Schweitzer Fachinformationen
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Heldentrupp oder Verbrecherbande?
Die Feuerwehrleute von »Engine 99« gelten als die Besten in New York - mutig, unerschrocken, verehrt. Doch was niemand ahnt: Sie selbst legen Brände, um im Chaos Banken und Juweliere auszurauben. Das FBI setzt die freiberufliche Ermittlerin Andy Nearland auf die Truppe an. Undercover muss sie sich in einer gefährlichen Männerwelt behaupten - stets zwischen Vertrauen und Verrat, Loyalität und Lüge. Doch als der größte Coup der Truppe bevorsteht, läuft Andy die Zeit davon.
Feuer ist laut. Es ruft die Menschen zu sich, zieht sie magisch an. Das war wahrscheinlich schon immer so, seit Anbeginn der Zeit, vermutete Ben. Wenn es alt genug war, die Zisch-, Prassel-, Kriech- und Loderphase hinter sich gelassen hatte und zu einem eindrucksvollen Ungeheuer herangewachsen war, das so richtig laut brüllen konnte - dann kamen sie gerannt. Standen da. Staunten. Spürten die Hitze auf den Wangen und fühlten sich lebendig, mit dem Universum verbunden oder irgend so ein Hippie-Scheiß.
Als Ben vom Löschzug sprang und mit seinen Stiefeln auf dem nassen Gehweg an der West Thirty-Seventh Street landete, hatten sich die Horden schon in den dunklen Hauseingängen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zusammengerottet, und die Gaffer hingen bereits aus den Fenstern ihrer Apartments darüber. Weiße Lichtpunkte, die Handykameras liefen. Das alles nahm er nur aus dem Augenwinkel wahr, denn er hievte und schleppte Zeug aus dem Wagen und ging im Geiste die nächsten achtzehn Schritte durch. Engo, eine Zigarre zwischen den Zähnen und bereits schweißgebadet, rollte den Schlauch aus.
»Das ist ein Fehler«, sagte Ben zu Matt, als der Chief aus dem Führerhaus sprang. Das blinkende Licht tauchte seine rotentzündeten Nackenstoppel in fieses Violett.
»Alles gut, wirst schon sehen.«
»Ein verdammtes Textillager?« Ben riss die Ladeluke an der Seite des Fahrzeugs auf und zog mit geübten Griffen diverse Werkzeuge heraus. Wie ein Plünderer im Großmarkt. »Das ist ein Pulverfass.«
»Das Gebäude liegt direkt auf dem Weg. Das beste Eingangstor.«
Ätzender Qualm stieg über ihnen aus dem Haus, es stank nach verbranntem Nylon. »Wenn das hochgeht, haben Engo und Jakey keine Chance .«
»Geh mir nicht auf den Sack, Benji!«
Ben schwieg, denn Big Matts Geduldsfaden war kurz. Mittlerweile waren im dritten Stock des Textillagers zwei Fenster explodiert, und die Menge auf der Straße hatte sich verdoppelt. Da oben glühten die Fenster, nicht nur die zertrümmerten. Ben machte das nun schon seit zehn Jahren. Vielleicht länger. Glühende Fenster verrieten ihm, dass das Feuer bereits mächtig war und sich vermutlich bis zu den Grundmauern durchgefressen hatte.
Er füllte seinen Pressluftatmer, setzte den Helm auf, schulterte seine Ausrüstung und ging hinein. Engo war natürlich vorn, den Schlauch wie einen großen schlaffen Schwanz über dem Arm, das Kinn vorgereckt. Wie ein Typ auf dem Weg ins exklusive Kunstmuseum. Engo zog immer gern eine Show ab, wenn er in brennende Gebäude wie dieses marschierte, als wäre das alles reine Routine. Kein großes Ding. Was ist passiert? Hat Oma das Bügeleisen angelassen? Ben hatte Engo über Leichen gehen sehen, als wären sie Knicke im Teppich. Sein Pressluftatmer war nicht angeschlossen, denn Rauch störte ihn ungefähr so sehr wie Wasser die Fische.
Ben ließ seinen Schlauch fallen, entfernte sich von Jakey und Engo und ging die Treppen hinunter, während die anderen weiter aufs Feuer zuliefen. Dinge zogen an ihm vorbei, Kuriositäten, die er später beim Einschlafen Revue passieren lassen würde. Wände voller Knöpfe in allen Formen und Farben. Riesige goldfarbene Scheren. Schneidewerkzeuge, Zollstöcke und Lineale. Lederballen in Regalen, in Farben, die er sich nie hätte ausmalen können. Er war froh, dass sie den Zünder im dritten Stock ausgelegt hatten, um den Brand dort auszulösen. Hier unten lagerten nur Fell und Federn, wenn dieser Bereich des Lagers Feuer fing, wäre alles in Sekunden Schutt und Asche.
