Schweitzer Fachinformationen
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Emma stand in Adelias Zimmer und sah zu, wie ihre Freundin wütend Kleider in eine Satteltasche stopfte. »Mein Liebe, in Lumpen wie denen kannst du nicht reisen.«
»Ich will diese Reise ja auch gar nicht«, rief Adelia. »Das vergesse ich ihm nie.« Ein Schleier zerriss an der Schnalle der Tasche.
»Aber dir ist schon klar, wohin du da fährst?«
»Nach Sizilien. Und ohne Allie.«
»Und warum du fährst?«
»Das weiß Gott allein, es ist irgendein Plan Henrys. Ich sage dir, Em, wenn ich Allie mitnehmen könnte, würde ich dort bleiben und nie wieder herkommen. Ein Kind als Geisel zu nehmen . genau das tun sie, der König und dieser verfluchte Bischof. Nie werde ich .«
»Du wirst Joanna Plantagenet zu ihrer Hochzeit begleiten, hat Rowley gesagt.« Als sie Adelias völliges Unverständnis sah, blies Emma die Backen auf. »Henrys Tochter. Die den König von Sizilien heiraten wird. Gott, Delia, davon musst du doch gehört haben! Wir alle müssen Steuern dafür zahlen. Zum Teufel mit ihm!«
Ein König hatte das Recht, sein Volk für die Heirat seiner Tochter mit Steuern zu belegen, auch wenn es ihn nicht unbedingt beliebter machte.
Adelias wenige Besitztümer wurden von Mansur verwaltet, und sie hörte eher auf das, was ihre Patienten ihr über ihre körperlichen Beschwerden zu erzählen hatten, als dass sie ihnen ökonomische Ratschläge gab, und so hatte sie nichts von alledem mitbekommen.
Sie hielt einen Moment lang inne. »Joanna? Aber die ist doch noch ein Baby.«
»Zehn ist sie, glaube ich.«
»Der arme kleine Wurm.« Der Gedanke, dass noch ein kleines Mädchen eine gute Partie machen sollte, brach Adelias Zorn. Sie ließ sich auf ihr Bett sinken und war den Tränen nahe. »Das werde ich ihm nie verzeihen, Em, er nimmt sie mir weg und mich ihr. Er steckt sie in ein Gefängnis. Denn das ist es, und zwar in mehr als nur einer Hinsicht. Meine liebe Kleine, meine liebe Kleine.«
»Rowley hat seine Gründe, da bin ich sicher.« Emma kannte sie, der Bischof hatte sie ihr erst vor ein paar Minuten erklärt.
»Oh ja, wunderbare Gründe. Er will, dass Eleonor sie in ein . ein herausgeputztes Püppchen verwandelt und ihr alle Initiative nimmt.«
Amüsiert setzte sich Emma neben ihre Freundin und strich die Seide ihres Kleides glatt. »Meine Liebe, was immer wir von einer Königin halten mögen, die eine Rebellion gegen ihren König angeheizt hat, mangelnde Initiative können wir ihr sicher nicht vorwerfen. Und dennoch erhält sich Eleonor ihre Weiblichkeit. Sie kann Almeisan sehr viel lehren.«
»Was den wohl?«
»Ihre Fingernägel sauber zu halten, zum Beispiel. Höflichkeit. Gedichte und Musik kann sie ihr nahebringen. Dinge, die nicht unwichtig sind. Niemand bewundert deine Tochter mehr als ich, aber . ich muss sagen, Delia, sie wird allmählich farouche.«
»Farouche?«
»Sie verbringt zu viel Zeit mit ihren Tieren, und beim Fußballspiel hat sie einem der Jungen aus Martlake einen Zahn ausgeschlagen. Es war nur ein Milchzahn, das will ich zugeben, aber .«
»Nachdem er ihr ein blaues Auge verpasst hat«, sagte Adelia, sich und ihre Tochter verteidigend.
»Ja, aber . meine Liebe, du behinderst ihre Entwicklung, siehst du das nicht?« Und damit begann Emma einen Vortrag, den sie ihrer Freundin schon lange hatte halten wollen. Jetzt endlich war der richtige Moment dafür. »Vielleicht will Allie einmal heiraten, wenn sie älter ist. Anständig Schläge austeilen zu können gilt aber in besseren Kreisen nicht unbedingt als Vorzug. Kinder müssen auf ihr Erwachsenenleben vorbereitet werden. In ein, zwei Jahren wird auch Pippy mich verlassen müssen, um als Page bei den de Lucis das Ritterhandwerk zu erlernen. Ich werde ihn vermissen, schrecklich vermissen, aber es ist unumgänglich, soll er einmal seinen Platz in der Gesellschaft einnehmen.«
»Das ist was ganz anderes«, sagte Adelia. Wenn der junge Lord Philip älter wurde, würde er seine Talente erproben und ein Leben führen können, wie er es wollte - ganz im Gegensatz zu seiner Frau.
Emma hatte Glück, weil ihre zweite Ehe - die erste war arrangiert gewesen - von ihr so gewollt war. Doch rein rechtlich kontrollierte Rötger als ihr Mann allen Besitz, den sie mit in die Verbindung gebracht hatte. Er konnte sie ohne einen Penny hinauswerfen, durfte sie schlagen (solange sich dies im »vernünftigen« Rahmen hielt) und ihr die Kinder wegnehmen. Nichts, aber auch gar nichts würde sie dagegen unternehmen können. Dass Rötger nichts von alldem tat, dankte sie allein dem Umstand, dass er ein anständiger Mann war.
Und mochte Emma ihr Leben als Hausherrin und Gastgeberin auch gefallen, für Adelia wäre es nichts gewesen. Genauso wenig, wie es ihrer Tochter genügen würde, da war sie sicher.
