Schweitzer Fachinformationen
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Foto: Anna Dokupil (@anna.fotografin)
» »Herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft! Das Leben ist ja dann vorbei mit Kind.«
Das saß. Die Gratulation eines Bekannten zu meiner - zugegeben überraschenden und nicht wahnsinnig erwünschten - Schwangerschaft besaß Sprengkraft und traf mich tief. Tiefer, als mir lieb war. Ich dachte lange, er hätte recht. Kaum eine meiner Freundinnen hatte zu diesem Zeitpunkt schon Kinder. Ich hatte keine Vorbilder, keine Ahnung, was mich in den nächsten Monaten und Jahren erwarten würde.
Lars und ich hatten anfangs enorme Zweifel. Wir saßen einige Tage nach dem positiven Schwangerschaftstest schweigend am Küchentisch, ziemlich ratlos, ziemlich planlos. Zwar irgendwie glücklich, überwältigt, freudig - doch auch völlig überfordert.
Was sollte denn nun aus unserem Klettertrip nach Marokko werden? Wir wollten doch bergsteigen in Japan. Im Sommer den Ortler besteigen, im Winter mit Tourenski durch Frankreich. Und jetzt? Übelkeit, Müdigkeit und Zukunftsängste. Würden wir das alles hinkriegen? Wir waren völlig überfordert. Hinzu kam, dass wir zu diesem Zeitpunkt erst seit einem Jahr ein Paar waren.
Als Stewardess durfte ich ab Bekanntgabe der Schwangerschaft nicht mehr arbeiten. Beschäftigungsverbot. Sollte ich nun neun Monate zu Hause sitzen und meinem Bauch beim Wachsen zuschauen? Das konnte ich nicht. Also ab ins kalte Wasser!
Ich arbeitete weiterhin in Teilzeit in der Kletterhalle in München, ging selbst klettern, radelte lange Strecken durch München und merkte bald: Auch wenn ich schwanger bin, habe ich weiterhin Bock auf Berge! Die neun Monate Beschäftigungsverbot bedeuteten für mich daher bald Bergzeit ohne Ende. Schon bald merkte ich nämlich, dass ich auch mit Babybauch ein wunderbar erfülltes Bergleben führen konnte, ohne meine alte Leidenschaft und mein altes Leben komplett aufgeben zu müssen. Sogar mit doppeltem Glück unter dem Herzen. Natürlich ist vieles deutlich anstrengender. Ich hatte Tage, da ging gar nichts. Mir war oft übel, ich war platt. Aber manchmal ging es auch richtig gut.
Während meiner Schwangerschaft habe ich wie versessen alle (Berg-)Touren abgehakt, die ich noch machen wollte. Skitouren-Trips im vierten Monat, Watzmann-Überschreitung im sechsten Monat, Dachstein im siebten. War klettern, radeln, (Berg-)urlauben so viel es nur ging, weil ich dachte, wenn das Kind dann erst mal da sei, dann wäre meine alpine Karriere ja bestimmt schlagartig beendet.
»Wenn Kinder in die Berge gehen, ists viiiel lustiger als mit ohne!«
(Luis, 4 Jahre)
»Jaaa, denn mit Kind, da wird alles anders«, warnten uns die gutmeinenden Bekannten von allen Seiten. Mittlerweile ist es uns gelungen, sie vom Gegenteil zu überzeugen.
Nur wenige Wochen nach der Geburt sind wir von München in die Berge gezogen. In unserer neuen Heimat im oberbayerischen Bergdorf kannten wir niemanden und hatten keine Ahnung, was uns erwartete. Aber was wir wussten, war, dass es uns mit Vehemenz in unsere geliebten Berge zog.
Wie ein Dauerurlaub wirkte es für uns in unserer Dachgeschosswohnung mit traumhaftem Bergblick - bis heute übrigens. Gleich am Tag nach dem Einzug kauften wir uns Langlaufequipment und starteten unsere Langlauf- und Skitouren-Runden vor der Haustüre. Erst abwechselnd ohne Baby im Schichtbetrieb und schon bald dann auch mit Baby.
Ob Wandern, Klettern, Radeln oder Langlaufen - Louise und Leni sind bis heute bei allen Aktivitäten dabei. Klar vermissen wir dabei manchmal auch unser altes kinderloses Leben mit allen Freiheiten, durchgeschlafenen Nächten und ausgedehnten Skitouren ohne Zeitstress.
Meine wichtigste Erkenntnis: Nur weil wir Kinder haben, sind wir nicht zu anderen Menschen geworden. Wir lieben nach wie vor die Berge, haben (alpine) Ziele, ziehen unser Glück und unsere Leidenschaft aus dem Bergsport. Und daran wird sich niemals etwas ändern, Elternsein hin oder her. Die meisten Väter gehen doch auch ganz selbstverständlich weiter klettern, radeln und Ski fahren - warum sollten Mütter das dann nicht auch tun?
