Schweitzer Fachinformationen
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April 1580
In einem Keller irgendwo in den Wäldern
Laura versuchte, sich aus der Umklammerung des Mannes zu befreien. Sie trat um sich und biss in alles, was in die Nähe ihrer Zähne kam, wobei es sich dabei nur um spröden, dreckigen und sehr undurchlässigen Stoff handelte, der die Arme des Mannes umhüllte. Ihre mit einem groben Strick lose auf dem Rücken fixierten Hände suchten ein angreifbares Ziel, rissen sich aber an der metallenen Koppel des Mannes die Haut blutig. Das Gesäß des Mädchens rieb durch seine Befreiungsversuche den Schritt des Mannes, was diesen veranlasste, mit geilem Gelächter hervorzustoßen: »Mach weiter, kleine Dirne, man hat ja seine reine Freude an dir und deinen Fluchtversuchen!
Diese Worte bewogen Laura unmittelbar, wie ein nasser Sandsack in der Umklammerung des Mannes zusammenzusinken und sich nicht mehr zu rühren.
»Wag es, du stinkender Teufel, das wird dir der Marschall nicht durchgehen lassen. Eher bringt er dich um, als zuzulassen, dass du sein bestes Pferd im Stall beschmutzt!«
Frustriert stieß der Mann einen stinkenden Atemzug aus, schüttelte den Sandsack, der nun keinerlei freudige Erregung mehr in ihm hervorrief, brutal und schleifte das Mädchen durch den Kellerraum zu einer mit einem riesigen Riegel versehenen Tür. Als er mit einer Hand versuchte, den schweren Riegel aus dem Schließkasten zu ziehen und nur der andere Arm das Mädchen umklammerte, ließ sich dieses mit einem Ruck schwer in die Knie sinken und packte nun mit den gefesselten Händen mit aller Kraft in das nur durch dünne Beinkleider geschützte Gemächt des Mannes. Der Mann schrie auf, ließ den Riegel, der mittlerweile aus dem Gegenstück gezogen war, aber auch das Mädchen fahren, um mit beiden Händen zur Stelle des gepeinigten Körperteiles zu gelangen.
Die Tür öffnete sich wie von Geisterhand, und muffige, stinkende Luft entwich dem Raum der dahinterlag. Ein schwacher Lichtschein einer qualmenden Fackel enthüllte den Ort der Verzweiflung, den Laura so dringend hinter sich zu lassen wünschte. Sie verfluchte ihr Zögern angesichts der drei Augenpaare, die ihr entgegenstarrten, und sah im Augenwinkel gerade noch rechtzeitig die gekrümmte Klaue des Alten, die nach ihr greifen wollte. Beherzt beendete sie das Werk ihrer Hände mit einem schwungvollen Tritt in den Schritt des Mannes, was diesen nun endgültig dazu brachte, wie ein Messer zusammenzuklappen und zu Boden zu sinken.
Anstatt dem Impuls zu folgen, zu den anderen Gefangenen zu eilen, schob sie sich rückwärts und den Mann wachsam im Auge behaltend zu einem Tisch, auf dem ein Brotzeitmesser des Bewachers lag. Mit der einen der gefesselten Hände ergriff sie das Messer, presste es mit dem Griff zwischen ihr Gesäß und den Tisch und versuchte, den groben Strick durch Auf- und Abbewegungen ihres Körpers durchzusäbeln.
Etliche Male schnitt die scharfe Klinge dabei in das weiche Gewebe ihres Handballens und sie schluchzte gepeinigt und wütend auf, bis sie merkte, dass sich die Fesseln durch ihre Bewegungen von selbst lösten und sie das Messer gar nicht weiter zu bemühen brauchte. Als ihr Bewacher sich schon wieder aus seiner verkrümmten Haltung zu erheben begann, waren die Hände frei. Die Rechte des Mannes fuhr mit stählernem Griff an ihre Kehle, doch seine Augen weiteten sich erst erstaunt, dann entsetzt, als er plötzlich einen gewaltigen Druck in der Brust und eine unendliche Schwäche in den Gliedern spürte. Er blickte an sich herab und sah den ehernen Griff seines Brotzeitmessers aus seiner Brust ragen. Ehe seine zitternden Hände sich von der Kehle des Mädchens zum Messer bewegt hatten, brach er in die Knie. Als er mit dem Körper auf dem Boden auftraf, war er bereits tot.
In fliegender Hast entledigte sich Laura ihres Kleides, unter dem sie nur ein einfaches Hemd trug. Sie überwand ihre Abscheu und zog dem Mann das Messer aus der Brust. Da das Herz nicht mehr schlug, hatte das Gott sei Dank nicht den befürchteten Blutschwall zur Folge. Mit einigem Ekel schälte sie den toten Mann, der Gott sei Dank ein schmächtiges Leichtgewicht war, aus seiner einfachen Landserjoppe. Das darunter befindliche Wams war reichlich blutdurchtränkt, und daher verzichtete sie schaudernd darauf. Die schlichte, nicht einmal geschlitzte Pluderhose jedoch konnte sie gerade eben ertragen, denn man erkannte nur wenige Blutstropfen auf dem dunklen Stoff und sie eignete sich hervorragend dazu, ihre weiblichen Formen zu verbergen. Der Gürtel ließ sich in der Taille fest genug ziehen. Die Strümpfe ließ sie unbeachtet, die Schuhe erwiesen sich als viel zu groß. Ihre eigenen Pantöffelchen würden ihre Tarnung Lüge strafen und so beschloss sie, sich barfuß auf die Flucht zu machen. In fliegender Eile wischte sie das Messer am blutbefleckten Wams des Mannes ab, so gut es ging, und begann eine Strähne ihres weizenblonden Haares nach der anderen mit groben Schnitten in Höhe des Halses abzusäbeln. Entsetzt registrierte sie, dass die Unruhe in den Räumen über ihr zunahm. Sie griff nach der Filzkappe ihres Peinigers, stülpte sie über die zerzauste Frisur, steckte das Messer in den Hosenbund, warf einen letzten bedauernden Blick auf die Tür zu ihrem ehemaligen Gefängnis und eilte zur Treppe, die aus dem unteren in den oberen Keller führte.
