Schweitzer Fachinformationen
Wenn es um professionelles Wissen geht, ist Schweitzer Fachinformationen wegweisend. Kunden aus Recht und Beratung sowie Unternehmen, öffentliche Verwaltungen und Bibliotheken erhalten komplette Lösungen zum Beschaffen, Verwalten und Nutzen von digitalen und gedruckten Medien.
Was, wenn der Tod deine einzige Chance ist, zu überleben?
Vor elf Jahren wurde Alma als Baby unter mysteriösen Umständen zur Adoption freigegeben. In ihrer streng unter Verschluss gehaltenen Adoptionsakte steht der Vermerk: "Identität der Eltern darf unter keinen Umständen ans Licht kommen! Mutter droht Todesgefahr!!!" Doch nun ist Alma lebensgefährlich erkrankt und braucht dringend einen Knochenmarkspender.
Um das Leben ihrer Adoptivtochter zu retten, startet Olivia Rauch eine verzweifelte Suche nach den biologischen Eltern. Dabei stößt die auf Gewaltverbrechen spezialisierte Psychologin auf die Legende vom "Kalendermädchen": einer jungen Frau, die sich einst zur Weihnachtszeit in ein abgeschiedenes Häuschen im Frankenwald zurückgezogen hatte. Und die dort von einem Psychopathen heimgesucht wurde, der sie zwang, einen Adventskalender des Grauens zu öffnen.
Düster und absolut nervenaufreibend sorgt Sebastian Fitzek mit seinem vielschichtigen Psychothriller "Das Kalendermädchen" auf drei Zeitebenen für gruselige Spannung. Nervenkitzel pur vom #1-Bestseller-Autor!
"Ein wahrhaft schrecklich-schönes Schauermärchen nicht nur für die Adventszeit. Aber nichts für schwache Nerven."
Elf Jahre später. Heute. Olivia
Das viele Blut machte bestimmt keinen guten Eindruck. Es klebte Olivia Rauch am Kinn, am Hals und natürlich an ihrer weißen Bluse. An allem, was mit dem Kopf in Verbindung gekommen war, einschließlich der Hände, mit denen sie die Sauerei abzuwischen versucht hatte. Vergeblich.
Sie hatte nicht die Zeit gehabt, den Flecken mit einem aufgelösten Aspirin Plus C zu Leibe zu rücken (den Tipp hatte ihr einst eine Tatortreinigerin gegeben, und er funktionierte wirklich gut). Noch hatte sie es geschafft, sich umzuziehen, bevor sie die fluchtartige Autofahrt nach Berlin Mitte angetreten war. Momentan fühlte sie sich so, als würde sie niemals mehr wieder für etwas Alltägliches Zeit haben. Nicht, während ihre Tochter auf der Überholspur Richtung Tod ihr viel zu junges Leben hinter sich ließ.
»Es muss doch einen Weg geben?«, hörte sie sich mit seltsam tauber Stimme fragen. Die Wörter, die ihr aus dem Mund rollten, fühlten sich an wie Fremdkörper. Rau, pelzig und unangenehm hart. Wie der Holzstuhl, auf dem sie nach vorne gebeugt saß, angespannt wie eine Läuferin vor dem Startschuss.
»Ich wüsste nicht, wie«, entgegnete der Beamte. Mit seinem muskulösen Körper wirkte er hinter dem Behördenschreibtisch wie ein Türsteher im Smoking. Gleichzeitig lächerlich und doch Respekt einflößend.
Der Bleistift, mit dem er auf irgendeine Akte vor ihm auf dem Tisch trommelte, verschwand zahnstochergleich in seinen riesigen Pranken.
Seitdem Olivias Kontaktperson in Pension gegangen war, war Walther Wallenfels ihr Hauptansprechpartner in der Adoptionsvermittlungsstelle, die sich hier im Gebäude der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie befand. Bislang hatte sie nur sporadisch mit dem Amtsleiter zu tun gehabt. Sie wusste nichts Persönliches über ihn, außer dass ihn seine Kollegen »Walli« nannten. Wobei sie nicht sicher war, ob sich dieser Spitzname von seinem Vor- oder Nachnamen ableitete.
»Laut Rechtslage haben Adoptionskinder einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer ihre leiblichen Eltern sind.«
»Mit dem sechzehnten Geburtstag«, bestätigte Wallenfels, um ihr im nächsten Atemzug bereits zu widersprechen: »Alma ist erst elf. Zudem«, er deutete mit dem Bleistift genau auf den Blutfleck ihrer Bluse, »haben wir es hier nicht nur mit einer geschlossenen Adoption zu tun, bei der die Altersgrenze des Kindes strikt zu beachten ist. Sondern zusätzlich mit einer geheimen!«
»Das ist mir bekannt«, rutschte es Olivia heraus. Und sie schaffte es auch nicht, sich auf die Zunge zu beißen, bevor ihr ein »Ich war bei dem Verfahren dabei!« über die Lippen ging.
