Schweitzer Fachinformationen
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"Chef, ich bin im Mutterschutz." Petra Taler stellte die Mithörfunktion ihres Handys ein.
"Frau Taler, Sie sind meine fähigste Kommissarin, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind und Sie mich mit Ihren Alleingängen in der Vergangenheit oft zur Weißglut getrieben haben."
"Herr Friedrichsen, hier ist Oberstaatsanwalt Lüdersen. Wie Ihnen meine Frau erklärte - sie ist im Mutterschutz. Unsere Tochter ist drei Monate alt", übernahm Lüdersen das Gespräch.
"Herr Oberstaatsanwalt, meinen herzlichen Glückwunsch zur Beförderung. Das ist ja ein ordentlicher Sprung auf der Karriereleiter." Friedrichsen räusperte sich kurz. "Und nun sind Sie in Elternzeit, wie ich hörte. Sehr vorbildlich. Wir Männer dürfen uns nicht hinter unserer Weiblichkeit verstecken und müssen zeigen, was wir können", fuhr er fort.
"Vielen Dank, aber meine Elternzeit steht nicht zum Thema", berichtigte Lüdersen.
"Nein, natürlich nicht. Ich möchte Ihre Frau bitten, dass sie für zwei, drei Stunden ins Büro kommt. Es gibt eine Seniorin, Erna von Hauken, die mich seit drei Monaten wöchentlich aufsucht und mir vehement vorbetet, dass ihre dreiundachtzigjährige Freundin keines natürlichen Todes gestorben sei. Für Ihre Frau wären ein paar Telefonate mit der Heimaufsichtsbehörde, der Heimleiterin und vielleicht auch mit dem Pflegepersonal nötig. Die Seniorenresidenz Hanseblick hat ihren Sitz nicht weit von Ihnen in Hamburg-Hausbruch. Es wäre schön, wenn Ihre Frau Erna von Hauken erklären könnte, dass sie mit ihren Vermutungen auf dem Holzwege ist. Mir will diese aufdringliche Person nicht zuhören."
"Einen Moment, Herr Friedrichsen", bat Lüdersen und stellte die Mithörfunktion aus. "Willst du das?", flüsterte Lüdersen zu Petra, die unentwegt an seinem Hemdärmel zupfte.
"Ich rede mit Friedrichsen", flüsterte sie ebenfalls und stellte die Mithörfunktion wieder an. "Chef, ich bin es wieder. Was ist mit Hauptkommissarin Anna Hartung, warum kann sie den Fall, wenn es denn ein Fall ist, nicht übernehmen? Oder Hauptkommissar Nils Seefeld?"
"Frau Hartung hat in die Pressestelle gewechselt. Ihre beiden pubertierenden rebellischen Kinder, vor allem der Sohn, brauchen ihre Mutter öfters zu Hause. Das kann unser Beruf selten bieten. Und Kollege Seefeld, nein, er ist als Mann für das Gespräch mit der Hauken ungeeignet."
"Verstehe. Also gut, ich komme morgen Vormittag für zwei Stunden. Ich telefoniere die Stationen ab und spreche mit der Seniorin. Aber für mehr können Sie mich nicht einplanen."
"Wunderbar, Frau Taler. Ich wusste, dass Sie mich nicht im Stich lassen. Aber da ist noch etwas."
"Ja?"
"Der Enkel der Seniorin hat sich angekündigt. Er ist Journalist aus Jever. Die Hauken, seine Oma, ist die bekannte Kaffeeröstereiwitwe aus Hamburg. Eine noch immer einflussreiche Hamburger Persönlichkeit mit weitreichenden Kontakten zur oberen Gesellschaft. Sie sind in der High Society aufgewachsen, kennen sich mit Menschen dieses Schlages aus und sind prädestiniert, die Gespräche zu führen."