Ben legte Helm und Tasche ab. Die war so schwer mit Werkzeugen beladen, dass der Boden bebte und ein Glas mit Stecknadeln vom Schneidetisch fiel. Er zog ein Messer aus dem Gürtel, schnitt ein Stück Teppich aus und riss es vom Boden, um die Dielenbretter freizulegen. Fünfzehn Sekunden später hatte er mit seiner Hebelklaue, dem Halligan-Tool, sechs Bretter gehoben. Er ließ seine Tasche auf die nackte Erde unter dem Gebäude fallen und schlüpfte durchs Loch hinterher, sodass er direkt auf dem Schachtdeckel landete. Einen Heber hatte er zwar nicht dabei, aber das Halligan erledigte die Sache genauso gut, ließ sich wunderbar unter den Metallgriff des fast zwanzig Kilo schweren Deckels schieben. Er rückte seine Maske zurecht, sorgte mit ein paar Bewegungen des Unterkiefers dafür, dass sie sich fest anschmiegte, bevor er den Deckel anhob und in die Dunkelheit hinunterstieg.
Wenn man weiß, dass was Schädliches in der Luft liegt, kriegt man automatisch Schnappatmung. Das war Ben zuerst aufgefallen, als er völlig überarbeiteten Sanitätern beim Verladen der Covid-Toten geholfen hatte und später dann bei den Protesten gegen den gewaltsamen Tod von George Floyd, als er brennende Autos löschen musste, während das NYPD die Straßen mit Pfefferspray einnebelte. Auch als er sich jetzt in der Dunkelheit durch den stillgelegten, gemauerten Schacht unter der West Thirty-Seventh Street vortastete und daran dachte, dass die Luft erfüllt war von Schwefelwasserstoffgas, das sich über Jahrzehnte aus Abwasser und sonstigem Dreck zusammengebraut hatte, sog er die Luft ein wie ein Baby Milch an der Mutterbrust.
Die Taschenlampe ließ er hier unten ausgeschaltet. Engo hatte mit ihm rumdiskutiert, er behauptete, Schwefelwasserstoffgas sei nicht »sehr entflammbar« und LED gebe ohnehin keine Funken ab, aber Ben hatte nicht vor, diesen Teil von New York aus Abneigung gegen die Dunkelheit in ein modernes Pompeji zu verwandeln. Ihm blieben ungefähr elf Minuten, um sein Ziel zu erreichen, den Job zu erledigen und wieder zurückzukehren. Durch die eingeschränkte Sicht war er langsamer, die Zeit also knapper. In seinem Kopfhörerknopf knisterte und rauschte es, das Geplapper seiner Kollegen, die sich über Funk verständigten, machte ihn nervös.
»Engo, bist du in Position?«
»Ja, Boss. Wir haben hier ein nettes Lagerfeuer.«
»Ben?«
»Ich suche den unteren Bereich nach einem potenziellen zweiten Brandherd ab«, log er. Hinter der Maske klang seine Stimme erstickt.
»Wir sollten den Strom fürs ganze Viertel abschalten«, sagte Big Matt. »Keine Ahnung, wer da alles am Verteiler hängt.«
Ben beschleunigte seinen Schritt. Er stellte sich vor, wie Matt auf der Straße stand und die als Verstärkung anrückenden Staffeln von Engine 97 und Ladder 98 anwies, den Strom für den gesamten Garment District abzuschalten. Die Jungs von 97 und 98 würden das sicher für übertrieben halten, Blackout für die betroffene Straße, okay, aber doch nicht für den ganzen Bezirk. Das war egal, denn Matt musste sichergehen, dass nicht nur das Textillager ohne Strom war, sondern auch der Juwelier an der West Thirty-Fifth Street, zu dem Ben gerade unterwegs war.
Links, rechts, links, sagte er sich. Genau wie beim Marschieren. Die letzte Ecke umrundet, noch drei Minuten, die behandschuhten Finger fuhren an der Wand entlang, unbekannte Landschaften unter seinen Stiefeln, die meisten nass und matschig. Schließlich ertastete er die erhoffte Steigleiter - in die Mauer eingelassene, verrostete Eisensprossen -, ließ seine Tasche fallen und kletterte nach oben. Er zitterte am ganzen Leib, als er sich gegen den Kanaldeckel stemmte. Die Nerven.
Der letzte große Job dieser Art lag schon ein Jahr zurück, auch da musste er Gebäudepläne auswendig lernen und sich vorab ein Bild vom Einsatzort machen. Ben mochte diese großen Dinger überhaupt nicht, vor allem nicht, wenn sie unter Druck standen. Raube nie in der Not. Ben hatte viel übrig für dieses alte Motto. Geldnot führt zu Schlamperei. Zerstört das Vertrauen. Denn wie konnte Ben sicher sein, dass Matts Hehler der Beste war für diese Beute? Jemand, der das Diebesgut von heute Nacht im Stillen verticken könnte? Oder hatte Chief Matt sich darauf eingelassen, weil er drei Ex-Frauen an der Backe hatte und bei Babymama Nummer vier einen Braten in der Röhre? Wie konnte Ben sicher sein, dass...
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