Schweitzer Fachinformationen
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Die Ferien hatten gerade begonnen, und ganze Scharen von Schülern bevölkerten das Schwimmbad in Oberherzholz. Das Thermometer zeigte schon morgens zwanzig Grad an und würde in der Mittagszeit sicher auf dreißig Grad ansteigen. Ideales Ferienwetter für alle, die nicht ans Meer geflüchtet waren.
Charlotte Kantig schwamm regelmäßig jeden Morgen gegen zehn Uhr ihre Runden. Doch bei der momentanen Hitze waren trotz der frühen Stunde etliche Schulkinder im Bad und spritzten und sprangen, was das Zeug hielt. Die Ruhe, die Charlotte während der Schulstunden gewöhnt war, war endgültig vorbei. Nach einer halben Stunde verließ sie das Bad, wo schon eine Schlange von lärmenden, fröhlichen Kindern und Jugendlichen an der Kasse drängelte. Charlotte war mit dem Rad gekommen und fuhr zurück in die kleine, etwas abseits der Stadt liegende Siedlung, wo sie sich in der Wiesenstraße ein Doppelhaus mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Isabella Steif teilte.
Jede der beiden Frauen besaß eine Doppelhaushälfte mit zugehörigem großem Garten, der in der Mitte durch eine hohe Hecke getrennt war, weil ihre Ansichten, was Pflege und Gestaltung des Gartens betraf, recht unterschiedlich waren. Trotzdem hatten sie viele gemeinsame Interessen, verreisten in der Regel zusammen, waren beide pensionierte Lehrerinnen und arbeiteten als Stadtführerinnen.
Charlotte hatte gerade ihr Rad in der Garage verstaut, als sie das leise Klappern von Nordic-Walking-Stöcken hörte und gleich darauf ihre Schwester in Sportkleidung ums Haus herumkam.
Isabella hatte einen hochroten Kopf unter ihren blonden Haaren. Ihr Halbarmshirt war durchgeschwitzt und wies dunkle Stellen auf. Isabella blieb mitten in der Einfahrt stehen und stieß erleichtert aus: »Puh, ist das eine Hitze heute.« Sie wischte sich zur Untermalung ihrer Worte den Schweiß von der Stirn und stöhnte leise.
Charlotte lachte und schüttelte missbilligend den Kopf. »Selber schuld! Bei dieser Hitze durch die Gegend zu marschieren! Warum fährst du nicht schwimmen? Das entspannt und trainiert auch.«
»Weil ich nicht gerne schwimme!«, fauchte Isabella. »Mir liegt Laufen nun mal mehr!«
»Dann beschwer dich nicht und geh lieber unter die Dusche! Du siehst im Gesicht aus wie ein gekochter Hummer.«
»Und du solltest mal wieder zum Friseur gehen, dein Scheitel ist schon wieder ganz weiß nachgewachsen. So etwas kann man sich bei dunklen Haaren einfach nicht erlauben!«
Charlotte zuckte gleichmütig die Schultern. »Keine Sorge, ich habe heute Nachmittag einen Termin. Diesmal lasse ich mir Strähnchen machen!«
Isabella zog die Brauen hoch. »Meinst du, das steht dir?«
»Wir werden sehen!« Charlotte lächelte, und Isabella verschwand im Haus.
»Oh«, entschlüpfte es Charlotte, und sie starrte sekundenlang in den Spiegel, als die Friseurin ihr Haar nach dem Trocknen durchbürstete. Ihr brünetter Schopf war jetzt von so vielen hellen Strähnen durchzogen, dass sie erst einmal schlucken musste.
»Sieht total schick aus«, beeilte sich die Friseurin zu sagen, denn sie spürte wohl, dass Charlotte von dem Ergebnis noch nicht so überzeugt war, und bot gleich an: »Wenn es Ihnen gar nicht gefällt, können wir es auch immer wieder ändern!«
»Nein, nein.« Charlotte lächelte. »Es ist genauso geworden, wie ich es mir gewünscht habe. Ich habe nur gerade überlegt, was mein Sohn dazu sagen wird.«
»Er wird begeistert sein«, sagte die junge Frau. »Außerdem bin ich ja noch nicht fertig.« Sie werkelte noch ein wenig an der Frisur herum und hielt Charlotte zum Schluss den Rundspiegel hin, damit sie auch die Rückseite betrachten konnte.
Charlotte erhob sich. »Der Schnitt ist super, so schön kurz hatte ich es seit Jahren nicht.«
Die Friseurin lächelte. »Danke. Ich finde, dieser Kurzhaarschnitt steht Ihnen wirklich gut!«
»So erkennt mich wenigstens nicht gleich jeder!«, stellte Charlotte lapidar fest und holte ihre Börse heraus. Sie zahlte, gab der jungen Frau ein Trinkgeld und verschwand aus dem Laden.
Im Auto stellte sie den Spiegel um und betrachtete sich eingehend. »So schlecht ist es gar nicht«, tröstete sie sich leise murmelnd und freute sich, dass man nun ihre Ohrringe sehen konnte. Trotzdem musste sie sich erst an die hellen Strähnen gewöhnen, denn bisher hatte sie ihr Haar immer dunkel nachfärben lassen. Da es aber mittlerweile vollkommen weiß geworden war, musste sie irgendwie einen Übergang zu ihrer natürlichen Haarfarbe schaffen, um endlich das lästige Färben zu vermeiden.
