Schweitzer Fachinformationen
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Hartmann, Ex-Kommissar und Privatdetektiv wider Willen, soll Hundetrainer Bert Wolf unter die Lupe nehmen. Der hat seit der Eröffnung seiner Nobel-Hundeschule Alpha Wolf nicht nur einen Berg Schulden, sondern auch sonst ziemlich viel Dreck am Stecken. Aber dann liegt Wolf eines Tages ziemlich tot im Wald. Mit eingeschlagenem Schädel und einem durchs Auge getriebenen Erdanker. Das Rudel der Verdächtigen ist groß. Zusammen mit Schäferhund-Beagle Gitte-Bruno ermittelt Hartmann undercover in der illustren Welt der Hundefreunde - und stößt auf windige Machenschaften, verschrobene Trainer und bissige Frauchen aus der Schickeria ...
Die fette Elster schoss wie ein Torpedo in das Amselnest unter dem Giebel und schmiss die Jungvögel raus. Einer nach dem anderen klatschte acht Meter tief ins Blumenbeet. Darin wuchs nichts, was den Fall dämpfen konnte. Ein paar dürre Ginsterstängel, ein ausgemergelter Bodendecker. Wer ganz großes Pech hatte, landete in einem alten Rosenstock, der außer nadelspitzen Dornen nichts zu bieten hatte. Perfektes Massaker, dachte Hartmann und drückte mit dem Ende seiner Gabel den Korken in die Chardonnayflasche. Später am Abend würde Nachbars Katze kommen und die Opfer beseitigen. So rührend sorgte Mutter Natur für ihre Kinder.
Hartmann nahm einen Schluck Wein und musterte die mickrigen Spaghetti auf seinem Teller. Üppiger als das kalte Katzenbuffet in den Rabatten sah das auch nicht aus. Eine Handvoll Nudeln hatte er noch aufgetrieben, ein paar Oliven, einen Rest Tomatensauce. Es war Samstagabend. Der Supermarkt hatte noch geöffnet. Aber Hartmann hatte die Optionen genau abgewogen und sich gegen Einkaufen entschieden. Sich mühselig aus dem Liegestuhl hebeln und ins Auto schwingen kam auf gar keinen Fall in Frage. Dann schon lieber am Wochenende den Gürtel enger schnallen.
Das Telefon klingelte.
»Vergiss es!«, murmelte Hartmann. Er drehte die Gabel in seinen kümmerlichen Nudeln und schob sie in den Mund. Wenigstens waren sie heiß. Hartmann hasste lauwarme Nudeln. Lauwarme Nudeln waren genauso schlimm wie Körpertemperaturbadewasser, wenn man zu lange drin gelegen hatte, oder Zimmertemperaturbier, wenn man zu langsam trank.
Das Telefon verstummte.
Das letzte Amselküken schlug im Beet auf. Diese Elstern waren ein elendes Dreckspack! Hartmann musste unwillkürlich an die Halunken denken, die jeden Freitagnachmittag aus allen Himmelsrichtungen in Düsseldorf einfielen, um in den ruhigeren Wohnvierteln Häuser auszuräumen. Zu Hartmanns aktiven Kripozeiten hatten er und die Kollegen von der Autobahnpolizei das Gesocks mehr als einmal von der Straße gefischt. Man musste nur nach billigen Lieferwagen Ausschau halten, in denen drei oder vier kräftige, unrasierte Typen saßen. Es war wie Angeln im Forellenpuff. Man hatte kaum Zeit, die Brüder platt zu klopfen, so schnell hintereinander zog man sie raus.
Um sein eigenes Haus am Stadtrand machte sich Hartmann keine Sorgen. Er schloss nicht einmal die Haustür ab, wenn er unterwegs war. Das Haus war um 1850 erbaut worden. Es war nicht groß und wirkte verwahrlost. Die Fensterläden mussten dringend gestrichen werden. Vor lauter Moos sah man kaum noch Dachziegel. Der Garten war ein wild wucherndes Chaos. Neben der Terrassentür rankte sich ein Strauch blutroter Rosen. Hartmann kümmerte sich nicht darum. Er wusste weder, dass die Rose Souvenir du Dr. Jamain hieß, noch war ihm klar, warum sie so prächtig gedieh. Vielleicht war der Regen gut. Vielleicht lag's an der Sonne. Oder an einer erschlagenen Schwiegermutter aus dem letzten Jahrhundert, die im Beet verweste und ideale Nährstoffe abgab.
