Schweitzer Fachinformationen
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(Michael Blohmquiz)
Ich heiße Michael Blohmquiz, und ich bin Journalist - beziehungsweise war Journalist. Bis die Sache mit der Wenner Strom AG passierte, dem größten Energiekonzern für fossile Brennstoffe in ganz Europa. Wer glaubt, dass sich ein solcher Multi durch ein paar kreischende Fridays-for-Future-Kids in die Knie zwingen lässt, glaubt vermutlich auch, dass es sich bei Germanys next Top-Model um einen Nachwuchswettbewerb für Gesangstalente handelt.
Das sind keine Verschwörungstheorien, sondern Tatsachen. Fakten. Schließlich bin ich der Wahrheit verpflichtet. Beziehungsweise war es, bis die Anwälte von Wenner Strom mich in Grund und Boden geklagt haben. Verleumdung aufgrund mangelhafter Recherche. Lächerlich! Ich bin doch kein Provinzjournalist, der über die Inzest-Resultate regionaler Hasenzüchter berichtet. Oder über deren Tiere.
Mein Name ist Mickey Blohmquiz, und ich habe spektakuläre Enthüllungen vorzuweisen. Meine Monatszeitschrift Century war trotz geringer Auflage bei Politikern und Wirtschaftsbossen gefürchtet, immerhin hatte ich rausgefunden, dass der wirkliche Grund für die Verzögerung und Kostenexplosion beim Bau des Berliner Flughafens BER der heimliche Bau eines separaten Alien-Terminals war, um potenzielle Außerirdische inkognito empfangen zu können.
Ich hatte den Wiesel-Skandal ins Rollen gebracht, indem ich nachwies, dass die Bremsleitungen absichtlich mit der Duftnote brünstiger Wieselweibchen versehen worden waren, um die Männchen zum hemmungslosen Durchnagen zu bewegen und damit die Autoindustrie anzukurbeln.
Und ich hatte die AfD-Spitze dazu verleitet, dem König von Sumbawamba nach einem Wahlsieg den Deutschen Bundestag als Sommerresidenz zu versprechen, wo er von Asylbewerbern verwöhnt werden sollte, sofern er dafür sorgen würde, dass einige unliebsame Journalisten in den Kupferminen von Sumbawamba verschwinden würden. Das Gespräch hatte ich mit versteckter Kamera gefilmt und sogar selbst den König gespielt - und zwar gar nicht mal so schlecht, wie Roberto Blanco später bei der Laudatio zur Verleihung des Deutschen Investigativpreises versicherte. Dass die Alternative für Deutschland nach dieser Enthüllung noch um fünf Prozentpunkte zugelegt hatte, brachte mich freilich ins Grübeln.
Das alles und noch viel mehr . hatte ich in meiner Funktion als unbestechliches Gewissen des Volkes getan.
Dann kam Wenner Strom. War es Zufall? Oder Karma? Oder einfach nur eine linke Nummer, um mich aus dem Verkehr zu ziehen?
Ich weiß es bis heute nicht.
Ich weiß nur, dass ich mit meiner alten Jugendflamme Myrte im Segelboot auf dem Weg zu den schwedischen Schären war, als wir zu den Klängen von I'm sailing sozusagen auf halbmast in hohem Bogen aus der Koje flogen.
Erst dachte ich, irgend so ein verfluchter Fisch hätte uns gerammt, ein Wal oder Hai oder ein Riesenkrake. Doch als ich dann die Stimme hörte, wusste ich, dass wir es nicht mit Meeresfrüchtchen zu tun hatten.
"Heiliger Klabautermann", brüllte jemand von achtern. "Fährt mir diese Landratte doch einfach in die Backbordseite rein. Oder ist es doch Steuerbord?"
Ich sprang in meinen Tiger-Tanga, schnappte mir meine Trompete und rannte raus, um dem Typen gehörig den Marsch zu blasen.
"Rechts vor links", brüllte ich, "das gilt überall in der Milchstraße, du Vollpfosten!"
Stille.
Dann erneut die Stimme: "Mickey? Bist du das?"
Der Lichtkegel einer Taschenlampe zitterte auf meinem Gesicht.
"Und wer bist du?", fragte ich ins Licht blinzelnd.
"Na, ich. Dorn."
Ich traute meinen Ohren nicht. "Damien?"
Er sprang zu mir aufs Boot, wo wir uns herzlich umarmten.
"Das kann doch wohl nicht wahr sein", rief Damien euphorisch. "So ein Zufall aber auch!"
Ich glaube nicht an Zufälle, sagte ich das schon?
"Was machst du hier?", fragte ich. Wir hatten uns seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen.
"Segeln", sagte Damien.
"Alleine?"
"Nein, mit ."
Da kam Myrte aus der Kajüte in einem Hauch von Negligé.
"Myrte?", fragte Damien.
"Damien?", fragte Myrte.
"Ihr kennt euch?", fragte ich baff.
"Und wie .", sagte Damien gerade, als ich die Frau auf seinem Boot entdeckte.
"Carol?"
"Mickey?"
"Häh?"
Kurz darauf nahmen uns Damien und Carol ins Schlepptau und brachten uns in den Hafen von Arholma, wo wir eine feuchtfröhliche Nacht verbrachten. Damien und ich kannten uns von der Penne in Hamburg-Eimsbüttel, wo wir zusammen Abi gemacht hatten. Es stellte sich heraus, dass Carol und Myrte sich ebenfalls von der Schule kannten, allerdings von der Militärakademie in Bratislava, wo sie Anfang der Neunzigerjahre ihren Kriegsdienst abgeleistet hatten. Die Welt ist ja so klein!
