Schweitzer Fachinformationen
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Jil Eileen lebt ein normales Leben, doch der Wunsch nach Weiterentwicklung treibt sie an. Schließlich wagt sie es, kündigt Wohnung und Festanstellung, dann geht es los: in zwölf Monaten rund um die Welt - und das ganz allein. Sie lernt nicht nur neue Kulturen und Menschen kennen, sondern auch sich selbst. Getrieben von ihrer Reiselust und der Erkenntnis, dass sie unterwegs endlich bei sich selbst angekommen ist, schlägt sie auch über die Weltreise hinaus eine neue Richtung in ihrem Leben ein.
Sansibar
Sansibar, Tansania, 3 Uhr morgens. Hinter mir lag der längste Flug, den ich jemals erlebt hatte, vor mir der erste Stopp meiner Weltreise. Am Gepäckband griff ich nach meinem Backpack. 14 Kilo auf den Rücken und neun Kilo Handgepäck vor die Brust. »Eins . zwei . drei!«, zählte ich jedes Mal flüsternd vor mich hin, bevor ich mir die Gurte der schweren Rucksäcke, die fast so groß waren wie ich, laut atmend über die Schultern streifte. Aufgeregt steuerte ich den Ausgang an und suchte die wartenden Menschen am Gate nach der Person ab, die dort auf mich warten sollte.
Mein erstes und bislang einziges Jahr als Solo-Backpack-Reisende zu planen und zu organisieren, war eine meiner bisher größten Herausforderungen. Mein Leben lang war ich die klassische Pauschalreisende gewesen. Ich kannte Hotelurlaube mit riesiger Buffetauswahl und Poolanlage, privaten Zimmern, sauberen, bequemen Betten und fließend warmem Wasser. Das Reisen mit einem Backpack, in dem weniger verstaut war als das, was ich in einer Woche in Deutschland zum Leben genutzt hatte, kannte ich genauso wenig wie eine Übernachtung im Hostel mit wildfremden Menschen oder das Alleinreisen. Um also zuerst einmal in das Solo-Backpacker-Leben hineinzuwachsen, wollte ich mit einem Freiwilligenjob in einem Kindergarten in Nungwi, einem kleinen Ort nördlich der Hauptstadt Sansibar-Stadt, starten. Durch die Organisation, bei der ich diesen Freiwilligendienst leistete, sollten mich nicht nur ein sicherer Transfer und eine Unterkunft mit Verpflegung erwarten, sondern auch Menschen, die ich jederzeit um Rat fragen konnte. Trotz der Organisation war ich extrem aufgeregt, was und wer auf mich warten würde, und hoffte sehr, dass mein erster Stopp nach Plan verlaufen würde.
Als ich am Gate zwischen all den Passagieren und Abholservices einen großen, sympathisch aussehenden jungen Mann stehen sah, der durch sein orangefarbenes T-Shirt mit dem Aufdruck der Organisation auffiel, ging ich auf ihn zu und konnte auf dem Schild in seiner Hand meinen Namen lesen. »Jambo, Jil!«, sagte er mit freundlichem Grinsen im Gesicht und nahm mir mein Gepäck ab. Daraufhin zögerte er und sah mich für einen kurzen Moment an. »We can not drive to Nungwi«, sagte er mit entschuldigendem Blick und zuckte dabei leicht mit den Schultern. Ich sah zu ihm hinauf. »The petrol is empty«, fuhr er fort. Ich stutzte. Er erzählte mir, dass die Menschen schon seit Tagen darauf warteten, dass sich die Tanklaster wieder füllten, und ich merkte, dass es ihn nicht einmal ärgerte oder verwunderte. Natürlich wusste ich, dass so etwas in Afrika häufiger passierte, doch so naheliegend es auch war, dass die Menschen, die hier lebten, nicht den Luxus kannten, den ich gewohnt war, war die Situation für mich dennoch neu.
Umso glücklicher war ich über die Hilfe meiner Organisation. Die Alternative zu Nungwi war eine andere, näher liegende Unterkunft in Stone Town, einem Stadtteil von Sansibar-Stadt, in der ich vorrübergehend untergebracht werden konnte. Ohne zu wissen, wie lange ich dort bleiben müsste, sollte ich mit dem letzten Rest Benzin im Tank dorthin gefahren werden. »Zu früh gefreut«, ging mir auf dem Weg zum Wagen enttäuscht durch den Kopf. Ich wollte endlich ankommen. Da seit meinem ersten Flug mittlerweile mehr als 24 Stunden vergangen waren, spürte ich neben meiner noch immer anhaltenden Aufregung die Erschöpfung in den Knochen und die Müdigkeit an meinen schweren Augen.
