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So steht es im Epos Herr der Ringe des britischen Schriftstellers John R. R. Tolkien, das 1954 veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich um eine wilde Geschichte von Königen, Prinzen, Elben und Zwergen auf der einen Seite, von Trollen, bösen Zauberern und Hexen auf der anderen. In Wahrheit ist es ein opulentes, modernes Märchen. Es basiert auf frei erfundenen Geschichten, die Tolkien einst seinen Kindern erzählte, ehe er sie zu einem eigenen Roman verdichtete.
Die Literaturwissenschaft hat vielfach versucht, in Tolkiens Geschichten verborgene Botschaften zu finden. Analogien, Metaphern, aus denen Rückschlüsse auf die reale Gegenwart gezogen werden können. Die einen behaupteten, Herr der Ringe sei in Wahrheit eine Darstellung des Kampfes der Alliierten gegen die Nazi-Herrschaft in den 1930er Jahren. Andere deuteten die Geschichte als Darstellung des Kommunismus und der erstarkenden Sowjetunion in den 1950er Jahren. Tolkien selbst merkte an, dass die in seinem Roman erwähnten »toten Sümpfe« von der Schlacht an der Somme im Ersten Weltkrieg inspiriert worden seien. Eine besonders anerkannte Theorie lautet, dass der Ring, den der dunkle Herrscher geschmiedet hatte, ein Symbol für die von Maschinen dominierte Welt ist, in der Menschen und Natur von Maschinen versklavt werden.
Was immer es für eine Welt war oder ist, die Tolkien beschrieb, im Kern ist es die archetypische Erzählung von Gut gegen Böse. Das Böse in Form eines Rings, der vor langer Zeit geschmiedet wurde, verloren ging und dann für viele Jahre in Vergessenheit geriet. Und erst nach sehr langer Zeit wurde dieser Ring wieder entdeckt, benutzt und verursachte Unheil.
Oftmals passiert es, dass Märchen wahr werden. Manchmal schreibt aber auch das echte Leben selbst derartige Legenden. Eine solche Erzählung über etwas, das vor vielen Jahren erschaffen wurde und dann in Vergessenheit geriet, nahm ihren Anfang in den 1970ern. Es ist die Geschichte von Juri Alexandrowitsch Besmenow.
1939 in der Nähe von Moskau geboren, war Besmenow der Sohn eines sowjetischen Offiziers. In den 1960er Jahren, in der Hochphase des Kalten Krieges zwischen USA und Sowjetunion, wurde Besmenow Agent des russischen Geheimdienstes KGB. Konkret arbeitete er in der staatlichen Presseagentur RIA Novosti in der geheimen Abteilung Politische Veröffentlichungen. Drei Viertel der Mitarbeiter dieser Agentur waren in Wahrheit KGB-Offiziere, der Rest Informanten und Autoren, wie Besmenow selbst.
Nach außen hin arbeitete er als Journalist und begleitete Delegationen aus anderen Ländern zu internationalen Konferenzen in der UdSSR. In Wahrheit sammelte er Informationen und platzierte Propagandamaterial in ausländischen Medien. Mit dem Ziel, Desinformation zu lancieren und sowjetische Propaganda zu verbreiten. Umstürze im Ausland sollten unterstützt werden. Sein Auftrag lautete konkret: »Sowjetische Interessensphären im Ausland« aufzubauen.
Ende der 1960er wurde er sowjetischer Presseoffizier und PR-Agent für den KGB. Zu der Zeit wurde vom sowjetischen Zentralkomitee in allen ausländischen Botschaften der Sowjetunion eine neue Abteilung eingerichtet. Die sogenannte Forschungs- und Gegenpropagandagruppe. Besmenows Tätigkeit führte ihn später nach Indien. Was dort genau passierte, weiß man nicht. Jedenfalls geschah am 8. Februar 1970 Folgendes: Besmenow absentierte sich unter einem Vorwand von seinen Kollegen, verkleidete sich mit Bart und Perücke und entkam über Umwege nach Athen. Von dort aus übermittelte er den USA ein Angebot. Er wollte überlaufen und bot dafür wichtige Informationen. Nach einem Gespräch an der amerikanischen Botschaft mit dem Geheimdienst stufte ihn die CIA als KGB-Agenten ein. Die CIA war es auch, die ihm Asyl in Kanada organisierte. Besmenow nahm daraufhin den Namen Tomas Schuman an. Er wurde Journalist in Kanada und verschwand für viele Jahre von der Bildfläche.
In den 1980er Jahren übersiedelte er in die Vereinigten Staaten und begann, in Interviews über die Methoden der Sowjetunion auszupacken. In einem Vortrag 1983 sagte er: »Das Hauptaugenmerk des KGB liegt überhaupt nicht auf dem Bereich der Nachrichtendienste. Nur etwa 15 Prozent der Zeit, des Geldes und der Arbeitskräfte werden für Spionage und dergleichen aufgewendet. Die anderen 85 Prozent sind ein langsamer Prozess, den wir entweder ideologische Subversion oder aktive Maßnahmen oder psychologische Kriegsführung nennen.«
Besonders bemerkenswert ist seine folgende Aussage: »Die höchste Kunst der Kriegsführung ist, gar nicht zu kämpfen. Sondern alles von Wert im Land des Feindes zu untergraben. Moral, Tradition, Religion, Respekt gegenüber Behörden und der Staatsspitze, kulturelle Traditionen, egal was.«
In der Folge erläuterte der ehemalige KGB-Mitarbeiter, dass es »vier Stufen der Ideologischen Subversion« gäbe.
