Schweitzer Fachinformationen
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Rudi wacht auf und fühlt sich wie gerädert. Nach dem telefonischen Anschiss von Haueisen hat er kaum geschlafen. Als ob er was dafür kann, dass Ludwig sich im Internet wichtig gemacht hat. Garantiert war es Sigrid, die noch an Bord des Schiffes zum Handy gegriffen und ihren Mann brühwarm informiert hat. Er war's jedenfalls nicht.
Schwerfällig zieht Rudi sich seine Joggingklamotten über, putzt die Zähne und schlurft aus dem Haus. Duschen kann er, wenn er sich seinen Frust abgerannt hat. Er startet langsam, steigert sich jedoch schnell. Für elf Uhr hat der Chef ihn ins Kommissariat bestellt. Jetzt, wo öffentlich bekannt ist, dass Johannsen vergiftet wurde, können sie den Sonntag nicht mehr frei machen. Schiete. Eigentlich wollte er mit Susanne heute eine Radtour machen. Zum Glück hat sie Verständnis gezeigt. Er lächelt bei dem Gedanken an sie. Das entwickelt sich eigentlich ganz gut mit ihnen beiden. Auch wenn sie sich bislang noch nicht mal geküsst haben. Aber man soll nichts überstürzen. Immer schön sinnig, wie Vadder Steffens sagt.
Nach einer Dreiviertelstunde kommt er verschwitzt in den Ort zurück und drosselt sein Tempo. Das hat richtig gutgetan. Noch schnell Brötchen holen, wie jeden Sonntag, und ab nach Hause unter die Dusche. Beim Bäcker hat sich eine längere Schlange gebildet. Kein Wunder, jetzt in der Hochsaison frühstücken eben auch die Gäste gern mit Brötchen. Er tritt ein paar Mal auf der Stelle und lässt die knirschenden Schulterblätter kreisen, schließlich möchte er nicht kalt werden. Obwohl, richtig auskühlen kann er gar nicht, das Thermometer ist ja schon wieder auf 21 Grad geklettert.
«Moin, Rudi, was hampelst du denn so rum?» Gisela tippt ihm von hinten auf die Schulter.
«Komme gerade vom Joggen», antwortet er und dreht sich um. Das trifft sich ja gut. «Du, Gisela, sag mal, bist du sicher, dass die Freundin von Johannsen richtig ausgezogen ist? Uns hat sie gesagt, es war nur ein Streit unter Liebenden, nix Ernstes.»
Gisela lacht trocken. «Na ja, wenn es heutzutage normal ist, dass die Liebende heulend Koffer und Umzugskisten aus dem Haus schleppt, während der Liebende die Arme vor der Brust verschränkt, dann ist das so. Kann ich mir aber nicht vorstellen. Die kam ja extra mit einer Freundin und in zwei Autos. Damit sie auch alles mitkriegen.» Gisela guckt ihn treuherzig an. «Ich hab gerade zufällig die Fenster geputzt, als die die Kisten rausschleppten.»
«Ja, klar. Ganz zufällig.» Rudi verkneift sich ein Grinsen. Gisela putzt gerne Fenster. Vor allem, wenn in der Nachbarschaft was vor sich geht.
«Übrigens, Johannsens Schwester hat mich vorhin angerufen. Zwei Polizisten waren gestern in Wilhelmshaven bei ihr und haben sie über den Tod ihres Bruders informiert. Sie will im Laufe des Tages herkommen. Braucht ja das Stammbuch, Geburtsurkunde und all so'n Krams, um die Beerdigung ihres Bruders vorzubereiten. Ach, es ist ein Jammer. Nicht nur für die Schwester, sondern auch für die ganze Krummhörn. Johannsen hat eine Menge bewegt. Unser Ostfriesland ist dank Leuten wie ihm ein wahrer Touristenmagnet geworden. Stell dir vor, in dieser Saison haben wir das kleine Gartenhäuschen bei uns auf'm Grundstück durchgängig an Urlauber vermietet. Obwohl wir da nur eine Toilette und ein Waschbecken haben und die Gäste die Außendusche benutzen müssen. Aber das ist denen egal. Und uns freut es.»
Ist das eigentlich erlaubt? Rudi will sich da lieber nicht reinhängen, vor allem, weil er inzwischen an der Reihe ist. «Zwei Normale, zwei Weltmeister und ein Croissant», bestellt er automatisch, korrigiert sich dann aber. Sven ist ja in Holland und Hoyko kommt auch nicht. «Nee, stopp. Nur zwei Weltmeister.» Während die Verkäuferin die Brötchen eintütet, zieht er einen Fünf-Euro-Schein aus seiner Jogginghose. Nachdem er sein Wechselgeld erhalten hat, wendet er sich noch mal an Gisela. «Ruf mich bitte an, wenn Johannsens Schwester angekommen ist. Ich müsste dringend mit ihr sprechen.»
Was war das gestern doch für ein aufregender Tag. Da war von allem was dabei, denkt Rosa, als sie unter der Dusche steht und das heiße Wasser auf sie niederprasselt.
Erst der Schreck, sie könnte schwanger sein, dann die Leiche, anschließend die Seebestattung, auf der Hildegard sich verplappert hat, und schließlich Holgers Reaktion. Dazu am Abend das Treffen mit dem Häkelbüdel-Club, die Nachricht, dass Ulfert Johannsen vergiftet worden ist, und all die Neuigkeiten, die die Mädels über ihn zu berichten wussten.
Das alles hat Rosa zunächst gar nicht zur Ruhe kommen lassen, letztlich aber hat sie doch bis heute Morgen um halb acht geschlafen. Nur die Träume waren ein wenig blöd, der tote Johannsen geisterte immer wieder durch ihren Schlaf.
