MAURO FRADEANI
Vielen Patienten, die mit dem Aussehen ihrer Zähne unzufrieden sind, kann man schon mit einer konventionellen prothetischen Behandlung ausreichend helfen. Bei komplexeren ästhetischen Befunden muss man dem Patienten jedoch die Notwendigkeit einer umfassenderen Behandlung vermitteln. Die gewählte Vorgehensweise muss nicht nur ästhetisch, sondern auch biologisch und funktional eine gute mittel- bis langfristige Prognose ermöglichen.
ZIEL: Aufklären des über die Maßnahmen, die im Rahmen des Behandlungsplans getroffen werden müssen. Nur so kann er die Gründe verstehen, warum die vorgesehene Behandlung gegenüber anderen Möglichkeiten vorzuziehen ist.
Das Personal in der Zahnarztpraxis sollte dem Patienten vom ersten Besuch an das Gefühl vermitteln, dass er willkommen ist und dass man sich um ihn bemüht. Das schafft Ruhe und Vertrauen (Abb. 1-1 a bis c).
Alle neuen Patienten werden zunächst gebeten, ein Formular mit Anamnesedaten ausfüllen, wobei neben den üblichen allgemeinund zahnmedizinischen Fragen auch der Grund für den Besuch abgefragt wird. Manche Patienten kennen nämlich sehr wohl die gesundheitliche Problematik ihres Falls, aber der eigentliche Grund für ihren Besuch liegt nicht selten im Erscheinungsbild des Lächelns.1-6 Der Zahnarzt muss also herauszufinden versuchen, was genau der Patient eigentlich will und braucht. Ferner muss er gegebenenfalls eine Reihe von ästhetischen Parametern analysieren und in ein spezielles Ästhetikprotokoll eintragen.7-11
Auf der Grundlage dieser ästhetischen Parameter kann man alle Patienten einer gründlichen ästhetischen Bewertung unterziehen. Die Analyse hat subjektiven Charakter, die verwendeten Kriterien sind aber universell gültig. Auch das Datum wird eingetragen, um die nachfolgenden Veränderungen am ästhetischen Erscheinungsbild zeitlich genau eingrenzen zu können.
Ein wichtiger erster Schritt besteht darin, das Vertrauen des Patienten zu gewinnen. Er muss das Gefühl haben, dass er an einem freundlichen Dialog in entspannter Atmosphäre teilnimmt. Dieses Gespräch ist zu führen, bevor der Patient zum Behandlungsstuhl gebeten und untersucht wird.12 Auf diese Weise werden die beim ersten Besuch stets vorhandenen Spannungen abgebaut und der Zahnarzt kann sich ein Bild machen, was genau der Patient an seinen Zähnen als unattraktiv oder störend empfindet. Es ist strategisch von Vorteil, wenn man in dieser Phase einen möglichst lockeren Umgang pflegt, weil sich so allgemeines Erscheinungsbild, Charakter und Verhalten des Patienten besser analysieren lassen. Außerdem hat man im Gespräch die Gelegenheit, die spontanen Bewegungen des Gesichts sowie das natürliche Mienenspiel und Lächeln zu studieren.
Abb. 1 In der Zahnarztpraxis sollte eine einladende Atmosphäre herrschen, damit sich die Patientin bei ihrem ersten Besuch entspannen kann (a und b). Die Mitarbeiterinnen begrüßen die Patientin und geben einführende Informationen, bevor die Sitzung beim Zahnarzt beginnt (c).
Abb. 1-1a
Abb. 1-1b
Abb. 1-1c
Nur wenn der Zahnarzt die individuelle Persönlichkeit seiner Patienten richtig einschätzen kann, ist eine optimale Kommunikation gewährleistet.13 Der Patient darf (besonders zu diesem Zeitpunkt) keinesfalls das Gefühl haben, "von oben herab" behandelt zu werden.
