ERSTES KAPITEL
Die feuchte schwüle Nachtluft ließ ein gewaltiges Gewitter befürchten. Nicht ein einziger Stern schimmerte zwischen den drohenden grauen Wolken, die am dunklen Himmel hingen. Es war eine jener Nächte, die das Blut eines Mannes in Wallung bringen, ihn an heiße zerwühlte Laken und an eine Frau denken lassen, die sogar noch heißer ist.
Ben Badwin brauchte eine Frau, und er brauchte sie jetzt. Heute Nacht.
Während er langsam tief durchatmete, malte sich Ben in Gedanken anregende Bilder von wildem Sex und rasender Lust aus. Seine Muskeln spannten sich, als er an verschiedene Frauen dachte, die zwar in Frage kamen, die er aber sofort als nicht passend verwarf. Eine schwüle Brise zerzauste ihm das Haar, strich über seine erhitzte Haut und drang ihm in den offenen Ausschnitt seines Hemdes. Lächelnd blickte Ben zum Nachthimmel hoch. Er wusste, was er brauchte.
Eine Herausforderung.
Seit einiger Zeit vermisste er in seinem Leben die Spannung der Jagd, den Kitzel der Verführung. Aber verdammt noch mal, er war ein Mann, und er liebte die Jagd. Er liebte es, sich zu bewähren und aus solchen Kraftproben als Sieger hervorzugehen. Er liebte es, als Mann zu dominieren.
Sowohl die Bar als auch der Grillroom seines Motels waren berstend voll. Zu den eigentlichen Motelgästen, die hier aßen, Billard spielten oder etwas tranken, hatten sich etliche Fernfahrer sowie einige Leute aus der Nachbarschaft gesellt, die die Bar zu ihrer Stammkneipe auserkoren hatten.
Da die Menge sich im Großen und Ganzen ruhig und gesittet verhielt, konnte Ben es wagen, einen Augenblick auszuspannen. Er stand vor der Eingangstür und blickte zum Parkplatz hinüber. Scheinwerfer beleuchteten das Gelände und ließen die Umrisse zahlreicher Autos und Lastwagen erkennen. Das Geschäft lief gut, ja, es boomte förmlich. Zumindest in diesem Punkt konnte Ben sehr zufrieden sein.
Gleichzeitig war er jedoch von brennender Unruhe erfüllt.
Ein Stück weiter unten öffnete sich eine Tür, die zu einem der Erdgeschossräume führte. Zwei attraktive, angeregt miteinander plaudernde Frauen - beide etwa Anfang dreißig - kamen heraus. Lachend schlenderten sie den überdachten Gehweg entlang auf die Bar zu. Allen Anzeichen nach hatten sie bereits einiges getrunken. Als sie auf Ben zukamen, zwinkerte die mit dem kurzen, gestylten blonden Haar ihn an und winkte ihm salopp zu.
Ben lächelte zurück, weil er ein höflicher Mensch war und ihn solche Dinge immer entzückten. Sein Interesse vermochten die beiden jedoch nicht zu wecken. »Meine Damen.«
Die langbeinige Brünette drückte provokativ ihre wohlgeformte Hüfte heraus. »In so 'ner Nacht sollte man nicht draußen rumhängen.« Mit laszivem Blick musterte sie ihn von oben bis unten. Dann tippte sie ihm mit einem ihrer langen, scharlachroten Fingernägel am Hemdausschnitt gegen die nackte Brust. »Kommen Sie doch mit rein, damit ich Ihnen einen Drink spendieren kann.«
Ben, der wünschte, wenigstens eine Spur von Interesse empfinden zu können, hob bedauernd die Arme. »Ein derart reizvolles Angebot ist schwer abzulehnen. Trotzdem muss ich nein sagen.«
Sie beugte sich vor, so dass ihr eindrucksvoller Busen noch besser zur Geltung kam. »Ich verspreche auch, dass ich nicht beiße.«
Ben konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er fand Frauen und ihre Kapriolen einfach bezaubernd, liebte es, wie sie flirteten, liebte die Spielchen, die sie spielten - die Spielchen, die immer er gewann. »Da habe ich aber meine Zweifel, Schätzchen.«
Die Frau lachte entzückt auf. »Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht zu uns gesellen wollen?«
»Wir hätten sicher viel Spaß«, fügte die Blondine hinzu.
»Geht leider nicht.« Ben schüttelte den Kopf. »Bin schon verabredet«, log er.
»Ihr Pech.«
»Zweifellos.«
Sie gingen nach drinnen, wo sie sofort ein neues Opfer fanden. Amüsiert verschränkte Ben die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen die Holzwand des Gebäudes. Er genoss es rundum, wenn Frauen ihn anmachten.
Aber jetzt brauchte er einfach mehr und war nicht bereit, sich mit weniger zufrieden zu geben.
Ein dumpfes Rumpeln war zu hören, das er zunächst für den Donner des aufziehenden Gewitters hielt. Als er zum Himmel blickte, konnte er jedoch keine Blitze sehen. Das Rumpeln wurde lauter, und Sekunden später bog ein uralter Truck um die Ecke, dessen Scheinwerfer Ben kurz anstrahlten, bevor der Lastwagen einen Schwenk machte und auf das Geschäft für Landschaftsgestaltung zusteuerte, das sich auf der anderen Straßenseite befand.
Schon vor ein paar Wochen war Ben aufgefallen, dass das Geschäft, das mehrere Monate leer gestanden hatte, offenbar wieder geöffnet werden sollte. Das Gebäude war neu getüncht, die Fensterläden repariert, die verunreinigte Kiesfläche gesäubert worden. Lastwagen hatten Mulch und Pflanzen gebracht, und Letztere waren in geraden, ordentlichen Reihen eingepflanzt worden.
