Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Allgemein versteht man unter einem Kalkül ein formales System von Regeln, anhand derer sich aus gegebenen Ausdrücken - mathematische Objekte - weitere Ausdrücke ableiten lassen. Die Grundelemente eines Kalküls bestehen aus konstanten und oder variablen Ausdrücken, Relationszeichen wie "und", "oder", "nicht" sowie aus Formations- und Transformationsregeln, die festlegen, wie gegebene Ausdrücke durch eine endliche Anzahl von Schritten zu anderen Ausdrücken geformt und umgeformt werden dürfen, bis ein ganzes formales System entsteht, das dann als Kalkül bezeichnet wird. Kürzer wird der Begriff Kalkül in den LoF definiert: "Nenne Kalkulationen einen Vorgang, durch den sich eine Form infolge von Schritten in eine anderer verwandelt, und nenne ein System von Konstruktionen und Vereinbarungen, welches Kalkulationen gestattet, ein Kalkül." (LoF10)
Entscheidendes Kriterium eines Kalküls ist dessen Formalität. Dieses Kriterium ist dann erfüllt, wenn die Qualität der Beschreibung der Qualität des Beschriebenen entspricht.8 Die innerhalb eines formalen Systems verwendeten Zeichen weisen nicht auf etwas anderes hin; das Wort "Haus" weist z. B. in einem natürlichen Sprachverständnis auf ein Haus hin. In einem Formalismus wird die Hinweisfunktion von Zeichen so weit reduziert, dass die darin verwendeten Zeichen nur auf das hinweisen, was die Zeichen selbst sind; ein Zeichen z. B. weist auf seine Eigenschaft hin, dass es ein Zeichen ist. Die Kalkülisierung von Sprache verlangt eine Reduktion der Zeigefunktion von Zeichen, die durch strenge "mathematische" Formalisierung sowie einer eigenen Notationsweise geleistet wird. Die implizite, nicht sichtbare Zeige- und Unterscheidungsfunktion von Zeichen wird durch die strenge Form der graphischen Darstellung explizit sichtbar und als Wissen zugänglich. Ausdrücke eines Kalküls erlangen dadurch prinzipiell allgemeine Gültigkeit und sind endgültig bestimmt. Der Vorteil der Generalisierung eines Kalküls liegt in den Anwendungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Wissens- und Wissenschaftsgebieten wie der Aussagenlogik, Prädikatenlogik, Schaltalgebra, Soziologie, Biologie oder der Theologie und anderen. Erst in der und durch die Anwendung formal errechneter Ausdrücke und Aussagen in einem Teilgebiet, erlangen diese Ausdrücke konkrete empirische Bezüge und werden auf diese Weise interpretiert. Dies gilt, wenn hier vom Kalkül der Sprache gesprochen wird, auch für die natürliche Sprache.
Das Eigenverhalten von Sprache, anhand dessen wir eine Welt und uns selbst als Teil von ihr konstruieren, wird hier vorgestellt als Eigenverhalten der Innenseite von formaler Sprache (injunktiv-operative Sprache), aus dem auf ihrer Außenseite jeder Sprachgebrauch, die menschliche Rede und ebenso alles Tun und jede Lebensweise ihre und seine Beredsamkeit nehmen.
Sind aber, wie die moderne Sprachphilosophie nahelegt, die vorprädikativen Bedingungen von Sprache in der menschlichen Sprachpraktik und Medialität zu finden oder muss nicht ursprünglicher nach den Bedingungen von Wirklichkeit gefragt werden; danach, worauf Sprache Bezug hat, wenn sie spricht? Der Indikationenkalkül Spencer-Browns und der Sprachkalkül Gn1 nehmen den Anfang des Sprachverständnisses nicht aus ihrem Endresultat, der menschlichen Sprachlichkeit, sondern für beide konstituiert sich Wirklichkeit und damit auch die Wirklichkeit des Sprache gebrauchenden Menschen - Derridas Auffassung zum Trotz - aus einem und als ein Sprachgeschehen.9
Die Quantenphysik wurde nur möglich, indem sie gelernt hat ihren Gegenstand mit Begriffen zu beschreiben, die zur Natur ihres Gegenstandes nur ungenau passen. Sie sah und sieht sich einer merkwürdigen Art von physikalischer Realität gegenüber, die in der Mitte von Möglichkeit und Wirklichkeit liegt. In solchem wissenschaftlichen Zeitgeist, zu dem auch neue erkenntnistheoretische Ansätze des Biologen und Entwicklungspsychologen Jean Piagets gehörten, die den radikalen Konstruktivismus Ernst von Glasersfelds wesentlich beeinflussten, veröffentliche im Jahr 1969 George Spencer-Brown die erste englische Originalausgabe der Laws of Form. Der Haupttext besteht aus zwölf Kapiteln und umfasst je nach Ausgabe 60 bis 70 Seiten. Ihm folgt ein Anmerkungsteil zu jedem der zwölf Kapitel, ursprünglich zwei und inzwischen neun Appendizes sowie ein Index der Formen.
