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Marina war also wieder da! Schon einmal hatte sie mich mit ihrem unangekündigten Auftauchen in Sandsgarden geschockt. Vor zwei Monaten hatte sie sich als Hausmädchen in der Grafenvilla eingeschlichen, mit gefälschten Arbeitszeugnissen und unter einem anderen Namen. Maria Fritsch anstatt Marina Eichinger. Das konnte nichts Gutes bedeuten, das ahnte ich sofort. Und ich hatte leider recht! Anfang Dezember musste sieH A L SÜ B E RK O P Fabhauen, nachdem sie in der Grafenvilla ein wertvolles Gemälde geklaut hatte. Außerdem hat sie das Diadem meiner Zimmergenossin Ophelia gestohlen. Wobei ich wohl schreiben müsste: Sie hat mutmaßlich diese Diebstähle begangen, so heißt es doch, wenn man zwar weiß, wer es war, aber noch kein Richter das Urteil gesprochen hat - und die Beschuldigte die Tat hartnäckig leugnet. Im Zweifel für den Angeklagten, einer der wichtigsten Grundsätze der Rechtsprechung. Den sich nur Leute ausgedacht haben können, die Marina nicht kennen.
Auf dem Weg bis zur Zwischentür überlegte ich fieberhaft, wie ich sie abwimmeln konnte. In einem Internat mit dreihundert Bewohnern konnte immer jemand auftauchen. Und ich konnte es mir nicht leisten, dass Marina hier gesehen wurde. Ich öffnete die Tür, die von außen mit einem Code-System gesichert war. »Marina«, setzte ich an, »das geht .«
. nicht, wollte ich sagen, da drängte sie sich schon an mir vorbei. Mit ihrem Motorradhelm und einer Reisetasche. Ich spürte die Dezemberkälte, die an ihr haftete.
»Marina«, rief ich ihr hinterher, aber sie steuerte auf unser Apartment zu, das sie ja von ihrem letzten Besuch kannte. »Du kannst nicht hierbleiben!«, rief ich, als ich ihr hineingefolgt war.
»Ja, auch schön, dich zu sehen, Schwesterchen.« Marina ließ ihre Tasche und den Helm fallen. »Hast du was zu essen? Ich sterbe vor Hunger. Am besten Suppe. Oder was anderes Warmes.« Ihre Zähne klapperten, als sie zum Kühlschrank ging und ihn öffnete. Als wäre sie hier zu Hause! Ich musste mich sehr zusammenreißen, um nicht loszubrüllen. »Setz dich«, knurrte ich, »ich mach dir ein Butterbrot und dann musst du gehen.«
»Und einen Tee zum Auftauen. Bevor ich mich in einen Eiszapfen verwandele.« Sie zog sich die Stiefel aus und massierte ihre Füße, wobei sie ihre Handschuhe anbehielt.
»Von wo kommst du denn jetzt?«, fragte ich mürrisch, während ich Wasser aufsetzte.
»Von zu Hause. Ich musste bei Defne raus und wollte zu Mama, aber da stand ein Polizeiauto vor dem Haus und da bin ich weitergefahren. Und dachte, meine kleine Schwester will ganz bestimmt nicht, dass ich erwischt werde, also statte ich ihr einen Besuch ab und wir feiern zusammen Silvester.«
»Du bist den ganzen Weg mit deinem Motorroller gefahren?«, fragte ich.
»Nee, ich hab den Rolls Royce genommen«, gab Marina sarkastisch zurück. »Natürlich mit dem Roller, womit sonst?«
Ich goss einen Roibusch-Vanille-Tee auf, steckte zwei Toasts in den Toaster und versuchte, so ruhig wie möglich zu bleiben.
»Freust du dich gar nicht, mich zu sehen?«, beschwerte sie sich, als ich ihr die dampfende Tasse hinstellte. Sie schaute mich mit ihren braunen Augen und den geröteten Wangen an. Ihr blondes Haar war vom Fahrtwind zerzaust. Sie sah aus, als könnte sie keiner Fliege was zuleide tun.
Ich seufzte. »Du weißt, dass es nicht so einfach ist, sich über deinen Besuch zu freuen, Marina. Nach allem, was passiert ist.«
Besser hätte ich sagen sollen: Nach allem, was du angestellt hast. Aber sie verstand mich auch so.