Beim Auto wartete ein Mädchen meines Alters auf uns. Sie war, genau wie ich, gerade erst angekommen und sollte mit mir nach Stone Town gebracht werden, um dort freiwillig zu arbeiten. Gemeinsam rumpelten wir über schlecht ausgebaute, buckelige Straßen, während wir auf der Rückbank von rechts nach links geschleudert wurden, bis wir schließlich die Unterkunft erreichten und unser gemeinsames Zimmer bezogen. Wir sahen uns um und waren schockiert; alles war dreckig und versifft. Der Boden, die Decke und sogar die Bettlaken. Hochbetten, die so instabil waren, dass sie fast in sich zusammenfielen, Kriechtiere in jeder Ecke. »Hier schlafe ich nicht!«, rief das Mädchen sofort. »Das können die vergessen.«
Wenn ich eins gewusst hatte, als ich mich auf diese Reise eingelassen hatte, dann, dass ich durch sie meine Komfortzone verlassen würde. Dass ich einen Großteil der Zeit in dreckigen, heruntergekommenen, dafür aber günstigen Unterkünften verbringen würde. Es war mir nicht nur klar, sondern es war genau das, was ich wollte: Herausforderung und ein ganz anderes Leben als das, das ich zu Hause hinter mir ließ. Die Ansprüche an meine Schlafplätze waren gering, die meiner Zimmernachbarin hingegen nicht. Sie fing an, sich ununterbrochen zu beschweren. Während sie nervös durch das Zimmer lief, versuchte sie, ihre Familie zu erreichen, und wäre am liebsten sofort wieder abgereist. Ich, als ihre einzige Leidensgenossin in diesem Raum, bekam alles ab und so sprach ich ihr gut zu, während meine Augen immer schwerer wurden und ich nur noch daran dachte, endlich einzuschlafen. Ich war kaputt. K. o. vom Wachsein und müde vom Reden. Außerdem befand auch ich mich in einer Situation, in der ich lieber nicht gewesen wäre. Meine erste Nacht auf Weltreise lief anders als geplant und dazu hatte ich keine Ahnung, wann ich endlich nach Nungwi konnte. Gegen 4 Uhr morgens schliefen wir für ein paar Stunden ein.
»Es gibt Neuigkeiten!« Nachdem ich einen müden, langen und vor allem regnerischen Morgen in der Unterkunft und am nahe gelegenen Strand verbracht hatte, begrüßte mich eine Mitarbeiterin der Organisation mit einer positiven Nachricht. Die Benzinkanister füllten sich und ich konnte weiterfahren. Vor Freude fiel ich ihr fast um den Hals, lief ins Zimmer und packte so schnell wie möglich das bisschen Zeug zusammen, das ich für die letzte Nacht gebraucht hatte. Noch immer trug ich dieselben Klamotten wie vor 36 Stunden und 6.972 Kilometern. Weil mein Rucksack perfekt gepackt und sortiert war, hatte ich nicht einmal daran gedacht, etwas daraus auszupacken. Das wollte ich mir für meinen Zielort aufheben.
Nur wenige Minuten später wartete ich vor der Tür des Hauses, bereit zur Abfahrt, bis ein Jeep mit zwei jungen Männern vorgefahren kam. Kommentarlos kamen sie auf mich zu, räumten mein Gepäck in den Wagen und stiegen sofort wieder ein. Es war komisch, auf der Rückbank eines Autos mit zwei fremden Männern zu sitzen, die nicht nur wie wild durch die kaputten und alten Straßen Stone Towns fuhren, sondern auch nicht ein Wort von dem hätten verstehen können, was ich ihnen hätte erzählen können, oder andersherum. Ich war heilfroh, meine Notunterkunft und diese völlig überfüllte dreckige Stadt zu verlassen, und sammelte neue Kraft für das Abenteuer, das mich erwartete: das Paradies Sansibars.
Während ich stumm dasaß und mich an meinem Gurt festklammerte, hielten die Männer plötzlich am Straßenrand an und stiegen aus. Ich wurde skeptisch. Es kam mir ohnehin alles fremd vor und ich hatte keine Ahnung, was die beiden vorhatten. Als ich meinen Kopf über den Rand des großen Wagens streckte und aus dem Fenster blickte, sah ich die beiden, wie sie auf einen bunt geschmückten, mit Bananenbündeln und Ananas behangenen Stand zugingen, in dem eine ältere Frau saß. Sie kauften sich eine Ananas am Stiel, kamen zurück in den Wagen, bissen einige Male ab und hielten mir den angebissenen Ananasstiel vor mein Gesicht. An ihrer Gestik und Mimik bemerkte ich ihr Angebot, auch einen Bissen zu nehmen, also griff ich nach dem Stiel und probierte die beste Ananas meines Lebens. Nach dieser etwas merkwürdigen Situation lächelte ich sie dankbar an, reichte ihnen die Ananas zurück und es ging weiter, bis ich den Aufdruck der Straßenschilder sah. Endlich! Ich war in Nungwi.
Die Straßen Nungwis waren um einiges dörflicher als jene in Stone Town. Weniger Menschen, weniger Verkehr, weniger Enge.
»Alles richtig gemacht!«, dachte ich sofort. Ich griff nach meinem Gepäck, stieg aus dem Wagen und bedankte mich bei den beiden Fahrern, die sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht von mir verabschiedeten.
Das Haus, in dem ich die nächsten vier Wochen leben sollte, lag umgeben von abgelegenen Straßen, die den verlassenen, staubigen Feldwegen ähnelten, die ich aus meinem dörflichen Zuhause kannte. Immer wieder liefen wilde Kühe und Hunde vorbei. Die Unterkunft war genauso alt und brüchig wie all die anderen Häuser in der Nachbarschaft. Was sie jedoch von den anderen Gemäuern unterschied, waren die steinige Mauer und der riesige Stacheldrahtzaun, die sie umringten. Anfangs verunsicherte mich die Tatsache, dass das Haus von den anderen Freiwilligen und mir das einzige in der Straße war, das ganz besonders gesichert war. Gegenüber meiner Unterkunft erblickte ich einen kleinen bescheidenen Kiosk, in dem es Snacks, Getränke und SIM-Karten zu kaufen gab. Er entpuppte sich als Kiosk unseres Vertrauens. Alle paar Tage gingen wir dorthin, um unsere SIM-Karten für nur wenige Tansania-Schilling mit einer einigermaßen funktionierenden Internetverbindung aufzufüllen oder uns am Abend mit ein paar Drinks oder Snacks auszustatten. Ich fühlte mich jedes Mal zurück in die Steinzeit versetzt.
Im Haus gab es Platz für zehn Leute, neun von ihnen waren schon da. Also machte ich die Runde als »die Neue« komplett....
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