Der Zahnarzt muss sich bemühen, eine entspannte Atmosphäre herzustellen und bereit sein, auf die Wünsche des Patienten einzugehen. Viele Patienten finden nicht die richtigen Worte, um auszudrücken, was sie an den eigenen Zähnen stört.14 Es liegt daher am Zahnarzt, die vorhandene Unzufriedenheit richtig zu interpretieren. Eine vertrauensvolle Beziehung lässt sich nur dann herstellen, wenn der Patient das Gefühl hat, dass er mit seinen Wünschen nicht auf taube Ohren stößt. Viele Menschen sind überzeugt, dass ästhetisch aussehende Zähne im Privat- und Berufsleben von Vorteil sind15-21 und dass ästhetische Zahnbehandlungen die Beziehungsfähigkeit fördern können.4 Der Zahnarzt muss die Wünsche seiner Patienten respektieren, ohne seine eigenen Ansichten zum Maß aller Dinge zu machen - ästhetische Werturteile sind immer vollkommen subjektiv, eine Tatsache, die manchmal vergessen wird.22-30 Heutzutage bringen viele Patienten im Vorfeld von prothetischen Behandlungen ältere Fotos mit in die Zahnarztpraxis, auf denen ihr früheres Lächeln zu sehen ist, das sich mittlerweile stark verändert hat (Abb. 1-2 a bis e). Mit Hilfe solcher Fotos lässt oft sehr viel leichter ein Zahnersatz mit möglichst natürlichen Formen und Konturen realisieren.31, 32
Andere Patienten bringen nicht Fotos von sich selbst, sondern von berühmten Personen mit, die ihnen als ästhetische "Vorbilder" dienen.33 Solche Wünsche sollte man nicht vorschnell abqualifizieren. Immerhin erhält man so Einblick in die Gedankenwelt und Ambitionen des Patienten. Möglicherweise gewährt der Patient diesen Einblick zum ersten Mal in seinem Leben. Man darf sich über solche Wünsche nicht lustig machen, sondern muss sich ernsthaft mit ihnen auseinander setzen. So wichtig es ist, dass man dem Patienten zuhört und seine Wünsche korrekt interpretiert, so wichtig ist es auch, dass man seine Vorstellungen vom Behandlungsablauf ergründet. Nicht selten wird die ästhetisch-restaurative Therapie nämlich als Routinebehandlung aufgefasst, sodass das Bewusstsein für die möglicherweise komplexen interdisziplinären Hintergründe fehlt. Viele Patienten unterschätzen so den Arbeitsaufwand und die anfallenden Kosten, weil sie falsche Vorstellungen von der Art und Anzahl der Behandlungsschritte haben, die zur Erfüllung ihrer Wünsche erforderlich sind. Darüber hinaus ist es nicht immer möglich, die Wünsche des Patienten überhaupt zu erfüllen.
Abb. 2 Die Patientin würde liebend gern wieder ihr früheres Aussehen zurückhaben. Sie präsentiert Fotos, auf denen zu sehen ist, wie sich ihr Lächeln mit der Zeit verändert hat. Das ästhetische Erscheinungsbild wurde durch den Abrieb an den oberen Schneidezähnen allmählich getrübt (a bis c). Die erste Untersuchung zeigt deutlich, dass die Zähne nicht nur kürzer geworden sind, sondern insgesamt an Volumen verloren haben (d und e).
Abb. 1-2a
Abb. 1-2b
Abb. 1-2c
Abb. 1-2d
Abb. 1-2e
Manche Patienten können trotz gewissenhafter Aufklärung immer noch kein Verständnis dafür aufbringen, dass ihre Erwartungen den Rahmen des klinisch Machbaren sprengen. In diesen Fällen sollte man die Behandlung gar nicht erst beginnen, weil sie ohnehin zum Scheitern verurteilt ist.14,32
Dem Patienten ist konkret zu vermitteln, welche Arbeiten durchgeführt werden müssen, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. Der Zahnarzt sollte diese Erläuterungen in einfache Worte fassen. Schwer verständliche Fachbegriffe sind zu vermeiden. Viele Patienten, die mit dem Aussehen ihres Lächelns unzufrieden sind, sehen dabei nur einen Teilaspekt, der ihnen verbesserungswürdig erscheint, dessen Korrektur aber nicht die eigentlichen Probleme lösen würde.14 Um diese Probleme besser verständlich zu machen, kann man auf Bilder oder Modelle von ähnlich gelagerten Fällen zurückgreifen, die in der Vergangenheit bereits erfolgreich behandelt wurden (Abb. 1-3 a bis c). Auch Bilder aus Zeitschriften können hilfreich sein, sofern ein echter Bezug zum gegebenen Fall besteht. (Abb. 1-4 a und b).13,34,35
Der Zahnarzt muss alle Behandlungsschritte anschaulich erläutern und die verbesserungsfähigen Aspekte des Lächelns in einer solchen Weise vermitteln, dass der Patient sie selbst beurteilen, erkennen und verstehen kann. Das ästhetische Wahrnehmungsvermögen von gut aufgeklärten Patienten ändert sich oft überraschend schnell. Auf diesem geänderten Verständnis lässt sich nun aufbauen, wenn man den Unterschied zwischen einem "natürlichen" und einem "perfekten" Lächeln erklärt (d. h., Zähne mit diversen Form- und Farbdefiziten sind ästhetischer als makellos geradlinige und weiße Zähnen, die das Lächeln stereotyp erscheinen lassen). Ferner kann auf dieser Basis besser...