Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Es war ein golden schimmernder Oktobernachmittag und ich rollte auf meinem Skateboard die Straße entlang. Als ich in die Einfahrt zu unserem Haus bog, entdeckte ich, verborgen zwischen den kahlen Sträuchern, unseren Pinguin, der mit gerecktem Hals zum Nachbargrundstück hinüberblickte.
»Hey, Jolle«, rief ich. »Was machst du denn da?«
Erst jetzt erkannte ich, dass ihm mein altes grünes Kinderfernglas um den Hals baumelte.
»Pst«, machte Jolle und legte eine Flosse an seinen Schnabel. »Sei leise! Du störst mich bei meinen Ermittlungen!«
»Ermittlungen?«, fragte ich. »Was denn für Ermittlungen?« Ich nahm das Skateboard hoch und stellte es in die Garage. Dann ging ich zu Jolle, baute mich neben ihm auf und versuchte herauszufinden, wen oder was er in Frau Schmittkes Garten entdeckt hatte. »Da ist doch gar nichts!«
»Ich verwette einen Kabeljau darauf, dass gleich etwas passiert«, wisperte Jolle. »Und dann bin ich zur Stelle!« Er klopfte sich auf seinen Schal, den er zu einem Beutel zusammengeknotet und sich vor den Bauch gehängt hatte.
»Was ist denn dadrin?« Ich ertappte mich dabei, dass ich ebenfalls flüsterte, obwohl niemand zu sehen war.
Jolle öffnete den Beutel, sodass ich einen Blick hineinwerfen konnte. »Alles, was ein guter Ermittler braucht.«
Zuerst fiel mir das alte Walkie-Talkie meiner Schwester Rieke ins Auge, mit dem sie früher immer durch die Gegend gezogen war. In der Tasche waren außerdem Papas Diktiergerät, eine Lupe, ein Notizbuch, Stifte, Absperrband, das Fingerabdruckset aus der Kinderzeitschrift, die Mama ihm neulich im Supermarkt gekauft hatte, und ein . »Ihhhh, Jolle, das ist eklig«, entfuhr es mir, als ich den wabbeligen alten Fisch entdeckte. Früher hatte ich mich nicht besonders gut mit Meeresbewohnern ausgekannt, doch seit Jolle bei uns lebte, wusste ich, dass es sich hierbei um einen Kabeljau handelte. Der hatte bis vor Kurzem wahrscheinlich noch ahnungslos mit seinen Kumpanen in unserem Tiefkühlfach in der Küche gelegen.
»Wer weiß, wie lange das hier dauert«, sagte Jolle. »Nicht, dass ich mich am Ende noch durch einen knurrenden Magen verrate. Das wäre sehr unprofessionell.«
»Aber ein Ermittler, der eine stinkende Fischfahne hinter sich herzieht, ist doch auch nicht viel professioneller, oder?«, gab ich zu bedenken.
»Stimmt«, sagte Jolle. »Ich könnte schon eine Kleinigkeit vertragen.«
Schneller, als ich gucken konnte, tauchte er seinen Kopf in den Beutel und klapperte mit dem Schnabel. Ich drehte mich weg, weil ich Angst hatte, dass er gleich einen seiner ekligen Fischrülpser ausstieß. Dass noch niemand davon in Ohnmacht gefallen war, wunderte mich immer wieder.
»Ah, das tat gut«, schmatzte er, als er fertig war, und rieb sich den Bauch. »Jetzt sind meine Sinne wieder hundertprozentig geschärft!«
»Was erhoffst du dir eigentlich? Glaubst du, dass Frau Schmittke .«
»Pst«, machte Jolle wieder. »Es tut sich was!«
Ich reckte meinen Kopf, um zu sehen, was auf der anderen Seite des Zauns los war.
Unsere Nachbarin war aus der Haustür getreten, die wir von hier aus super im Blick hatten. »Ja fein, mein Johnnylein!«, säuselte sie und tätschelte ihrem Hündchen den Kopf. Das war nichts Ungewöhnliches, denn so redete sie immer mit ihm. Auch dass Johnny einen kleinen kuscheligen Hundemantel trug, war normal. Gerade jetzt im Herbst, wo es kälter wurde, war er eigentlich nie ohne Kleidung zu sehen.
»Guten Tag, Frau Schmittke!«, rief mein Vater, der gerade auf unser Grundstück gejoggt kam. »Ein herrlicher Herbsttag, oder?«
»Mensch, Papa«, murrte Jolle leise.