»Ich war das nicht!« Sie lockerte den grün-blau-geringelten Schal um ihren Hals. »Ich hab weder dieses blöde Bild gestohlen noch das Diadem von deiner Freundin. Das habe ich dir hundertmal gesagt.«
»Ja, und wenn du nicht schon eine Million Mal gelogen hättest, würde ich dir vielleicht glauben.«
»Diesmal stimmt es wirklich!« Marina nippte an dem Tee und verbrannte sich die Zunge. »Aua . Ich hab es dir doch erklärt! Dieser Onkel war es, Richard, der Bruder der Gräfin. Er hat das Bild heimlich genommen, um es zu verkaufen. Und er hat den Diebstahl mir in die Schuhe geschoben, dieser verdammte Mistkerl.«
»Tja«, sagte ich spitz, »wenn du bei deiner Bewerbung als Hausmädchen dort nicht gelogen hättest, könntest du vielleicht deine Unschuld beweisen. Aber wenn man schon bei seinem Namen nicht die Wahrheit sagt, hat man es eben schwer.«
»Das hab ich doch nur für dich getan!« Sie setzte ihre beste Unschuldsmiene auf. »Damit sie nicht auf die Idee kommen, so ein Brainy wie du hätte so eine Schwester wie mich. Gut aussehend und clever, aber eben nur die Putzfee.«
Ich schnaubte vorE M P Ö R U N G.Als ob ich was gegen irgendeinen ehrlichen Beruf hätte! Wütend schmierte ich Butter und Marmelade auf die beiden Toasts. »Es ist mir völlig egal, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst. Solange du niemanden betrügst oder bestiehlst oder anlügst!«, brummte ich und stellte ihr den Teller auf den Tisch.
»Manchmal muss man eben lügen, um das Richtige zu tun«, widersprach Marina und schlang den ersten Toast so schnell herunter, dass ich ihr direkt zwei neue machte. Ich betrachtete, wie die Glühdrähte des Toasters sich orange färbten. Natürlich wäre mir am liebsten, wenn Marinas Unschuld bewiesen würde. Dann müsste ich auch keine Angst mehr haben, dass die Grafenfamilie herausfindet, dass sie meine Schwester ist. Aber wie sollte das gehen, wo sie doch mit großer Wahrscheinlichkeit schuldig war!
Arjen hatte mir gesagt, dass die Familie Hagebronn einen Privatdetektiv eingeschaltet hatte. Angeblich auf Anraten von Richard, der überzeugt gewesen war, dass ein Detektiv schneller Erfolge erzielen würde. Ob die Familie auch die Polizei verständigt hatte, wusste ich nicht. Immerhin hatte es bisher keine offiziellen Ermittlungen im Internat gegeben. Soweit ich wusste, jedenfalls.
»Das Bild ist hundertpro noch in der Villa«, sagte Marina, als ob sie meine Gedanken erahnen konnte. »Ich würde an Richards Stelle auch mit dem Verkauf warten, bis die Polizei oder der Detektiv sich anderen Fällen zuwenden.«
Sie hatte bereits kurz nach ihrem Verschwinden aus Sandsgarden die irrsinnige Idee geäußert, das Bild auf eigene Faust wiederzubeschaffen. Indem sie es zurückklaut und so Richard überführt.
»Ich breche nicht in die Villa ein, Marina, das hab ich dir schon mal gesagt. Ein Verbrechen kann man nicht durch ein weiteres Verbrechen aufklären.«
»Dann mache ich es eben allein«, sagte Marina patzig. »Trix ist auf dem Rückweg von Spanien. Sobald sie mir hilft, die Alarmanlage auszuschalten, ziehe ich das durch.«
Auch das noch. Ich meine, natürlich freute ich mich, wenn Trix wieder da wäre. Aber dass Trix ihr nicht helfen konnte, war für Marina bisher der Grund gewesen, den Einbruch nicht durchzuziehen. Und da Trix nicht gerne Nein sagte und Marina sehr überzeugend sein konnte, wusste ich nicht, ob Trix ihr lange widerstehen konnte. Verdammt. Das neue Jahr hatte noch nicht angefangen und die Probleme tanzten schon wieder an.
Marina trank den letzten Schluck Tee und stand auf. Da sie immer noch ihre Jacke trug, hatte ich für einen kurzen Moment die Hoffnung, sie würde von allein einsehen, dass sie nicht hierbleiben konnte. Aber dann fragte sie: »Ist da das Bad?« Bevor ich antworten konnte, war sie schon darin verschwunden.
Ich ließ mich am Tisch nieder und vergrub den Kopf in den Händen. Obwohl ich ihr nicht glaubte, streifte mich kurz der Gedanke, dass sie doch die Wahrheit sagen könnte. Das wäre zwar etwas ganz Neues, aber vielleicht war sie wirklich reingelegt worden. Und wenn das tatsächlich so war, müsste es eine Möglichkeit geben, das zu beweisen. Ohne...
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