Prisengeldes einer kleinen französischen Flotte gekauft, die von seinem Geheimdienst 98 gekapert worden war.
98 war das Jahr, in dem er geheiratet hatte - seine Ehe war der Grund gewesen, warum er sein Haus in der Stadt aufgegeben hatte und auf einen Landsitz gezogen war. Er hatte befürchtet, es würde sich herausstellen, dass er unfähig wäre, das Leben auf den Downs wieder aufzunehmen, alleine. Tatsächlich aber war seine Rückkehr das Einzige, das ihn irgendwie tröstete. Er und Paulette hatten keine Kinder gehabt. Gott sei Dank gab es keine Kinder, um die er sich Sorgen machen musste.
Grey stampfte leicht auf, damit der Sand von seinen Schuhsohlen rieselte, und betrat den kleinen, mit Steinen gefliesten Vorraum, wo er seinen Mantel an einen Haken hängte und seine Pistole auf einem Tisch ablegte. Er öffnete die Tür zur Speisekammer und hielt inne, als er drei Stimmen im Flur dahinter vernahm. Eine Frau und zwei Männer. Er trat ein paar Schritte zurück in den Vorraum und nahm das Jagdgewehr wieder zur Hand.
Grey durchquerte die Speisekammer, ging in das Foyer, das Gewehr in seiner Rechten, und setzte einen möglichst beiläufigen Gesichtsausdruck auf. Fred folgte ihm auf dem Fuß und schien sich zu freuen, dass das Schießen vielleicht doch noch nicht ganz von der Tagesordnung gestrichen worden war.
Mrs Hubble stand im Eingang und sprach mit Canfield und einem anderen Mann, der gerade so außer Greys Sichtweite war. Die Stimme war ein kleines bisschen tiefer, als er sie in Erinnerung hatte - zu viele Zigarren, ohne Zweifel. Gleichermaßen, allerdings, gab es keinen Zweifel daran, dass sie zu Edward Banks gehörte. Nun Sir Edward Banks; als Grey seine Stellung im Mittelmeer angetreten hatte, war er zum Ritter geschlagen worden. Grey lehnte die Jagdflinte an die Standuhr und unterbrach die Unterhaltung, die sich augenscheinlich darum drehte, herauszufinden, wo er wohl sein könnte.
»Sir Edward, bitte treten Sie doch ein«, sagte er und fügte hinzu, »danke, Canfield«, und, »Mrs Hubble, würden Sie etwas Kaffee für uns zubereiten - oder«, - zu Banks -, »ziehen Sie Tee vor?«
»Gegen Kaffee hätte ich nichts einzuwenden, danke«, sagte Banks und trat über die Türschwelle. Grey nickte.
»Mrs Hubble, wenn Sie ihn uns bitte in mein Arbeitszimmer bringen könnten.«
Banks folgte Grey den Flur entlang und in einen mittelgroßen Raum, an dessen Wänden auf allen Seiten verglaste Bücherschränke standen. Banks war schon mehrmals zuvor in diesem Raum gewesen. Er fragte sich, ob die Regale zum Schutz vor der schweren, salzigen Luft verglast waren, die seine Lungen erfüllte und ihm unwillkürlich das Gefühl gab, zehn Jahre jünger zu sein.
Seine Gedanken wanderten weiter; er überlegte, ob er nicht wie Grey an die Küste ziehen sollte. Natürlich war Grey 25 Jahre jünger als er. Und verheiratet gewesen, was Banks jetzt und auch früher nie gewesen war. Der Gedanke an eine Ehe brachte ihn auf einmal schlagartig zurück zur gegenwärtigen Angelegenheit. Grey war vor einem schwarzen Globus stehen geblieben, der die Weltmeere abbildete. Er gab ihm sachte Schwung, drehte sich um und deutete auf einen Ledersessel mit Knopfpolsterung.
