GEHIRN UND NERVEN - SO ENTSTEHT FORTBEWEGUNG
Bewegung ist - vereinfacht dargestellt - ein komplexes Zusammenspiel zwischen dem passiven Bewegungsapparat mit Knochen und den Gelenken, die sie bilden, auf der einen Seite, und dem aktiven Bewegungsapparat mit der Muskulatur, den Sehnen und Faszien auf der anderen Seite.
Gesteuert wird die Bewegung über das Gehirn, das Rückenmark und die Nerven, die die "Information" zur aktiven Bewegung - sprich zur Kontraktion - an den Muskel weitergeben.
Skelettmuskulatur kann bewusst gesteuert werden. Um eine Muskelkontraktion und somit eine aktive Bewegung entstehen zu lassen, wird vom Gehirn die Information für eine An- oder Entspannung - respektive für eine aktive Bewegung - über die Nerven an die Muskeln gegeben. Es kommt zur Kontraktion des Muskels - Bewegung entsteht. Das Ganze passiert über ein komplexes Zusammenspiel zwischen Gehirn, Rückenmark, Nerven und Muskeln. Nervenzellen, die für die Steuerung der Muskulatur verantwortlich sind, nennt man Motoneuronen. Auch Informationen zur Körperwahrnehmung werden hier gegeben. Der Hund weiß also, wie die Stellung und Bewegung seiner Gliedmaßen und die Position seines Körpers im Raum sind, ohne sie dazu sehen zu müssen. Das ermöglichen die sogenannten Propriozeptoren oder auch Stellungsfühler, die sich in Muskeln, Sehnen und Gelenken befinden. Zudem erfolgt die Schmerzweiterleitung über die motorische Autobahn zwischen Gehirn, Rückenmark und Nerven.
© Anna Auerbach/Kosmos
Der Impuls für eine Bewegung wird vom Gehirn an die Muskulatur gegeben.
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Bewegung ist die Basis des Lebens - sie ist zwischen Mensch und Hund ein wichtiger Bestandteil der Interaktion.
Muskulatur hat - auch wenn sie sich nicht in der aktiven Bewegung befindet - immer eine Grundspannung. Schlaff - also ohne Muskeltonus - wird ein Muskel nur, wenn der Nerv, der ihn versorgt, geschädigt ist. Dies kann beispielsweise vorkommen, wenn er durchtrennt wurde oder stark komprimiert wird. Bei einem zu hohen Muskeltonus ist die Muskulatur verspannt. Diese muskulären Verspannungen sind tastbar. Ursache hierfür kann eine Überlastung sein, z. B. durch eine Schonhaltung.
Muskeln brauchen Energie, um sich zu kontrahieren. Diese gewinnen sie aus der Nahrung. An dieser Stelle sieht man, wie relevant eine gesunde Fütterung für den Körper und seine Bewegung ist. Ohne Energie ist keine Bewegung möglich. Die aus der Nahrung gewonnene Energie gelangt über den Verdauungsprozess und den Blutkreislauf an die verschiedenen Stellen des Körpers und kann dort auch gespeichert werden.
Energie ist individuell. Wie viel Energie der Hund hat, hängt von seinem individuellen Energiespeicher ab. Dessen Speicherkapazität kann durch regelmäßiges Ausdauer- und Konditionstraining erhöht werden.
GANGARTEN UND AUFFÄLLIGKEITEN IN DER BEWEGUNG
Beim Hund werden folgende Gangarten unterschieden
- Schritt
- Trab
- Galopp
- Passgang
Schritt ist die langsamste Gangart des Hundes. Hier lassen sich die Bewegungsabfolgen recht gut verfolgen.
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Der Schritt ist die langsamste Gangart des Hundes - hier fällt es schwer, Gangbildauffälligkeiten zu kompensieren.
Viele Hunde wechseln recht schnell in den Trab und nutzen diesen auch als bevorzugte Gangart. Das liegt daran, dass dies die energiesparendste Gangart ist.
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Hunde wechseln meist schnell vom Schritt in den Trab, da dies die energiesparendste Gangart ist.
Der Galopp ist die schnellste Gangart. Abhängig von der Rasse des Hundes können hohe Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h erreicht werden. Beim Galopp sorgt die Hinterhand dafür, dass der Rumpf mit großer Kraft nach vorn transportiert wird.
Die Wucht dieser Bewegung fangen der Schultergürtel und die Vordergliedmaßen ab.
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Der Galopp ist die schnellste Gangart des Hundes - je nach Rasse können bis zu 60 km/h erreicht werden.
Der Passgang ist eine abgewandelte Form des Schritts. Hierbei werden jeweils der Vorder- und der Hinterlauf einer Körperhälfte zeitgleich nach vorn geführt.
Während es einige Hunderassen gibt, bei denen der Passgang zum Standard gehört, kann er auf der anderen Seite auch ein Symptom für verschiedene Erkrankungen des Bewegungsapparates sein. Besonders wenn der Passgang plötzlich auftritt, deutet es auf eine Schonhaltung hin. Zudem kann es passieren, dass Hunde sich beispielsweise durch intensive Fußarbeit den Passgang angewöhnen.
