Prolog
Die Prophezeiung:
Wenn der Berg erwacht und der Himmel brennt,
wenn der eine Freund den andern nicht kennt,
wenn die Aura wird leuchten und der Kranich wird fliegen,
die Planeten am Himmel übereinander liegen,
wenn der Mond steht in Flammen und die Sonne nicht scheint,
wird ein schwarzes Loch mit der Erde vereint.
Am Abgrund sind die Avatare und warten auf das Wunderbare,
vereinen sich mit Ring und Schwert, ins Gegenteil der Sturz verkehrt.
Wenn einer kommt und bringt das Licht erleuchtet wird die Nacht.
Ins schwarze Loch stürzt Erde nicht, das Leben wird entfacht.
Doch nur wenn Mensch und Zwerg zugleich, die Avatare reiten,
erneuert sich das Erdenreich, erneuern sich die Zeiten.
Aufgrund dieser Zeilen wurden die Zwillinge Thramis und Thox mit dem Hohen Magier Thuy und dem Alchimist Thorex auf die Suche nach den Ovarien der Corryx geschickt, denn ihre Cousine Cyra wollte zwei davon zu ihrer Mutter bringen, um sie zu heilen. Allerdings tat sie das ohne die Erlaubnis ihres Va-ters König Borus von Cantherstein.
Die Ovarien tragen die Macht der Corryx in Form von Kreatu-ren, den sogenannten Avataren in sich, die die vier Elemente Feuer, Wasser, Himmel und Erde verkörpern, und mussten am Tag des Flammenmondes beisammen sein, um die Welt zu er-neuern und nicht zu zerstören. Zudem galt es eine auserwählte Person zu finden, die die Magie der Corryx entfachen konnte.
Sie durchsuchten fünf Tage lang ganz Feryland und kämpften in ihrer mittelalterlichen Welt voller Magie gegen Trolle, trafen auf den Zwergenkönig Bartus und mussten viele Abenteuer auf ihrem Weg bestehen. Auf der Suche trafen sie auch auf Ulli, ein einfacher 12jähriger Junge aus Wallrupp. Er entwickelte unge-ahnte Fähigkeiten und wurde gemeinsam durch den Zwergen-könig Bartus Thunn und dem König der Menschen Borus Can-ther geadelt und trotz seines jugendlichen Alters zum königli-chen Berater ernannt.
Doch jetzt war es soweit. Der Flammenmond erschien am Him-mel.
*
"Da!", rief General Hok: "Es geht los."
"Wirklich", sagte Bartus: "Wenn die Planeten übereinanderlie-gen, ist es so weit. Schaut doch, der Mond schiebt sich vor die Sonne. Wahnsinn. "
Langsam, aber sicher schob sich der rubinrote Mond vor die Sonne und verdunkelte die Umgebung. Es wurde still. Es wurde sogar sehr still.
Kein Vogelgezwitscher, kein Insektengebrumm, kein Lüftchen regte die Blätter in den Bäumen. Es war richtig unheimlich. Der Rubinmond hatte nun die Hälfte der Sonne bedeckt. Es wurde dunkler. Aber es war eine andere Dunkelheit als bei einer Däm-merung. Es war nicht hell, aber auch nicht Nacht. Je mehr der Rubinmond die Sonne bedeckte, desto roter wurde das Licht.
Gebannt schauten alle durch ihre schwarzen Opale, die zum Schutz der Augen dienten, in den Himmel. Der kleine Ulli sagte: "Wir sollten uns jetzt aufstellen. Es dauert nicht mehr lange. " Borus trat zu Ulli und überreichte ihm das Schwert Noc-tum und den Siegelring Album. Ulli steckte sich den Ring an den Finger, doch er war ihm zunächst viel zu groß. Doch es dauerte nicht lange und der Ring Album passte sich von selbst seinem Finger an. Ulli war überrascht, und hob unvermittelt seine Hand in die Höhe, ohne dass er es wollte. Es ging irgend-wie von selbst und alle konnten sehen, dass der Ring passte. Seine andere Hand hob das Schwert Noctum in die Höhe und ein bunter Plasmabogen leuchtete fahl zwischen Ring und Schwert.
Es wurde zunehmend dunkler und der Rubinmond stand nun kurz vor der totalen Überlagerung. Das rote Licht tauchte die ganze Welt in falsche Farben. Was rot war erschien hell, als ob es weiß wäre. Was grün war wurde schwarz. Zunächst um-rahmte ein Lichtkranz Sonne und Mond und der letzte Licht-strahl der Sonne funkelte wie ein Diamant am Himmel. Alle schauten nach oben: "Der Diamantring! Das ist der Diamant-ring ", rief Ulli. Dann leuchtete eine Korona auf und der ganze Rubinmond stand in Flammen. Die Mondscheibe verdeckte nun komplett die Sonne und der Flammenmond stand am Himmel! Er strahlte heller als der Tag und tauchte kurzzeitig alles in oranges Feuer. Orange-gelbe Flammen umringten den leuch-tend roten Mond. Der Lichtkranz waberte und der Flammen-mond zeigte sich in voller gefährlicher Schönheit. Orange, Rot, Gelb, Orange, Rot, Gelb, wechselten sich ab und umzüngelten ihn. Es sah aus, als würde der Mond und der ganze Himmel brennen.