Verdammt. Psychologiestudium mit Bestnoten. Juniorprofessorin an der FU. Aber bei meiner eigenen Vorlesung zum Thema Impulskontrolle habe ich wohl selbst nicht zugehört.
»Nun .«, Wallenfels schenkte ihr einen arroganten »Was hat diese Unterhaltung hier dann für einen Sinn?«-Blick, ». wenn Sie dabei waren, wissen Sie gewiss auch, dass ich Ihnen keine personenbezogenen Daten zu Almas biologischen Eltern geben darf. Das war die zentrale Bedingung für die Adoption, und Sie haben damals zugestimmt, Frau Rauch.«
Olivia wollte nervös an ihrem Ehering drehen und stellte wieder einmal fest, dass sie ihn nicht mehr trug. Seit vier Monaten schon nicht mehr. Aber alte Angewohnheiten ließen sich nicht so schnell ablegen wie ein Stück Metall.
»Es muss doch eine Ausnahme geben!«
Wallenfels schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn ich Ihnen jetzt einen Namen verrate, gefährde ich das Leben der Mutter.«
Sie legte die Stirn in Falten. »Wie bitte soll das ihr Leben gefährden?«
»Genau auf diese Frage darf ich Ihnen keine Antwort geben. Sonst wüssten Sie .«
». wer Alma zur Welt gebracht hat!«, ergänzte sie augenrollend.
Okay, okay. So komme ich nicht weiter.
Olivia atmete tief durch, dann streckte sie dem Beamten die Hände entgegen, als Nächstes zeigte sie auf ihre Bluse.
»Sehen Sie das Blut an mir? Meine Tochter ist krank! Sie leidet an ALL, also an akuter lymphatischer Leukämie. Das ist normalerweise kein Todesurteil. Die Chancen stehen dank der modernen Medizin recht gut. Etwa neunzig Prozent aller von ALL betroffenen Kinder und Jugendlichen überleben die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre. Leider reicht in Almas Fall eine Chemotherapie nicht aus. Im Gegenteil. Statt ihr zu helfen, sorgt sie nur dafür, dass sie immer wieder Nasenbluten hat. Ich komme direkt von daheim, wo ich sie betreue, weil man im Krankenhaus nichts mehr für Alma tun kann. Es sei denn, wir finden sehr, sehr schnell einen passenden Stammzellenspender.«
Wallenfels sah sie stoisch an und wartete eine Weile, bis er sie fragte: »Haben Sie sich schon typisieren lassen?«
Ernsthaft?
Diese Frage machte Olivia so wütend, dass sie am liebsten aufgestanden wäre und ihren Stuhl durch den Raum geschmissen hätte. »Natürlich, was denken Sie denn?«
Das war das Erste, was sie getan hatte. Alle, die ihr nahestanden, hatten einen Mundabstrich machen und sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, kurz DKMS, registrieren lassen. Um Almas Leben zu retten, hätte sie sich sämtliche Zähne ziehen lassen, wenn das für die Typisierung notwendig gewesen wäre, und das ohne Betäubung. Es gab nichts, was sie nicht für sie tun würde. Von dem Moment an, als ihr das Baby zum ersten Mal in die Arme gelegt worden war, hatte sie nicht gewusst, wie man einen Menschen noch mehr lieben konnte. Dieses perfekt zerbrechliche Wesen mit dem grummelig eingeknautschten Gesicht, den aufgeplusterten Backen und diesen Speckfüßchen, die wie Miniaturbrötchen aussahen. »Ich werde für dich leben. Und wenn es nötig ist, auch sterben«, war das Erste, was sie Alma ins Ohr geflüstert hatte. Und jeder, der Olivia etwas besser kannte, wusste, dass dies keine hohle Phrase war. Sie hatte ihre Selbstlosigkeit bereits im Alter von sechs Jahren bewiesen. Ihr kleiner Bruder Henry hatte gerade erst seinen vierten Geburtstag gefeiert und war wenige Tage später im Wintergarten ihres Köpenicker Elternhauses durch eine Glastür gelaufen. Er hatte sich die Brust aufgeschnitten und sehr viel Blut verloren. Die Ärzte im Krankenhaus hatten nicht genügend Konserven seiner seltenen Blutgruppe AB vorrätig, aber Olivia kam als Spenderin infrage. Also fragte einer der Ärzte nach Rücksprache mit ihren Eltern, ob sie ihren Bruder Henry retten wolle. Olivia überlegte nicht lange, verabschiedete sich von den Eltern und folgte dem Mediziner zur Blutspende. Danach fragte sie ihn: »Okay, und wie lange dauert es jetzt noch, bis ich tot bin?«
Als dem Arzt die Bedeutung dieses Satzes bewusst wurde, stiegen ihm die Tränen in die Augen. Olivia war tatsächlich davon ausgegangen, dass man sie mit der Bitte um eine Blutspende aufgefordert hätte, ihr Leben für das ihres kleinen Bruders zu opfern. Und das kleine Mädchen hatte nicht eine Sekunde gezögert.
