Schweitzer Fachinformationen
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Die Vorhänge im Wohnzimmer waren geschlossen. Es war sehr kalt, weil die Heizung abgestellt war, und uns wurde gesagt, dass wir nicht hineingehen sollten. Durch die Ornamentglastüren, die das Wohnzimmer vom Esszimmer trennten, sahen wir schwaches Licht.
Ein Klopfen an der Tür und sie brachten sie herein. Ann. Meine schöne Schwester in einer Kiste. Schemenhafte Figuren nahmen den Deckel ab und stellten ihn in eine Ecke.
Ich hatte immer noch keine Tränen. Ich sah meine Mutter an und entdeckte etwas in ihren Augen, das neu war. Sie wusste nicht, was sie denken, was sie sagen, wer sie sein?- was sie sein sollte. Sie war wie betäubt. Mein Vater war völlig verwirrt, aber er eilte umher und versuchte, die Menschen zu trösten. Mir fiel auf, dass wir nicht so eng zusammensaßen wie sonst. Meine Schwestern waren da, aber sie grenzten sich voneinander ab. Eine saß auf dem Boden, eine auf dem Hocker, meine Mutter auf dem Sofa, mein Vater auf einem Stuhl. Zwischen uns allen war Abstand. Und dieser Abstand sollte uns für eine lange Zeit begleiten.
Mein Vater schob die Türen auf und ging ins Wohnzimmer. Er hatte ein paar Rosenkranzperlen in der Hand, beugte sich über den Sarg und sprach Worte, die ich nicht verstand. Als er herauskam, ging meine Mutter hinein. Und sagte nichts.
Dann kam sie zu mir und nahm mich bei der Hand. Zögerlich, aber neugierig folgte ich ihr. Ich sah in den Sarg?. da lag meine Schwester, aber sie sah nicht aus wie meine Schwester. Ihr Gesicht war nicht mehr dasselbe.
Später sagte ich zu meinem Vater: »Das ist sie nicht.«
»Sie ist es, Sohn.« Er legte seine Hand auf meine Schulter. »Sie ist es.«
Ich erinnere mich noch an die Ohrringe, die sie trug. Sie hingen golden glänzend herunter. Ihr Haar war nicht so, wie sie es immer getragen hatte. Ich wollte laut schreien! Ich wollte, dass wieder Leben in sie kam! Aber sie war nicht mehr da. Sie lag in diesem schönen Sarg, dessen Polsterung sich so weich anfühlte?. Und auf dem Deckel ein Name und ein Datum in ein Messingschild eingraviert.
In mein Herz eingraviert.
An diesem Tag zerbrach etwas. Wir trauerten nicht zusammen als Familie?- jeder schien seiner eigenen Wege zu gehen. Kurz danach lud mein Vater, der zu dieser Zeit ein guter Katholik war, die Menschen aus der Gemeinde ein. Sie gingen in diesen kalten Raum?- Männer in Anzügen mit blank polierten Schuhen. Menschen, die ich nicht kannte und zuvor noch nie gesehen hatte, mit ernsten Gesichtern, gebeugten Köpfen und Rosenkränzen in der Hand. Sie stellten sich um den Sarg herum auf, stimmten einen seltsamen Singsang an und beteten zu einem Gott, der weit, weit weg war. Für mich hörte sich das nicht menschlich an. Es fühlte sich eher an, als wäre eine dämonische Macht in den Raum eingedrungen, die Leere verbreitete?. Meine arme Mutter, die auf der anderen Seite der Glastüren saß, versuchte verzweifelt, die Fassung zu wahren, und wurde doch von Stunde zu Stunde verstörter. Neben sich zwei kleine Kinder, um die sie sich kümmern musste?- und ich. Verloren.
Schließlich wurde mir der Lärm zu viel und ich ging nach oben in mein Schlafzimmer. Ich saß auf meinem Bett, während der Gesang immer intensiver und lauter wurde, bis er fast hypnotisch war. Ich hatte das Gefühl, nicht atmen zu können, Panik stieg in mir auf?. ich hielt es nicht mehr aus. In dem Versuch, dieser furchtbaren Szenerie zu entkommen, knallte ich mehrmals meinen Kopf gegen die Wand, aber anstatt dass der Gesang endlich aufhörte, schwoll er immer noch weiter an.
Im Zimmer nebenan waren Tabletten. Ich ging hinein. Wieder eine Handvoll. Der gewünschte Effekt trat ein?. ich legte mich hin und wartete auf die Wärme. Ich ließ mich davon einhüllen und trieb einfach davon?.
Die Gebete und der Lärm wurden leiser, als ich mich nach und nach beruhigte. In meiner Vorstellung sah ich mich lächeln. Ich fühlte mich wunderbar. Ich sah auf die Glühlampe, deren Licht plötzlich die Farbe wechselte und das ganze Spektrum des Regenbogens durchlief! Ich verspürte große Freude, als ich schließlich in einen warmen, tiefen, angenehmen Schlaf fiel.
Ich schlief, bis eine meiner Schwestern in mein Zimmer kam und mich weckte. Eine der jüngeren.
»Du bist nicht tot, Mick, oder?«
»Nein, meine Liebe. Ich ruhe mich nur aus.«
Es war, als wüsste sie es. Sie wusste es. Als sie den Raum verließ, fragte ich mich, ob es vielleicht wirklich eine gute Idee wäre, wenn ich auch sterben würde?. Wie würde ich das anstellen? Konnte man vielleicht wahren Frieden finden, indem man richtig viel Schmerzmittel nahm und sich dann einfach schlafen legte? Alles war besser als dieser Schmerz.
Aber etwas in mir wollte einfach nicht mitmachen.