Nach dem Friseurbesuch fuhr Charlotte direkt zum Einkaufen in den Hofladen. Als sie am späten Nachmittag zu Hause ankam und den vollen Einkaufskorb ins Haus trug, kam ihre Schwester neugierig dazu, um das Ergebnis des Friseurbesuchs zu begutachten.
»Ach Gott!« Entsetzt starrte Isabella sie an. »Wie siehst du denn aus?!«
»Lass mich in Frieden«, knurrte Charlotte. »Deine Meinung interessiert mich nicht!«
»So willst du doch nicht etwa morgen an unserer Fahrt teilnehmen?«
»Natürlich mache ich die Planwagenfahrt mit«, fuhr Charlotte auf und steckte den Schlüssel in die Haustür. »Wenn du dich meinetwegen schämst, kannst du ja hierbleiben!« Ohne Isabella Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, verschwand sie verärgert im Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
Am Abend hatte Charlotte ihren engen Freund und Nachbarn eingeladen, der genau gegenüber wohnte. Ottokar Breit war Rentner, half aber hin und wieder noch in seiner ehemaligen Firma aus, wo er als Tischlermeister die Lehrlinge ausgebildet hatte.
Während sie gemütlich bei Wein und Gegrilltem auf der Terrasse saßen, hörten sie ein merkwürdiges Brummen im Garten.
»Was ist das für ein Geräusch?« Charlotte spitzte die Ohren.
»Das Brummen eines Lkws auf der Münsterlandstraße«, vermutete Ottokar.
»Nein, das klingt anders«, war Charlotte überzeugt. »Fast so, als käme es von oben.« Sie stand auf und sah in den Himmel hinauf. »Über Isabellas Garten fliegt eine Drohne!«, rief sie dann empört aus. »So eine Frechheit! Wer spioniert uns denn hier aus?«
Ottokar war neben sie getreten und sah nun ebenfalls die Drohne, die mit leisem Surren davonschwebte. »Da probiert jemand sein neues Spielzeug aus. Lass ihn doch!«
»Ha, das sagst du so leicht«, widersprach Charlotte. »Ich möchte nicht später im Internet mein Foto sehen, wenn ich hier in der Sonne liege!«
Ottokar zuckte die Schultern und lächelte. »Du siehst doch gut aus, besonders jetzt, wo du diese flotte Kurzhaarfrisur trägst!«
»Meinst du das ehrlich? Isabella fand meine neue Frisur schrecklich!«
»Mir gefällt es. Diese Strähnchen peppen das Ganze noch zusätzlich auf!«
Charlotte lächelte. »Ich bin mal gespannt, was Thomas und Marita dazu sagen. Ich fahre nächste Woche zu ihnen.«
»Sie werden begeistert sein«, erklärte Ottokar und ging zum Thermometer, das Charlotte extra ganz in die Ecke an der Hauswand platziert hatte, damit es immer im Schatten lag. »Noch immer siebenundzwanzig Grad, und es ist schon fast zehn Uhr. Wir können heute Nacht draußen schlafen!«
»Dann wirst du von den Mücken aufgefressen«, sagte Charlotte lächelnd und setzte sich wieder. »Im Haus ist es zudem wesentlich kühler.«
»Stimmt!« Ottokar nickte und nahm ebenfalls Platz.
»Morgen sehe ich mich mal ein wenig um, wer hier in der Straße diese Drohne fliegen lässt«, sagte Charlotte nachdenklich, denn die Sache ließ sie nicht mehr los.
»Das ist doch Kinderkram! Mach dich deshalb nicht verrückt!« Ottokar lachte und fügte hinzu: »Manchmal ist so eine Drohne doch ganz nützlich! Man kann Dinge fotografieren, an die man sonst nicht herankommt. Mich würde zum Beispiel mal interessieren, wie die neue Biogasanlage von oben aussieht.«
»Mag sein«, gab Charlotte zurück. »Aber ich will keine Drohne, die über meinem Garten schwebt!«
Am anderen Tag fuhr Charlotte bereits früh zum Bäckerladen, um Brötchen zu holen. Im Haus war es mittlerweile auch schon reichlich warm, und Charlotte, die eigentlich Langschläferin war, hatte es im Bett nicht mehr ausgehalten und am frühen Morgen erst einmal alle Fenster auf Durchzug gestellt, damit die morgendliche Kühle etwas Frische ins Haus brachte. Nachdem sie eine halbe Stunde gut durchgelüftet hatte, ließ sie alle Rollläden herunter, weil die Sonne schon hoch am Himmel stand.
Als sie nun gemütlich mit den Brötchen die Münsterlandstraße von der Bäckerei zurückfuhr, wäre sie bald mit einem jungen Mann zusammengestoßen, der sich direkt neben dem Fahrradweg ins hohe Gras gehockt hatte und an irgendetwas herumbastelte.
»He!«, rief sie aufgebracht und erkannte erst im letzten Moment André Juli, den Nachbarssohn, der schräg gegenüber ebenfalls in der Wiesenstraße wohnte. Sie sprang...
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