»Wir Frauen sind hilflos«, gab sie sich geschlagen.
Emma, die sich alles andere als hilflos vorkam, tätschelte ihr den Rücken. »Es ist doch nur für ein Jahr, dann seht ihr euch wieder. So hat Rowley es arrangiert.« Damit erhob sie sich entschlossen. »Und jetzt ist es an der Zeit, dich angemessen für die Reise auszustatten. Ich werde einige meiner Kleider für dich in einen Reisekoffer packen. Du wirst mit einer englischen Prinzessin reisen, meine Liebe, in der Gesellschaft wichtiger Leute. Da wollen wir doch nicht, dass du schäbig daherkommst, oder?«
So wurde es denn Mittag, bis eine ausnahmsweise einmal elegant gekleidete Adelia zusammen mit ihrer weit weniger eleganten Tochter, die aber zumindest saubere Fingernägel hatte, vom Gut Wolvercote ritt, begleitet von einer Eskorte Plantagenet-Soldaten, Gyltha, Mansur und einem Geliebten, mit dem sie immer noch nicht wieder sprach. Adelia ritt einen Zelter, ein bequemes Reisepferd.
Emma stand mit Rötger am großen Tor, um ihr zum Abschied zuzuwinken, und wurde von plötzlichen Bedenken befallen. »Großer Gott, voll der Gnade, beschütze sie!«
Die beiden Männer aus Glastonbury wohnten der Abreise ebenfalls bei und hörten ihre Bitte.
»Amen«, sagte Will und bekreuzigte sich.
Scarry reitet dieselbe Straße entlang wie Adelia Aguilar, allerdings ist er ihr weit voraus, und im Gegensatz zu ihr will er nicht nach Sarum, sondern nach Southampton, um sich dort der Gesellschaft anzuschließen, zu der auch sie stoßen wird, bevor sie das Schiff Richtung Normandie nimmt.
Er hasst diese Gesellschaft, so wie er seinen Vater gehasst hat, seine Mutter, den Prior seines Seminars und alle, die ihn ihrerseits dafür gehasst haben, kein normaler Sterblicher zu sein. Sie haben ihn gelehrt, seine Andersartigkeit hinter seiner Brillanz zu verstecken, und wieder einmal wird er dienern und dackeln und den Idioten spielen müssen. Wieder einmal wird er die Enge heuchlerischer Frömmigkeit zu spüren bekommen.
Aber noch lächelt er, denn in diesem Augenblick kommt er an der Stelle vorbei, wo er seinen Wolf kennengelernt hat. Diese Straße zwischen Glastonbury und Wells ist seine Straße nach Damaskus. Damals war er in der anderen Richtung unterwegs, auf einer tristen Pilgerreise mit seinem Prior und anderen tristen Seelen, um den Heiligen von Glastonbury zu huldigen. Wie immer verbarg er seinen Hass wie eine schändliche, anschwellende Pustel, während ein Wurm in seinem Hirn nagte und eine Stimme in seinem Kopf andere, ruchlose Wort zu den Hymnen fand, die sie auf ihrem Weg sangen.
Ja, mein Herr Prior, ja, mein Herr Prior, lasst uns vor jedem Heiligtum am Wegesrand niederknien und eine Gottheit preisen, die es zweifellos gibt, die aber nicht so ist, wie Ihr es sagt, sondern ein Gott der Verdammnis ist, dessen liebende Worte Lügen sind.
Sie mussten übernachten, zog sich der Weg doch länger hin als angenommen. Voller Angst vorm dunklen Forst um sie herum beteten sie den 91. Psalm, um die Schrecken der Nacht abzuwenden - als hätte das ständig neue Hervorwürgen von Unwahrheiten, so schön und tröstend sie sein mochten, die Leichtgläubigen schützen könne. Wann hatte ihr Gott jemals die Gnade gezeigt, die Er versprach?
Und zwischen den finsteren Bäumen näherte sich der Schrecken, nicht Schwärze, sondern Licht in Form von herumtollenden, halbnackten Männern, Gesetzlosen mit Fackeln und Schwertern, die lachten, raubten und mordeten.
Die Erinnerung lässt Scarry in ihr Lachen einstimmen. Einige seiner Pilgerfreunde hatten zu entkommen versucht, aber er hatte wie betäubt dagestanden, weniger aus Angst als voller Staunen darüber, wie die Mörder alle Zurückhaltung hinter sich ließen, die den Christenmenschen auferlegt war.
Ihr Anführer - Wolf, mein Liebling, meine Lust - hatte sein Schwert in den Leib des Priors gebohrt, und als er diesem das juwelenbesetzte Kreuz vom Hals riss, grinsend in Scarrys Augen geblickt.
Sie erkannten sich gleich wieder, zwei Seelen, die schon lange, bevor der Große Heuchler ans Kreuz geschlagen worden war, miteinander verbunden gewesen waren. Ein Blitz hatte die Pustel platzen lassen und Scarry von seiner Qual befreit.
Die Aufforderung war ergangen. Scarry kann sich nicht mehr erinnern, ob sie aus Wolfs Mund kam oder von seinem neuen Gott ausgesprochen wurde, der sich im Gewirr von Jauchzern und Schreien, von Schrecken und Lust manifestierte.
»Komm mit mir, und ich werde dich befreien!« Welche Lästerung, welch glorreicher Umsturz. Welche Befreiung.
Und er, Scarry, folgte der Aufforderung. Den Blick dieses wilden, wundervollen Wesens mit seinem haltend, hob er das Knie und ließ seinen Stiefel auf das Gesicht des wimmernden Priors...
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