Petra schmunzelte. Sie war zwar im Nobelvorort Grünwald der Münchner Oberklassengesellschaft aufgewachsen, doch zugehörig hatte sie sich dem Geldadel zu keiner Zeit gefühlt. Sehr zum Verdruss ihrer Eltern.
"Ich werde mich bemühen", antwortete Petra. "Gibt es Hintergrundinformationen zum Tod von Ernas Freundin? Wurde nachgeforscht, ob die Dame mit ihrer Vermutung wirklich auf dem Holzweg ist?"
"Nein. Aber Rechtsmediziner Heiner Jensens Bericht liegt vor, der ebenso, wie auch die Heimleitung, bestätigt, dass Martha Blumenthal eines natürlichen Todes gestorben ist. Nur einsehen will die Seniorin es nicht. Jede Woche erzählt sie mir von einem roten Streifen in der Hand ihrer Freundin, der am Tag zuvor nicht da gewesen sei."
"Was sagt Jensen?"
"Dass der Streifen, der einen Tag alt war, von einer Verbrennung herrührt, so wie es auch die Heimleitung vermutet. Eine Verbrennung, die beim gemeinsamen Kochen am Vortag in der Residenz entstanden ist. So etwas passiert schnell. Am Kochtopf, an der Herdplatte, ja selbst an einem metallenen Gegenstand, der nahe dem Herd liegt."
"Also gut, Chef. Bis morgen." Petra beendete das Gespräch.
"Hast du vergessen, meine Schöne, dass übermorgen deine Mutter bei uns aufschlägt und uns eine Woche mit ihrer Anwesenheit beehrt? Und sei ehrlich, du willst nur flüchten." Lüdersen hob die Augenbrauen.
"Tja, einem Oberstaatsanwalt kann ich nichts vormachen", sagte Petra, während sie sich zärtlich an die Brust ihres Mannes schmiegte.
"Du kleines Biest", neckte Lüdersen. "Du lässt mich mit meinem Schwiegermonster alleine. Dafür darf ich mir etwas wünschen."
"Ja? Wer sagt das?" Petra sah in Lüdersens schokoladenbraune Augen. Wie sie sein Lächeln liebte!
"Ich sage das, aber ." Lüdersen stoppte seinen Satz, als das Babyfon ansprang und Farina Johanna zu schreien anfing.
"Also, Frau Lüdersen, dann hol deine Weiblichkeit raus und beruhige deine Tochter", sagte Petra und ließ sich aufs Sofa fallen.
Um zehn Uhr am nächsten Tag betrat Petra die Harburger Wache drei Monate nach der Geburt ihrer Tochter zum ersten Mal wieder. Sie genoss die Zeit mit Farina Johanna, gestand sich aber ein, dass sie ihre Arbeit vermisste. Da Lüdersen, trotz seiner gerade erhaltenen Beförderung zum Oberstaatsanwalt, zwei Jahre Elternzeit genommen hatte, würde sie in einem Monat wieder regulär arbeiten. Warum nicht vier Wochen früher?
"Seefeld, guten Morgen. Ich bin wieder da", sagte Petra, als sie ihr Büro betrat, an dessen Schreibtisch bis vor ein paar Tagen ihre Vertretung Kollegin Hartung gesessen hatte.
"Guten Morgen, Frau Taler. Ich freue mich, Sie zu sehen. Wie geht es der Kleinen?"
"Seefeld, es ist unglaublich. Täglich entdecke ich Neues an ihr. Ob es die kleinen Finger sind, die Haare, die sich wie bei ihrem Vater zu locken beginnen, wie sie lacht oder einen mit ihren Augen ansieht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so glücklich sein kann. Aber bevor ich anfange, Sie zu langweilen, zum Fall, wenn es denn ein Fall ist. Der Chef sagt, es ist eine Bewohnerin aus der Seniorenresidenz Hanseblick, die den natürlichen Tod ihrer Freundin anzweifelt."