Sie stellt das Wasser aus und rubbelt sich mit dem weichen Frotteehandtuch ab, da piepst ihr Handy. Sie schaut aufs Display. Eine Nachricht von Holger.
Nicht vergessen: Ich hole dich um 12 Uhr ab.
Okay, freu mich.
Sie schlüpft in weiße Spitzenwäsche und Jogginganzug. Was sie nachher wirklich anzieht, entscheidet sie später. Wer weiß, wohin Holger sie entführt.
Nun sollte sie erst einmal vernünftig frühstücken. Vielleicht muss sie ja jetzt schon für zwei essen. Und deshalb wird sie zum Bäcker laufen und sich Croissants holen. Das Knäckebrot bleibt heute im Schrank.
Im Treppenhaus lauscht sie. In Henners Wohnung ist alles ruhig. Vielleicht ist der bereits unterwegs, die kostenlose Sonntagszeitung steckt jedenfalls nicht mehr in seinem Briefkasten. Also braucht sie ihm auch keine Brötchen mitbringen.
Der Himmel ist wie blank geputzt, als Rosa vor die Tür tritt. Die Temperaturen sind schon wieder hochsommerlich, genau so, wie sie es liebt. Kurz vor dem Sieltor trifft sie Rudi, der augenscheinlich seine Laufrunde bereits hinter sich hat. Er sieht verschwitzt aus und hält eine Brötchentüte in der Hand.
«Moin! Nur der frühe Vogel fängt den Wurm», ruft Rosa ihm gut gelaunt zu.
«Und der schnelle Polizist den Mörder.»
Er nun wieder. «Ich hab gestern Abend gehört, dass Johannsen vergiftet wurde und dass ihr ermittelt», sagt sie provozierend, weil sie sich ein bisschen darüber ärgert, dass Rudi ihr nichts davon gesagt hat. Hätte sie nicht zufällig die Mädels vom Häkelbüdel-Club getroffen, wäre sie vollkommen ahnungslos.
«Ja, das war echt blöd. Das mit dem Gift sollte eigentlich noch geheim bleiben», sagt Rudi. «Hab deswegen einen mächtigen Anschiss von Haueisen bekommen, obwohl ich überhaupt nichts dafür konnte, dass Ludwig das erfahren hat.» Rudi sieht Rosa mit bedröppeltem Gesichtsausdruck an. «Aber was sollte ich machen? Wenn der Chef anruft, muss ich rangehen. Wäre in dem Fall aber besser gewesen, erst später mit Haueisen zu telefonieren. Dumm gelaufen. Irgendwie ist Haueisen aber auch selbst schuld, er wusste doch, dass ich auf See bin. Da kann man nicht eben mal ein paar Meter weggehen, um vertrauliche Informationen zu empfangen.»
«Wieso sollte das denn geheim bleiben?»
«Mein Chef wollte erst am Montag in Sachen Mördersuche starten. Egal.» Rudi läuft auf der Stelle. «Ich muss los. Um elf ist Krisenstab in Wittmund.»
«Nun spiel dich bloß nicht so auf. Ist ja gerade erst neun.» Sie kneift die Augen zusammen. «Hast du eigentlich schon von den Gerüchten gehört, die über Johannsen im Umlauf sind?»
«Meinst du über seine Freundin Amelie?»
«Nein, über seine Assistentin Tamara.»
Rudi kratzt sich am Kopf. «Nee, also das ist mir neu.»
Haueisen sieht ziemlich übermüdet aus, denkt Rudi, als er pünktlich im Büro des Chefs eintrifft. Die dunklen Ringe unter den Augen kennt er zwar schon, aber heute wirkt Haueisen noch müder als sonst. Der Mord muss ihm ziemlich zugesetzt haben. Ob die beiden sich persönlich gekannt haben?
«Sorry!» Schnepel kommt in einem offenen Leinenblouson hereingerauscht, die Sonnenbrille auf der Nase. «Also, was gibt's? Womit fangen wir an?»
Haueisen verdreht die Augen angesichts von Schnepels guter Laune. «Wie wär's, wenn Sie mir zunächst von dem Gespräch mit Johannsens Lebensgefährtin berichten», schlägt er vor.
«Also», beginnt Schnepel voller Tatendrang. «Die Dame hat kein Alibi.» Er schiebt sich die Sonnenbrille auf den Kopf. «Sie will bei einer Freundin gewesen sein, die Samstag früh nach Hannover gefahren ist. Leider ist diese Freundin telefonisch nicht erreichbar. Ich habe ihr eine SMS geschickt, dass sie mich zurückrufen soll, aber das hat sie nicht getan.»
«Du hast was?», fragt Rudi ihn entgeistert.
«Eine SMS geschickt. Warte.» Schnepel nimmt sein Handy und liest gleich darauf vor: « Und so weiter.»
Rudi prustet los. «Das ist ja nicht dein Ernst! Du glaubst doch nicht, dass die zurückruft! Du hättest die Nummer des Kommissariats angeben müssen.»
Auch Haueisen schüttelt nur den Kopf. «Ist zwar gut gemeint, aber wer darauf reagiert, muss schon einen Happen doof sein. In letzter Zeit sind doch die Zeitungen voll von Ganoven, die sich als Polizisten ausgeben.»
Beleidigt steckt Schnepel das Handy weg. «Immerhin habe ich versucht, das Alibi zu überprüfen!», sagt er. «Die Nansen hat ja allein durch ihren Job im Heim genug Gelegenheiten, Nadel und Spritze zu entwenden, mit Gift zu füllen und das Zeug in die Flasche Wein zu jagen. Weiß doch jeder: Giftmörder sind meistens Frauen.»...
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