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Anfang des Jahres 1648, dem letzten Jahr des 30-jährigen Krieges, wurden auf dem städtischen Richtplatz bei Vahrenwald zwei Frauen wegen Hexerei zum Tode verurteilt. Bei diesen beiden Hinrichtungen, die im Abstand von etwas mehr als einem Monat stattfanden, starben in Hannover die letzten Opfer eines Wahns, der auch hier über lange Zeit Unschuldigen Verfolgung und Tod gebracht hatte. Im 16. und 17. Jahrhundert gab es in Hannover 30 Anklagen, 27 endeten mit dem Tod der Verdächtigten, sie wurden entweder hingerichtet oder starben im Gefängnis.
Eine eigenartige Anziehungskraft geht auch heute noch von Hexen aus. In "Hänsel und Gretel", dem Märchen der Brüder Grimm, wird die Hexe als Kinder essende Zauberin gesehen, auf Bildern ausgestattet mit einem Buckel, einer Hakennase, manchmal mit Warze, Kopftuch und buntem Rock, auch der Besen darf nicht fehlen. Darstellungen zeigen entweder alte, verhutzelte Weiblein oder junge Schönheiten mit verführerischen Reizen. Von der Hexenverfolgung betroffen waren Frauen jeden Alters, sogar junge Mädchen und Kinder bestrafte man mit dem Tode. In Europa und auch in Nordamerika, wohin Auswanderer nicht nur ihren christlichen Glauben, sondern auch ihre Überzeugung von der Existenz der Hexen mitnahmen, wurden Tausende Opfer der Verfolgung. Die Zahl für Europa wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich geschätzt, es ist von 50.000 die Rede, aber auch von 100.000 oder noch mehr.
Die Bezeichnung Hexe entstand aus dem altdeutschen Wort hagazussa oder hagzissa. Die Hecke, Hag, oder der Zaun stehen damit im Zusammenhang, und vermutlich waren dämonische Wesen gemeint, die sich auf Zäunen oder Hecken aufhielten, kleine Zaunreiterinnen, der Natur verbundene, elfenartige Wesen. Erst in der mittelalterlichen Auffassung wurden diese Gestalten zu bösen, weiblichen Geistern.
In vorchristlicher Zeit ehrte man Priesterinnen als Mittlerinnen zu den Göttern, ihre Hilfe erflehte man, an ihre magischen Kräfte knüpften Menschen große Hoffnungen. In ihrem Vermögen sollte es liegen, Naturereignisse zu beeinflussen, vielleicht den nötigen Regen herbeizuflehen oder genau das Gegenteil, die dauernden Regenfälle zu beenden und damit Überschwemmungen zu verhindern. Frauen als Gebärerinnen und Mütter galten als eng verbunden mit der Mutter Erde, der Großen Mutter und Schöpferin. So wurden sie geachtet, vielleicht auch gefürchtet, aber sie hatten eine herausgehobene gesellschaftliche Stellung. Auch die christliche Kirche übernahm in abgewandelter, angepasster Form Kulte der von ihr bekehrten heidnischen Völker. Die Mutter Gottes, Maria, trägt durchaus Züge der Großen Mutter. Völker, die sich nicht freiwillig dem neuen Glauben an nur einen Gott zugewandt hatten und meist nach einer Niederlage im Krieg der Zwangstaufe unterworfen wurden, behielten im Verborgenen, trotz Verfolgung und drastischer Strafen, ihre alten Bräuche bei. Besonders Naturgottheiten wurden weiterhin im Geheimen verehrt. Das Dunkle, das Dämonische, nicht Erklärbare war (all)gegenwärtig und somit der Glaube an die Existenz von mystischen Wesen wie weiblichen Zaungeistern, den Hexen.
Im Laufe der Zeit wandelten sich zwar religiöse, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Vorstellungen und Werte, aber noch in unserer heutigen Sprache begegnen uns Wörter, die ihren Ursprung in heidnischen Göttern und Göttinnen haben. Im Dienstag lebt der Kriegsgott Tyr fort, im Donnerstag der Donnergott Donar, der Freitag erinnert an die Liebesgöttin Freia, auch Frija. Diese Göttin ist mit der altgermanischen Göttinnenfigur der Frigg verschmolzen, die als Königin aller Götter und Menschen galt, der Urheberin jeglicher irdischer Fruchtbarkeit und der Beschützerin von Ehe und Familie. Und auch das Fest der Auferstehung Christi, Ostern, soll im Zusammenhang mit dem heidnischen Frühlingsfest und der altgermanischen Frühlings- und Lichtgöttin Ostara stehen.
Die Kirche verfolgte immer schon Andersgläubige, Ketzer und Häretiker. Nachdem im Römischen Reich das Christentum zur Staatsreligion geworden war, lag die Verfolgung nicht mehr nur bei den Institutionen der Kirche, sondern wurde unterstützt durch staatliche Hilfe. Noch im 11. Jahrhundert aber wurden Zauberei und Dämonenglaube als Äußerungen eines heidnischen Aberglaubens mit einer Kirchenbuße bestraft. Erst durch die Inquisition, die Untersuchung, änderte sich das. Um 1225 erschien der Sachsenspiegel, das erste weltliche Rechtsbuch. Auf Ketzerei und Zauberei stand danach die Feuerstrafe, die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Es vermischten sich Glaube und Aberglaube, oder wie es auch im Volksmund heißt - wo der Glaube aufhört, fängt der Aberglaube an.
