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1. Überlegungen zur Psychologie des Tennisspiels
Die Probleme, die Tennisspieler am meisten verwirren, haben nichts damit zu tun, wie man den Schläger richtig schwingt. Bücher und Berufsspieler liefern genug Informationen dieser Art. Die meisten Spieler beklagen sich auch nicht allzu oft über körperliche Grenzen. Die häufigste Klage, die Sportler und Sportlerinnen schon seit Generationen vorbringen, lautet: »Das Problem ist weniger, dass ich nicht weiß, was zu tun ist, sondern dass ich nicht umsetze, was ich weiß!« Andere häufige Sorgen, die Tennistrainer immer wieder zu hören bekommen, klingen etwa so:
»Im Training spiele ich besser als im Match.«
»Ich weiß genau, was ich mit der Vorhand falsch mache, ich kann wohl nur die Gewohnheit nicht ablegen.«
»Wenn ich mir die größte Mühe gebe, den Schlag so zu spielen, wie es im Lehrbuch steht, verschlag ich den Ball jedes Mal.«
»Wenn ich mich ganz auf eine Sache konzentriere, die ich tun soll, vergesse ich etwas anderes.«
»Jedes Mal, wenn ich gegen einen guten Spieler in die Nähe des Matchballs komme, werde ich so nervös, dass ich die Konzentration verliere.«
»Ich bin mir selbst der größte Feind. Meistens besiege ich mich selbst.«
Die meisten Spieler, die eine Sportart ausüben, haben häufig solche oder ähnliche Schwierigkeiten, aber zu praktischen Erkenntnissen, wie man damit umgehen kann, kommt man nicht so leicht. Der Spieler wird oft mit abgedroschenen Phrasen eingedeckt, zum Beispiel: »Tennis ist ein sehr psychologisches Spiel, und man muss die richtige innere Einstellung entwickeln.« Oder: »Man muss zuversichtlich sein und einen Siegeswillen besitzen, sonst wird man immer ein Verlierer bleiben.« Aber wie kann man »zuversichtlich sein« oder die »richtige innere Einstellung« entwickeln? Diese Fragen bleiben meistens unbeantwortet.
Es scheint also Spielraum für Anmerkungen zu den psychischen Prozessen zu geben, mit denen technische Informationen zum richtigen Treffen des Balls in effizientes Handeln umgesetzt werden. Das Thema des Inneren Tennisspiels ist, wie man die inneren Fertigkeiten entwickelt, ohne die Spitzenleistungen unmöglich sind.
Die typische Tennisstunde
Stellen Sie sich vor, was im Kopf eines eifrigen Tennisschülers vorgeht, der bei einem genauso eifrigen neuen Tennislehrer eine Unterrichtsstunde nimmt. Nehmen wir einmal an, dass der Schüler ein Geschäftsmann im mittleren Alter ist, der sich vorgenommen hat, seine Position in der Klubrangliste zu verbessern. Der Trainer steht mit einem großen Ballkorb am Netz, und weil er sich nicht ganz sicher ist, ob sein Schützling den Stundensatz für gerechtfertigt hält, kommentiert er sorgfältig jeden einzelnen Schlag. »Das war gut, aber Sie kippen die Schlagfläche beim Ausschwingen etwas, Herr Weil. Verlagern Sie jetzt Ihr Gewicht auf den vorderen Fuß, wenn Sie in den Ball hineingehen . Jetzt holen Sie zu spät aus . Ihre Ausholbewegung sollte etwas niedriger sein als beim letzten Schlag . Genau so, viel besser.« Binnen kurzem ist Herr Weil überaus beschäftigt mit sechs Gedanken zu dem, was er tun, und sechzehn Gedanken zu dem, was er lassen sollte. Eine Verbesserung seines Spiels scheint zweifelhaft und sehr komplex, aber der Schüler wie auch der Trainer sind von der sorgfältigen Analyse jedes Schlags beeindruckt, das Entgelt wird mit Freuden bezahlt und der Zahlungsvorgang durch den Rat ergänzt, »all dies zu üben, und schließlich werden Sie eine enorme Verbesserung feststellen«.
Auch ich gebe zu, dass ich als Trainerneuling zu viel belehrt habe, aber eines Tages, als ich in gelassener Stimmung war, ging ich dazu über, weniger zu sagen und mehr zu beobachten. Zu meiner Überraschung korrigierten sich Fehler, die ich zwar gesehen, aber nicht angesprochen hatte, von allein, ohne dass der Schüler je bemerkte, dass er sie einst begangen hatte. Wie kam es zu diesen Veränderungen? Ich fand die Erkenntnis interessant, aber für mein Ego war das ein bisschen schwierig, weil nicht ganz klar war, wie es die der erzielten Verbesserung entsprechende Anerkennung bekommen würde. Ein noch härterer Schlag war die Erkenntnis, dass meine verbalen Anweisungen die Wahrscheinlichkeit zu verringern schienen, die erwünschte Korrektur zu erreichen.