Na egal. Als die Ladys ihre Näschen pudern wollten, nutzte ich die Gelegenheit, um meinem alten Kumpel auf den Zahn zu fühlen.
"Hattet ihr mal was miteinander?"
"Ich und Myrte? Nein. Wie kommst du darauf?"
"Keine Ahnung, als ihr euch vorhin Küsschen gegeben habt, kamt ihr mir recht vertraut miteinander vor."
Damien beugte sich vor und flüsterte: "Das liegt daran, dass ich mich mit Mädels auskenne, Sugar Boy."
Seine Pranke landete auf meiner Schulter, und ich stimmte in sein Lachen ein, obwohl mir die Sache spanisch vorkam. Ich wechselte das Thema. "Bist du immer noch in Sachen Wirtschaftsberatung unterwegs?"
Nachdem seine Eltern auf so grauenvolle wie mysteriöse Weise in ihrem Auto verbrannt waren, wurde Damien publikumswirksam vom damaligen Hamburger Bürgermeister adoptiert und von klein auf in die Welt der Politik eingeführt. Nachdem sein Adoptivvater ertrunken war, als er sich der letzten Sturmflut entgegengestellt hatte, gelang Damien ein rascher beruflicher Aufstieg, dessen Weg zum Stadtoberhaupt abrupt endete, als ein Journalist des Hamburger Morgenfrust behauptete, dass Damien seinen Adoptivvater an jenem Abend vorher mit einem 6,66-prozentigen Schnaps abgefüllt hätte. Damien zog sich zurück, studierte Jura und gründete eine Firma für Wirtschaftsberatung, die bereits nach einem Jahr mehr Geld abwarf, als Damien in der Politik in zehn Jahren hätte verdienen können. Eigentlich hätte er also dem Enthüllungsjournalisten dankbar sein müssen, doch der hatte sich mittlerweile in einer Kathedrale erhängt.
"Aber nein", lachte Damien. "Die Wirtschaftsberatung liegt lange hinter mir. Ich bin jetzt Hot-Dog-Verkäufer bei Hagenbecks Tierpark."
Er grinste mich an, und ich hätte es ihm fast abgekauft, als ich mich wieder an seinen schrägen Humor erinnerte. Einmal hatte er mit Pokerface behauptet, sein wahrer Vater sei Fritz Teufel.
"Das mit den Hot Dogs ist doch Quatsch", sagte ich deshalb.
"Stimmt, ich verkaufe bloß Popcorn", erwiderte Damien und fing an zu weinen. "Ich wollte bloß angeben."
"Ey, das tut mir echt leid." Ich legte meine Hand auf seine Schulter. "Du, wenn ich irgendwas für dich tun kann ."
Er hob den Kopf und brüllte los, wobei ihm die Spucke so davonflog, dass einige Gäste angewidert das Lokal verließen.
"Ich wusste, ich krieg dich", japste er und schnäuzte sich in ein Taschentuch. "Du bist noch genauso leichtgläubig wie früher."
Ich ärgerte mich über seine Bemerkung, sagte aber nichts.
"Du arbeitest also nicht im Tierpark", versuchte ich das Gespräch zurückzulenken.
"Was soll ich in einem Zoo, wenn man die Viecher nicht mal essen darf?" Damien winkte prustend ab. "Ich bin jetzt in der Finanzbranche tätig. Wagniskapital, Exchange Traded Funds, Renten-Fonds - alles, was Spaß macht."
Ich hatte mehrere kritische Artikel über das unverantwortliche Handeln der Broker während der Finanzkrise 2008/9 geschrieben. Hauptsächlich deshalb, weil ich selber zehntausend Mäuse verloren hatte.
"Da gibt es so eine Sache", flüsterte Damien und winkte mich zu sich. "Die ist aus meiner Sicht nicht astrein."
Nicht astrein? In der Finanzbranche? Wer hätte das gedacht!
"Was du nicht sagst!", murmelte ich.
"Das muss aber unter uns bleiben, Sugar Boy. Unter gar keinen Umständen darf mein Name fallen! Habe ich dein Ehrenwort?"
Ich nickte. "Indianerehrenwort! Also, worum geht's?"
Nachdem Damien sich umgesehen hatte, flüsterte er: "Um Wenner Strom."
Ich war wie elektrisiert. Die Wenner Strom AG war der größte Energieerzeuger Europas mit Dutzenden von Atomkraft- und Braunkohlewerken, weshalb sie besonders empfindlich von der Energiewende betroffen war. Der Vorstandsvorsitzende war ein besserer Schauspieler als Dustin Doofmann, weshalb ihn die PR-Abteilung gerne in Talkshows schickte, wo er Oscar-reif in Tränen ausbrach, wenn er das Ende der Braunkohle mit dem Schicksal seiner dementen Mutter in Verbindung brachte.
Hinter vorgehaltener Hand flüsterte man allerdings, dass die Chefetage von Wenner Strom - ganz besonders Wenner Senior - derart enge Beziehungen zur Politik pflegte, dass die Wenner Strom AG von allen Berliner Beschlüssen profitierte, und sei es durch milliardenschwere Entschädigungszahlungen.
"Was hast du denn mit Wenner Strom zu tun?", fragte ich.
Sein Blick wurde ernst. "Ich hatte mal was mit Veronika, der Tochter von Wenner Senior. Bloß 'ne Urlaubsaffäre auf Ibiza. Sie kam täglich auf ein Schäferstündchen zu mir ins Hotel. Als sie gerade duschte, fiel mir einmal ihre Handtasche ins Auge. Ich bin ja eigentlich...
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