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Der Passgang kann eine Schonhaltung sein, bei einigen Hunderassen aber auch Standard. Auch Tiere wie Kamele und Elefanten laufen im Passgang.
Hunde sind Zehengänger, was ihnen zu mehr Wendigkeit und Schnelligkeit verhilft. Der Schub für die Fortbewegung erfolgt aus der Hinterhand und wird über die Wirbelsäule nach vorn weitergegeben. Schultergürtel und Vorhand geben Halt und Stabilität.
WARUM LAUFEN HUNDE EHER UNGERN RÜCKWÄRTS?
Die Anatomie des Hundes ist nicht auf das Rückwärtslaufen ausgerichtet. In der Rückwärtsbewegung muss er den Schub für die Bewegung aus der Vorhand stemmen, die eigentlich dazu ausgerichtet ist, den Schub der Hinterhand abzufangen und dem Körper in der Vorwärtsbewegung Stabilität zu geben. Auch die wenig bewegliche Partie der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins sind in der Rückwärtsbewegung eher hinderlich.
WARUM KORREKTE GRUNDBEWEGUNGEN SO WICHTIG SIND
Das Sitzen gehört, genau wie das Stehen und Liegen, zu den Grundpositionen unserer Hunde. Doch dass diese Positionen gesund ausgeführt werden, ist nicht selbstverständlich. Vielen Hunden fällt es schwer, sie korrekt einzunehmen. Du kennst vielleicht auch diesen nervigen Satz deiner Eltern: "Setz dich gerade hin, du sitzt schon wieder so krumm!" Was uns als Kinder und Jugendliche so genervt hat, war durchaus sinnvoll. Immer krumm zu sitzen, manifestiert sich in unseren Bewegungen als korrekt -dabei ist es eine Fehlhaltung. Dauerhaft kann sie Gelenk- und Bandscheibenschädigungen nach sich ziehen. Auch die Muskulatur passt sich dieser ständigen Haltung an. Doch zurück zum Hund.
Auch unsere Hunde sitzen "krumm". Sicher hast du selbst schon Hunde gesehen, die mit dem Po auf die Seite rutschen, wenn sie sich hinsetzen. Auch ein krummer Rücken oder abgewinkelte Hinterläufe sind keine Seltenheit. Das ist nicht niedlich oder ein Zeichen für Entspannung, sondern eine Fehlhaltung. Wenn dein Hund nun aus dem Sitz, das er ganz bequem auf der einen Pobacke eingenommen hat, wieder aufstehen möchte, kann man sich vorstellen, dass dies nicht so passieren kann, wie der Körper das als gesunden Bewegungsablauf vorgesehen hat. Statt sich gleichmäßig aus den Hinterläufen hochzustemmen und dafür die Muskulatur des unteren Rückens und der Hinterläufe zu nutzen, zieht er sich über die Vorderläufe und seinen Schultergürtel nach oben. Langfristig hat das eine Überlastung der Muskulatur der Vorderläufe und in der Folge Verspannungen, Blockaden und möglicherweise auch Überlastungsschäden am Gelenkknorpel der Vorderläufe zur Folge. Die Muskulatur der Hinterläufe und des unteren Rückens wird schwächer. Auch in der Fortbewegung wird dein Hund mehr und mehr auf seine Vorderläufe setzen und die Hinterläufe laufen halt so mit.
Selbiges passiert, wenn er die Position Platz einnimmt. Das Rutschen auf eine Pobacke hat zur Folge, dass er eine Aufstehbewegung nicht gleichmäßig aus beiden Hinterläufen hochstemmen kann. Die Belastung ist einseitig, er zieht sich womöglich über die Vorderhand nach oben, belastet dann den Schultergürtel und Rücken übermäßig etc. Die Folgen sind jene, die ich beim unphysiologischen Sitz bereits beschrieben habe.
Genauso verhält es sich mit dem Steh. Steht er in der Grundposition Steh nicht mit allen vier Pfoten korrekt ausgerichtet, sondern belastet einseitig oder stellt eine Pfote aus etc., dann ist die Belastung des Hundekörpers unphysiologisch und zieht in der Folge Verspannungen und schlimmstenfalls degenerative Veränderungen der Gelenke nach sich.
Natürlich darf dein Hund sich bequem hinlegen, wenn er ausruht. Doch die verschiedenen Positionswechsel sollte er "gesund" einnehmen können. Wenn die Positionen Steh, Sitz oder Platz unpräzise sind und es dem Hund möglicherweise Beschwerden bereitet, sie einzunehmen, empfehle ich dir, ihn untersuchen zu lassen. Schwierigkeiten, die Grundpositionen korrekt einzunehmen, können auf Gelenkerkrankungen hindeuten und sollten ernst genommen werden. Häufig sind sie Anzeichen für eine Entlastungshaltung, um Rückenschmerzen zu vermeiden oder aber ein schmerzendes Knie oder die Hüfte zu entlasten.
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Selbst bei jungen und gesunden Hunden sind optimale Grundpositionen wie Sitz, Steh und Platz nicht selbstverständlich, sondern bedürfen oft Training.
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Ein schlechtes Körpergefühl, aber auch Erkrankungen des Bewegungsapparates können Gründe für unkorrekte Grundpositionen sein.
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