Grundsätzliches Anliegen dieser Abhandlung waren die Fundierung und Erweiterung der Booleschen Algebra,10 das Bestreben, diese von der Logik zu trennen, die nur irrtümlich für deren Arithmetik gehalten wird, und wieder mit der Mathematik zu verbinden.11 Die Primäre Arithmetik, wie sie Spencer-Brown nennt, wird als die Wissenschaft der Konstanten und deren Beziehungsverhältnisse verstanden, aus der Axiome und Theoreme abgeleitet werden können. Als letzter rückführbarer Grund zeigt sich die Form der Unterscheidung mit ihren beiden Seiten als maximale Leere und maximale Verdichtung ohne jede konkrete Bestimmung. Ausgangspunkt aller mathematischen Operationen ist nicht Einheit und Identität, sondern Unterscheidung und Differenz. Die Primäre Algebra wird als die Wissenschaft der Beziehungen zwischen Variablen bezeichnet, unabhängig ihrer arithmetischen Bestimmung. Mit der Erweiterten Algebra führt Spencer-Brown eine dritte Dimension ein, den imaginären Wert, der als Reentry einen Ausdruck bestimmen lässt durch den Ausdruck, in dem er selbst vorkommt.
Mathematik wird im Sinne Booles nicht als Wissenschaft der Zahl und Quantität verstanden, sondern allgemeiner als Wissenschaft symbolischer Operationen, die für verschiedenste Bereiche, so auch den der Zahlen, der Logik u. a. angewandt werden können. "Die Disziplin der Mathematik wird als Weg erkannt, der, machtvoll im Vergleich zu anderen, uns Aufschluß gibt über unser inneres Wissen von der Struktur der Welt."12 Ihre Symbolik erlangt in diesem Verständnis nicht nur mediale Funktion zur Formalisierung innerer Erkenntnisstrukturen, sondern sie erweist sich im diagrammatischen Denken selbst als Struktur von Erkennen.
Dieser Idee folgend, führt Spencer-Brown neue graphische Gestalten in seine Mathematik ein. Das Crosssteht für Kennen, indem es das Unterschiedene markiert. Wird diese Markierung der Unterscheidung kopiert, fungiert sie als Name. Durch die Kopie der Markierung der Unterscheidung in Zeichen wird das im Inneren Markierte und Erkannte wiederverwendbar. Die Doppelverwendung der Markierung der Unterscheidung als Kenntnis und Name lässt bereits die Grundidee seines Kalküls sichtbar werden, nämlich "dass wir keine Bezeichnung vornehmen können, ohne eine Unterscheidung zu treffen." (LoF1)
In diesem Sprach- und Erkenntnissystem erlangt noch eine weitere, im alltäglichen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch unbeachtete Sprachfunktion explizite Bedeutung. Ebenfalls im zweiten Kapitel wird unter der Überschrift Instruktion auf die Hinweisfunktion von Sprache durch Fehlen von Sprache/Zeichen bzw. das Ausbleiben von deren Gebrauch hingewiesen - dargestellt als Raum ohne Zeichen, der als leerer Raum auf einen unmarkierten (nicht erkannten) Zustand hinweist, ohne dass auf diesen durch Zeichen oder einen Namen hingewiesen werden muss. Zu dem Cross kommen im vierten Kapitel noch Zeichen von variabler Form, Buchstaben (p, q, r, a, b .) als Ausdrücke der Primären Algebra hinzu und im elften Kapitel das Reentryzeichenfür Wiedereinfügen von Ausdrücken in bereits vorhandene Ausdrücke. Dieses Wiedereinfügen wird als ungeradzahliges Reentry und Einführung von Zeit, als geradzahliges Reentry und Gedächtnisfunktion sowie als mehrzahliges Reentry und Modulatorfunktion vorgestellt. Die Selbstreferenz des Kalküls und der Form wird im zwölften Kapitel als vierte Reentryart eingefügt. Neben den mathematischen Zeichen, mit denen gerechnet wird, werden die Rechenregeln als Gesetze, Theoreme und Kanons deskriptiv vorgestellt.
Unabhängig von der Eigenanwendung in den Appendizes Spencer-Browns auf die Aussagenlogik, die Vierfarbentheorie, die Generierung der natürlichen Zahlen, Fragen der Existenz und anderer mathematischer Problemstellungen haben die LoF als theoretisches Fundament in der Kybernetik, Biologie, Erkenntnistheorie und Systemtheorie eine intensive und anhaltende Rezeption und Anwendung erfahren. Der Biologe Francisco Varela findet mit dem Reentry einen einheitlichen Formalismus der Selbstreferenz13, welche alle Arten autopoietischer Systeme formal darzustellen erlaubt. Einige bedeutende Vertreter konstruktivistischer Denkpositionen greifen die LoF für ihre grundlegenden erkenntnistheoretischen Fragestellungen nach dem Zusammenhang von Erkennendem und Erkanntem auf und finden in der Form der Unterscheidung ein dynamisches Konstruktionsmuster, in dem der erkennende...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.