So wie Olivia auch jetzt keinen Wimpernschlag lang zögern würde, alles für Alma zu opfern. Meinetwegen mein gesamtes Rückenmark. Nur leider wäre das sinnlos. Diesmal war sie, anders als damals bei Henry, nicht ausreichend kompatibel. Niemand in den weltweiten Spenderdateien war das. Bislang.
»Bitte, Herr Wallenfels«, versuchte sie daher zu dem Beamten durchzudringen. »Es geht um Leben und Tod. Ich muss Almas biologische Eltern finden.«
»Weil Sie glauben, die kommen als Stammzellenspender infrage?«
»Ja!« Olivia nickte mit ernster Miene.
»Sie glauben daran?«, wiederholte Wallenfels noch einmal und lächelte auf eine Art, die Olivia nicht zu deuten wusste.
So wie Wallenfels das Verb betont hatte, stieg jedoch in ihr die Ahnung auf, worauf er anspielte. Als er den linken Ärmel seines Oberhemds hochschob und ein Kreuz-Tattoo am Handgelenk freilegte, wusste sie es.
»Ich habe den Podcast gehört, Frau Rauch.«
Verdammt.
Sie schloss mit einem stillen Seufzer die Augen und hielt sie zwei tiefe Atemzüge lang geschlossen.
Selbst er hat es mitbekommen.
Dieser bescheuerte Podcast. Sechsunddreißig Jahre ihres Lebens war es ihr gelungen, sich aus dem Rampenlicht herauszuhalten. Noch nie war sie einer Intervieweinladung gefolgt, und von denen hatte sie seit ihrer Spezialisierung mehr als genug erhalten. Ihr Forschungsschwerpunkt war die Opferpsychologie. Schon mit ihrer Doktorarbeit hatte sie die Frage untersucht, weshalb die grausamsten Täter in ihrer Kindheit häufig selbst Opfer von Straftaten gewesen waren. Oft hatten sie sogar den gleichen Missbrauch erleiden müssen, den sie jetzt anderen antaten.
Doch Olivia scheute das mediale Rampenlicht und hatte noch nie verstanden, was Menschen daran reizte, den eigenen Namen in der Presse zu lesen, geschweige denn, das eigene Gesicht im Fernsehen zu sehen. Sie liebte ihr beschaulich zurückgezogenes Leben, ihre Privatsphäre und das diskrete Arbeiten als Juniorprofessorin an der Uni. Kaum etwas widerte sie mehr an als geltungssüchtige Kollegen, die aus den abscheulichsten Verbrechen Aufmerksamkeitskapital schlugen und damit auf Kosten der Opfer zu Berühmtheiten wurden.
Doch dann war ihre Mentorin krank geworden. Und sie hatte sie dummerweise als Expertin in dem populärwissenschaftlichen Psychologie-Podcast »Religiös motivierte Straftaten - wenn Glaube zum Wahn wird« vertreten.
»Haben Sie die ganze Sendung gehört oder nur die Instagram-Zusammenschnitte?«
Das Verrückte an der ganzen Angelegenheit war, dass dieser Podcast...
Dateiformat: ePUBKopierschutz: Wasserzeichen-DRM (Digital Rights Management)
Systemvoraussetzungen:
Das Dateiformat ePUB ist sehr gut für Romane und Sachbücher geeignet - also für „fließenden” Text ohne komplexes Layout. Bei E-Readern oder Smartphones passt sich der Zeilen- und Seitenumbruch automatisch den kleinen Displays an. Mit Wasserzeichen-DRM wird hier ein „weicher” Kopierschutz verwendet. Daher ist technisch zwar alles möglich – sogar eine unzulässige Weitergabe. Aber an sichtbaren und unsichtbaren Stellen wird der Käufer des E-Books als Wasserzeichen hinterlegt, sodass im Falle eines Missbrauchs die Spur zurückverfolgt werden kann.
Weitere Informationen finden Sie in unserer E-Book Hilfe.