Ben sah zu, wie der ramponierte alte Truck mit quietschenden Bremsen plötzlich anhielt. Kieselsteine und Erde spritzten nach hinten weg. Die Scheinwerfer gingen aus, dann wurde eine Tür zugeschlagen. Von einer seltsamen Spannung befallen, starrte er durch die Dunkelheit.
Drinnen in der Bar setzte jemand die Jukebox in Betrieb, und die mitreißende Melodie von Bad to the Bone drang nach draußen. Die dumpf dröhnenden Bässe hallten in Bens Brust und in seinem Kopf wider.
Und dann erblickte er sie.
Sie trat aus dem Schatten und kam über die Straße auf ihn zu. Gebannt beobachtete Ben, wie sich der Dunst um sie herum teilte, was ihr ein irgendwie ätherisches Aussehen verlieh. Ihre langsamen, rhythmischen Schritte schienen mit dem Takt der Musik und dem Schlagen seines Herzens übereinzustimmen.
Das Licht einer Laterne fiel auf ihr rötlich-braunes Haar. Es war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der zu einem früheren Zeitpunkt des Tages ordentlich und proper gewesen sein mochte. Jetzt sah er aber ziemlich aufgelöst und zerzaust aus. Ihr Pony hing ihr in verschwitzten Strähnen halb in die Augen. Sie trug ein verdrecktes weißes, ärmelloses Hemd, eine kurze, ausgefranste Latzhose und braune Schnürstiefel mit nach unten gerollten grauen Socken.
Als feminin hätte Ben ihre Aufmachung sicher nicht bezeichnet, eher schon als fetischistisch. Wie auch immer, jedenfalls hatte sie seine Aufmerksamkeit erregt.
Unwillkürlich fragte er sich, was für eine Art Höschen eine Frau wohl unter einer Kleidung wie dieser tragen mochte.
Obwohl es schon Mitternacht und heißer als in der Hölle war, kam sie mit weit ausgreifenden, sicheren und schwungvollen Schritten auf ihn zu, Schritten, die genau zu der aufreizenden Musik aus der Jukebox passten.
Sie hatte den Gang einer mit sich selbst zufriedenen Frau, was Ben enorm anmachte. Selbstbewusstsein fand er immer ausgesprochen sexy.
Da er im Schatten stand, bemerkte sie ihn erst, als sie nur noch drei Fuß von ihm entfernt war. Ihre Blicke trafen sich und hakten sich ineinander fest. Nach einer Weile löste sie den Blick von seinem und musterte ihn in aller Ruhe von oben bis unten, um schließlich überrascht den Mund aufzusperren.
Ben machte keine Bewegung und blieb in der gleichen entspannten Pose wie zuvor an der Holzwand lehnen. In seinem Innern brodelte es jedoch. Sein Herzschlag beschleunigte sich, all seine Sinne waren in Alarmbereitschaft.
Da er ahnte, dass er vielleicht ein bisschen zu verzückt aussah, rang sich Ben zu einem lässigen Nicken durch.
Auf diese Begrüßung hin kam die Frau ein Stück näher. Jetzt hatten ihre Schritte jedoch den Schwung verloren und schienen von Vorsicht und Neugier geprägt, so als sträube sie sich eigentlich dagegen, ihn zu betrachten, könne aber nichts dagegen tun. Als sie unmittelbar vor Ben stand, zog sie den breiten üppigen Mund schief, und ein Lächeln trat in ihre Augen. Sie schüttelte den Kopf, als sei sie verwirrt.
Oder könne es nicht fassen.
»Jemand wie Sie sollte verboten werden«, lachte sie mit leiser, kehliger Stimme und brach damit den Bann. »Bloß gut, dass ich ein kräftiges Herz habe.«
Nach dieser seltsamen, wenn auch provozierenden Bemerkung stolzierte sie an ihm vorbei und betrat die Bar.
Sein eigenes, ziemlich untypisches Verhalten verblüffte Ben ein wenig. Ihm kam zu Bewusstsein, dass er kein einziges Wort gesagt hatte, sich weder die Situation zunutze gemacht hatte noch auf ihre Bemerkung eingegangen war. Nicht einmal vorgestellt hatte er sich. Er drehte sich um und betrachtete sie von hinten, was sein Interesse sofort noch um einiges zunehmen ließ. Sie hatte einen großartigen Hintern, der weich und griffig aussah und genau die richtigen Rundungen besaß. Eine hübsche Hand voll. Ihre kräftigen Beine waren wohlgeformt und von einer leichten Sonnenbräune überzogen.
Die aufreizende Musik verklang, doch die schwüle Luft war nach wie vor vom Duft einer erhitzten Frau geschwängert. Ben grinste voll freudiger Erwartung.
O ja, das war genau das, worauf er gewartet hatte. Sie war genau das, worauf er gewartet hatte.
Die Jagd ging los.
Wie ein brünstiger Bulle trabte er ihr in die Bar nach. Ungeduldig stand er da, während sie sich umsah. Schließlich entdeckte sie im hinteren Teil des Raumes eine leere Essnische und steuerte darauf zu.
Ben gab der Kellnerin mit einem Nicken zu verstehen, dass er sich um diesen Gast selbst kümmern würde. Er folgte ihr, und als sie auf der Bank Platz genommen hatte, lehnte er sich mit der Hüfte gegen den Tisch. Er versuchte, sie nonchalant anzulächeln, vermutete jedoch,...