AUSRÜSTUNG FÜR DAS BÜCHSENSCHIESSEN
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Die Optik für den Jäger
Dieses Kapitel wird einen Überblick über die wichtigsten Verbindungsglieder der Waffe zum Menschen geben: die Optik und den Schaft. Eine sorgfältig ausgewählte Optik ist die Grundvoraussetzung für gutes Treffen - auch auf weite Distanzen. Um sich für eine solche entscheiden zu können, muss man die Grundprinzipien der Optik und deren Funktionsweise verstanden haben. Später werden die Details dargelegt, die hinsichtlich der Optik für die jeweilige Schießdisziplin relevant sind.
Ein weiteres Verbindungsglied Waffe - Menschen ist der Hinterschaft. Passt er nicht, wird es unnötig schwierig, gut zu wtreffen. Wir werden daher den Aufbau und die Konstruktionsweise eines Schaftes vorstellen und die Grundsätze bei der Schaftwahl erklären.
Die Zieloptik allein bietet die Möglichkeit, einen Schuss präzise anzutragen. Es gibt unzählige Formen von Optiken und zugehörigen Absehen. Die wichtigsten sollen hier vorgestellt werden und dazu einige spezielle Drückjagd-Absehen, die Sie so wahrscheinlich noch nicht kennen.
Jede Optik und jedes Absehen hat eine Daseinsberechtigung. Zum besseren Verständnis werden wir zunächst die Entwicklungsgeschichte von Optiken und Absehen im Allgemeinen darstellen. Die Entwicklungen vieler moderner Absehen gehen mit Schießtechniken einher, die wir in den jeweiligen Abschnitten zu den unterschiedlichen Disziplinen erläutern werden.
ABSEHEN
Ein entscheidender Bestandteil der Optik ist das Absehen. Es ist das visuelle Verbindungsglied zwischen Schütze und Optik und damit eben auch der Waffe. Mithilfe des Absehens entscheidet der Schütze, wo er die Kugel platzieren will. Das Absehen hilft ihm, in schwierigen Schusssituationen richtig zu handeln. Die Geschichte der Absehen und moderne Absehenentwicklungen können Ihnen die Entscheidung für eines der zahllosen Varianten an Absehen erleichtern.
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Erst die Optik und deren Absehen ermöglichen einen wirklich präszisen Schuss.
Waffe und Optik in der Balance
Warum sollte man sich mit der Optik und den dazugehörigen Absehen beschäftigen? Nun, die Optik ist in der Regel das schwächste Glied in der am Schuss beteiligten Glieder, sprich Elemente einer Waffe, und doch sind die Optik und deren Absehen entscheidend für das Gelingen eines Schusses. Mit der Wahl einer schlechten Optik und des falschen Absehens verringern Sie ganz schnell den Nutzwert Ihrer teuren Jagdwaffe und umgekehrt können Sie können durch die Wahl einer guten, richtigen Optik die Nutzentauglichkeit Ihrer Waffe erheblich steigern. So nutzen wir häufig die "alten" Jagdwaffen der Generationen vor uns, versuchen aber, diese Waffen durch zweckmäßige Optiken aufzuwerten.
Um die Brücke zu guten Optiken und deren richtigem Einsatz zu schlagen, wollen wir die verschiedenen Absehen vorstellen.
Historische Entwicklung
Die Entwicklung von Absehen geht eng mit der Entwicklung von Zielfernrohren einher. Daher möchten wir diese kurz darstellen. Die geschichtlich markanten Punkte gibt das Schaubild unten wieder.
Die ersten Versuche mit optischen Hilfsmitteln, das Zielen mit Waffen zu erleichtern, werden 1750 erwähnt. Damals versuchte man, durch das Anbringen von einfachen optischen Hilfsmitteln wie Brillen oder anderen geschliffenen Gläsern das Zielen zu erleichtern. 140 Jahre später wurden im Jahr 1890 die ersten ernst zu nehmenden Zielfernrohre von der Firma Hecke in Berlin gefertigt. Weitere Hersteller folgten Heckes Vorbild und stellten nun ebenfalls zylindrische Zielfernrohre her. Die Entwicklung von Prismen-Zielfernrohren verlief dagegen im Sande.
Kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges kamen die ersten Zielfernrohre mit variabler Vergrößerung auf den Markt. Diese wurden verstärkt für das Militär produziert. Mit den Erfahrungen aus dem "Scharfschützenwesen" des Ersten Weltkrieges entschlossen sich Vertreter der Industrie am 1. Oktober 1920 im Berliner Hotel Continental zu einer Vereinheitlichung im Optikbau. Dabei wurden nachfolgende Standards festgelegt.
Normalmodelle Mindestlänge 26?cm, Mittelrohr 26,5?mm, Okular 38?mm, Objektiv je nach Vergrößerung 30, 35, 46 oder 56?mm.