»Ein herrlicher Tag, um mal wieder das Laub auf Ihrem Grundstück zusammenzukehren«, gab unsere Nachbarin zurück. »Die Blätter von Ihrem Baum«, sie deutete auf die Birke in unserem Garten, »fliegen alle zu mir herüber und ich habe dann die Arbeit! Meine Biotonne quillt schon über von Ihrem Unrat!« Sie schüttelte den Kopf. »Und in der Zeit, in der ich Ihre Blätter auflesen muss, kann ich mich nicht um meinen kleinen schnuckeligen Johnny kümmern.«
Papa sprang locker auf der Stelle auf und ab. »Ach, Frau Schmittke«, schnaufte er, »Sie wissen doch: Regelmäßige Bewegung hält Geist und Körper fit. Nichts für ungut!«
Dann winkte er und joggte weiter in unsere Richtung. Er war von Beruf Fitnesstrainer und nutzte jede Gelegenheit, sich sportlich zu betätigen. »Thea!«, japste er überrascht, als er uns im Gebüsch entdeckte. »Jolle!«
Unser Pinguin gab ihm mit der Flosse ein Zeichen, still zu sein, woraufhin sich Papa neben uns hockte und ebenfalls über den Zaun zu unserer Nachbarin blickte. »Hab ich was verpasst?«
»Jolle ist einem Verbrechen auf der Spur«, erklärte ich. »Aber er weiß noch nicht, welchem.«
»Hast wohl zu viele Krimis geguckt, was?« Papa tätschelte unserem Pinguin den Kopf.
»Ha, ha«, machte Jolle. »Warum kümmert ihr euch nicht um euren eigenen Lachs? Lasst mich doch hier in Ruhe meine Arbeit erledigen.«
Als der Pinguin vor ein paar Wochen in unserem Garten aufgetaucht und zu dem Entschluss gekommen war, bei uns zu wohnen, hatte niemand ahnen können, dass sein größtes Hobby Fernsehgucken werden würde. Klar, er fuhr auch gerne Skateboard oder kam mit zum Einkaufen - aber seit er das erste Mal einen Krimi gesehen hatte, war er ganz verrückt danach.
»Zum Glück findet er den Homeshopping-Kanal inzwischen langweilig«, raunte ich Papa zu.
»Hör mir auf«, sagte der. »Ich habe immer noch die 5-Kilo-Dose >Ingwerkapseln für das allgemeine Wohlbefinden< in meinem Büro stehen, von denen Jolle leider Sodbrennen bekommt. Und ein Zehnerpack Mundspray, das ihm zu scharf ist. Ach ja, die Heizdecke nicht zu vergessen - wirklich elementar wichtig für einen Pinguin.« Er verdrehte die Augen.
»Ha!«, rief Jolle plötzlich. »Habt ihr das gehört? Na los, sagt schon!«
»Wovon redest du?«, fragte Papa.
Jolle deutete mit der Flosse in Frau Schmittkes Richtung. »Erpressung!«, zischte er. »Das war Erpressung, und das ist nicht erlaubt.«
Ich sah, wie unsere Nachbarin auf ihr Fahrrad stieg und mit Johnny im Körbchen davonfuhr.
»Was denn für eine Erpressung?«, erkundigte ich mich.
»Johnny«, antwortete Jolle. »Sie hat gesagt: >Komm, steig in das Körbchen, sonst kriegst du heute kein Leckerli!< Eindeutiger geht es ja wohl nicht!«
»Also, so was«, sagte Papa und ich sah, dass er ein Lachen unterdrückte. »Das sollten wir sofort der Polizei melden. Vielleicht kannst du die beiden Herren anrufen, mit denen wir schon einmal Bekanntschaft gemacht haben.«
Kurz nach Jolles Ankunft hatten zwei Beamte bei uns nach dem Rechten gesehen, da sie von Frau Schmittke über unseren Familienzuwachs informiert worden waren.
»Ich halte erst mal alle Vorkommnisse fest und werde sie der Polizei dann gesammelt zur weiteren Bearbeitung überlassen.«
Jolle wühlte in seinem Beutel und holte das Diktiergerät heraus. Fachmännisch hielt er es sich vor den Schnabel, drückte den Aufnahmeknopf und schilderte, was er gerade beobachtet hatte.
»Darf ich mir mal anhören, was du schon ermittelt hast?«, fragte ich, als er das Diktiergerät wieder in den Beutel warf.
Jolle schüttelte den Kopf. »Das geht nicht, Thea. Als Ermittler muss man vertrauenswürdig sein, weißt du? Und das geht nicht, wenn man alles ausplaudert. Wer anderen ein Eisloch hackt, fällt selbst hinein!«
»Ja, klar«, antwortete ich.
»Wer kennt es nicht, dieses schöne Sprichwort«, sagte Papa mit einem Glucksen. Dann blickte er auf die Uhr. »Oh, gleich 16 Uhr! Da hat sich die Kolonie zum Kaffeetrinken verabredet!« Er schob ein paar Äste beiseite und ließ uns aus dem Gebüsch kriechen.
»Wenn das so weitergeht, muss ich bald ein Detektivbüro eröffnen«, erklärte Jolle. »Dann würde ich allerdings nicht mehr ins Blaue hinein ermitteln, sondern könnte konkrete Aufträge annehmen.«
Ich lachte. »Und wir hängen ein Schild an die Tür, auf dem dann steht Jolle von der Scholle - Ihr eiskalter Ermittler.«
Jolle klatschte begeistert in die Flossen. »Und darunter: Mir geht jeder Fisch ins Netz. Oder Ich stecke meinen...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.