Am oberen Ende der Treppe angekommen, lugte Laura vorsichtig in das große Hallengewölbe, in dem sie der Wächter vor ein paar Minuten bei ihrem Fluchtversuch aufgegriffen hatte. Es war niemand zu sehen, doch aus dem Raum des Marschalls hörte sie erregte Stimmen.
»Sie sollte dieses entzückende neue Kleid anprobieren, das ihr kürzlich brachtet. Sie war vollkommen nackt, als ich sie nur kurz verließ, um meine Notdurft zu verrichten, Marschall!«, hörte sie Melusines greinende Stimme.
»Ich hab dir aber zigmal gesagt, dass keine von ihnen auch nur einen Moment unbewacht sein darf! Wie kommt es aber, dass sie Zeit hatte, sich wieder anzuziehen und bis zur Klappe zu gelangen?«
Laura schauerte beim Klang der kalten Männerstimme.
Weil es eine geraume halbe Stunde war, in der deine gute Melusine mit einem Wächter geturtelt hat!, dachte Laura von Triumph erfüllt, während sie sich vorsichtig durch die leere Halle tastete. Am gefährlichsten war die Passage der halb geöffneten Tür, durch die die Stimmen drangen. Doch jaulte Melusine dort dem Marschall weiter die Ohren voll und übertönte jeden Laut, der von Laura kommen konnte. Ein kurzer Blick durch den Spalt zeigte Laura überdies, dass der Marschall breitbeinig mit dem Rücken zur Tür vor Melusine stand. Schnell überwand sie die kritische Stelle und huschte zur Treppe, die sie endgültig in die Freiheit führen sollte.
Frustriert erkannte sie, dass die Falltür am Ende der Treppe geschlossen war, aber sie beeilte sich, diese einen Spalt breit anzuheben, um zu erkunden, ob die Luft draußen rein war.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass das Gegreine Melusines aufgehört hatte und dass auch vom Marschall nichts mehr zu hören war. Panisch drückte sie die Falltür gerade so weit hoch, dass sie ihren schmalen Körper ins Freie schlängeln konnte, und ließ die Tür mit einem Knall, der scharf in ihren Ohren widerhallte, fallen. Sie robbte in das dichte Unterholz, das die Falltür von drei Seiten umgab, und zog im letzten Moment ihren nackten Fuß nach, als auch schon ein aufmerksamer Wächter durch den natürlichen Tunnel, der von der Falltür in die Freiheit führte, lugte.
»Ne, is nichts!«, meldete der Mann und zog sich wieder zurück.
Wie eine Schlange wand sich Laura eilig durch das Unterholz und erblickte dann auf einer kleinen Lichtung zu ihrer großen Freude zwei Pferde, die nur nachlässig an einem Baum angebunden waren. Hinter sich hörte sie, dass die Falltür geöffnet wurde und die schneidende Stimme des Marschalls zu wissen verlangte, wer diese eben geöffnet und wieder fallen gelassen habe.
»Niemand, Herr, hier ist keiner!«
»Verdammt, Ihr Idioten! Schaut nach den Pferden!«
Laura verfluchte ihre klammen, zitternden Hände, als sie versuchte, die Zügel des einen Pferdes vom Baumstamm zu lösen. Die fadenscheinige Hose und die Joppe über ihrem dünnen Hemd boten kaum Schutz gegen die nasse Kälte hier draußen. Schon hörte sie die Geräusche sich durch das Unterholz walzender Körper. Als sie schließlich die Riemen freibekommen hatte, sprang sie an der Seite des Pferdes hoch, zog sich mit Kräften, die sie nicht mehr in sich vermutet hatte, in den Sattel, griff nach den Zügeln und grub dem Pferd ihre Fersen in die Seite.
In einem Winkel ihres Bewusstseins registrierte Laura, dass es sich bei dem nervösen Rappen, der aufgrund ihrer Behandlung zunächst wiehernd in die Höhe stieg und mit einem Huf den bereits gefährlich nahe gekommenen Häscher vor die Brust trat, nur um das Pferd des Marschall handeln konnte. Im nächsten Moment stob das Pferd mit seiner spontanen Last buckelnd und schnaubend durch die enge Gasse, die aus dem Unterholz hinausführte. Zweige und Äste rissen an Lauras Kleidung und Haaren und drohten sie aus dem Sattel zu ziehen. Sie duckte sich eng in den Sattel und hielt ihr Gleichgewicht, indem sie ihre Beine fest um den Leib des Pferdes presste. Dies schien dem Pferd eine gewisse Stabilität und Autorität zu vermitteln, denn es hörte auf zu buckeln und schoss wie ein Pfeil aus dem Unterholztunnel hervor. Hinter sich hörte Laura Rufe und Flüche und den Schrei:
»Verdammt, nicht auf das Pferd schießen!«
Sie spürte einen Schlag am seitlichen Hinterkopf, von dem sie meinte, er müsse ihren Schädel gesprengt haben. Während sie mühsam versuchte, die immer verschwommenere Sicht vor ihren Augen...
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