Alle Tennislehrer wissen, wovon ich hier rede. Sie alle haben Schützlinge wie meine Schülerin Dorothy. Ich gab ihr regelmäßig eine sanfte, mit wenig Druck vorgebrachte Anweisung wie zum Beispiel: »Warum versuchen Sie nicht, den Schläger beim Ausschwingen von Hüft- auf Schulterhöhe anzuheben? Der Topspin wird den Ball im Feld halten.« Dorothy gab sich ganz gewiss alle Mühe, meine Anweisungen zu befolgen. Die Muskeln um ihren Mund waren angespannt, die Augenbrauen verrieten Entschlossenheit. Die Unterarmmuskeln waren so verspannt, dass eine fließende Bewegung unmöglich wurde, und der Schläger wurde letztlich nur wenige Zentimeter höher durchgezogen. Die Standardreaktion des geduldigen Trainers lautet an diesem Punkt: »So ist es besser, Dorothy, aber bleiben Sie locker, strengen Sie sich nicht so an!« Der Ratschlag ist zwar gut gemeint, aber Dorothy schafft es nicht, »locker zu bleiben«, während sie sich zugleich die größte Mühe gibt, den Ball korrekt zu treffen.
Warum sollte Dorothy - oder Sie oder ich - eine unangenehme Verspannung erleben, wenn sie eine bestimmte Bewegung ausführt, die vom Ablauf her nicht schwierig ist? Was spielt sich vom Zeitpunkt der Anweisung bis zum Abschluss der Schlagbewegung im Kopf ab? Den ersten Schimmer einer Antwort auf diese Schlüsselfrage hatte ich in einem seltenen Augenblick der Einsicht nach einer Unterrichtsstunde mit Dorothy: »Was immer in ihrem Kopf vorgeht, es ist viel zu viel! Sie ist derart fixiert darauf, den Schläger so zu führen, wie ich es ihr gesagt habe, dass sie sich nicht mehr auf den Ball konzentrieren kann.« In diesem Augenblick nahm ich mir fest vor, weniger verbale Anweisungen zu geben.
Die nächste Unterrichtsstunde hatte ich an jenem Tag mit einem Anfänger namens Paul, der noch nie einen Schläger in der Hand gehalten hatte. Ich war entschlossen, ihn mit so wenigen Anweisungen wie möglich ins Spiel einzuführen, wollte versuchen, seinen Kopf freizuhalten, und dabei beobachten, ob es so besser ging. Also eröffnete ich die Stunde, indem ich Paul mitteilte, ich wolle etwas Neues versuchen: Ich würde die üblichen Erklärungen für einen Anfänger komplett weglassen, die sich auf den Vorhand-Grundschlag und den richtigen Griff, die Schlagtechnik und Beinarbeit bezogen. Stattdessen wollte ich selbst zehn Vorhandbälle spielen, und er sollte mir dabei genau zusehen und nicht überlegen, was ich da tat, sondern nur versuchen, eine bildliche Vorstellung des Vorhandschlags zu entwickeln. Er sollte sich das Bild mehrmals innerlich vor Augen führen und es dann in der Bewegung einfach nachvollziehen. Nachdem ich zehn Vorhandbälle gespielt hatte, stellte sich Paul vor, wie er dasselbe tat. Dann gab ich ihm den Schläger in die Hand, zeigte ihm den korrekten Griff, und er sagte mir: »Mir fiel auf, dass Sie zuerst die Beine bewegt haben.« Ich reagierte mit einem unverbindlichen Brummen und bat ihn, die Vorhand so gut nachzuahmen, wie es ihm möglich war. Er tippte den Ball auf, zeigte eine perfekte Ausholbewegung, zog den senkrecht gestellten Schläger durch, und der Schlag endete mit einer natürlichen, fließenden Bewegung in Schulterhöhe, perfekt für einen ersten Versuch! Aber Augenblick mal, seine Beinarbeit . Seine Beine hatten sich keinen Zentimeter bewegt, seit er die perfekte Ausgangsstellung eingenommen hatte, die der Ausholbewegung voranging. Sie waren wie mit dem Platz verwachsen. Ich zeigte auf die Beine, und Paul sagte: »Ach ja, die habe ich ganz vergessen!« Das eine Element der Schlagbewegung, an das Paul sich zu erinnern versucht hatte, war genau dasjenige gewesen, das er nicht ausführte! Alles andere hatte er aufgenommen und nachgeahmt, ohne dass ein Wort dazu gefallen oder eine Anweisung erteilt worden wäre!
Ich begann zu begreifen, was alle guten Tennislehrer und -schüler lernen müssen: Bilder sind besser als Worte, Zeigen ist besser als Erklären, zu viele Anweisungen sind schlechter als gar keine, und angestrengtes Bemühen zeitigt oft negative Ergebnisse. Eine Frage gab mir Rätsel auf: Was ist falsch daran, wenn man sich anstrengt? Was sind die Merkmale zu großer Anstrengung?
Spielen wie im Rausch
Stellen Sie sich die geistige Verfassung eines Spielers vor, von dem man sagt, er sei »heiß« oder gehe »ganz im Spiel auf«. Denkt er bei jedem Schlag darüber nach, wie er ihn spielen sollte? Denkt er überhaupt nach? Hier sind einige Redewendungen, die man häufig im Zusammenhang mit einem Spieler in Bestform hört: »Er spielt wie im Rausch«, »Er wächst über sich hinaus«, »Er spielt wie in Trance«, »Er weiß nicht, was er tut« . Das verbindende Element bei all diesen Zustandsbeschreibungen liegt darin, dass ein Teil des bewussten Denkens nicht sehr aktiv ist. Athletinnen und Athleten in allen Sportarten bedienen sich ähnlicher Redensarten; und die Besten unter ihnen wissen, dass sie ihre optimale Leistung niemals dann zeigen, wenn sie ganz bewusst daran denken.
Unbewusstes Spielen bedeutet natürlich nicht, ohne Bewusstsein zu spielen. Das wäre wohl ziemlich schwierig! Jemand, der »wie im Rausch« spielt, achtet vielmehr genauer auf den Ball,...
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