Karl V. (1500-1558), als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von Papst Clemens VII. gekrönt, erhob 1532, auf dem Reichstag zu Augsburg und Regensburg, seine "Peinliche Halsgerichtsordnung", die "Constitutio Criminalis Carolina" zum Reichsgesetz. Karl, der von sich sagte, in seinem Reich ginge die Sonne nicht unter, beherrschte auf dem Höhepunkt seiner Macht Europa von Spanien bis nach Österreich und Ungarn, von Tunis und Sizilien bis zu den Niederlanden; sogar Mexiko und Peru, die spanischen Kolonien in Amerika, gehörten dazu. In der "Carolina", dem ersten deutschen Strafgesetzbuch, wurden Leibes- und Lebensstrafen festgelegt, andere Arten kannte man nicht. Es gab sieben verschiedene Todesstrafen, wobei je nach Einschätzung der Schändlichkeit der Tat die Verhängung einer als härter und entehrender angesehenen Todesart gewählt wurde. Hexerei und Zauberei wurden mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen bestraft, auf Giftmischerei stand der Tod auf dem Rad. Aber das Rädern oder Auf-das-Rad-flechten, bei dem zuerst die Knochen zerstoßen wurden, um das Flechten auf das Rad erst zu ermöglichen, wandte man nur bei Männern an. Weibßbilder wurden ertränkt oder anders vom Leben zum Tod gebracht.
Neben der Allmacht Gottes gab es nach mittelalterlicher Vorstellung die Macht des Teufels, die er auf Erden durch Verbündete ausüben ließ. Männer, die Zauberer wurden, aber vor allem Frauen hatten nach dieser Auffassung einen Pakt mit dem Satan geschlossen, der sie als Hexen für seine dämonischen Ziele einsetzte. Um den Pakt zu besiegeln, gingen sie mit dem Teufel eine Buhlschaft ein, sie vereinigten sich mit ihm im Liebesakt oder sie nahmen an einem Hexensabbat oder Hexentanz teil. Zu den Hexentreffen in der Anwesenheit des Satans und zu seiner Huldigung flogen sie auf Stöcken, Heu- oder Ofengabeln und Besenstielen, ritten aber auch auf Tieren wie Ziegenböcken durch die Luft. Die Fähigkeit, diese Fortbewegungsmittel zu benutzen, hatte ihnen der Teufel gegeben, indem er ihnen eine Flugsalbe, die Hexenschmiere, aushändigte. Als ein Hexentreffpunkt galt der Blocksberg, der Brocken, der höchste Berg des Harzes, wo der Sage nach die Hexen alljährlich zur Feier der Walpurgisnacht zusammenkommen. Der "Tanz in den Mai" ist vielleicht eine moderne Form dieser Feier in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai. Auch in der bildenden Kunst, in Hexendarstellungen von Albrecht Dürer oder Hans Baldung Grien hat dieser Volksglaube Eingang gefunden, ebenso wie in die Literatur, im "Faust I" von Johann Wolfgang Goethe oder der Hexenszene in Shakespeares Drama "Macbeth".
Eine von Papst Johannes XXII. 1326 erlassene Bulle erlaubte die uneingeschränkte Anwendung des Inqusitionsprozesses wegen Zauberei und Hexerey. Die Durchführung der Heiligen Inquisition und damit auch die Hexenverfolgung lagen in den Händen von Angehörigen des Dominikanerordens. In Deutschland, wo die weltliche und auch geistliche Obrigkeit deren Treiben eher zurückhaltend gegenüberstand, fühlte sich der mit der Durchführung der Inquisition beauftragte Dominikanermönch Heinrich Institoris, der eigentlich Kramer hieß (1430-1505), in seiner Tätigkeit behindert und sah sich massiven Widerständen ausgesetzt. Er wurde daher beim Heiligen Stuhl in Rom vorstellig und ersuchte den Papst um die Inkraftsetzung einer Schrift. Innozenz VIII. übernahm die Anregung und erließ am 5. Dezember 1484 die Bulle "Summis desiderantes affectibus", bekannt als die Hexenbulle. Somit war die Hexenverfolgung von der höchsten, kirchlichen Instanz bestätigt und konnte ins Werk gesetzt werden. 1487 publizierte Heinrich Institoris ein Buch mit dem Titel "Malleus maleficarum", wenn man so will ein Kommentar zur Hexenbulle. Als Mitverfasser des Hexenhammers wird Jakob Sprenger genannt, ebenfalls Dominikaner und Gelehrter der Theologischen Fakultät in Köln. Nach neueren Forschungen soll er aber an diesem Werk nicht beteiligt gewesen sein. Der "Hexenhammer" wurde mit seinen zahlreichen Auflagen über zwei Jahrhunderte der "Bestseller" der damaligen Zeit. Alle, die des Lesens kundig waren, konnten hier Umfassendes über die reale Existenz von Hexen erfahren - und wer an ihrer Existenz oder ihrer Zauberkraft Zweifel hegte, galt selbst als mit dem Teufel im Bunde.
Der Malefica, aus dem Lateinischen mit Frevlerin oder Zauberin zu übersetzen, wurde nachgesagt, vom christlichen Glauben abgefallen zu sein und sich stattdessen dem Teufel verschrieben zu haben. Frauen, denen im Hexenhammer von Natur aus eine große Triebhaftigkeit nachgesagt wurde, waren den Verführungskünsten des Teufels erlegen. Er sollte ihnen in verschiedenen Gestalten erschienen sein, als Ritter, Edelmann oder Kavalier und immer Geld und Reichtum versprochen haben. Hier drückt sich die verachtende Frauenfeindlichkeit der Gesellschaft, besonders der Kirche aus. Durch die Beherrschung von Zauberkünsten stellten Frauen, als Werkzeuge...
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