Erstens. Demoralisierung. Ziel ist es, die moralischen und ethischen Grundlagen einer Gesellschaft zu unterminieren. Diese Phase braucht etwa fünfzehn bis zwanzig Jahre. So lange dauere es nämlich, um eine Generation neu zu erziehen. Mit der Infiltration von Bildungseinrichtungen, Medien und Kultur sollen die jungen Menschen beeinflusst werden. Das Ziel ist, dass die neue Generation die traditionellen Werte ablehnt. Die jungen Menschen sollen dazu gebracht werden, ihre eigene kulturelle Identität, die Geschichte ihres Landes und die sozialen Normen der Gesellschaft zu hinterfragen. Neue Ideologien greifen um sich, revolutionäre politische Thesen werden gelehrt, die junge Menschen aufwühlen, begeistern oder anstacheln. Damit wird ein Gefühl der Instabilität und Desorientierung erzeugt.
Zweitens. Destabiliserung. Ziel der Phase zwei der ideologischen Subversion ist die Schwächung der Institutionen und Strukturen des Staates. Das politische System eines Landes soll so beeinflusst werden, dass der Staat auf interne und äußere Bedrohungen nicht mehr geeignet reagieren kann. Die Gefühle von Unsicherheit und Angst sollen in der Bevölkerung entstehen. Die Politik wird als unfähig dargestellt, die Polizei als schwach, das Sozialsystem als überfordert. Das politische System wird angezweifelt. Daraus entstehen laut Besmenow wirtschaftliche Instabilität, soziale Spannung und politische Polarisierung. Es kommt zu Demonstrationen und öffentlichem Streit. Die Auseinandersetzungen verlagern sich auf die Straße und schrammen nur mehr knapp am Rande von gewalttätigen Ausschreitungen vorbei.
Drittens. Krise. Nach der Demoralisierung, also der Zerstörung der Werte, und der Destabilisierung, dem Stiften von Unruhe und Polarisierung, folgt die Stufe drei: die Krise. Im Land bricht Chaos aus. Spannungen steigen und öffentliche Institutionen brechen zusammen. Es kommt zum wirtschaftlichen Kollaps, zur sozialen Unruhe und letztlich zum politischen Umbruch. Eine neue Ideologie und andere Politik übernehmen nun die Macht.
Viertens. Normalisierung. Damit sind wir bei der vierten und finalen Stufe: der Normalisierung. Die neue Ideologie, für die die neue Generation gekämpft hat, wird jetzt zur herrschenden Lehre. Was vor einigen Jahren noch als revolutionär galt, wird jetzt zur Regel. Die Gesetze, auch die Verfassung, werden entsprechend geändert. Die Ziele einer neuen Gesellschaft, die vor Jahren als Aufbruch und Veränderung hochgespielt wurden, sind jetzt Realität. Die Werte der Gesellschaft sind nun andere, die Institutionen von anderen Leuten besetzt und die kulturelle Identität des Landes verändert. Der Prozess der ideologischen Subversion ist damit vollzogen.
Soweit die Erläuterungen des Ex-KGB-Agenten. In den Weihnachtsfeiertagen 1992 besuchte Besmenow seine Familie in Montreal, Kanada. Zehn Tage später, am 5. Jänner 1993, starb er im Alter von nur 54 Jahren an einem »massiven Herzinfarkt«. Laut CBC News in »relativer Unklarheit«. Was war genau geschehen?
Besmenow wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, fiel ins Koma und verstarb nach kurzer Zeit. Die Todesursache war eine Vergiftung mit Methanol-Alkohol. Durch die Aufnahme dieser Substanz wird die Leber beschädigt, was zu einer Verlangsamung der Niedertätigkeit führt und schließlich zum völligen Versagen aller Organe. Der zuständige Gerichtsmediziner führte den Tod offiziell auf ein »Missgeschick« zurück. In der Wohnung Besmenows fanden die Behörden einen Behälter mit Glasreiniger. Auf dem Küchentisch ein mit dieser Flüssigkeit halb gefülltes Glas. Die Behörden gingen davon aus, dass er versehentlich vom Glasreiniger getrunken und sich damit vergiftet hatte.
Weitere Untersuchungen gab es nicht. Es gab auch keine Aufregung. Denn erst ein Jahr zuvor hatte sich die Welt dramatisch verändert. Sie war plötzlich gut geworden, Ordnung war eingekehrt.
Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten sich die beiden Machtblöcke der Vereinigten Staaten von Amerika und die kommunistische Union der...
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