Schräg im Hof parkte Hartmanns dunkelblauer Citroën CX. Der Franzose ließ ebenfalls nicht auf unermessliche Reichtümer seines Besitzers schließen. Auf den matten Lack hatte über dreißig Jahre lang die Sonne gebrannt und der Regen getrommelt. Die Kotflügel wiesen eine Handvoll kleinerer Dellen auf. An der Kofferraumkante beleidigte ein respektabler Rostfleck die Augen frankophiler Oldtimerliebhaber. Dort hatte Hartmann noch auf dem Hof des Händlers mit einem Schraubenzieher das Typenschild weggestemmt. CITROËN CX 25 GTI TURBO 2 hatte darauf gestanden. Hartmann konnte Typenschilder, die länger als dreißig Zentimeter waren, nicht ausstehen. Technisch war der CX in Ordnung. Gelegentlich fielen zwei der vier Zylinder aus. In scharfen Kurven öffneten sich die elektrisch betriebenen Seitenfenster von selbst. Fuhr man hart gegen einen Bordstein, schlossen sie sich wieder. Hartmann war zu faul, um sich ein anderes Auto zu besorgen. Außerdem passte der Wagen perfekt zu ihm. An schlechten Tagen sprang er nicht an, an guten rannte er zweihundertzwanzig. Genau wie Hartmann.
Das Telefon klingelte erneut.
Ächzend schälte sich Hartmann aus der Liege und trug den leeren Teller und das Weinglas in die Küche.
Nach dem zehnten Klingeln warf er einen Blick auf das Display. Die Nummer kannte er nicht. Herrfrau Werauchimmer war ganz schön hartnäckig. Hartmann blieb neben dem Telefon stehen, bis es Ruhe gab. Auf dem Rückweg zur Liege holte er drei Eiswürfel aus dem Tiefkühlfach und warf sie in seinen Chardonnay. Für einen Abend im Mai war es viel zu warm. Nur nichts riskieren. Von schlecht gekühltem Weißwein bekam er einen Brummschädel. Und zwar nicht erst nach dem Aufstehen, sondern bereits vor dem Einschlafen.
Hartmann hatte schon bessere Zeiten gesehen. In seinem letzten Jahr bei der Kriminalpolizei hatte er im Alleingang den berüchtigten Karpfenkiller erwischt, einen Mädchenhändlerring gesprengt und einen Korruptionsskandal im Landtag aufgedeckt. Letzterer hatte ihn wegen seiner unkonventionellen Ermittlungsmethoden und einem Bündel diskret abgezweigter Tausender prompt den Job gekostet. Einer der geschmierten Staatssekretäre hatte nicht nur die besseren Beziehungen als Hartmann, sondern auch den felsenfesten Vorsatz gehabt, ihn mit über die Klinge springen zu lassen. Da nützten Hartmann auch seine Popularität und die dreizehn Artikel in der BILD nichts. Der Mann, der den Sumpf trockenlegte war umgehend suspendiert und nach einem langwierigen Disziplinarverfahren aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, wie es so schön hieß.
Seit seinem Rausschmiss hielt sich Hartmann als privater Ermittler mit mehr oder weniger einträglichen Fällen über Wasser. Er war Anfang fünfzig, saß nächtelang fremdgehenden Ehemännern im Nacken oder observierte im Advent Großmütter, die in den Kaufhäusern Karamellbonbons und Küchenschürzen klauten. Aus seiner Laufbahn war eine Rutschbahn geworden. Das beunruhigte Hartmann aber nicht sehr. Immerhin konnte er tun und lassen, was er wollte, und verfügte über ein originelles Auto. Seine Hütte hatte die Bank auch noch nicht gepfändet. Hätte er gewusst, wie erfüllend ein Leben ohne Dienstpläne und Vorgesetzte war, hätte er schon zehn Jahre früher Geld unterschlagen.
