Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Am Gymnasium Freudenberg in Zürich, das ich sechseinhalb Jahre lang besuchte, lernte ich viele wertvolle Dinge. Mein Rücken aber lernte, sich unendlich lange über Lateinverse zu beugen. Auf Sport wurde wenig Wert gelegt: Es gab keine Fußballmannschaft, keine Leichtathletikgruppe - nichts. Ich tanzte jedoch sehr gern, und abends tanzte und trainierte ich zu Hause im Keller, allein oder zusammen mit meinem Bruder. Daher war meine Körperhaltung nach Schulabschluss nicht so schlecht, wie sie eigentlich hätte sein müssen, und doch dauerte es einige Jahre, bis der »Lateinverseffekt« behoben war.
Als in der Schule zum ersten Mal ein Theaterstück aufgeführt wurde, bekam ich zu meiner Überraschung die Hauptrolle. Vom Theaterspielen hatte ich keine Ahnung, doch beim Vorsprechen hatte ich anscheinend genau ins Schwarze getroffen. Ich erinnere mich, wie man mir sagte, dass ich mich nicht groß anstrengen müsste, um lustig auszusehen. Ich verstand nicht ganz, was der Direktor mit dieser Bemerkung meinte - bis ich auf der Bühne stand. Wir probten Molières Le Bourgeois Gentilhomme (Der Bürger als Edelmann), und ich spielte diesen ziemlich einfältigen, reichen Bourgeois, der tanzen lernen wollte. Als ich während der Probe mit großer Begeisterung leichtfüßig über die Bühne schwebte, war mein Mitschüler, der die Rolle des Tanzlehrers hatte, äußerst aufgebracht. Seine tänzerischen Bewegungen sollten eigentlich viel besser aussehen als meine. Und so musste ich lernen, schwerfälliger zu tanzen. Ich glaube, der Trick, mit dem es mir gelang, ungeschickt zu wirken, war der, dass ich mir vorstellte, meine Beine wackelten wie Gummi und mein Nacken sei steif wie eine Eiche (Sie können es gern ausprobieren!).
Als ich zum ersten Mal Ballettunterricht nahm, sagte mir der Lehrer, mein Rücken sei so krumm wie eine Banane. Diese Zurechtweisung erhielt ich auf die strenge schweizerische Art: Die Lehrer erzählten einem zuerst, was für eine bedauernswerte Figur man abgab, um einen dann in Form zu bringen. Die Bemerkung wurde mit einem Unterton in der Stimme geäußert, der auszudrücken schien: »Wie kannst du es wagen, mit so einem Rücken zum Ballettunterricht zu kommen?!« Ich kann mich noch genau an den empörten Gesichtsausdruck der Lehrerin erinnern, der mich natürlich traurig und unsicher machte. Ich überlegte, wie mein Rücken gerade werden könnte. Man brachte mir die damals übliche Pull-up-Haltung bei, das heißt mein Bauchnabel sollte sich der Lendenwirbelsäule annähern, das Gesäß sollte angespannt und das Kinn Richtung Brust gedrückt werden. Keine Ahnung, wie man in dieser Position Freude am Tanzen haben konnte. Nicht einmal atmen schien mir dabei noch möglich zu sein. Mein Rücken fühlte sich überhaupt nicht wie eine Banane an; ich versuchte mir daher immer wieder vorzustellen, wie die Lehrerin mich wahrgenommen hatte. Ich versuchte, mir eine Position vorzustellen, die ihre Empörung rechtfertigen würde. Dadurch kam ich jedoch der Lösung des Problems auch nicht näher.
Heute weiß ich, dass ich im Grunde genommen das Gegenteil dessen, was ich erreichen wollte, verstärkte. Wenn Sie nicht wollen, dass Ihr Rücken krumm aussieht, dann sollten Sie sich nicht darauf konzentrieren, nicht so krumm wie eine Banane auszusehen. Stattdessen müssen Sie das Bild einer Banane durch etwas Gerades, zum Beispiel einen Wasserstrahl, ersetzen. Einfach ausgedrückt: Ihr Geist nimmt alles auf, was im Laufe des Tages auf Sie einwirkt - wie Bilder auf einer Leinwand. Diese Bilder und die Gedanken, die sie begleiten, erschaffen Ihre innere Haltung. Das Problem dabei ist, dass die meisten Ihrer ungefähr 50 000 Gedanken, Geistesblitze und Ideen denen des Vortages ähneln. Dadurch, dass sich die Bilder und Gedanken wiederholen, wird Ihr Denken immer stärker von diesen Bildern geprägt. Die indische ayurvedische Medizin besagt, dass Sie an Ihrem Körper ablesen können, welche Gedanken Sie in Ihrem bisherigen Leben gedacht haben (Chopra, 1990). Um den Zusammenhang zwischen Denken und Körperhaltung zu verdeutlichen, probieren Sie doch jetzt einmal Folgendes aus: Setzen Sie sich zusammengesunken auf einen Stuhl und denken Sie: »Ich fühle mich großartig, einfach fantastisch . so gut wie noch nie. Mir geht's einfach blendend.« Achten Sie auf den Widerspruch zwischen Ihrer Haltung und Ihren Gedanken. Nehmen Sie nun eine positive, aufrechte Sitzhaltung ein und denken Sie: »Ich fühle mich schrecklich, traurig und abgelehnt.« Wieder stimmen Ihre Gedanken nicht mit Ihrer Körperhaltung überein. Mit einer guten Körperhaltung ist es schwieriger, wenn nicht gar unmöglich, deprimierende Gedanken zu haben. Ihre Körperhaltung spiegelt Ihre Gedanken wider; Ihre Gedanken bestimmen Ihre physische Ausstrahlung.
