Schweitzer Fachinformationen
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In der Polizeistation von Oberherzholz drehte Polizeihauptkommissar Burghard Meier am frühen Morgen gerade die Heizung ein wenig höher, als das Telefon klingelte.
Sein Kollege Dietmar Frisch nahm das Gespräch entgegen. »Schon wieder ein Einbruch«, berichtete er dann. »Der Pfarrer hat angerufen. Nebenan in der Bücherei ist das Fenster eingeschlagen worden.«
»In der Bücherei?«, wunderte sich Meier. »Da gibt's doch nix zu holen. In der Kasse dort sind höchstens mal zehn Euro.«
»Vielleicht hatten die Diebe Bildungslücken«, frotzelte Frisch und stand auf.
»Bildungslücken, haha«, murmelte Meier verächtlich. »Die wollten nur was kaputt machen. In der Bäckerei haben sie letzte Woche die ganzen Backwaren auf die Erde gekippt. Zur Strafe müssten diese Vandalen einen ganze Woche lang Müll sammeln und sortieren, dann lernen sie vielleicht, dass man so etwas nicht macht.«
»Erst mal müssen wir die Diebe schnappen«, sagte Frisch. »Und zwar möglichst bald. Im ganzen Ort herrscht Aufregung und fast täglich ruft irgendjemand an, der was gesehen haben will, was sich dann als Flop herausstellt.«
Meier seufzte. »Ich wette, das sind ein paar Jugendliche, die ihr Taschengeld aufbessern wollen.«
»Möglich«, murmelte Kommissar Frisch. »Ich fahr' zur Bücherei.« Er schlüpfte in seine warme Jacke, schnappte sich die Dienstmütze und ging hinaus.
Meier trat an die Landkarte hinter seinem Schreibtisch und steckte ein Fähnchen an die Stelle direkt neben der Kirche, an der die Stadtbücherei eingezeichnet war. Er hatte sich gerade den Einbruch notiert, als die Tür mit Schwung aufging und Frau Kantig eintrat.
»Guten Morgen, Herr Meier«, begrüßte sie ihn freundlich. »Ich möchte eine Meldung machen.«
Meier schnappte sich seinen Block und trat an den Tresen. »Worum geht es denn, Frau Kantig?«
»Ich war gestern Abend auf dem Lindenhof. Herr Wiesen waren nicht da. Als ich dann zurück zu meinem Wagen ging, habe ich ein Geräusch gehört und einen Schatten gesehen«, berichtete die ehemalige Lehrerin. »Auf mein Rufen hat sich allerdings niemand gemeldet. Ich hatte aber das Gefühl, dass sich dort jemand versteckt hielt. Kann es sein, dass heute Nacht dort eingebrochen wurde?«
»Bisher liegt uns keine Meldung vor«, sagte Meier knapp, der in dieser Woche schon mehrere Anrufe zu vermeintlichen Einbrüchen bekommen hatte, die sich alle als gegenstandslos entpuppt hatten.
»Bevor ich hierhergekommen bin, habe ich heute Morgen mehrmals dort angerufen, aber es hat sich niemand gemeldet.«
»Vielleicht ist der Mann verreist«, vermutete Meier und setzte hinzu: »Ich werde der Sache nachgehen, Frau Kantig. Wir bekommen hier ständig Meldungen herein. Falls etwas sein sollte, melde ich mich bei Ihnen.«
Als die Seniorin weg war, holte Meier tief Luft. Sein Kollege hatte recht, diese Einbruchserie musste gestoppt werden, allein schon wegen der Anrufe und Besuche besorgter Bürger, die mittlerweile hinter jedem Geräusch einen Einbruch vermuteten.
Gleich nachdem Frau Kantigs Auto davongerollt war, kam Kommissar Frisch zurück. »In der Bücherei herrscht Chaos. Wie wir schon vermutet haben, ist dort alles durcheinandergeworfen worden«, berichtete er. »Der Geldbetrag, den die Diebe entwendet haben, betrug genau fünfzehn Euro dreiundzwanzig.«
»Genauso hab' ich mir das vorgestellt«, knurrte Meier verärgert. »Hast du Fotos gemacht?«
»Klar, alles im Bild festgehalten«, versicherte Frisch. »Fingerabdrücke gab es auch, wahrscheinlich fast alle von den beiden Büchereimitarbeiterinnen.«
»Und wie hoch ist der Gesamtschaden?«
»Die Leiterin sprach von rund fünfhundert Euro für den Sachschaden. Die meisten Bücher sind noch zu gebrauchen. Und hier? Gab's was Neues?«
Meier winkte ab. »Frau Kantig war hier. Sie vermutet einen Einbruch auf dem Lindenhof.«
»Lindenhof? Ist das gleich hinter dem Gestüt, dieses restaurierte Bauernhaus?«
»Ja, genau«, gab Meier zurück. »Aber bis jetzt hab' ich von dort keine Meldung vorliegen.«
Meier wollte gerade telefonieren, als eine neue Meldung hereinkam. »Wie bitte? Eine Dame mit Hund? Wir kommen sofort.« Meier sprang auf. »Komm, wir müssen zum Industriegelände. Da ist eine Verrückte, die den ganzen Betrieb aufhält.«
»Wie bitte?« Kommissar Frisch, der an seinem Bericht gearbeitet und nur mit halbem Ohr zugehört hatte, starrte Meier verständnislos an.