»Nehmen Sie bitte Platz, Sir Edward. Ich gestehe, dass ich Sie nicht erwartet habe.«
»Haben Sie nicht?«, sagte Banks. »Ich hätte gedacht, dass eine Beorderung nach London und die Tatsache, dass Sie sich 40 Meilen vor der Stadt niederlassen, sowohl zu einer Bemerkung als auch zu einem Besuch einladen.«
»Ich habe es so verstanden«, sagte Grey, »dass ich nach Hause geschickt wurde. Haben Sie es denn nicht gehört? Ich leide unter Melancholie.«
Es klopfte an der Tür. »Herein, Mrs Hubble«, sagte Grey. Die Haushälterin betrat den Raum, spürte die darin herrschende Beklemmung, stellte den Kaffee auf Greys Schreibtisch ab, ging ohne ein Wort wieder hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
Diese kurze Unterbrechung gab Grey gerade genug Zeit, sich seiner Unverfrorenheit einem Mann gegenüber zu schämen, dem er so viel zu verdanken hatte; den er so tief bewunderte.
»Ich bitte um Entschuldigung, Sir Edward. Bitte, setzen Sie sich. Wie wünschen Sie ihren Kaffee?«
»Schwarz«, sagte Banks, blieb aber stehen. Er nahm eine Tasse entgegen, trank einen Schluck und ließ sich schließlich doch auf dem Sessel nieder. Sein Gesicht zeigte keine Spur von Ärger; wenn überhaupt, dachte Grey, dann suggerierten die glatte Stirn und Banks' leicht verengte, blau-graue Augen, dass die Konversation mehr oder weniger so voranschritt, wie er erwartet hatte.
»Ich habe eine Nachricht in Portsmouth hinterlassen, dass Dr. Welsh Sie diesen Nachmittag in seiner Praxis in der Harley Street erwartet. Haben Sie die Nachricht erhalten?«
»Das habe ich, Sir.«
»Ich werde Sie nicht damit in Verlegenheit bringen, Ihnen erneut mein Mitgefühl auszusprechen. Der Geheimdienst muss wissen, in welcher Verfassung Sie sind, wenn Sie von irgendeinem Nutzen für uns sein sollen.«
Grey nickte.
»Admiral Godfrey hat mir zu verstehen gegeben, dass Sie beabsichtigen, im Geheimdienst zu bleiben.«
Dieses Mal gab Grey keine Antwort.
»Ist dem so?«
»Das hatte ich geglaubt, Sir«, sagte Grey.
»Nun aber nicht mehr.«
»Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Sir«, erwiderte Grey, »bin ich mir nicht sehr im Klaren darüber, wie tauglich ich sein werde.«
»Genau um das festzustellen, wie tauglich Sie sind, habe ich einen Besuch bei Welsh für Sie arrangiert.« Banks stellte seine leere Tasse ab. »Ich erwarte Meldung zu erhalten, dass er Sie bis spätestens Freitag einmal gründlich untersucht haben wird. Nun muss ich weiter nach Chatham und zu den Marinewerften. Meine Pferde sind immer noch angeschirrt.«
Er erhob sich und fuhr fort: »Wie ich schon sagte, Ende der Woche werde ich wieder zurück im Admiralitätsgebäude sein. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, ich finde selbst nach draußen.«
Grey wartete mit seiner Antwort zwei lange Ticks der Standuhr im Foyer ab.
»Jawohl, Sir.«
An der Tür verharrte Banks, drehte sich um und sprach kurz mit väterlicher Stimme. »Schau, Tom -«, sagte er, »es ist nicht gut, die Wolken für immer über deinem Kopf hängen zu lassen. Gottlosen Starrsinn hat Shakespeare das genannt.« Dann nahm er den offiziellen Tonfall wieder auf: »Es gibt Arbeit. Krieg zeichnet sich am Horizont ab. Ich erwarte Sie am Freitag.«
Banks öffnete die Tür und ließ sie offen stehen; er holte seinen Hut und Mantel, ohne darauf zu warten, dass ihm diese gebracht wurden, und einen...
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