Wenn Körperhaltung und Denken also so eng miteinander verbunden sind, dann kann man davon ausgehen, dass Ihre Gedanken ständig Ihre Haltung modellieren und Ihre Ausstrahlung verändern. Umgekehrt gilt ebenso: Ihre Körperhaltung beeinflusst Ihr Denken. Ihre Gedanken sind Teil einer gewaltigen Matrix, die Ihre Haltung beeinflusst. Die Flut von Bildern und Wörtern, die Sie umgeben, beeinflusst die Art, wie Sie sitzen, stehen und gehen. Achten Sie einmal darauf, wie ermutigende, aufmunternde Worte von Eltern oder Lehrern sich unmittelbar auf die Körperhaltung auswirken: »Gut gemacht! Prima! Toll! Schön! Ausgezeichnete Arbeit!« Umgekehrt können Sie bei Schülern, denen gesagt wird, sie seien nicht gut genug, unmittelbar feststellen, wie ihre Bewegungen steif wirken.
Sowohl die Bilder als auch die Wörter, die jeweils in unseren Gedanken vorherrschen, beeinflussen die Gefühle in unserem Körper; und diese Gefühle wirken sich wiederum auf unsere Gedanken und die inneren Bilder aus. Um eine starke und dynamische Ausstrahlung zu bekommen, können wir diesen Kreislauf positiv nutzen, indem wir bewusst konstruktive Gedanken fördern und destruktive vermeiden.
Um etwas zu erreichen, müssen Sie zunächst einmal ein klares Ziel vor Augen haben und den Willen, es zu erreichen. Beim Sport und beim Tanzen zeigt sich das Ziel zum Beispiel an einem gedanklichen Plan, der festlegt, wie Sie einen neuen und schwierigen Tanzschritt mithilfe bestimmter Imaginationen technisch besser bewältigen können. Um auf diese Weise Ihre tänzerische Technik zu verbessern, müssen Sie lernen, Ihren Körper zu beobachten. Der Schlüssel zur Verbesserung Ihrer Technik liegt in der Fähigkeit, Ihr Körpergefühl mit dem Wissen, das Sie über die richtige Funktionsweise Ihres Körpers haben, zu vergleichen. Besteht eine Diskrepanz zwischen Ihrer Körperwahrnehmung und Ihrem Wissen darüber, wie Ihr Körper im besten Fall funktioniert, haben Sie nun die Möglichkeit, Ihre Bewegungen zu verbessern. Diese Methode ist nur erfolgreich, wenn Ihnen mentale Bilder zur Verfügung stehen, die der Anatomie Ihres Körpers entsprechen.
Nach dem Abschluss des Gymnasiums in Zürich ging ich nach New York, denn ich war davon überzeugt, dass ich dort lernen würde, gut zu tanzen. Ich schrieb mich an der Tisch School of the Arts der New York University ein und setzte mich, mit der strengen schweizerischen Arbeitsmoral im Gepäck, gleich selbst unter Leistungsdruck. Ich stand emotional stark unter Druck und wirkte nicht gerade entspannt. Ich erinnere mich, dass ich im Bett lag und meine Muskeln anspannte, nur um zu sehen, um wie viel kräftiger sie schon geworden waren - offensichtlich fand ich selbst nachts keine Erholung.
Den ersten Teil des Anatomieunterrichts bei André Bernard fand ich sehr interessant. Wir lernten etwas über Knochen und Körperhaltung, und ich schrieb eifrig mit. Der zweite Teil des Unterrichts war jedoch etwas ungewöhnlich. Wir lagen auf dem Rücken und machten uns einzelne Körperteile bewusst oder entwarfen symbolische Bilder von ihnen, die sich in verschiedener Weise veränderten. Auf jeden Fall war es schön, sich hinzulegen und sich ausruhen zu dürfen. Diese Unterrichtsstunde fand abends statt, und nach dem intensiven Tanztraining, das täglich absolviert werden musste, fiel es allen schwer, wach zu bleiben. Gelang es mir jedoch, aufmerksam zuzuhören und mich auf die mentalen Bilder zu konzentrieren, fühlte ich mich erholter und mein Körper schmerzte weniger, als wenn ich ein 30-minütiges Nickerchen gehalten hätte.
Wir wurden angewiesen, täglich zu üben, denn es würde einige Zeit dauern, bis die mentalen Bilder unsere Körperhaltung und unsere üblichen Bewegungsabläufe veränderten. Ich hatte mir offensichtlich eine schlechte Haltung angewöhnt, denn ich bekam in dieser Zeit immer wieder Rückenschmerzen und hatte Probleme mit den Knien. Keiner der Ärzte, die ich konsultierte, konnte die Ursache herausfinden....
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.