Zwergmodelle bis 4-fach: Mindestlänge 26?m, Mittelrohr 22?mm, Okular 30/35?mm, Objektiv je nach Vergrößerung 26,5 oder 30?mm.
Absehenverstellschraube Für das in der ersten Bildebene liegende Absehen sollte die Verstellschraube rechtsgängig sein.
Normalabsehen Das damalige Absehen 17 - heute Absehen 1 - definierte man als Normalabsehen, der Abstand zwischen den beiden waagerechten Drähten sollte 70?cm auf 100?m entsprechen.
Augenabstand Der Abstand zwischen Zielfernrohr und Zielauge wurde auf einheitlich 8?cm bestimmt.
Ebenfalls im Jahr 1920 wurden die ersten Versuche mit beleuchteten Absehen unternommen und der Optikhersteller Josef & Jan Fric war einer der ersten Produzenten von Leuchtabsehen weltweit. Ab dem Jahr 1930 kamen die ersten serienreifen Zielfernrohre in die Massenproduktion und eroberten den Markt. 1970 kam es dann zur Einführung moderner MilDot-Absehen beim US Marine Corps und anderen Streitkräften.
OPTIKEN FÜR ANSITZ UND LONG RANGE
Zivile Absehen
Das Schema unten ist eine Möglichkeit, die unzähligen Absehen und deren Unterformen zu kategorisieren. Grundsätzlich kann man zwischen zivilen und militärischen Absehen unterscheiden: Beide Gruppen wurden aus unterschiedlichen Beweggründen und zu verschiedenen Zwecken entwickelt.
Zivile Absehen sind in der Regel bewusst einfach gehalten, da auch ihr Einsatzzweck meist sehr einfach ist. Ein Jäger und viele Sportschützen schießen auf Entfernungen von bis zu 200 Metern, ausnahmsweise, z.?B. im Hochgebirge, vielleicht 300 Metern. Hierfür wird ein einfaches Absehen benötigt, das ein unkompliziertes und sicheres Zielen auf diese mittleren Entfernungen gewährleistet. Die gängigsten Standard-Absehen für die Jagd in deutschen Revieren sind das Absehen 1 und 4.
Seit mehreren Jahren ist auf dem Markt der Sportschützenoptiken und seit Kurzem auch der Jagdoptiken aber auch ein gewisser Trend zu BDC-, Strich- oder Mil-Absehen zu beobachten. So bietet die Firma Horus ein sehr aufwendiges Absehen an, das sehr leistungsfähig, aber auch komplex ist.
Taktische Absehen
Die andere große Kategorie der Absehen sind die taktischen Absehen für den behördlichen und militärischen Einsatz. Auf diesem Feld steht man vor einer schier unüberschaubaren Vielfalt an Absehen. Grundsätzlich hat man zwei Kategorien:
Die Namen der Kategorien stammen von uns - es gibt natürlich unzählige Möglichkeiten, diese Absehen zu kategorisieren. Bei ballistischen Absehen sprechen wir von den BDC-Absehen (Ballistic Drop Compensation) und den SVD type-Absehen (z.?B. Dragunov-Absehen). Letztere sind primär für Schüsse auf große Distanzen und zum Ausgleich des Windeinflusses konzipiert.
Die Entfernungsabsehen wurden konstruiert, um Entfernungen schätzen und auf große Entfernungen wirken zu können. Bei den Absehen zur Entfernungsschätzung unterscheidet man nach MIL-, MOA- und Strich-basierten Absehen und hier nochmal nach Dot- oder Scale-Absehen. "Mil", "MOA" bzw. "Strich" steht hierbei für die der Einstellung des Absehens zugrunde liegenden Maßeinheit (MOA: Minute of Angle, MIL: Milliradiant, Strich: Schweizer Artilleriepromill). Was diese im Einzelnen bedeuten und welche Maßeinheiten bzw. Einteilungen ihnen zugrunde liegen, werden wir später noch eingehender erläutern.
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Taktische Absehen werden vor allem von Behörden und dem Militär eingesetzt.
Welches Absehen für mich?
Um diese Frage zu beantworten, müssen Sie sich des Einsatzzwecks Ihres Absehens bewusst werden. Schießen Sie üblicherweise auf bekannte Distanzen, d.?h. nicht weiter als die GEE Ihrer Patrone, lohnt sich die Investition in BDC-, Dot- oder Scale-Absehen in der Regel nicht. Hier sollten Sie sich für ein einfaches Duplex- oder Crosshair-Absehen entscheiden, denn diese reichen vollkommen aus und sind zumeist bei jedem Hersteller zu haben.
Wenn Sie gern sportlich auf Distanzen über 300...