Ich versuchte, mir die Tabletten möglichst gut einzuteilen. Ich wusste, dass man mich am Ende erwischen würde. Dennoch hoffte ich, dass meine Mutter einfach glauben würde, sie hätte sie verloren, weil sie gerade nicht wirklich darauf achtete. Manipulation und Täuschung?- eine Kunst, die ich bald bestens beherrschte.
Der Gesang hatte aufgehört und die ernst dreinblickenden Männer mit den Anzügen und glänzenden Schuhen waren gegangen. Ich ging hinunter und fand meinen Vater und meinen Onkel, die neben dem Sarg saßen. Sie tranken Jamesons Irish Whisky, als wären wir traditionelle Iren. Dad bot mir auch ein Glas an, und während er es mir einschenkte, sagte mein Onkel: »Nimm einen Schluck, Junge. Mische nichts hinein. Trink ihn pur.« Ich hob das Glas an die Lippen. Mein Körper schüttelte sich ein wenig. Und es schmeckte?. widerlich! Es schmeckte furchtbar! Aber auf dem Weg in meinen Magen linderte es das schmerzhafte Gefühl in meiner Kehle. Und ich konnte die Wärme spüren.
An diesem Abend lernte ich, meinen Schmerz mit Alkohol zu betäuben. Das sollte mein Leben für die nächsten dreißig Jahre auf übelste Weise prägen.
Das schwarze Auto fuhr vor. Menschen säumten die Straße. Die Männer nahmen ihren Hut ab, als wir vorbeifuhren. Und im Inneren des Autos der wunderbare Geruch der cremefarbenen Lederausstattung, das Gefühl der Mahagoniverkleidung unter meinen Fingern?. Ich sog alles, wirklich alles auf, was mich von der Realität des aktuellen Geschehens ablenkte.
Eine weitere Menschenmenge, als wir die Kirche betraten und in den Gang hinter dem Sarg entlanggingen. Wir standen im Zentrum der Aufmerksamkeit, die ganze Gemeinde blickte uns an, als wären wir?. Fernsehstars! Ich hasste es. Ich wandte meinen Blick ab und schaute hinauf zu der hohen Decke mit ihren seltsamen Symbolen. Ich sah auf den Priester, der in seinem feinen, farbenfrohen Gewand vor etwas stand, das aussah wie ein kleines Haus?- ein Tabernakel?-, und den Gottesdienst abhielt. Er sprach über meine Schwester, obwohl er sie gar nicht gekannt hatte. Jemand las einen kurzen Text aus der Bibel vor, den keiner von uns verstand. Und dann sangen sie ein Lied: »Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Fürchte dich nicht!« Ich sah mich um. Den Menschen liefen die Tränen über die Wangen. Ich weinte nicht. Ich hatte keine Tränen mehr.
Ich sah den Priester an und hätte ihn am liebsten angespuckt. Ein Blick auf meine Mutter und meinen Vater rief nichts als Verachtung in mir hervor. Ich hasste jeden einzelnen Menschen in dieser vollgestopften Kirche. Die Kraft dieses Gefühls war enorm. In diesem Moment begriff ich, dass Drogen, Alkohol und Hass bereits zu engen Freunden von mir geworden waren. An den Tagen, an denen ich keinen Alkohol oder irgendwelche Drogen zu mir nahm, war ich immer voller Zorn, und dieser spendete mir Trost.
Später standen wir am Grab und sahen zu, wie sie meine Schwester in der Kiste in ein Loch im Boden hinabließen. Die Menschen warfen Erde hinein, weinten und seufzten, während ich in meinen Gedanken wild um mich schlug und trat?.
Ich verließ den Friedhof als ein anderer Mensch. Meine Trauer war vorüber. Der kleine Junge war mit seiner Schwester begraben worden, und ich traf eine Entscheidung: Ich würde zerstören und verwüsten. Ich würde Amok laufen. Ich würde mein Leben der bösen Seite übergeben. Als wir in dem Auto nach Hause fuhren, lächelte ich.
Zu Hause. Ich rannte nach oben, um mir die grässlichen Kleider samt Krawatte vom Leib zu reißen. Sie erinnerten mich an die vergangene Woche, die ich hatte durchleben müssen und die ich zutiefst gehasst hatte. Es war nichts Sanftes mehr in mir. Ich drehte mich zum Spiegel und sah mein Gesicht. Und als ich diesmal lächelte, war etwas anders?. plötzlich ähnelte ich dem Mann, der mich verletzt hatte. Meine Augen waren schwarz und ich fing an zu lachen. »Ha, ha, ha, ha, ha!«
Wenn du weiterliest, wirst du einer Geschichte voller Bosheit, Frustration und Täuschung begegnen?. und einem Absturz?- einem Absturz, der so tief war, dass ich in dieser psychiatrischen Klinik landete und mich fragte, warum und wie es dazu gekommen war. Doch für den Moment hatte ich eine Mission. Und meine Mission war es, zu zerstören und zu nehmen.
In den nächsten Wochen übte ich mich darin, aus den Taschen einer Jacke, die ich über einen Stuhl in meinem Schlafzimmer gehängt hatte, einen Geldbeutel zu stehlen. Ich dachte darüber nach, wie ich in einem Laden etwas mitgehen lassen konnte. Ich würde hineingehen und die Sekunden zählen, die der Ladenbesitzer brauchte, um nach vorn zu kommen. Dementsprechend würde ich mir einen Plan zurechtlegen, ihn ausarbeiten und ihn dann ausführen. Niemand wusste davon. Ich hatte eine Geheimwaffe, die mir große Kraft verlieh: Ich war gut darin,...
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