Die Prioritäten ändern sich, die Kinder stehen immer im Fokus. Entweder gehen wir allein in die Berge, oder es gibt in den ersten Jahren mit der Familie eher Almwanderungen mit Kaiserschmarrn als hochalpine Bergabenteuer mit Tausenden von Höhenmetern . und falls es uns doch mal in den Beinen juckt und die Berge zu laut rufen, bleiben die Kinder eben bei Oma und Opa im Tal und wir genießen unsere Zeit zu zweit am Berg.
Mit Kindern fängt das Leben doch erst richtig an! Es ist bunt, es ist laut, es ist chaotisch, es ist anders. Und wunderschön. Das eigene Ego schrumpft, eigene Bedürfnisse zählen nicht mehr. Doch irgendwie ist es meistens auch in Ordnung so.
Wenn das eigene Kind zum ersten Mal Fahrrad fährt, seine erste Abfahrt auf Skiern bezwingt, die ersten Meter alleine an der Kletterwand kraxelt, ist das ein unbeschreibliches Gefühl und so viel mehr wert als jeder persönliche sportliche Erfolg. «
»Meine Eltern sind richtige Bergsteiger. Aber nur wenn ich im Kindergarten bin.«
(Sophie, 5 Jahre)
» Louise war - bergtechnisch gesehen - ein Anfängerbaby. Schlief viel, war immer pumperlgesund und liebte es, stundenlang in der Trage den Berg hinauf- und wieder hinuntergetragen zu werden. Dennoch war für uns Eltern die Umstellung von null Kindern auf ein Kind enorm.
Alles ändert sich mit dem ersten Kind. Besonders im alpinen Bereich. Hochtouren? Fallen fürs Erste aus! Skitouren? Gestrichen! Klettern? Ja, schnell mal zwischen zwei Stillpausen. Plötzlich sind wir fremdbestimmt, verantwortlich für so ein kleines, hilfloses Wesen.
Freund:innen mit mehreren Kindern lächelten nur müde. »Ein Kind ist kein Kind!«, sagten sie. »Aber mit zwei, da ist's dann wirklich vorbei!« Hatten sie recht? Irgendwie schon. Aber irgendwie auch nicht. So arg ändert sich das (Berg-)Leben nicht mehr. Wir wussten ja schon, was uns erwartete, und haben schon mit Louise gelernt, unsere sportlichen Bedürfnisse an die Bedürfnisse der Familie anzupassen.
Dennoch: Louise ist mittlerweile ein Schulkind. Wäre sie Einzelkind geblieben, wäre unser Bergleben tatsächlich schon wieder recht ähnlich wie »vor« den Kindern. In den Kindergartenzeiten oder Besuchszeiten von Oma und Opa bekamen wir schon einige gute Bergtouren ohne Kind hin, konnten zu zweit auf Hütten übernachten, fuhren allein in den Urlaub, während Louise bei den Großeltern blieb.
Zudem ist Louise mittlerweile schon so alt, dass sie unsere Bergleidenschaft teilt. Nicht immer (Trotz! Wut! »Lasst mich alle in Ruhe!!«) - aber meistens.
Wir konnten sie mitnehmen zum Skifahren, zum Klettern und auf kleine Wandertouren. Zwei Erwachsene verteilten sich auf ein Kind. Wir konnten uns abwechseln beim Kindmotivieren, Tragen und Schieben und einem Erwachsenen blieb etwas Zeit für sich.
Mit der Geburt von Leni begann das ganze Wickel-Baby-Still-Trage-Game von vorn. Leni steht nun im Mittelpunkt. Schon während meiner Schwangerschaft und dann nach Lenis schwerem Start ins Leben musste Louise lernen, besonders viel Rücksicht auf ihre plötzlich schwache Mutter und ihre kleine Schwester zu nehmen.
Seit Leni daheim ist, richten wir unsere Aktivitäten eher an ihren Bedürfnissen, Schlafzeiten und Stillpausen aus. Als zweites Kind läuft Leni zwar in gewisser Weise nebenher mit, da die große Louise eben auch ihre Elternzeit einfordert, dennoch müssen wir uns immer zweiteilen, müssen doppelt mitdenken, für zwei Kinder sorgen, für zwei Kinder packen, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse zweier Kinder eingehen. Das ist am Berg noch schwieriger als daheim. Schlafmangel und die physische Belastung des Körpers nach der Geburt tun ihr Übriges, dass wir manchmal überhaupt keine Kraft mehr haben, an sportliche Aktivitäten zu denken. Völlig normal - es geht sicherlich allen von uns so.
Die (sportlichen) Ansprüche an Familienbergtage haben sich ohnehin schon seit Louises Geburt auf ein Minimum abgesenkt. Wir sind froh, an...
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