Alle staunten und man hörte nur noch "Oooh!" und "Aaah!" Selbst die Schwarztrolle, die sich vor der Sonne versteckten, konnten nicht umhin und schauten dem Himmelsspektakel zu. Aus der Hundertschaft der Soldaten hörte man Gejubel und an-erkennende Pfiffe. So etwas Schönes hatte noch keiner jemals gesehen.
Fasziniert von der Schönheit am Himmel hätte Ulli fast verges-sen, weswegen er hier war. Thorex rief ihm zu: "Los jetzt, komm, sonst ist es zu spät."
Als Alchimist und Sternenkundler wusste er nur zu gut, dass nach einigen Minuten der Mond an der Sonne vorbeigezogen sein würde.
Ulli riss seinen Blick vom Flammenmond los und stellte sich mit gezogenem Schwert mitten auf den Weg. Er zeigte mit Noc-tum auf den Mond und rief: "Votum Aurelia - Corryx No-vum." Sofort bildete sich seine Regenbogen-Aurelia und wei-tete sich aus. Sie umfasste bald mindestens 100 Schritte im Durchmesser und alle schauten ihm gebannt zu, wie er in krei-senden Bewegungen Noctum über seinem Kopf schwang.
"Votum Aurelia - Corryx Novum", rief er wieder doch seine Stimme war verändert. Es hörte sich an, als ob das zwei oder drei Personen oder eine ganze Gruppe sagen würde. Ullis Stimme war zwar noch eindeutig zu erkennen, aber viele Stim-men redeten mit.
"Schaut doch, Ulli" rief Ella und deutete auf ihn: "Er verändert sich. "
Und tatsächlich. Ulli wurde größer und größer seine Stimme wurde tiefer und tiefer. Er wuchs und wuchs und war schon so groß wie eine ausgewachsene Tanne.
"Votum Aurelia - Corryx Novum", donnerten die Stimmen und die Luft schien zu beben. Zwischen dem Ring und dem Schwert Album wurde der bunte Plasmabogen hell und er leuchtete stärker als die Sonne bei Tag.
"Der Lichtbringer", raunte Bartus zu Borus. Der riesige Ulli spreizte seine Beine und stand nun gegrätscht da. Er schaute an sich herunter und unter ihm bildete sich ein schwarzes Loch.
"Kommt, meine Avatare", sagte Ulli mit der unheimlichen tie-
fen Stimme: "Kommt zu Corryx."
Thorex, Thuy, Thramis und Thox stellten sich im Kreis um das schwarze Loch und vereinigten sich mit ihren Avataren Rubis, Baleum, Flavis und Iridia.
Thramis blickte hinein, doch er konnte nichts erkennen. Es war als wäre er Blind. Es sah schwarz aus, war aber irgendwie an-ders. Es fühlte sich nicht schwarz an, sondern eher wie nichts. Wie Leere oder wie sich Blindheit anfühlen musste.
Corryx alias Ulli rief mit seiner vielfachen Stimme: "Avatare, ihr habt mir den Lichtbringer gebracht! Ihr seid gekommen, um die Weltordnung zu erneuern. Gebt Corryx, was Corryx ge-hört. "
Thox spürte, dass er sich übergeben musste und spuckte Lava in das schwarze Loch. Es tat weh. Er spuckte und spauzte. Er bekam kaum noch Luft. Mit letzter Kraft rief er: "Votum Au-relia Corryx Novum! -"
Es donnerte und krachte. Die Erde bebte und der Flammen-mond erzitterte.
Thuy rief ebenfalls: "Votum Aurelia - Corryx Novum!" und spie eine immens große Menge Wasser in einem großen Schwall hinterher. Es zischte und knarzte und die Lava er-starrte.
Thorex tat es den beiden gleich und rief: "Votum Aurelia - Corryx Novum!" Er spuckte sein Feuer ins schwarze Loch und die erstarrte Lava zerplatzte in fürchterlichem Getöse.
Zuletzt schickte Thramis mit "Votum Aurelia - Corryx No-vum!", seine grellen Lichtblitze hinein und es krachte und bebte. Die Luft erzitterte, war elektrisch geladen und es knister-ten die Funken.
"Votum Aurelia - Corryx Novum", rief Corryx und er blähte sich auf wie ein Ballon, bis er letztendlich zerbarst.
Die Druckwelle sprengte die Avatare auseinander und es war auf der Stelle dunkel. Ulli wusste nicht mehr, wo er war. Es war stockdunkel. Er sah nichts mehr. Rein gar nichts konnte er se-hen. Es war alles schwarz.
"Bin ich tot?"
"Nein, ich bin nicht tot, sonst würde ich ja nicht denken kön-nen."
"Thramis?", rief er in die Nacht.
"Ich bin hier", hörte er.
"Ich auch", riefen die anderen.
"Wo sind wir? Sind wir jetzt doch im schwarzen Loch?"
"Ich weiß es nicht", kam die Antwort einer Frau. Es war aber nicht Ella und nicht Cyra. Aber die Stimme kannte er: "Mama?", rief er in die Nacht.
"Alles wird gut", sagte eine Männerstimme: "Papa?", rief Ulli erneut. In einiger Entfernung sah er ein kleines Licht.
Das Licht wurde größer und es wurde heller. Er hörte Vogelge-zwitscher.
"Ist es vorbei?", fragte er in die Dunkelheit.
"Alles wird...