Schweitzer Fachinformationen
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Was sollten Sie fotografieren? Das ist die entscheidende Frage. Sie haben Ihre Kamera und etwas freie Zeit. Sie meinen es ernst mit der Fotografie und sind bereit, Ihrer Leidenschaft Zunder zu geben. Wo fangen Sie an?
Bei diesem Ansatz bleiben viele Fotografen stecken. Es ist schwierig, wenn einem nichts einfällt, was man mit der Kamera sagen will, aber trotzdem versucht, etwas zu sagen, indem man improvisiert. Sicher, das kann man machen, aber zielloses Herumstochern kostet viel mehr Zeit, als eine klare Richtung einzuschlagen.
Lassen Sie uns also aufschlüsseln, was ein fertiges Bild eigentlich ist.
Ein fertiges Bild ist eine Präsentation. Es macht eine intelligente Aussage, auf eine möglichst zusammenhängende Weise - auch wenn es sich um etwas Einfaches handelt. Gegen ein einfaches, schönes Bild ist nichts einzuwenden, solange die Intention klar ist. Die Geschichte der Fotografie ist voll von solchen Bildern. Ein Beispiel, das mir in den Sinn kommt, ist ein Foto von Edgar Degas. Degas war als Maler bekannt, aber er fertigte Fotos als Studien an. Nur sehr wenige dieser Fotografien haben tatsächlich überlebt, aber das Beispiel hier ist eines meiner Lieblingsbilder. Ich glaube sogar, dass es eines der besten Bilder ist, die je gemacht wurden. Es zeigt eine Tänzerin. Die Jahre haben ihre Spuren auf dem Foto hinterlassen, was den hohen Kontrast und die fragwürdige Schärfe noch verstärkt. Es ist technisch alles andere als perfekt. Vielleicht ist das Bild zufällig so entstanden (vor allem in puncto Schärfe), vielleicht aber auch mit voller Absicht. Das spielt keine Rolle. Das Endergebnis ist das, was zählt. Es ist eindringlich, geheimnisvoll und voller Kraft. Es handelt sich nicht um ein konzeptionelles Bild mit einer kraftvollen Aussage. Es ist einfach, schön und perfekt.
Ich zeige Ihnen dieses Bild, weil es so einfach ist. Ja, Kunst hat die Macht, zum Nachdenken anzuregen. Sie hat die Macht, den Betrachter auf etwas aufmerksam zu machen oder auf eine andere Art zu denken. Aber sie kann auch eine einfache Aussage transportieren.
Meine Praxis ist insofern etwas unkonventionell, als ich meine musikalische Ausbildung in meine visuelle Praxis einfließen lasse. So unterschiedlich auditive und bildende Kunst auch sein mögen, die formalen Ansätze sind eigentlich die gleichen.
In meinen Anfangsjahren als Fotograf versuchte ich herauszufinden, was visuelle Formen im Kern ausmacht. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass es dazu nur sehr wenige und noch dazu sehr unterschiedliche Informationen gab. Grafikdesign ist eine visuelle Sprache, die bis zu einem gewissen Grad formalisiert ist. Auch die traditionelle Malerei ist ein wenig formalisiert. Aber was mich an der Fotografie faszinierte, war, dass sie keine sehr konsistenten und ausgereiften Erklärungsansätze zu ihrer Funktionsweise anbietet - als die relativ junge Kunstform, die sie ist. Ich habe also stark auf meine musikalische Ausbildung zurückgegriffen. Die Unterschiede sind kleiner, als man denken würde, aber das ist nun mal mein Ausgangspunkt.
Nachdem ich zweieinhalb Jahrzehnte lang über die Ähnlichkeiten nachgedacht habe, werde ich Ihnen nachfolgend erläutern, was für mich funktioniert.
Betrachten wir also die Bildsprache in drei verschiedenen Formen: als formale Komposition, als Improvisation und als Interpretation.
Es gibt Musik, die straff komponiert ist, wie zum Beispiel eine Sinfonie. Jede Note hat ihre Berechtigung. Jede Note steht im Kontext von Harmonie und Melodie, aber jeder Klang, der in einem Werk erzeugt wird, dient der Komposition als Ganzer. Denken Sie zum Beispiel an Beethovens Fünfte Symphonie, wahrscheinlich das bekannteste Werk in der westlichen Musik. Beethoven beginnt das Werk mit einem einfachen Motiv aus vier Noten. Es sind drei Gs, gefolgt von einem Es, in einem einfachen rhythmischen Muster von »kurz kurz kurz lang«. Sie werden dann transponiert und von drei Fs und einem D wiederholt. Das Motiv ist nun etabliert, und was folgt, ist eine komplexe Progression dieses einfachen Motivs, während Beethoven den Hörer durch Kontrapunkt und harmonische Progressionen führt, die diese einfache Vier-Noten-Struktur zu einem großen symphonischen Werk verweben. Beethoven benutzt das Motiv, um den Hörer in der Schwebe zu lassen, als ob er eine Frage stellen würde. Er verwandelt das Motiv in eine Überleitung und verwendet es dann als Auflösung. Diese einfache Vier-Ton-Idee ist auch die Grundlage für das gesamte Werk, da es vier Sätze gibt, die sich in den nächsten etwa vierzig Minuten des Hörens präsentieren.