»Das war Herr Paul, der Bauleiter«, erklärte Meier. »Eine Frau ist mit ihrem Hund an der Baustelle vorbeigekommen und stört die Bauarbeiter.«
»Dann fahr, ich mach' erst meinen Bericht«, antwortete Frisch.
»Nix da, du kommst mit«, bestimmte Meier energisch. »Angeblich ist die Dame nicht in der Lage, ihren Hund unter Kontrolle zu bringen. Du hast doch auch einen Hund, oder?«
Frisch rollte genervt mit den Augen. »Der Bauleiter wird doch wohl eine Dame mit Hund verscheuchen können.«
Meier gab keine Antwort mehr, schnappte sich seine Jacke und war schon draußen.
In wenigen Minuten waren die Beamten an der Baustelle. Lautes, wütendes Bellen empfing die Polizisten, als sie aus dem Auto stiegen.
»Das darf doch nicht wahr sein«, raunte Meier seinem Kollegen kopfschüttelnd zu und blickte verärgert zu einer hüfthohen verschalten Wand hinüber.
Es war nicht der helle Hund, der Meiers Zorn erregte. Das Tier sprang dort auf und ab und wühlte jetzt wie verrückt ein Loch in den Boden, als wolle es ein Kaninchen aus seinem Bau holen.
Es war die Frau, die dem Polizeihauptkommissar die Zornesröte ins Gesicht trieb. Sie hatte sich direkt vor der Schalwand postiert und hinderte so den angerückten Bagger daran, seine Schaufel in die Erde zu senken. Ihre hellgrüne Steppjacke war verschmutzt, die dazu passende Mütze war ihr in die Stirn gerutscht und an ihren halbhohen Wanderschuhen klebten Erdklumpen.
»Herr Wachtmeister«, scholl die aufgeregte Stimme von Isabella Steif ihm nun erregt entgegen. »Gut, dass Sie kommen. Hier ist irgendwas im Beton. Mein Hund hat neulich schon mal angeschlagen.« Sie zeigte aufgeregt auf die Stelle, wo die Schalung am Sockel noch nicht abgelöst war und der Hund das Loch gebuddelt hatte.
»Ist das Ihr Hund, Frau Steif?«, fragte Meier kurz angebunden.
»Ja, das heißt, nein«, gab die Seniorin zur Antwort und fuhr hastig fort: »Das erkläre ich Ihnen später. Bitte sorgen Sie dafür, dass die Verschalung abgenommen wird, damit man sehen kann, was dahinter ist.«
»Frau Steif, das hier ist ein Privatgrundstück. Hier wird gearbeitet, da können Sie nicht den ganzen Betrieb aufhalten«, antwortete Meier verärgert.
»Und ob ich das kann«, fauchte Isabella Steif. »Ich bleibe hier solange stehen, bis die Verschalung entfernt wird und Sie nachgesehen haben, was dort einbetoniert wurde.« Sie machte eine Pause, wedelte aufgeregt mit den Armen und setzte hinzu: »Außerdem krieg' ich den Hund hier einfach nicht weg!«
Kommissar Frisch hatte inzwischen ebenfalls versucht, den Hund wegzulocken, aber das Tier fletschte nun bedrohlich die Zähne und ließ sich von der Suche nach seiner vermeintlichen Beute nicht abhalten.
»Sehen Sie, der Hund kommt einfach nicht mit«, sagte Frau Steif triumphierend.
Meier gab seinem Kollegen ein Zeichen, woraufhin jeder einen Arm der Seniorin ergriff und sie die sich sträubende Frau gemeinsam zum Polizeiwagen schleppten. »Wenn Sie die Baustelle noch einmal betreten, muss ich Sie festnehmen, Frau Steif«, erklärte Meier drohend.
»Aber der Hund .«
»Den holt Herr Frisch jetzt«, bestimmte Meier und hielt die Seniorin weiterhin fest.
»Das wird Ihnen noch leidtun, Herr Meier«, giftete Frau Steif. »Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten in Münster beschweren. Behandelt wird man hier, wie ein Verbrecher. Eine Unverschämtheit ist das!«
Meier äußerte sich nicht dazu, sondern betrachtete stirnrunzelnd, wie schwer es seinem Kollegen fiel, den Hund zu beruhigen. Das Tier ließ sich nur mühsam von der Baustelle entfernen. Nach einigem Hin und Her gelang es Kommissar Frisch aber doch, das aufgeregte Tier wegzuzerren. Kaum hatte er mit dem Hund den Straßenrand erreicht, dröhnte der Motor des Baggers auf und die große Maschine fuhr so dicht vor den Betonsockel, dass die Stelle, die den Hund so erregt hatte, nicht mehr zu sehen war.
»Wenn Sie sich einen Hund anschaffen, sollten Sie erst einmal lernen, damit umzugehen«, tadelte Polizeikommissar Frisch schnaubend vor Anstrengung.
Isabella Steif warf ihm einen empörten Blick zu, griff nach der Leine, hielt sie ganz kurz, zog den unwilligen Hund hinter sich her und eilte davon.
»Frau Steif, das gibt 'ne Anzeige«, rief Meier ihr nach, während sein Kollege sich ziemlich erfolglos den Schmutz von der Hose klopfte.
»Die können Sie mir...
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