Hartmann trank sein Glas leer. Er seufzte behaglich und warf einen Blick auf das stumme Telefon im Wohnzimmer.
»Jetzt klingel schon!«, murmelte er.
Beim ersten Mal nahm Hartmann grundsätzlich nicht ab. Da waren meist Callcenterdeppen mit unschlagbaren Angeboten am Apparat. Beim zweiten Mal erboste Ex-Gefährtinnen, die dringend mit ihm reden mussten und das Gespräch nach zwei Minuten mit dem Hinweis abbrachen, dass man mit ihm nicht reden könne. Beim dritten Mal war es Kundschaft. Wer in kurzen Abständen dreimal hintereinander anrief, hatte etwas auf dem Herzen.
Das Telefon klingelte zum dritten Mal.
Na also, geht doch, dachte Hartmann.
»Hartmann, n'Abend«, meldete er sich.
»Aaahh«, schnaufte es am anderen Ende der Leitung. »Doch jemand da. Ich dachte schon, Sie wären im Urlaub. Oder sonstwo. Das hätte gar nicht gepasst. Andererseits ist es jetzt auch nicht sonderlich eilig. Ich warte ja schon ewig auf die Kohle. Da kommt es auf die paar Tage auch nicht mehr ., hören Sie, Sie müssen einen Hundetrainer für mich überwachen.«
»Einen was überwachen?« Hartmann machte sich im Geiste eine Notiz, dass es beim dritten Mal nicht zwangsläufig Kundschaft sein musste. Es konnte sich auch um Idioten handeln.
»Einen Hundetrainer, Herr Hartmann. Das sind so Typen, die den Hunden von anderen Leuten Benimm beibringen und .«
»Ich weiß, was ein Hundetrainer ist. Hat der was mit Ihrer Frau?«
»Nein!«
»Er hat was mit Ihrem Hund.«
»Erlauben Sie mal!«
»Das war ein Scherz, Herr . äh. Ich weiß im Moment nicht recht, ob ich überhaupt der Richtige für Ihr Anliegen bin. Hunde sind nicht gerade eine Leidenschaft von mir, wissen Sie.«
»Ich habe gar keinen Hund.«
»Sie haben keinen Hund und möchten, dass ich einen Hundetrainer für Sie unter die Lupe nehme?«
Langsam wurde es interessant.
»Nun ja«, räumte der Mann ein. »Es wäre allerdings nichts Spektakuläres. Also nichts mit Beschatten oder Verprügeln oder so.«
»Beschatten und Verprügeln mach ich eh nur gegen Aufpreis.«
»Wieder ein Witz, was? Hehe, gut. Nein, eher so eine Wirtschaftsauskunft.«
»Mit wem habe ich eigentlich das Vergnügen?«
»Gerber am Apparat«, stellte der Mann sich vor. »Von Gerber Bau. Müssten Sie als Düsseldorfer eigentlich kennen.«
Hartmann nickte. Klar war ihm Gerber ein Begriff. An jedem zweiten Kran in Düsseldorf hingen diese riesigen Logos mit der weißen Schrift auf rotem Grund. Man gewann auf Stadtrundfahrten den Eindruck, der Mann baute und sanierte alles, was nicht bei drei auf dem Baum war. Angesichts seines besorgniserregend niedrigen Kontostandes konnte Hartmann an diesem lauen, vogelbezwitscherten Frühlingsabend nichts Besseres passieren als ein Multimillionär mit hoffentlich sündhaft teuren Problemen.
»Nein, Herr Hartmann, Sie verwechseln das mit Gerken. Gerber Bau ist nicht ganz so groß. Aber man hat sein Auskommen. Beim Stadttor haben wir ein bisschen mitgemischt und bei dem ein oder anderen Objekt im Medienhafen.«
Hartmann seufzte. Es wäre auch zu schön gewesen.
»Na gut«, sagte er. Er warf sich in den Sessel und legte die Füße auf den Tisch. »Dann schießen Sie mal los.«
Um den Hundetrainer Wolf handle es sich, erzählte Gerber. Um Bert Wolf. Wolf sei ein alter Freund von ihm. Gewesen, könne man jetzt sagen,...
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