Was hat das nun mit Fotografie zu tun? Nun, uns fehlt zwar das Element der Zeit, aber wir haben den Raum des gezeigten Werks. Das einfache musikalische Motiv kann so mit dem Thema eines Fotos gleichgesetzt werden. Bei der Arbeit im Studio können Sie eine ganze Komposition um ein einfaches Thema herum aufbauen. Und ähnlich wie Beethovens Beherrschung von Harmonie und Kontrapunkt fügt ein guter Fotograf dem Thema Elemente hinzu, die nur existieren, um es zu unterstützen. Vielleicht kann sich das Thema über mehrere Bilder hinweg entwickeln, ähnlich wie die Sätze der Fünften Symphonie. Wie verändert sich die Bildsprache oder schreitet sie voran? Wie wird das Thema variiert, um eine Aussage über mehrere Bilder hinweg zu machen?
Ziehen Sie eine größere fotografische Präsentation in Betracht, z. B. ein Buch oder eine Ausstellung. Wie beeinflusst deren thematische Breite die Arbeit, die Sie produzieren könnten? Muss ein Buch oder eine Ausstellung immer eine »Greatest Hits«-Auswahl der gezeigten Bilder sein oder kann man sie als ein größeres Werk betrachten, das auf einem Motiv basiert?
Blow Up 19, 2007 © Ori Gersht.
Alle Rechte vorbehalten, DACS/Artimage 2023
Ori Gersht ist ein israelischer Fotograf, der das Konzept des klassischen Stilllebens »gesprengt« hat. Seine frühen Arbeiten bestehen aus modernen Interpretationen pastoraler Szenen, die natürliche Landschaften und die Natur zeigen. Er nutzte zunächst Langzeitbelichtung als gängiges Verfremdungselement, um die Beziehung zu den alten Meistern neu zu interpretieren. Doch im Jahr 2007 änderte sich sein Werk dramatisch.
Gersht begann eine Serie namens »Blow Up«, bei der er trockene Blumenarrangements mit flüssigem Stickstoff einfror. Dann beschoss er sie mit Druckluft und fotografierte den Moment des Aufpralls. Auf diese Weise schuf er eine beeindruckende Metapher von Gewalt und Konflikt, die er wie eine Schicht über das klassische Stillleben legte. Das kakophonische Ergebnis erinnert an die lebhaften Farben des Malers Henri Fantin-Latour aus dem 19. Jahrhundert, umgewandelt in eine fast abstrakte expressionistische Darstellung. In dieser Serie überlagert das konzeptuelle Motiv explodierender Bildelemente das formal ruhige Genre des Stilllebens aus dem 18. Jahrhundert. Gershts Serie ist dunkel, komplex und kontrolliert, das Ergebnis ist kraftvoll. Im Mittelpunkt der Arbeiten steht das Chaos, aber die kräftigen Farbkontraste sorgen dafür, dass diese Bilder auf struktureller Ebene zusammen funktionieren. Und auch wenn die Arbeiten das Ergebnis eines kontrollierten Prozesses sind, enthalten sie ein Element des Zufalls.
Hiroshi Sugimoto ist einer der besten zeitgenössischen Fotografen, die Japan hervorgebracht hat. Seine Arbeit ist sehr konzeptionell, er bringt ein umfassendes Geschichtsbewusstsein mit und er arbeitet in großen Serien. Seine bahnbrechende Serie von Meereslandschaften verwendet das einfache Motiv eines Horizonts, der gerade durch die Mitte eines horizontalen Rahmens verläuft. Die Serie umfasst mehr als 200 Bilder, die bei verschiedenen Wetterbedingungen und zu unterschiedlichen Tageszeiten auf der ganzen Welt aufgenommen wurden. Was wir als einfaches Motiv wahrnehmen, präsentiert sich in scheinbar endlosen Möglichkeiten, Variationen und Entwicklungen. Manche ziehen Parallelen zu Mark Rothkos schwarzen Gemälden und seinem klassischen kompositorischen Aufbau.
Für eine andere Serie fertigt Sugimoto hoch stilisierte Aufnahmen berühmter architektonischer Werke an, die allesamt auf seltsame Weise unscharf sind. Hier vermischt er zwei Konzepte: klassische Architekturfotografie und optische Kameraphysik. Beim Fokussieren einer Großformatkamera kann man auf die hyperfokale Distanz scharfstellen, eine errechnete Entfernung. Man kann tatsächlich über diesen Fokuspunkt hinausgehen, sodass die gesamte Serie eine Studie über die Idee der »doppelten Unendlichkeit« ist. Das Ergebnis ist zwar etwas unscharf, stellt aber jede Struktur in einer verzerrten und dennoch erkennbaren Realität dar.
»Paramount Theater«, Newark, 2015, Silbergelatineabzug; Bild: 119,4 x 149,2 cm (47 x 58,75 in). Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Marian Goodman Gallery © Hiroshi Sugimoto.
Sugimoto hat auch die Zeit als Motiv eingesetzt. Eine Serie von Kinosälen, in denen die Belichtungszeit der Länge eines gezeigten Films entspricht, zeigt uns eine weiße Leinwand, aber auch die schöne Gestaltung klassischer...
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