"Erna von Hauken, Hamburger Kaffeeröstereiwitwe. Sie taucht jede Woche auf und will Friedrichsen sprechen. Mit mir, dem Fußvolk, gibt sie sich nicht ab."
"Sehen wir, was ich ausrichten kann, so als Frau. Wann kommt sie mit ihrem Enkel?"
"Jeden Augenblick", sagte Hauptkommissar Nils Seefeld. "Sind die Kirschen für die Kollegen?" Seefeld schielte auf den Weidenkorb, den Petra auf dem Besuchertisch abgestellt hatte.
"Nein, Seefeld, die sind alle für Sie. Für die Kollegen steht ein Korb im Konferenzraum. Horst sagt, so viel Marmelade und Kirschkuchen kann er nicht kochen und backen, wie die Bäume dieses Jahr mit Früchten voll hängen. Obwohl die Kunden ihm im Hofladen seine Biokirschen aus der Hand reißen, bleibt immer noch genug übrig. Es wäre schade, wenn sie an den Bäumen verfaulen."
"Liebend gerne nehme ich sie", sagte Seefeld, als es an der Tür klopfte.
Eine weißhaarige Seniorin mit wachen grauen Augen bat, mit ihrem Enkel eintreten zu dürfen. Sie stellte sich und ihren Enkel vor und reichte erst Petra, dann Seefeld die Hand. Dienststellenleiter Friedrichsen trat hinter dem Besuch ins Büro.
"Frau von Hauken, Herr Wahlfeld, Chef, bitte nehmen Sie Platz. Ich bin Hauptkommissarin Petra Taler, und das ist mein Kollege Hauptkommissar Nils Seefeld." Petra griff nach dem Kirschenkorb und reichte ihn Seefeld über den Schreibtisch. "Mein Chef, Herr Friedrichsen, bat mich, sich Ihrer Angelegenheit anzunehmen. Wie ich erfuhr, glauben Sie nicht an den natürlichen Tod Ihrer Freundin. Bitte erzählen Sie mir, was Ihren Widerspruch auslöst."
"Das versuche ich seit drei Monaten Ihrem Direktor zu erklären, aber er schmettert mich immer ab." Erna von Hauken blickte zu Friedrichsen, der ihr am Besuchertisch gegenübersaß. "Aus diesem Grund habe ich meinen Enkel mitgebracht. Er ist Journalist in Jever." Erna von Hauken nickte zu einem blonden sportlichen Mittdreißiger in Jeans und kurzärmeligem, gelb-blau kariertem Baumwollhemd.
"Ich erzähle weiter, Oma, bitte bleibe ganz ruhig. Rege dich nicht auf", sagte Oliver Wahlfeld, und dann an Petra gewandt: "Meine Oma bat mich, mitzukommen, nicht, weil ich einen Artikel schreiben will, sondern rein zur Unterstützung. Es ist so, mit meinem Kollegen Markus Winter recherchierte ich 2017 für einen Bericht, in dem es um 600.000 elektrisch betriebene Betten in Pflegeheimen und Seniorenresidenzen ging. Davon gibt es rund eine Million in Deutschland. Einige dieser Betten waren für Todesfälle der Bewohner verantwortlich. In Krefeld, in Bonn, Rheinland-Pfalz, Buchholz in der Nordheide, um nur einige Orte in Deutschland zu nennen, kamen Menschen zu Tode. Die Kabel der Motoren verhedderten sich im Metallrahmen oder waren eingeklemmt oder Nässe drang in den Motor ein, der direkt und mittig unter der Matratze sitzt. Ein Kurzschluss löste einen Funken aus, und das Bett fing Feuer. Auch in einigen privaten Haushalten führten elektrisch betriebene Pflegebetten zum Tod ihrer Benutzer. Die Matratzen gingen in Flammen auf. Für die Bewohner gab es keine Überlebenschance. Diese Vorfälle waren kein Einzelfall."
"Das ist alles furchtbar schrecklich. Ich hörte von diesen Missständen. Doch sind diese in...
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